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  • Monitor - 6x10: Die Summe aller Ängste, Teil 2

    der Kampf gegen die Zukunft geht weiter
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    Im zweiten Teil versuchen John Lewinski und Jeroen McMor immer noch die scheinbar unausweichliche Zukunft und die mit ihr verbundene Zerstörung der Föderation zu verhindern. Werden sie erfolgreich sein?



    „Wo sind wir?“, fragte Lewinski. Er stand McMor in einem kleinen Waldstück und beobachtete mit ihm ein kleines Haus, das dort friedlich ruhte. Er konnte sich des Gedanken nicht verwehren, dass ihm das Haus gefiel.
    „Wir befinden uns auf Merkon II“, antwortete McMor.
    „Merkon II? Sagt mir gar nichts.“
    „Kann es auch nicht. Die Kolonie wird von dir aus gesehen auch erst in zwei Jahren gegründet. Hier, sieh mal.“ Er reichte Lewinski eine Art Fernglas. Dieser nahm es entgegen und sah damit auf das Haus. Doch mit diesem Instrument konnte er mehr als nur das Haus an sich heranzuzoomen. Er konnte durch die Wände sehen und sah... sich.
    „Das ist mein Haus?“
    „Ja. Und nach unseren Angaben müsstest du jetzt verschwinden.“
    Lewinski sah verwirrt zu McMor. Er wusste zwar nicht, was diese Worte genau bedeuteten, doch er sah wieder zu sich. Es war richtig komisch sich selbst zu beobachten. Im Grunde war es für ihn nichts ungewöhnliches mehr. Denn er war schon einmal sich selbst gegenübergestanden. Jedoch war jener Lewinski nur ein Klon gewesen. Angefertigt von Sektion 31.
    Er dachte gerade über all diese Punkte nach, als Lewinski verschwand. Erschrocken zoomte er durch das ganze Haus, doch von sich war keine Spur zu finden.
    „Er ist weg“, stellte er fest.
    McMor nickte. „Wie berechnet.“ Er sah auf eine Art Tricorder, den er in den Händen hielt. „Ich kann keine Anzeichen dafür erkennen, wer es gewesen sein könnte.“
    „Und was jetzt?“
    „Wir gehen rein. Vielleicht erfahren wir dort mehr.“
    Beide erhoben sich von ihrem Versteck und traten in das Haus ein. Lewinski fühlte sich in ihm sofort heimisch. Kein Wunder, schließlich war es auch sein, präziser, es würde seins sein. Überall entdeckte er vertraute Dinge aus seinem Leben.
    McMor interessiert sich nicht dafür. Er umrundete seine Stelle im Wohnzimmer und scannte diese mit seinem Tricorder. Doch auch hier musste er den Kopf schütteln. „Nichts. Wer immer es war ist gut im Spuren verwischen.“
    „Aber es gibt eine Spur, die wir finden können“, sagte Lewinski, als er vor dem großen Bücherregal stand, das randvoll war mit alten Büchern.
    „Nur wo, wir können uns schlecht jedes einzelne Buch durchsehen, das hier steht.“
    „Nein, das können wir nicht“, bestätigte Lewinski. Doch der war schon mit seinen Gedanken ganz wo anders. Er sah sich jeden Buchrücken einzeln an.
    McMor seufzte. „Ich mach mir solang was zu essen. Du hast doch nichts dagegen?“, fragte er.
    „Nein, bedien dich ruhig“, erlaubte Lewinski, ohne sich aus seiner Konzentration bringen zu lassen.
    Zwei Wurstbrote späte und am Boden des Regals angelangt stand McMor wider neben Lewinski. Frustriert kniete der auf dem eleganten Parkett und sah sich das letzte Buch lange an. Nicht etwa, weil es eine Spur war, sondern weil es nachdachte.
    Da fiel ihm etwas auf. Etwas stimmte nicht. Er sah einen kleinen Kratzer im Parkett. Sein Hirn raste und kombiniert sofort. Dieser Kratzer konnte nur zustanden gekommen sein, wenn das Regal hin und her geschoben wurde. Sofort stand er auf und schob das Regal einige Zentimeter vor. Wozu er seine gesamte Kraft aufbringen musste. Denn das ganze Papier brachte mit Sicherheit einiges an gewicht auf die Waage. Schließlich sah er den Lohn seiner Mühen.
    Auf dem Boden unter dem Regal lag ein kleines Buch. Lewinski nahm es an sich. Es bestand nur aus leeren weißen Seiten. Sooft er darin blätterte, sooft stellte es ein Mysterium da.
    „Es ist eine neue Erfindung. Leg deine Hand drauf und sag deinen Namen“, wies ihn McMor auf die Lösung hin.
    Ohne zu Zögern tat Lewinski wie geheißen. Er legte seine Hand auf das Deckblatt und sagte: „John Lewinski.“ Im selben Moment nahmen die Seiten Gestalt an und offenbarten ihr Geheimnis. Auf dem Umschlag stand geschrieben: „SFI Bericht über klingonische Raumbasen“. Lewinski blätterte darin. Und nach nur wenigen Seiten sah Lewinski das Bild einer alten verlassenen Station der Klingonen.
    „Das ist es“, murmelte er. „Dort ist er.“ Er zeigte McMor das Bild.
    „Eine alte Station. Seit dem Dominion Krieg treibt Sie in herrenlosen Raum. Es sind keine genauen Koordinaten angegeben“, erkannte McMor. „Und du bist dir sicher, dass es diese Station ist?“
    „Ja. Das bin ich.“
    „Dann lass uns gehen. Wir müssen rauskriegen, wo die Station jetzt rumdriftet.“ Voller Tatendrang verließen beide Männer das Haus. Ohne darauf zu achten, was sie alles in ihm verändert hatten.
    Doch das würde bald nichts mehr ausmachen, dachte sich McMor und wähnte sich schon einen Schritt näher an seinem Triumph.

    Ardev und Price saßen müde in der Kanzel des Flyers „Picard“ und brüteten über den Daten, die sie hatten. Was nicht gerade eine kleine Menge war.
    Price behalf sich mit einigen Tassen rigelanischem Kaffe um die Unmenge an Daten aufzunehmen. Immer wieder sah er auch aus dem Fenster und blickte auf Merkon II. Sie hatten sich dafür entschieden den Orbit erst zu verlassen, wenn Sie ein klares Ziel hatten. Doch dieses war noch lange nicht gegeben.
    Ein Hupen riss Price aus seiner „Lektüre“. Price wandte sich an die Kontrollen und las den Text, der sie soeben erreicht hatte. Geschockt wandte er sich um und sah zu seinem Kollegen. „Ardev, wir haben etwas.“
    Doch Ardev reagierte nicht. Er lag in seinem Stuhl mit geschlossenen Augen.
    „Ardev!“, schrie Price erneut und darauf reagierte der Andorianer.
    Verwirrt sah dieser zu ihm. „Entschuldige, ich muss kurz weggenickt sein.“
    Price lächelte. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Lass mich raten, das ist normal, wenn Andorianer Älter werden.“
    „Woher weißt du das?“, fragte Ardev erstaunt.
    „Wir haben eine Nachricht empfangen. Es gab einen neuen Anschlag.“
    Dies hatte Ardevs volle Aufmerksamkeit. Sofort rappelte er sich auf und ging zu Price Station. Er sah ihm über die Schulter auf die Konsole.
    „Deneb. Über eine dreiviertel Millionen Tote in der Hauptstadt Farpoint“, las Price vor. Beiden war der Schock deutlich anzusehen. „Die ersten Scans und Daten kommen auch gerade an.“
    Price und Ardev überflogen die ersten Analysen. Wieder offenbarte sich Ihnen eine Unmenge an Zahlen und Diagrammen.
    „Seltsam“, staunte Price.
    „Was ist los?“, fragte Ardev. Doch Price antwortete nicht. Er ließ sich eine Anzeige detaillierter darstellen. Dann sah er zu seinem Kollegen. „Was ist das?“, fragte er.
    Ardev setzte seine Lesebrille auf und sah auf das Diagramm. „Wenn mich mein Fachwissen nicht im Stich lässt ist das nur ein Hintergrundrauschen im Theta Band. Völlig normal.“
    „Und das hier?“, fragte Price, nachdem er ein zweites Diagramm direkt neben das Erste gelegt hatte. Es waren beides Mal die selben Kurven.
    „Seltsam“, staunte Ardev.
    „Also Captain, was sagt ihr Fachwissen dazu? Woher kommen solche Verschiebungen im Theta Band?“
    „Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar. Es gibt mehrere natürlich Phänomene die dies auslösen können...“, dachte Ardev laut.
    „Doch die beiden Planeten liegen Hunderte Lichtjahre auseinander. Also fallen natürliche Phänomene weg.“
    Ardev nickte. „Stimmt. Also muss es künstlich sein.“
    „Ardev, wir sollten nicht um den heißen Brei reden. Das ist die Tarnfrequenz der Monitor. Und das wissen wir beide. Nur die Tarnung Monitor hat eine Verschiebung im Theta Band. Das ist eine Auswirkung von romulanischer und Föderationstechnik, sowie der Bauweise der Monitor als Geheimdienstschiff gewesen.“
    „Aber die Monitor wurde demontiert. Ich war dabei, als die Einzelteile herausgerissen und in andere Schiffe integriert wurden. Die Monitor als solches gibt es nicht mehr... Und auch eine rekonstruierte Monitor bekommt keine solche Verschiebung mehr hin. Die Tarnvorrichtung wurde unter Aufsicht des romulanischen Botschafters zerstört.“
    Price wusste nicht weshalb, aber im kam ein verrückter Gedanke in den Sinn. Er musste selbst lachen, denn der Gedanke klang zu verwegen. „Was, wenn die Monitor gar nicht demontiert wurde?“
    „Sie wurde verschrottet Matt, einhundertprozentig“, konterte Ardev.
    „Wenn Sie wirklich verschrottet wurde, dann belügen uns zwei Diagramme, zwei unabhängige Analysen.“
    Ardev setzte sich auf die kleinen Treppenstufen. „Aber die Anzeigen Lügen nicht. Was bedeutet das?“
    „Es muss eine Kopie der Monitor geben. Eine Eins zu Eins Kopie.“
    „Aber es gibt keine...“ Ardev stockte in seinem energischen Vortrag, als er Price Gesichtsaudruck sah. Und in diesem Moment fiel es ihm wie schuppen von den Augen. „Oh mein Gott, es gibt eine Kopie.“
    „Wo ist diese Monitor?“
    „Wie konnte ich das nur vergessen?“, raunte Ardev und nahm einige tiefe Atemzüge. „Wir haben ja auch nie wieder darüber gesprochen.“
    „Ardev, wo ist diese Monitor? Wo hat man sie hingebracht?“, drängte Price.
    Entgeistert sah Ardev zu seinem Freund und Kollegen. „Soweit ich weiß... war es eine geheime Werft auf Utopia Planitia. Man untersuchte da Wrack genau auf die Schäden und...“
    „Hat man sie wieder restauriert?“
    „Ja ich denke“, gestand Ardev ein.
    „Dann loggen wir uns in die Datenbanken von Utopia Planitia ein.“ Gesagt, getan rasten Price Hände über die Kontrollen. In Null Komma Nichts hatte er eine Verbindung zum Rechner des Geheimdiensts hergestellt und griff auf die Rubrik Utopia Planitia zu. Mit dem Code, der ihm mitgegeben wurde, konnte er jede noch so geheime Datei entdecken. Und in der Tat fand sich dort auch eine über die Monitor.
    „Ich hab’s“, jubelte er und überflog den Text. Nach wenigen Minuten sah er lächelnd zu Ardev. „Du wirst es nie erraten.“
    „Was?“
    „Man hat die Monitor gestohlen. Etwa zur selben Zeit, in der auch Lewinski verschwand.“
    Ardev schüttelte den Kopf. „Ein Zufall jagt den nächsten.“
    „Und in der Tat haben wir sogar eine Spur. Die Monitor hinterließ eine leichte Spur, die die Scanner der Mars auffingen, als das Schiff getarnt davon flog. Sie führt nach Helendril III.“
    „Dann nichts wie hin“, folgerte Ardev und nur wenige Sekunden später war die „Picard“ unterwegs. Wie ein Blitz jagte sie die Monitor. In der Hoffnung, dass es nicht schon zu spät war.

    Danny Bird setzte sich nur mit einem Glas Wasser bewaffnet an den Tisch, den er sich immer aussuchte. Er litt zurzeit an Appetitlosigkeit. Und das Essen hier regte ein mehr an Appetit auch nicht an.
    Neben ihm am Tisch saß schon ein junger Vulkanier. Nun, er war nach menschlichen Maßstäben jung, er könnte genauso gut schon älter wie Danny Bird sein. Auf jeden Fall saß der Vulkanier auch vor seinem Tablett ohne etwas von der Nahrung zu sich zu nehmen. Das Messer übte viel mehr Faszination auf ihn aus.
    „Ihnen schmeckt das Essen wohl auch nicht?“, fragte Bird betont freundlich
    „Die Klinge“, entgegnete der Vulkanier. „Sie ist nicht besonders scharf.“ Er nahm während dieser Worte kein Auge von dem Messer.
    „Mein Name ist Ardev. Wie heißen Sie?“
    „Es wird sehr schmerzhaft werden, wenn man sich damit verletzt.“
    „Sie wollen sich doch nicht etwa verletzen?“, fragte Bird vorsichtig, wurde dann aber barsch von dem Bajoraner abgelenkt, der sich einfach neben ihn setzte.
    „Und, haben Sie schon etwas neues?“, fragte dieser.
    „Was meinen Sie? Kennen wir...“, entgegnete Bird, wurde jedoch sofort wieder unterbrochen.
    „Pssst. So sprechen Sie doch leise“, forderte der Bajoraner.
    Bird tat wie geheißen und nahm ebenfalls einen verschwörerischen Gesichtsausdruck an. „Kennen wir uns?“, flüsterte Bird.
    „Natürlich Bird. Wir sprachen gestern über Lewinski.“
    „Wir sprachen über den Captain? Und wieso nennen Sie mich Bird? Mein Name ist Ardev.“
    Der Bajoraner rollte mit den Augen. „Oh mein Gott. Eine multiple Persönlichkeit“, stellte er fest und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Wenn Sie Andorianer sind, wieso ist ihre Haut dann nicht blau?“, fragte er herausfordernd.
    Bird rümpfte die Nase. Schließlich hob er seine Hände uns sah sie sich genau an. „Sie sind doch... Oh mein Gott, was ist mit meinen Händen geschehen?“ Geschockt sah Bird seine Hände, wechselte jedoch im nächsten Moment schon wieder seine Gemütsstimmung.
    „Entschuldigen Sie, ich versuche die anderen in diesem Körper zu kontrollieren, doch es gelingt nicht immer.“
    „Was gibt’s neues Bird?“
    „Phoenix hat einige unserer Sitzungen abgesagt. Er meint, dass ich nicht kooperativ sei.“
    „Und stimmt das?“
    „Natürlich nicht!“, entgegnete Bird wütend.
    „Aber...?“
    „Aber ich verfolge eben meine Ziele. Und ich bin noch nicht bereit mich ihm anzuvertrauen. Wenn ich es überhaupt tue.“
    „Du solltest das aber. Er ist der einzige, der dich hier rausbringen kann.“
    Bird hielt inne und dachte nach. Doch so richtig wollte ihm das nicht gelingen. Denn noch immer bestaunte der Vulkanier neben ihm sein Messer. Gefrustet drehte sich Bird um und nahm dem Vulkanier das Messer weg. Dabei entschuldigte er sich mit den Worten: „Das ist nur Reis, da braucht man kein Messer dazu.“ Der Vulkanier reagiert. Er schnappte sich seine Gabel und aß das Reisgericht.
    „Wie schaffe ich es, dass er mich hier rausbringt.“
    „Hm... Im Normalfall sollte es so sein, dass der Arzt nach einer Weile bemerkt, dass Si eine Person sind, die vollkommen frei von ihrer Traumata ist. Doch im Grunde ist es so: Die haben gar kein Interesse Sie richtig zu behandeln. Also versauern wir hier.“
    „Das ist alles sehr verwirrend.“
    „Ich habe noch nichts mit Phoenix zu tun gehabt. Sagen Sie mir: was fragt er so? An was ist er bei Ihnen interessiert?“
    „An meinen frühesten Erinnerungen“, antwortete Bird.
    „Und? Welche haben Sie?“
    Bird schüttelte den Kopf. „Kein. Ich weiß nur, dass ich irgendwann hier erwachte. Die Zeit davor ist sehr verschwommen. Die Erinnerung daran ist sehr vage. Als gehören diese Erinnerungen nicht mir.“
    „Sehr interessant. Ich denke deshalb wird Phoenix so interessiert an Ihnen ist.“
    „Ich denke, ich werde mal sehen, wie weit ich bei Phoenix gehen kann. Ob er in der Tat in der Lage ist, mich hier rauszubringen“, ergänzte Bird und sah mit leerem Blick zu den Fenstern an der Decke.

    Jeroen McMor und John Lewinski erschienen in einem sehr futuristisch anmutenden Raum. Das Wort, das wohl am ehesten darauf passte war wohl „Stellarkartografie“. Es befand sich nur eine Konsole in der Mitte des Raums. Bedeckt war der darauf von einer Kuppel. Eine Tür oder sonstiges war nicht zu erkennen.
    McMor ließ sich von dem Raum nicht irritieren, ein sicheres Indiz darauf, dass er schon öfters hier war. Sogleich stellte er sich an die Konsole und gab einige Daten ein. Nur wenige Sekunden später erschienen Sterne über ihnen. Eine Stelle wurde näher herangezoomt und eine klingonische Raumstation erschien.
    „Ja, das ist sie“, sagte Lewinski. „Sie sieht aus als hätte sie einiges... durchlitten“ Er hielt kurz inne, als ein greller Schmerz seinen Bauch durchfuhr. In der irrsinnigen Annahme, den Schmerz dadurch zu lindern, legte er seine hand auf seinen Bauch. Und in der Tat beruhigte sich der Schmerz wieder und klang recht schnell wieder ab. Ohne, dass McMor etwas davon merkte.
    Der sah inzwischen wieder zu der Station, die einer schematischen Darstellung der Region gewichen war. Die Sterne befanden sich plötzlich um sie herum und sogar am Boden waren Sterne zu sehen. Sie befanden sich somit in einer interaktiven Weltallsimulation.
    „Hier ist die letzte gemeldete Position der Station, nachdem das Dominion der Angriff auf die Station beendet hat.“ Er deutete auf eine markierte Stelle, einige Zentimeter neben Lewinski.
    „Mir ist etwas eingefallen“, bekundete John.
    „Was ist?“
    „Aus welchem Jahrhundert kommst du noch mal?“
    „Dem siebenundzwanzigsten“, antwortete McMor.
    „Wenn du aus der Zukunft kommst, dann muss doch alles, was wir tun, schon Geschichte sein. Wieso weißt du dann nicht, wo die Station ist? Anders gefragt: weißt du, wie das hier ausgeht?“
    McMor sah ihn einfach nur an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    „Jeroen, ich weiß nicht, was ich denken soll.“
    „Wir haben eine Aufgabe und ich weiß auch nicht mehr, als man mir sagt.“
    „Du lügst“, erwiderte Lewinski ruhig.
    „Nein. Naja, zum Teil. Ich wüsste, wie es ausgeht, wenn es keine Einmischung von einer dritten Partei gebe, was in diesem Fall vorliegt. Im Grunde dürfen wir nicht die Geschehnisse einer Zeitperiode eingreifen. Nehmen wir diesen Fall als Beispiel. Es ist zwar tragisch, dass diese erneuten Angriffe stattfinden, aber sie sind nicht der Grund aus dem wir in die Vergangenheit gereist sind. Das heißt in diese Zeit gereist sind. Wir dürfen diese Anschläge nicht rückgängig machen. Was passiert, passiert. Im Moment läuft alles noch nach der gewohnten Zeitlinie ab. Und wir haben dafür zu Sorgen, dass das auch so bleibt. Aber dafür müssen wir zuerst die temporalen Eingriff entdecken. In jedem Moment könnten die Konsequenzen sichtbar werden.“
    „Wir helfen also Price nicht dabei, Lewinski zu finden. Wir suchen ihn auch.“
    „Du hast es erfasst“, lobte McMor.
    Lewinski hielt inne und sah wieder zu den Sternen um sich herum. McMor hatte sich gerade wieder zu den Kontrollen gewandt, als John die alles entscheidende Frage stellte.
    „Wie geht es weiter? Was sollte geschehen?“
    McMor atmete tief durch. Wie viel durfte er ihm erzählen? Andererseits hatte er ihm eigentlich schon zuviel erzählt. „Es finden insgesamt 4 Anschläge statt. Man hat nie herausgefunden, wo sich die neue Zelle befunden hat oder warum sie plötzlich stoppten. Man nahm an, dass denen die Rohstoffe ausgegangen waren. Aber genau herausgefunden haben die damaligen Behörden das nie. Wahrscheinlich war man auch einfach froh, dass es wieder vorbei ging und man die erwachenden Erinnerungen wieder in die Kiste stecken konnte. Bis etwa 2430 ging es dann so weiter. Die Föderation sank immer weiter im Vertrauen aller Rassen. Die MPA hatte gänzlich an Einfluss verloren und Angst regierte das Universum.“
    „Ist die Föderation wieder hochgekommen?“
    „Ja, das tat sie. Etwa in der Mitte des 25. Jahrhunderts. Es dauerte 100 Jahre, bis sie wieder die Vormachtstellung einnahm, wie zu deiner Zeit. Danach, und das dauert bis heute an, leben die meisten Rassen friedlich nebeneinander und erforschen den Weltraum friedlich.“
    „Wie geschah es?“, wollte Lewinski wissen. „Wie kann es sein, dass sich dieses Blatt plötzlich wieder wendete.“
    McMor lachte kurz. „Du wirst mir nicht glauben. Es waren die Klingonen.“
    „Die Klingonen?“
    „Ja. Denn im Jahr 2435 begann die klingonische Zeitrechnung praktisch von neuem. Ein Mann trat auf die politische Bühne und brachte Ruhe in das Chaos. Nicht nur im Reich, sondern im gesamten Alpha und Beta Quadranten.“
    „Und wer war das?“
    „Kahless. Er kehrte zurück. Nach Jahrtausenden kehrte er aus dem Stovokor zurück. Diesmal war es kein Klon oder eine andere art der Kopie. Es war Kahless.“ McMor ließ Lewinski mit dieser Information allein und arbeitete weiter an dem Kurs der alten klingonischen Raumstation. „Aber wer weiß was geschieht, wenn wir diesen temporalen Eingriff nicht orten können.“
    „Was geschieht mit Price? Hat er Erfolg bei seiner Mission?“
    „Man hört lange nichts mehr von ihm. Man findet ihn schließlich auf einem fernen Planeten, der als eine Art Aussteiger – Planet bekannt ist. Viele unterschiedliche Menschen leben dort einfach um ihr Vergangenheit hinter sich zu lassen. Um es anders auszudrücken: Price gab nie bekannt, wie lange er wirklich seiner Mission folgte und wie lange er wirklich versucht hat, dich zu finden. Am Ende beging er aber Fahnenflucht.“
    „Das kann ich mir bei ihm gar nicht vorstellen...“ staunte Lewinski und hielt sich an der Konsole fest um sich nicht von den ganzen Worten umhauen zu lassen.
    „Ehrlich nicht?“, fragte McMor.
    Lewinski sah zu ihm und erkannte, dass er recht hatte. Was durfte er schon annehmen? Im selben Moment ertönte ein Signal und eine Stelle im Raum wurde angezeigt. McMor vergrößerte die Stelle. Die selbe Raumstation wie zuvor war zu sehen. Nur etwas zerfallener.
    „Der Computer hat sie gefunden. Etwas gebrechlich, aber in der Lage Personen aufzunehmen. Ich bringe uns hin“, sagte Jeroen und wollte schon einige Kommandos in seinen Tricorder eingeben, als Lewinski ihn noch einmal an seinem Arm festhielt. Sie sahen sich darauf in die Augen und waren in der Lage, in ihre Seelen zu sehen.
    „Welche Befehle hast du?“
    „Das darf ich dir nicht sagen“, antwortete McMor entschuldigend.
    „Du erzählst mir, was in den nächsten Hundert Jahren Menschheitsgeschichte vorfällt aber deine Befehle sind geheim? Das verstehe ich nicht.“
    McMor nickte. „Das musst du auch nicht. Jetzt noch nicht.“ Einen Tastendruck weiter befanden sie sich auch schon wieder auf der Reise in eine andere Zeit.

    Helendril war ein kalter und karger Planet. Zerklüftet durch unzählige Erdbeben. Ardev und Price materialisierten auf einem Bergkamm. Ein eisiger Wind pfiff ihnen um die Ohren. Sofort nahm Ardev seinen Tricorder zur Hand und scannte die Umgebung. Natürlich nicht ohne seine Lesebrille.
    „Der Planet ist seismisch sehr aktiv. Das Gestein verhindert genaue Scans. Ich erhalte von überall Echos. Zudem sind die Felsen radioaktiv.“
    „Wie lange können wir hier bleiben?“, fragte Matt.
    „Nun“, begann Ardev, während er seinen Tricorder wieder einschob. „Einen Urlaub würde ich hier nicht verbringen.“
    Price nickte zwar, war jedoch mit den Gedanken schon ganz wo anders. Er sah zu einem Objekt, das etwa 500 Metern neben ihnen lag. Es war eine alte baufällige Station. Ardev sah ebenfalls zu ihr. „Kein Wunder, dass die Klingonen sie aufgegeben haben. Anscheinend haben die nicht mit den Erbeben gerechnet.“
    „Dann lass uns besser gehen, bevor sie einstürzt und die letzten Geheimnisse mit sich nimmt.“
    „Aye Sir“, antwortete Ardev, steckte seine Lesebrille wieder in die Brusttasche und begab sich hinter Price auf den steinigen und holprigen Weg zu dieser Station.
    Nach einer mühsamen Stunde harter Kletterarbeit erreichten sie schließlich den Eingang. Staunend blieb Ardev vor ihr stehen und betrachtete sie. Natürlich betrachtete er die Station nicht wirklich. Er wollte nur eine kleine Pause machen. Vor Price hätte er freilich nie zugegeben, dass er außer Form war.
    Vorsichtig begaben sie sich ins Innere. Ardev trottete Price einfach hinterher. Der schien einem Drang zu folgen. Als zog ihn etwas zu der Lösung ihrer Mission. Der Andorianer hingegen versuchte sich nur vor herunterfallenden Schotts und Ratten zu retten, die überall herumsprangen.
    Nachdem sie etwa 10 Minuten ins Zentrum der Station gelaufen waren und zwei Decks hinab, wobei sie einige gefährliche Leitern hatten hinuntersteigen müssen, erreichten sie schließlich die Kommandoebene des Außenposten. Das Ausmaß der Schäden war sehr groß. Die Zeichen der Zeit waren nicht zu übersehen. Die Konsolen waren beinahe nicht mehr als solche zu erkennen. Die meisten waren zerstört oder von unzähligen Trümmern bedeckt.
    „Hier drüben“, sagte Price und legte eine der wenigen noch intakt wirkenden Konsolen frei. „Gib mir deinen Tricorder.“
    Ardev tat wie geheißen. Auch wenn er keine Ahnung hatte, was Matt vorhatte. Der machte sich sogleich an die Arbeit. Er öffnete die Verkleidung des Terminals nahe am Boden und nahm zwei Kabel aus dem ganzen Wirrwarr heraus. Dann schloss er die Kabel an den Tricorder an. Beinahe sofort erwachte die Konsole zum Leben.
    Freudestrahlend nahm Price seinen Tricorder zur Hand und legte ihn auf die Konsole. „Ich lade die Datenbank herunter. Vielleicht finden wir in ihr Hinweise.“
    „Wie lange wird das dauern?“, fragte Ardev.
    „Nicht lange. Etwa 5 Minuten“, antwortete Matt trocken, ohne den Blick von der Konsole zu nehmen. Er sah sich die Daten an, die auf dem Schirm vorbeirasten. Immer wieder war er in der Lage einige Passagen zu lesen. Ardev hingegen interessierte dies nicht. Er sah sich auf der Kommandoebene um. Er konnte das mulmige Gefühl in seinem Magen einfach nicht abstellen.
    Er lief gerade an einem der heruntergefallenen Schotts vorbei, als er wieder eine der Ratten bemerkte, die sich hier zu Tausenden tummelten. Doch diese war anders. Sie lief nicht vor Schreck weg.
    Verwirrt sah Ardev zu ihr hinab. Die Ratte schnüffelte kurz an ihm und verschwand dann wieder in dem Vorsprung, den das Schott bildete. Ardev beugte sich hinunter und sah hinein. Er konnte nicht viel erkennen. Alles war zu dunkel. Die einzige Lichtquelle hier unten stammte von der Lampe, die Price auf seiner Konsole hatte.
    Also nahm Ardev seine kleine Taschenlampe und leuchtete hinein. Er fühlte etwas seltsames. Seine Fühler legten sich ganz nahe an die Kopfhaut an. Panik durchflutete ihn. Er erfasste, was er sah. Es war ein Lager. Es war eine Schlafstelle. Neben der Decke war ein kleiner Fressnapf, aus dem sich die Ratte gerade bediente.
    „Sie ist handzahm...“, erkannte er.
    „Anscheinend war die Monitor nur kurz hier“, sagte Price, der die ersten Brocken der Datenbank entdeckte. „Lewinski war tatsächlich hier...“ er sah weiter auf die Konsole. „Hier sind sogar Daten über den gewählten Kurs des Schiffes. Wir haben eine Spur zu...“ Price hielt inne, als er Ardevs Panik spürte.
    „Was ist Ardev?“ Er sah seinen Freund immer noch vor dem Schott kniend. Mit wenigen Schritten näherte er sich ihm und sah ebenfalls unter das Schott.
    „Die Station ist nicht so verlassen, wie es scheint. Das ist ein Schlaflager. Es sieht noch benutzt aus. Außerdem ist die Ratte zahm.“
    Price richtete sich wieder auf und trat etwa in die Mitte des Kontrollzentrums. Er öffnete seinen Geist und sah über die Grenzen des Raumes hinaus. Nach nur wenigen Sekunden sah er mit großen Augen zu Ardev. „Ich kann sie fühlen. Sehr schwach. Anscheinend können die ihren Geist abschirmen...“ Er öffnete sich wieder dieser anderen Ebene des Seins. „Wir sollten uns beeilen. Offenbar kommen Sie näher.“
    Im selben Moment zirpte der Tricorder. Der Download war beendet. Price schnappte ihn sich und steckte ihn zurück in seine Tasche. Dann befestigte er die Taschenlampe an seinem Unterarm und machte sich auf den Weg zur ersten Leiter. Ardev tat es ihm gleich. Auch er befestigte die Lampe an seinem Unterarm. Er war froh diese Station zu verlassen.
    Er spürte etwas in diesem Moment. Er sah seine Frau. Seine Freunde. Doch vor allem sah er die Leiter hinauf Price Hintern.
    In diesem Moment fühlte sich diese alte klingonische Station wie ein Grab an.
    „Ist der Planet nicht von den Klingonen verlassen worden?“, fragte Ardev.
    „Nun offenbar haben die einige im Exil zurückgelassen.“
    Sie hatten die erste Leiter überwunden und mussten nun einige Meter laufen um zur nächsten Leiter zu kommen, die sie dann zurück auf die Hauptebene führte.
    Price strauchelte plötzlich wie wild. Ardev musste ihn stützen, damit er nicht geradewegs gegen einen Balken donnerte.
    „Matt, alles in Ordnung?“
    „Ja ja, es geht schon wieder. Ich hatte nur vergessen, meinen Geist wieder zu verschließen. Und die Einwohner des Planeten kommen schnell näher. Ich spüre ihre Wut und ihre Aggression.“ Er lachte kurz auf. „Ironie des Schicksals. Ich habe meine Fähigkeiten die letzten Jahrzehnte tief eingepackt. Die ganzen Ängste während der ersten Welle von Anschlägen hätte mich fast in den Wahnsinn getrieben. Also habe ich es seither gelassen mich zu öffnen. Das rächt sich wohl nun.“
    „Wir können gern an Bord des Flyers darüber reden“, bot Ardev an und ging mit Price, der seinen Arm um ihn gelegt hatte zur nächsten Treppe vor. „Können wir uns noch nicht hinauf beamen?“
    „Nein“, antwortete Price flach atmend. Langsam löste er sich aus Ardevs Griff und lief wieder selbstständig. Doch die Anspannung war ihm noch immer anzusehen. „Die Klingonen bauen ihre Stationen immer so, dass man sich nur aus den Transporterräumen rausbeamen kann...“ Price stockte wieder. „Zittere ich so?“, fragte er.
    „Nein“, antwortete Ardev. „Das ist ein Erdbeben.“ Die beiden ließen sich jedoch nicht von der zitternden Erde abhalten, die im Moment etwa eine 2 auf der Richterskala belegte. Es war wirklich schwierig zu laufen, wenn die Erde nachgab. Sie stürzten immer wieder fast. Zum Glück war das Beben nicht so stark, ihnen ein weiterkommen total zu versagen. Sie waren erst wenige Schritte weit gekommen, als die angestrebte Leiter einstürzte und mit ihr der gesamte Bereich dieses Korridors. An ein Weiterkommen war dort nicht mehr zu denken.
    „Verdammte Scheiße“, kommentierte Ardev.
    „Aber Captain Ardev“, sagte Price übertrieben schockiert. „Das hört sich gar nicht wie einer der höchstdekorierten Captains der Flotte an.“
    „Ich bin im Ruhestand, schon vergessen? Also was machen wir jetzt Commander?“
    „Es gibt hier mit Sicherheit noch einen weiteren Ausgang Skipper.“
    Beide drehten sich um und liefen den Korridor in die andere Richtung hinab. Die Erde hatte inzwischen aufgehört zu beben, jedoch stürzten immer noch Trümmerteile hinab. Price begann zu rennen. Anscheinend spürte er die Gegner kommen. Ardev schloss sich dem Tempo von Price natürlich an.
    Aus einem komischen Gefühl heraus griff er zu seiner Seitentasche und stellte fest, dass er keinen Phaser mithatte. Er bestrafte sich bereits innerlich für diese unentschuldbare Vernachlässigung der gewohnten Routine. Aber erst recht mulmig wurde es ihm, als er sah, dass auch Price seinen Phaser nicht dabei hatte.
    Zum Glück entdeckten sie in diesem Moment eine zweite Leiter. Price kletterte sie schnell hinauf. Ardev ergirff die Sprossen nur wenige Sekunden später. Und als Price schon die ersten Sonnenstrahlen auf seiner Haut spürte – immerhin war die Hülle hier schon leicht brüchig, auch wenn Matt wohl die Strahlen mehr fühlte als sah – spürte Ardev dunkle Schatten an sich vorbei ziehen.
    Nervös leuchtete er mit seiner Lampe von einer Ecke in die andere und... whumm fühlte er den harten Schlag einer blanken Faust in seinem Nacken. Benommen fiel er auf den Boden. Price spürte dies alles. Nicht nur mit seinem Geist, nein er spürte den Gegner auch noch an seinem Knöchel, bevor er seinen Fuß hochziehen konnte.
    Geschockt sah er die Luke wieder hinunter. Er schrie Ardevs Namen und fand ihn schließlich zwei Meter neben der Leiter. Einer der Fremden hatte sich über ihn gebeugt.
    „Sternenflotte! Boten der Verdammnis“, zischte das Alien.
    Ardev bekam davon nicht viel mit. Er litt an den Folgen des unerwarteten Schlages.
    „Arena...“, murmelte er, bevor sein Körper unter weiteren Schlägen des Alien erbebte. Price versuchte diesen Außerirdischen zu erkennen. Und in der Tat sah er für einen flüchtigen Moment das Gesicht. Es war eine Mischung aus Klingonen und Talarianern. Er mochte sich nicht einmal vorstellen, wie es zu einer solchen Mischung gekommen war.
    Matt wollte gerade die Leiter wieder hinunter steigen um seinen Freund zu helfen, als von unten ein weiterer Alien hochgeklettert kam. Im Affekt reagierte er und stieß ihm seinen Fuß ins Gesicht, wodurch dieser wieder runter fiel. Doch er konnte untern schon die nächsten erkennen.
    Für eine Sekunde hielt er inne.
    Es tut mir leid Ardev.
    Dann stand er auf und rannte zum Ausgang. Wobei ihn die Gedanken der Aliens verfolgten. Er wähnte sich schon in Sicherheit. Doch als er die letzten Meter bis zum Ausgang zurücklegte sah er eine kleine Horde Aliens über die Hügel zur Station rennen. Und die ersten erreichten schon den Eingang.
    So schnell er konnte bog er in einen anderen Korridor. Er rannte so schnell wie seit dem Hundert – Meter Lauf auf der Akademie nicht mehr. Immer dem heller werdenden Licht zu. Er wagte es fast nicht, einen Blick über seine Schultern zu werfen. Er brauchte dies nicht. Wie konnte ein alter Betazoide einer Horde ausgewachsener Halbklingonen entkommen?
    Es war ein Ding der Unmöglichkeit.
    Doch er legte noch einen Zahn zu. Der Atem des Todes, der in diesem Moment den Gestank klingonischen Schweißes annahm, trieb ihn, wie die Peitsche eines unbarmherzigen Folterknechts.
    Er rannte an einer Korridorkreuzung vorbei und sah dort weitere Aliens auf sich zukommen. Wenn er sich nicht täuschte waren es welche von den ersten, denen er begegnet war. Untermauert wurde dies durch die Tatsache, dass einer der Klingonen Ardevs Arm wie eine Trophäe bei sich trug.
    Nur noch wenige Meter trennten ihn von dem zweiten Ausgang. Also rannte er weiter.
    Den letzten Schritt auf Boden der klingonischen Station.
    In diesem Moment stellte er sich die Frage, warum sich kein Klingonen diesem Eingang von außen näherte. Zwar überwog die Freude, dass keine Klingonen kamen, doch er konnte den Funken Zweifel nicht beiseite schieben.
    Im nächsten Moment wusste es, warum ihn von dieser Seite niemand jagte. Er stürzte eine tiefe Schlucht hinab.
    Für den Bruchteil einer Sekunde blieb ihm der Atem weg. Doch schon einen Bruchteil später war er bereit sein Leben zu retten. Gegen die Schwerkraft schlug er seine Hand auf seinen Kommunikator.
    „Price an Flyer. Transport!”, schrie er.
    Nur eine Sekunde später lag er im Flyer und spürte die Welt über sich zusammenstürzen.

    Friedvoll ging über der Küste San Franciscos die Sonne unter. Phoenix erachtete diesen Anblick für das schönste an seiner Wohnung. Seine bescheidenen Bleibe war recht klein. Nicht weil er sich nicht mehr leisten konnte, sondern weil ihn eine größere Wohnung überforderte. Er konnte schon diese kaum in Ordnung halten.
    Phoenix nahm einen kräftigen Zug aus der Flasche romulanischen Ale, die er in den Händen hielt.
    Ab und zu benötigte er eben etwas Aufmunterung durch Alkohol. Besonders wenn es sehr stressig war. Wie jetzt zum Beispiel mit Danny Bird. Der verwirrt ihn zusehends. Eine kleine Pause in den Sitzungen schien da nur angebracht, vielleicht sorgte die für einen kleinen Ruck in ihrer Beziehung.
    Die Sonne verschwand hinter dem Horizont und Phoenix ging in seine Wohnung. Er schnappte sich eine Pizzaecke, die auf einem Teller vor der Couch stand und aß sie. Es störte ihn nicht, dass die Ecke kalt und schon von gestern war.
    Dies glich er durch einige Schlücke aus der Flasche Ale wieder aus.
    Er wandte sich dem Bildschirm vor ihm zu und betätigte einige Taste auf einem PADD, das neben ihm auf dem Sofa lag. Sofort wurde ein Film abgespielt, der den Verheißungsvollen Titel „Orionische Liebessklavin 2 – Rückkehr zur andoriansichen Stellung“ trug.
    Hätte Phoenix diese Szene bewusst von außen gesehen, wäre ihm aufgefallen wie jämmerlich dieses Bild war. Doch so reihte er dieses Geschehen als den Höhepunkt seines Tages ein und erklärte ihn zur einzigen wirklichen Leistung eines Tages. Denn in seinem Alter konnte man schon von Leistung sprechen, wenn man noch in der Lage war sich mit seinem eigenen Körper zu beschäftigen. Schließlich benötigten Männer seines Alters normalerweise betazoide Frauen seines Alters, die ihn mit ihrer „Phase“ aus diesem Tal halfen.
    Nach einer Stunde, die er mit diesem Film verbracht übermannte ihn die Müdigkeit und er kippte einfach zu Seite. Die leer Flasche Ale fiel auf den Boden, wurde aber glücklicherweise durch einen Teppich gebremst, wodurch sie an einem Stück blieb.
    Und es war auch nicht die erste Flasche, die Phoenix fallen ließ, als er in einen dieser Zustände fiel, die andere so salopp als Schlaf bezeichneten.

    Die Kälte der alten Raumstation nahm sie sofort in Beschlag. Und um ehrlich zu sein, so fand Lewinski zumindest, die Klingonen waren auch noch nach Jahren zu riechen.
    Die ersten Zeichen dafür, dass die Station bewohnt war, erkannte Lewinski in der funktionierenden Lebenserhaltung und dem matten Licht, das typisch war für die klingonische Flotte.
    McMor nahm gleich seinen Tricorder zum Einsatz. „Es ist niemand hier. Keine Lebenszeichen. Auch keine Schiffe im Orbit der Station. Am besten wir sehen uns etwas um...“
    Lewinski nickte und wollte sich gerade seine Taschenlampe einschalten, als wieder ein unsäglicher Schmerz seinen Bauch durchfuhr. Überwältig von dem Stechen sank Lewinski zu Boden und legte sich auf die Seite ab. Sein Gesicht war immer noch schmerzverzerrt. Jeroen setzte sich sofort neben ihn und scannte Lewinski mit seinem Tricorder.
    „John, was ist mit dir?“, fragte er.
    „Verdammt ich habe Schmerzen!“
    „Ach nein? Geht das vielleicht auch etwas genauer?“
    „Hier am Bauch“, antwortete er.
    McMor sah nachdenklich auf seinen Scanner. „Leidest du an Krebs John?“
    Die Aussage traf ihn wie ein harter Schlag, der beinahe härter war, wie der Schmerz selbst. „Nein... ich meine ja. Erinnerst du dich, dass du mich gefragt hast, warum ich zurück gekommen bin? Als wir uns in der Zelle trafen.“
    „Hm... Das ist schon eine Weile her. Aus meiner Sicht.“
    „Ich sagte zwar, dass ich nach dir sehen wollte, aber ich war zur Erde gekommen um mich operieren zu lassen. Es ist antallianischer Krebs. Stadium zwei.“
    Jeroen steckte seinen Tricorder weg. „Wir haben ein neues Problem. Der Krebs ist durch die Zeitsprünge gewachsen. Er befindet sich im vierten Stadium. Es tut mir leid, er ist nicht mehr behandelbar.“
    „Was meinst du mit nicht mehr behandelbar?!“, fragte Lewinski, während er unter großen Schmerzen McMor am Revers griff und sich etwas zu sich zog. Doch schon nachdem er die Worte aus sich herausgepresst hatte, legte er sich vor Schmerzen wieder auf den Boden.
    „Nicht mehr zu deiner Zeit. Seine Vermehrungsgeschwindigkeit hat sich vervielfacht. Die Zeitsprünge sind sehr anstrengend und belastend... Aber wir kriegen das hin. Wir werden das behandeln, wenn wir hier fertig sind.“
    Lewinski ließ seinen Kopf auf den Boden sinken und sah um sich. Seine Gedanken rasten. Und gerieten plötzlich ins Stocken, als er etwas bemerkte.
    Verwirrt stemmte sich John wieder hoch, wobei ihm Jeroen half. Er ging einige Schritte vor und sah dann das, was er bemerkt hatte. In dieser Ecke des Korridor lag eine Leiche. Beide erkannten die Person. Es war Matthew Price.
    „Matt?“ Lewinski taumelte erneut. Doch dieser Schmerz war viel schlimmer als der in seinem Bauch. Der Schmerz in seinem Kopf trieb ihm Tränen aus den Augen.
    „Wir sind zu spät“, raunte McMor. Er nahm erneut seinen Tricorder zur Hand. „Ich werde uns einige Stunden zurück versetzen.“
    „Wie kann er tot sein, wenn du gesagt hast, dass er lebt?“, fragte Lewinski ohne auf McMors Worte zu achten.
    „Die Zeitlinie muss sich schon verändert haben... wir müssen zurück und das aufhalten.“
    Lewinski sah zu Price hinab. „Kein Sorge Matt, ich werde dich retten.“
    „Meinst du, du hältst noch einen Zeitsprung aus? Dieser wird auch nicht so schlimm wie der letzte.“
    Lewinski nickte. Dies musste er jetzt durchziehen. Allein um die ganzen Fragen zu klären.

    Langsam näherte sich die „Picard“ der alten klingonischen Raumstation. Er hatte sich diese Entscheidung nicht einfach gemacht. Nachdem er wieder im Flyer materialisiert war, hatte er zuerst einmal einige Stunden einfach so am Boden gelegen.
    Als er es dann auf einen Stuhl und zu etwas Wasser geschafft hatte, rasten seine Gedanken. Was sollte er jetzt tun? Vor allem: Wie sollte er das Arena erklären? Seine Gedanken kreisten immer wieder um diese Frage. Bis ihm plötzlich die Gedanken einen Streich spielten. Er erinnerte sich an ein Gerücht. Eher eine moderne Sage. Ein entfernter Planet, der buchstäblich das Paradies war. Jeder konnte dort leben wie er wollte ohne von jemandem gestört zu werden.
    Er wollte gerade den Kurs setzen, als er eine aktive Anzeige auf dem Display erkannte. Verwirrt sah er sich das Diagramm an. Schon kurze Zeit später realisierte er, dass es die Analyse war, mit der sich Ardev beschäftigt hatte.
    Komischweise saß er aber nicht an Ardevs Station. Er sah sich um und erkannte das Diagramm auf allen Terminals um sich herum. Kopfschüttelnd hatte er sich das Diagramm angesehen und etwas bemerkenswertes festgestellt. Schlussendlich war diese Angabe der ausschlaggebende Punkt gewesen, weshalb er sich durch unzählige Daten gewühlt hatte um die jetzige Position der Raumstation festzustellen.
    Nun war er hier. Staunend betrachtete er das Wrack an Station. Komisch, dass sie noch so intakt wirkte, dachte er sich. Nach all den langen Jahren hatte er erwartet, dass die Station ebenso eingefallen wirkte wie die auf Helendril.
    Price beschloss in diesem Moment nicht mehr inne zu halten. Denn nur dann zwang er sich in die Routine zurück, die ihm als Offizier Halt gab. Und er wusste auch, dass er vermutlich nicht weitermachen würde, sollte er sich die Zeit nehmen über die Sache nachzudenken. Deshalb materialisierte er auch nur wenige Sekunden später in voller Montur in einem der Korridore. Sogleich leuchtete er den Korridor mit der Taschenlampe an seinem handgelenk aus und hielt den Phaser im Anschlag. Das Licht war dumpf. Zu dumpf für seinen Geschmack, aber schließlich musste er auch nicht an Bord einer solchen Station dienen. Zum Glück war seine eigene Station hell genug.
    Schnell nahm er den Tricorder zu sich und scannte die Umgebung. Keine Lebenszeichen erkennbar. Auch mit seinen empathischen Fähigkeiten konnte er kein Leben spüren. Diese Angabe hatte er auch schon von den Anzeigen im Flyer erhalten, jedoch ging er auf Nummer sicher. Tja, das Alter... Price war es nicht gerade behaglich, als er sich bei diesem Gedanken ertappte.
    Er steckte den Phaser beiseite und ging strikt auf das Kommandozentrum zu. Im Anflug auf die Station hatte er natürlich auch nach der Monitor gescannt. Das Schiff war zwar drei Jahrzehnte im Rückstand aber nichtsdestotrotz immer noch eines der gefährlichsten Schiffe der Flotte. Doch Price hatte einen Vorteil. Die Tarnvorrichtung war ebenfalls drei Jahrzehnte alt. Und die Scanner an Bord der „Picard“ waren in der Lage diese Tarnung aufzudecken. Er hatte die Monitor nicht entdeckt. Jedoch... ging er auf Nummer sicher. Die Sache war einfach zu groß, als dass er sich einen Flüchtigkeitsfehler leisten konnte. Daher kreiste der Flyer nun auch getarnt im Orbit der Station.
    Er musste nicht weit laufen um das Kommandozentrum zu erreichen. Und zu seinem großen erstaunen waren einige Terminals aktiv. Er suchte sich eines heraus und stöberte etwas in den Dateien.
    Sein klingonisch war zwar etwas eingerostet, aber mit jeder Minute stiegen mehr Erinnerungen in ihm hoch. Er arbeitete sich richtig rein. Und er war in der Tat erfolgreich. Price fand Anzeichen auf die Monitor in den Sensorlogbüchern. Zudem einige Notizen, deren Kurzschrift er eindeutig John Lewinski zuordnen konnte. Die Monitor war beim Rigel gewesen. Und bei Deneb. Im Moment, so zumindest die Notizen war sie im klingonischen Raum unterwegs.
    „Verdammt“ murmelte er. Alle Theorien hatten sich bestätigt. Er konnte seine Gefühle nicht beschreiben. Im Grunde war dies der Augenblick, an dem er sie verlor.
    Die Person, die er in diesem Moment wohl am wenigsten gebrauchen konnte erschien in diesem Moment vor ihm. John Lewinski.
    Er nahm zusammen mit drei Talarianern feste Form an.
    Die beiden sahen sich einige Sekunden fassungslos an. Price fand, dass sich Lewinski nicht sehr verändert hatte. Allein sein Haar war nun graumeliert.
    „Sie sind Matt Price, nicht wahr?“, begann Lewinski. „Sie haben mich also gefunden.“
    Mit angespannten Schritten und einem verkrampften Gesichtsausdruck trat er auf Lewinski zu. Der gab den Talarianern mit einem kurzen Handzeichen zu erkennen, dass sie sich zurückziehen konnten.
    „Wie geht es Ihnen?“, fragte der Captain im Ruhestand. Es schien ihn kein Wässerchen zu trüben.
    „Du verdammtes Arschloch!“, entgegnete er und schlug John die Faust ins Gesicht. Lewinski taumelte einige Schritte zurück. Und noch bevor Price etwas anderes tun konnte standen die drei Talarianer bei ihm und hielten ihn fest.
    Lewinski fasst sich an seine Lippe und bemerkte, dass es dort etwas blutete. Jedoch wandte er sich gleich wieder an Price. „Eine nette Begrüßung...wieso habe ich so etwas erwartet?“
    „Ich habe es während der Suche nach dir nie für möglich gehalten. Nicht einen Moment. Nicht als ich das Bild von dir sah oder erfuhr, dass die Monitor entführt wurde. Oder als ich diese Station fand. Zu keinem Zeitpunkt habe ich es dir zugetraut. Doch dich jetzt hier zu sehen... du ekelst mich an.“
    „Ach kommen Sie. Was haben die Offiziere der Sternenflotte getan, während der Verfolgung der Talarianer? Werfen Sie nicht mit Steinen, wenn Sie im Glashaus sitzen.“
    „Das ist doch keine Entschuldigung. Nicht mal eine Begründung. Wo sind deine hohen Moralwerte? Deine Ideale?“ Price sah geschockt zu Lewinski. „Starb Bird dafür? Ardev starb auf der Suche nach dir... meine Mutter starb auf dem Rigel. Wo ist der John Lewinski, den ich einst kannte.“
    „John Lewinski ist Vergangenheit. Hier werde ich von allen nur Variigo genannt. So heiße ich nun. Zum anderen muss ich das nicht mit dir diskutieren.“
    „Weil du die Diskussion verlieren würdest?“, legte Price nach. „Und was soll das mit dem neuen Namen? Fürchtest du dich vor den John Lewinski? Ist es ein Name um dich zu verstecken? Macht das dein gewissen leichter? Denn wenn dem so ist verdienst du den namen John Lewinski tatsächlich nicht.“
    „Ab einem bestimmten Punkt in meinem Leben beschloss ich John Lewinski und dessen armseliges Leben hinter mir zu lassen. Seit ich, Variigo das Sagen haben fühle ich mich zum ersten Mal im Frieden mit mir selbst.“ Er trat an Price, nahm ihm seinen Phaser, Tricorder und Kommunikator ab. „Ich habe dein Schiff gar nicht bemerkt. Einer der neuen Fyler? Ich werde es suchen lassen. Vielleicht kann man es für einen neuen Anschlag gebrauchen.“
    Noch bevor Price antworten konnte, geschah etwas, dass ihn mehr verwirrte als alles andere zuvor. Plötzlich erschien ein zweiter John Lewinski aus dem Nichts. Im gleichen Moment zuckten Phaserstrahlen aus dem nichts und trafen die Talarianer, die sogleich bewusstlos umkippten.
    John Lewinski trat ohne darauf zu achten vor Variigo und sah ihm in die Augen. Er war mit McMor schon vor einigen Minuten angekommen. Jedoch hatten sie beschlossen, sich erst noch getarnt hier aufzuhalten. Schließlich sollten sie ja nur beobachten. Doch Lewinski war während der letzten Minuten der Kragen geplatzt.
    „Du verdammtes Arschloch!“, schrie er sein älteres Ebenbild an und donnerte ihm ebenfalls die Faust ins Gesicht.
    „Ich glaube ich spinne?!“ gab Price fassungslos von sich.
    „Das ist verwirrend“, gab der geschlagene Variigo zu, der sich gerade wieder aufrichtete. McMor hatte dabei die ganze Zeit seinen Phaser auf ihn gerichtet. Price holte sich in der Zwischenzeit seine Sachen zurück.
    „Was denkst du wohl ist das für mich? Ich werde ein Massenmörder werden. Das ist nicht gerade das, was ich mir für meine Zukunft vorgestellt habe.“
    „Die Zukunft entwickelt sich anders als du angenommen hast. Du kannst das jetzt noch nicht verstehen“, entgegnete der grauhaarige Lewinski ruhig.
    Dem jüngeren Lewinski lief bei diesen Worten der Kopf feuerrot an. „Ich pack es nicht! Wie kannst du ich sein? So würde ich nie reagieren. Ich spreche ja noch nicht einmal so, dazu dieser unglaublich einfältige Name. Fühlst du denn gar nichts mehr?“
    „Glaub mir... ich bin du.“ Variigo wandte sich von sich ab und sah zu McMor. „Sie sind Jeroen McMor. Seit wann bist du aus dem Gefängnis raus? Du warst doch im Gefängnis, wenn ich mich recht erinnere.“
    McMor reagierte auf diese Worte und sah zu dem älteren Lewinski und Matt Price. „Ich muss wohl einiges klarstellen. Ich komme aus der Zukunft um einen temporalen Eingriff aufzudecken. John Lewinski half mir nur dabei sich selbst zu finden.“
    Price nickte. „Dann gibt die temporale Zerstreuungswelle einen Sinn, die wir in den Trümmern von Lewinskis Haus gefunden haben“, realisierte er.
    „Mein Haus ist zerstört?“, fragten beide Lewinskis gleichzeitig.
    Jeroen McMor sah entschuldigend zur Decke. „Mit der Sache habe ich nun ehrlich nichts zu tun“, gestand er. Price spürte zwar, dass er nicht offensichtlich log, doch überzeugt war er davon trotzdem nicht. McMor ließ sich davon nicht abbringen und sprach zu dem jungen Lewinski, als er immer noch die große Verwirrung bei ihm bemerkte. „John, du bist dieser Variigo. Er war vor – aus seiner Sicht – drei Jahrzehnten mit mir hier. Sein Gedächtnis wurde nur gelöscht. So wie deines gelöscht werden wird.“
    „Einen Moment...“, griff Price ein und trat zu McMor. „Sie wollen sein Gedächtnis löschen?“
    „Ja, das ist eine Standardprozedur.“
    „Wie wollen Sie dann John Variigo Lewinski daran hindern, diese Anschläge zu verüben?“, fragte Price. McMor konnte jedoch nur mit einem traurigen Gesichtsaudruck antworten. Matt sah zu Lewinski.
    „Matt, wir sind nicht hier um Lewinski aufzuhalten.“ Für niemanden fiel es wohl schwerer dies zu sagen, doch es war wichtig für ihn, dies zu sagen. Denn die temporale Oberste Direktive musste berücksichtigt werden. „Wir sind hier um den Verlauf der Geschichte zu sichern.“
    „Und zum Verlauf der Geschichte gehört es Millionen Menschen sterben zu lassen?“, fragte Price und sah zu den Lewinskis. Und die beiden mussten gleichzeitig schmunzeln, als sie bemerkten wie wenig sich Matt verändert hatte. „Skipper Sie irren sich, wenn Sie sagen, dass sie niemals so werden wie dieser Variigo. Denn das sind Sie schon.“
    Sie schwiegen alle und sahen zu wie Price im Kreis lief um sich etwas zu beruhigen und nachzudenken. John Lewinski dachte ebenso über diese Worte nach. Sie gaben ihm einiges zum denken. Hatte Matt recht? War er ein Massenmörder? Sein Aspekt stimmte natürlich. Er tat nichts um diese Menschen zu retten. Im Gegenteil. Er hatte sie schon getötet. Noch ehe er auch nur in diese Position der Geschichte gekommen war. Denn dieser Lewinski neben ihm war er. Das hatte Jeroen McMor bestätigt. In diesem Moment kam auch ein klein wenig Stolz in ihm auf. Price Moralvorstellungen hatten sich in den letzten Jahren also gefestigt. Wenn er da nur an ihr erstes Zusammentreffen dachte, war wenigstens er ihm „gelungen“.
    Price sah dann aber mit steinernem Gesichtsaudruck zu ihm. „Sie haben mir viel erklärt Skipper. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Aber ich habe auch eine Mission zu erfüllen. Aus diesem Grund...“ Matt zog seinen Phaser und zielte damit auf Lewinski.
    „Warte!“, beklagten sich beide Lewinskis gleichzeitig. Zudem sah der Jüngere, wie McMor mit seinem Phaser auf Price zielte.
    „Und du erschieß ihn nicht“, rief Lewinski McMor zu.
    Price sah verwirrt zu seinem Skipper. „Was soll das? Wieso soll ich warten? Ich erschieße dich hier auf der Stelle und erwische damit euch beide. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Damit ändern wir alles auf einen Streich. Es ist genial... und die einzig logische Vorgehensweise.“
    „Lass mich mit ihm reden. Ich versuche ihn von dieser Art des Lebens abzubringen.“
    „Was soll das nutzen? Was willst du...“ Price wurde gestoppt, als McMor ihn plötzlich mit einem Kinnhaken stoppte. Price hatte sich von seiner Wut treiben lassen und McMor aus dem Blickwinkel verloren.
    Dieser stand nun ruhig da und sah zu „seinem“ John Lewinski. „Ich hab ihn nicht erschossen.“
    „Noch nicht“, berichtigte Variigo.
    „Ihr könnt euch etwas unterhalten. Ich kümmere mich um ihn hier... und um die.“ McMor deutete auf die bewusstlosen Talarianer.
    „Dann bin ich je gespannt, was du mir erzählen willst“, sagte Variigo und deutete auf eine nahe Tür. „Wollen wir in meinen Raum gehen?“
    Lewinski nickte und folgte sich selbst. Sie verließen das Kontrollzentrum und gingen über einen Korridor zu einem nicht allzu nahen Raum.
    „Es tut mir leid für den Fußmarsch. Aber hier muss man eben mit dem Vorlieb nehmen, was funktioniert.“ Variigo lächelte und öffnete auch schon eine Tür. Sein Raum war ein altes Crewquartier, das ihm als Bereitschaftsraum diente. „Um es dir vorweg zu nehmen: ich kann mir denken, was du sagen willst. Du könntest dir das alles sparen, denn ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich habe genug innere Kämpfe wegen diesen Themas ausgefochten, da wird dieser nichts daran ändern. Aber so wie ich mich kenne, hält dich das nicht davon ab, es trotzdem zu versuchen.“
    „Du hast recht. Wie hältst du es hier nur aus?“
    Variigo lächelte. „Ich habe eine kleine Vorliebe für die klingonische Architektur entwickelt. Außerdem ist mein richtiges Quartier auf der Monitor.“
    „Die Monitor?“
    „Ja. Die Kopie des Schiffes. Die Richtige wurde demontiert, also stahl ich die Kopie.“
    Lewinski erinnerte sich an diesen Vorfall. Seltsamerweise musste er in diesem Moment an Bruce Land denken. Zu lange hatte er schon nicht mehr mit ihm gesprochen. Er beschloss, dies so schnell wie möglich nachzuholen. „Aber wie...?“
    „Frag nicht wie ich das geschafft haben“, winkte Variigo schnell ab. „Das ist eine Episode für sich.“
    „Ist die Monitor jetzt da?“
    „Nein. Einige meiner Leute sind unterwegs auf einer... neuen Mission“, antwortete er.
    „Du meinst, sie verüben einen weiteren Anschlag!“, provozierte John.
    „Sie suchen Gerechtigkeit.“
    „Gerechtigkeit, dass ich nicht lache. Price hatte recht. Ich bin schuldig der Beihilfe mehrerer Massenmorde...“
    „Du bist zu egozentrisch John“, unterbrach ihn Variigo. „Wieso kannst du nicht akzeptieren, dass du dich änderst? Mit welchem Recht meinst du beurteilen zu können, wie ich mich entwickelt habe? Du fällst hier ein Urteil bevor du die Zeugen gehört hast. Denn glaub mir: du würdest das Selbe tun. Und das wirst du auch.“
    John schwieg und ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen. Er hatte recht. Er konnte sich nicht gegen sein Schicksal, seine Zukunft stellen. Sie würde ungebremst auf ihn zudonnern. Er sah sich etwas in dem Raum um und entdeckte ein kleines Regal. Variigo hatte in diesem einige Fundstücke aufbewahrt. Einige klingonsiche Disruptor, Handwaffen, aber auch medizinische Tricorder, die nicht sehr häufig waren auf klingonischen Schiffen und Basen.
    „Ich will das nicht tun“, erklärte John ruhig.
    „Es ist das einzig Richtige. Ich fühle es ganz tief in mir. Auch wenn ich weiß, dass viele sterben, die mir einst wahrscheinlich etwas bedeuteten.“
    „Dann hör doch auf damit.“
    Variigo schüttelte den Kopf. Doch seine Geduld schien auch bei der neuesten Attacke seines Ichs nicht auszugehen. „Wann hast du dich je von einer Mission abbringen lassen, von der du zu Einhundert Prozent überzeugt warst, dass es das Richtige ist?“
    Resignierend lehnte sich John an die Wand neben dem alten Regal voller Antiquitäten. „Wie viel haben wir schon erlebt?“, fragte er und sah dabei seiner Kopie direkt in die Augen. „Sooft flogen wir in feindliches Territorium, haben uns gegen übermächtige Gegner gestellt und uns nicht klein kriegen lassen. Egal ob es Borg Drohnen, Jem’Hadar, Cardassianer oder sogar Offiziere waren, die sich für andere Ziele einsetzen.“
    „Ich habe nur noch wenige Erinnerungen an diese Zeiten“, erklärte Variigo. „Es ist als gehörten sie nicht mir. Irgendwie...“
    „Irgendwie...was?“
    „Es ist, als habe mit meinem Ruhestand eine völlig neue Periode für mich begonnen. Ich hatte endlich die Zeit über so vieles nachzudenken. Unerledigtes aufzuarbeiten.“ Variigo schüttelte frustriert den Kopf. „Die Monitor ist wie ein früheres Leben für mich. Ich kann es nicht erklären. Nur ab und zu dringen einige Fetzen wieder zu mir hoch... wenn ich durch irgendetwas daran erinnert werde.“
    „Zum Beispiel?“, fragte John.
    Variigo versuchte ein Beispie zu finden. Einige Sekunden später kam ihm etwas in den Sinn und er musste dabei sogar lachen. „Weißt du noch, dieser verrückte Filmer, der uns auf Leinwand gebannt hat? Ich konnte mich erst wieder an diesen Mann erinnern, als ich den Film sah.“
    John grinste. „Quentino Tarantel“, antwortete er und wechselte sofort nach diesen Worten seine Stimmung. Er sprach streng und sauer weiter. „Der Film ist furchtbar.“
    „Ach weißt du, die Special Extended Edition ist gar nicht so schlecht. Je öfter ich mir die angesehen hab um so mehr fasziniert mich dieser, wie sagt man: Trash Faktor.“
    „Nun ich denke... wenn man den Film so oft sieht muss man wohl zum Massenmörder mutieren.“
    Variigo seufzte. „Es ist gerade etwas locker geworden.“

    Matt Price erwachte mit einem Kopf, der das doppelte Ausmaß der Milchstraße annahm. Doch eines hatte ihn das hohe Alter gelehrt. Er war sofort hellwach und wieder ganz bei der Situation. Langsam öffnet er seine Augen und sah sich um. Er lag neben den betäubten Talarianern und war, wie eben diese, unbewaffnet. Er erspähte McMor aus den Augenwinkeln an einer Konsole stehen. Anscheinend überprüfte er irgendwelchen Sensoraufzeichnung. Auf jeden Fall stand er nicht gerade günstig um alle seine „Häftlinge“ im Augen zu haben.
    Doch Price wusste gleich, dass er zuerst an ihm vorbei musste um zu den Lewinskis vorzustoßen. Denn nur dort hatte er eine Chance seine Mission zu erfüllen. Er drehte seinen Kopf wieder zu den Talarianern und erspähte dort etwas, das hinter einer Konsole an die Wand gelehnt stand: ein Bat’leth. In einem großen Sprung, der selbst für einen Mann jungen Alters bemerkenswert wäre, schnappte er sich das Schwert und stellte sich auf. Dabie kam er nur wenige Meter neben McMor zu stehen, der ihn verblüfft anstarrte.
    „Gut gemacht“, sagte Jeroen. „Aber es wird dir nichts nützen.“ Er griff an seine Gürteltasche und stellte erstaunt fest, dass sie leer war. Geschockt sah er zu dem kleinen Lage an Waffen und Technik, dass er den vermeintlich Bewusstlosen abgenommen hatte. Dort lag auch seine Waffe. Außer Reichweite um schnell dorthin zu springen.
    „Es ist aus Price. Diesmal gewinne ich“, kündigte Price an und holte aus mit dem großen Schwert. Es wirkte dabei nicht so kraftvoll und elegant wie bei einem geschulten Kriger, jedoch erfüllte es seinen Zweck. Wie besessen ließ er das Bat’leth durch die Luft gleiten und McMor konnte nur knapp entkommen. Zum Glück hatte er sich neben eines der Schotts rollen können, an dem ein zweites Bat’leth lehnte. In diesem Moment bewunderte er die Eigenart der Talarianer als ein unordentliches Volk bekannt zu sein.
    Mit aller Kraft stemmte er sich Price ihm entgegen. Er schaffte es ihn wegzudrücken und stand so schnell auf, wie er nur konnte. Doch Price hatte ihn fast in die Enge gedrängt. McMor parierte einige Hiebe und stürzte sich zu der Tür, die in den Hauptkorridor führte.
    Price schlug auf ihn ein wie ein Besessener. Sein Blick war starr und glühend. Und McMor hatte viel Mühe, mit ihm mithalten zu können.
    Da, ein Fehler des Zeitreisenden. Er ließ seine Deckung zu weit fallen und sich von Price zu stark treiben. Matt holte aus und verfehlte McMors Kopf mit der Spitze des Bat’leths nur um wenige Zentimeter. Er rammte das Schwert in die Abdeckung der Wand. Sofort zischte ein Schwall Druckluft aus der geplatzten Leitung, die er erwischt hatte. Beide Kämpfer waren für wenige Momente blind. Doch dies hielt Price nicht davon ab, durch die Gischt zu springen um einen neuen Angriff zu starten.
    Jeroen konnte mit einem improvisierten Schwinger Price etwas ablenken. Doch dieser stand nach dieser Aktion in einer viel besseren Angriffsposition als zuvor. Es folgte ein Schlag von oben. McMor blockte zwar wieder mit seinem Schwert dagegen, doch dieser Schlag kam zu überraschend für ihn.
    Dies erkannte auch Price. Siegessicher starrte er McMor an. „Dies ist für Ardev“, raunte er ihm zu und legte noch etwas Kraft nach. McMor konnte ihn nicht mehr von sich halten. Sein Bat’leth rutschte ab und damit auch das seines Gegners, wenn auch etwas abgefälscht.
    Price rammte es mit voller Kraft durch McMors linken Oberarm, der im selben Moment zu Boden fiel wie Jeroen.
    Fassungslos glitt sein Blick ins Leere. Sein Kopf fiel zur Seite, wo er seinen Arm liegen sah. Er begann zu lachen, denn das Bild wirkte einfach zu abstrus.
    „Und das ist für meine Mutter“, hörte er Price sagen. Doch seine Stimme verlor sich hinter unsichtbaren Nebelschwaden. McMor fühlte sich ruhig. Geradezu gelassen und entspannt sah er, wie Price sein Bat’leth in die Luft hob und zum finalen Schlag ausholte.
    Jeroen spürte sein Blut unter seinem Kopf. Doch ihn störte nichts mehr.
    Gerade in diesem Moment, als sein Ende nicht mehr nah war, sah er ein helles, gleißendes Licht über sich. Doch das Interesse daran wich immer mehr aus ihm. So wie sein Leben. Er nahm alles nur noch in Zeitlupe wahr.
    Er sah Price fallen. Und im nächsten Moment sah er beide John Lewinskis über sich. Der ältere hatte sich über ihn gebeugt und sah zu seinem Arm. Der jüngere stand vor ihm. Sowie vor Price Leiche.
    Im nächsten Moment schloss er seine Augen und gab sich einem traumlosen Schlaf hin.

    „John, dieser Mann benötigt Hilfe.“ Variigo sah auf zu seiner jüngeren Ausgabe. Doch dieser reagierte nicht. Sein Gehirn versuchte zu verstehen, was geschehen war.
    Dabei gab es nicht so viel daran zu deuten. Er hatte auf Matt Price geschossen um McMors Leben zu retten. Noch vor wenigen Sekunden hatten sie beide das ausweichende Gas gehört, das auch jetzt noch ein leises Rauschen im Hintergrund war. Er hatte sich instinktiv einen Phaser geschnappt und war nach draußen gestürmt.
    Ohne zu denken hatte er abgedrückt. Ohne darauf zu achten, dass er einen klingonischen Disruptor in den Händen hielt, der nur eine Einstellung kannte. Tödlich.
    John Lewinski war noch in seiner Traumwelt, als sein Ebenbild ihn herumdrehte und ihm in die Augen sah. „John, du musst mit ihm zurückkehren. Ich kann Jeroen hier nicht helfen.“
    „Ich habe Matt Price getötet.“
    „Vergiss Matt Price!“ schrie Variigo.
    „Du kannst das nicht verstehen. Was interessiert dich schon das Leben eines einzelnen Menschen? Du bist doch nur daran interessiert Leben auszulöschen“, konterte John.
    „Daran darfst du jetzt nicht denken.“ Variigo ergriff den Disruptor und warf ihn weg. Als dieser Aufschlug flogen einige Teile von ihm ab. Er war zertrümmert worden. „Ihr müsst gehen.“
    „Mich interessiert so etwas.“ John sah auf und sich selbst in die Augen. „Deshalb bist du immer noch der furchtbarste Mensch den ich kenne.“
    „Ich verstehe“, antwortete Variigo und kniete sich zu McMor. Er griff in eine seiner Seitentaschen und holte das kleine Gerät heraus, dass Jeroen oft als Tricorder eingesetzt hatte. In der Tat war es aber viel mehr. Schnell aktivierte er es und sah auf die Anzeigen. Zufrieden nickte er und drückte es John in die Hand. Anschließend wies er John an neben McMor auf den Boden zu knien. Er legte eine von Johns Händen auf Jeroen, sowie den abgetrennten Arm.
    „So wie ich es sehe musst du auf die Taste Home drücken“, riet Variigo und sah noch einmal zu John. „Hast du mich verstanden? Du musst ihn nach Hause bringen und sein Leben retten.“
    John nickte. Variigo stand auf und trat einige Schritte zurück um nicht von dem Transportfokus erfasst zu werden.
    John Lewinski verstand. Er hatte seine Aufgabe erfüllt. Er hatte sogar mehr getan. Er griff in Ereignisse ein, die ihm noch bevorstanden. Doch er durfte dem Lauf der Geschichte nicht im Weg stehen.
    Er betätigte die Taste Home mit dem Wissen nie wieder der selbe zu sein.

    „In Ordnung, ich bin bereit, etwas auf Sie zuzugehen.“ Danny Bird wirkte wie ausgewechselt. Beinahe hätte Chester Phoenix vermutet, dass es sich um eine weitere Persönlichkeit handele, jedoch war der Nomenlose immer noch der Gleiche. Auch wenn sich der Arzt wunderte, dass seine Schocktherapie von der letzten Sitzung schon so schnell so positiv wirkte. Zudem hatte er auch das letzte Gesuch Birds abgelehnt, ihn aufzusuchen. Es schadete nie, wenn man diese spezielle Persönlichkeit etwas zappeln ließ.
    „In Ordnung, das freut mich“, antwortete Phoenix.
    „Nun“, räusperte sich Bird und rutschte nervös in seinem Stuhl hin und her. „Meine erste Erinnerung ist eher eine Art Gefühl.“
    Phoenix spürte, wie schwer es Bird fiel darüber sprechen. „Gut, sehr gut“, lobte er.
    „Ach lassen Sie die Heuchlerei. Ich bin nicht einer ihrer geistesgestörten Patienten. Also lassen Sie mich erzählen. Denn ich muss dies jemandem erzählen.“
    Phoenix schwieg. Denn er wusste, dass Bird recht hatte.
    „Ich fühlte... Angst.“
    „Was machte die Angst aus?“, fragte Phoenix.
    „Die hatten Angst. Panische Angst. Sie rannten umher auf ihrem Schiff wie Mäuse in einem Labyrinth ohne jemals den Ausweg zu finden.“
    „Sie meine damals, als das mit Bird geschehen ist?“, erkundigte sich der Psychologe.
    Der nickte einfach. „Ja, da hat alles angefangen.“ Er atmete tief ein und gab sich der Erinnerung hin. „Ich roch den Angstschweiß, fühlte wie sie starben und ihre Toten beklagten. Spürte, wie sie sich berührten und ansahen. Wie ihre Blicke töten und sie sich mit jeder Sekunde von einander entfernten.“ Bird sprach die Worte, als berührten sie ihn überhaupt nicht. Wenn Phoenix den Klang der Stimme hätte beurteilen müssen, es wäre wohl Ekel gewesen, der ihn geprägt hätte.
    „Sie hatten alle verfluchte Angst.“
    „Wovor?“
    „Vor mir.“
    Phoenix antwortete nicht. Er versuchte noch einzuordnen, was er eben gehört hatte. Doch seine Gedanken standen in diesem Moment still. Er war gebannt von Birds plötzlich traurigem Gesichtsausdruck.
    „Was bedeutet das?“, fragte Bird.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete er wahrheitsgemäß.
    „Können Sie mir helfen?“, fragte Danny noch trauriger
    „Ich weiß es nicht“, wiederholte Phoenix.
    „Bitte machen Sie, dass es aufhört...“, flehte er.
    Chester konnte nicht antworten. Er wurde überflutet von Birds Gefühlen. Von der ganzen verfluchten Angst. Geschockt stand er auf und lehnte sich an die nahe Wand. „Was tust du mit mir?“
    „Ich tu doch nichts.“
    „Du lügst!“, schrie Phoenix.
    „Sie können nur verstehen, was mit mir geschieht, wenn Sie dasselbe fühlen wie ich“, gestand er dann doch ein. Noch immer rannen ihm kleine Tränen über das Gesicht.
    „Hör auf damit!“, forderte Phoenix und hielt sich die Hände über die Ohren. Doch es gelang ihm nicht, Bird aus seinem Geist auszuschließen.
    Chester konnte inzwischen kaum mehr scharf sehen und auch der Raum begann sich um ihn zu drehen. Danny Bird war aufgestanden und stand nur wenige Zentimeter vor seinem Arzt. Dieser hörte ihn sprechen, jedoch bewegten sich seine Lippen nicht. Und in seinem Kopf hörte und sah er ein Bilderrauschen, dass er noch nie erlebt hatte.
    „Sie können mir nicht helfen“, sagte Bird in Phoenix Kopf. „Sie wollten mir doch gar nie helfen. Vergessen Sie nicht: Danny Bird ist tot.
    Ich habe ihn getötet.
    Und Sie... sind nur ein armer alter bemitleidenswerter Mensch.“
    Bird kam noch näher, bis sein Mund direkt neben Phoenix Ohr war. Er sprach weiter, immer noch nur zu Hören von Phoenix Geist. „Ich kann einen Erfolg ihrer Therapie vermelden Doktor. Ich werde Ihnen meinen Namen verraten.“
    Verängstigt und mit Tränen in den Augen schielte Phoenix zu seinem Patienten. Und nun bediente sich dieser auch wieder der „normalen“ Form und artikulierte seinen Namen wie alle anderen Menschen. Doch er war nicht mehr wie alle anderen Menschen.
    Denn als Phoenix denn Namen hörte, sackte er vor Schmerzen in sich zusammen. Und auch Bird fiel bewusstlos zu Boden. Einige Sekunden später reagierten die Wachmannschaften und stürmten den Raum. Doch sie konnten nicht mehr viel tun.
    Sie kamen zu spät. Für beide.

    Als John Lewinski seine Augen wieder öffnete fand er sich in einem hellen weißen Raum wieder. Blinzelnd setzte er sich auf und sah sich um. Die weißen Wände schienen zu leuchten. Ebenso wie der Boden und die Decke. Selbst das einfache hohe Biobett schien zu leuchten. Zudem fand er keine Besonderheiten an dem Raum. Keine Fenster, keine Türen, keine Terminals.
    Er selbst trug die Zivilkleidung, die er schon die ganze Zeit getragen hatte. Ansonsten fühlte er sich gut. Überraschend gut.
    „Willkommen im 27. Jahrhundert John.“
    Lewinski drehte sich um und sah Jeroen McMor. Er lächelte und setzte sich neben ihn auf das Biobett.
    „Wie ich sehe ist dein Arm wieder dran.“
    „Ja“, antwortete McMor und streckte den Arm zum Beweis einige Male in die Höhe. „Unsere Ärzte haben ihn wieder ganz bekommen. Auch wenn mir dein Commander Price einiges zugesetzt hat.“
    „Ja, er kann austeilen...“
    McMor legte seine Hand auf Lewinskis Schulter. „Wir sind dir sehr dankbar für deine Hilfe. Nach unseren Analysen wurde der temporale Eingriff durch unser Einwirken neutralisiert. Auch wenn wir nicht wissen, wodurch dieser Eingriff ausgelöst wurde.“
    „Ist es nicht wichtig dies herauszufinden.“
    McMor legte den Kopf etwas zur Seite und rümpfte die Nase. „Man kann nicht immer alles erklären. Auch unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Es wird vielleicht an jemand anderem liegen dies aufzudecken.“
    „Ich habe da noch einige Fragen.“
    „Wir alle haben Fragen.“
    „Was wurde hier mit mir gemacht?“
    „Dein Tumor wurde behandelt. Er ist wieder in dem Stadium, der deinem Alter entspricht. Zudem“, begann McMor. „Wurden deine Zellen etwas verjüngt. Damit niemand bemerkt, dass du durch die Zeit gereist bist.“
    Lewinski griff sich unbewusst an seinen Bauch. „Ich wurde verjüngt?“
    „Nur um wenige Stunden.“
    Der Captain sah zu McMor. „Wie alt bist du?“
    McMor lächelte wieder. „Schwer zu sagen bei den ganzen Zeitreisen. Aber ich war 92 als ich von dieser Behörde rekrutiert wurde. Und ich würde sagen ich mache dies schon eine ganze Weile.“
    John nickte verstehend.
    „Sag es nicht“, griff ihm McMor vor. „Ich weiß ich hab mich gut gehalten.“ Beide lachten. Und als sie sich wieder beruhigten sah Lewinski verwirrt zu ihm.
    „Und was jetzt? Wie geht es jetzt weiter? Mit mir als Massenmörder.“
    „John, noch bist du kein Massenmörder. Du hast deine Zukunft noch vor dir.“
    „Wie oft hast du das schon gesagt? Wie oft sind wir hier schon gesessen und haben darüber gesprochen? Wie oft habe ich danach schon meine Zukunft zerstört.“
    McMor verstand. „Wir sitzen hier zum ersten und letzten Mal. Und was du tust hängt nur von dir ab.“
    „Das beruhigt mich keineswegs.“
    „Ich weiß. Dafür ist ja auch die Gedächtnislöschung zuständig.“ McMor deutete zu einer Seite des Raumes. Ohne dass Lewinski jedoch einen Unterschied an dieser Seite, gegenüber den anderen, sehen konnte. „Dort wartet noch etwas auf dich. Ein kleines Dankeschön.“
    „Dankeschön?“
    „Ich habe da etwas geregelt für dich.“
    Lewinski stand auf und trat auf die Wand zu. Kurz bevor das weiße Leuchten ihn total umgab drehte er sich noch einmal um. „Sehen wir uns noch mal?“
    „Du weißt wo du mich findest. In einer Gefängniszelle auf der Venus.“ McMor lächelte zum Abschied. Lewinski trat wortlos vor und verschwand. Jeroen blieb noch einen Moment lang sitzen. Was er jetzt hinter sich bringen musste fiel ihm leicht. Doch die Pflicht wartetet und schließlich trat auch er durch dieses weiße Leuchten.

    Als das weiße Leuchten verglühte fand sich John Lewinski an einem bekannten Ort wieder. Es war eindeutig sein Elternhaus in Kanada. Doch etwas stimmte nicht. Durch die vielen Fenster schien die Sonne herein. Wenn es also zurückgeschickt wurde wieso schien dann die Sonne? Jeroen hatte ihn bei Nacht mit sich genommen. Und außerdem: wieso erinnerte er sich noch an alles?
    Während die Gedanken rotierten hörte er ein Geräusch aus einem der Zimmer. Er stand in der Diele des zweiten Stockes, wo sich alle Schlafzimmer und ein Badezimmer befanden.
    Lewinski horchte genau hin und trat schließlich instinktiv einige Schritte in Richtung der Geräuschquelle.
    Ehe er sich versah stand er im Schlafzimmer seines Vaters und fand dort seinen Vater vor. Röchelnd lag er im Bett. Das Gesicht kreidebleich und so eingefallen wie er es noch nie gesehen hatte.
    Erschrocken trat John einige Schritte zurück. Doch schon im nächsten Moment rügte er sich für diese Tat. Das war nur sein Vater. Er musste keine Scheu haben.
    John fühlte wie ihm einige Tränen über die Wangen liefen. Er sah zur Decke und nahm einen tiefen Atemzug. „Danke Jeroen“, murmelte er und kniete sich neben das Bett. Er ergriff eine von Lukes kleinen weißen Hände. Die Haut fühlte sich wie Pergament an und er konnte jede Sehen und Vene durch sie hindurch sehen. Vorsichtig hielt er sie und wärmte sie etwas mit seiner Hand. Dabei hatte er die große Angst diese zierliche Hand zu zerbrechen.
    Die andere Hand legte er an den Kopf seines Vaters und strich ihm damit etwas über die Wangen und die Stirn. Plötzlich reagierte darauf auch sein Vater. Langsam schlug er seine Augen auf und rollte die blutunterlaufenen Glaskörper zu seinem Sohn.
    „John“, röchelte er.
    „Shhhh“, machte John. „Ja Dad, ich bin’s. Ruhe dich etwas aus“, versuchte er so ruhig und froh wie möglich sagen. Und so unmöglich wie es für ihn nur war spürte John einen kleinen Druck in seiner Hand. Luke erwidert in der Tat den Händedruck seines Sohnes. John spürte gleichzeitig, wie Luke etwas ruhiger atmete und sein Herz langsamer schlug. Er entspannte sich tatsächlich.
    Luke drehte seinen Kopf etwas zu John und suchte seinen Augenkontakt. Auch wenn ihm dies nicht gelang. John neigte seinen Kopf etwas seinem Vater entgegen um ihm die Suche nach ihm zu erleichtern. Auch wenn dies nichts half.
    „Kümmere dich um Martin“, bat er. Es war der letzte Wunsch eines alten Mannes. Der letzte Wunsch eines sterbenden Mannes.
    „Das werde ich. Ich verspreche es dir“, entgegnete John.
    „Ich liebe dich John“, raunte Luke.
    John begann zu weinen. Sein Gesicht zeigte sich von Trauer erfüllt und seine Augen waren beinahe schon so rot wie die seines Vaters. „Und ich liebe dich Dad“, antwortete John so ruhig wie er konnte.
    Darauf schloss Luke seine Augen und schlief ein. Mit einem lächeln auf den Lippen und im Frieden mit sich selbst.
    John spürte Lukes Hand aus seiner gleiten. Vorsichtig legte er sie auf den Bauch seines Vaters. Er beugte sich selbst über ihn und küsste ihn auf die Stirn. Andächtig erhob er sich wieder und sah sich Luke an. Aufs schwerste gezeichnet von der tödlichen Krankheit lag er in seinem Bett. Wie ein Engel schlief er.
    Im nächsten Moment hörte John ein merkwürdiges Geräusch. Vor der Tür sah er ein Shuttle herfahren. Es war das Shuttle mit dem „Essen auf Rädern“.
    John sah einen jungen Mann aussteigen. Dieser holte sich ein Tablett aus dem Replikator an der Seite und trat mit diesem zur Tür. Nur wenige Sekunden später hörte er die Türklingel. Dann ein zweites Mal. Und ein drittes Mal.
    Schließlich benutzte der junge Mann seine ID Card um die Tür zu öffnen.
    John sah noch einmal zu seinem Vater. „Auf wiedersehen“, raunte er und verschwand wieder in dem weißen Leuchten, das ihn hergebracht hatte.

    „John, dieser Mann benötigt Hilfe.“ Variigo sah auf zu seiner jüngeren Ausgabe. Doch dieser reagierte nicht. Sein Gehirn versuchte zu verstehen, was geschehen war.
    Dabei gab es nicht so viel daran zu deuten. Er hatte auf Matt Price geschossen um McMors Leben zu retten. Noch vor wenigen Sekunden hatten sie beide das ausweichende Gas gehört, das auch jetzt noch ein leises Rauschen im Hintergrund war. Er hatte sich instinktiv einen Phaser geschnappt und war nach draußen gestürmt.
    Ohne zu denken hatte er abgedrückt. Ohne darauf zu achten, dass er einen klingonischen Disruptor in den Händen hielt, der nur eine Einstellung kannte. Tödlich.
    John Lewinski war noch in seiner Traumwelt, als sein Ebenbild ihn herumdrehte und ihm in die Augen sah. „John, du musst mit ihm zurückkehren. Ich kann Jeroen hier nicht helfen.“
    „Ich habe Matt Price getötet.“
    „Vergiss Matt Price!“ schrie Variigo.
    „Du kannst das nicht verstehen. Was interessiert dich schon das Leben eines einzelnen Menschen? Du bist doch nur daran interessiert Leben auszulöschen“, konterte John.
    „Daran darfst du jetzt nicht denken.“ Variigo ergriff den Disruptor und warf ihn weg. Als dieser Aufschlug flogen einige Teile von ihm ab. Er war zertrümmert worden. „Ihr müsst gehen.“
    „Mich interessiert so etwas.“ John sah auf und sich selbst in die Augen. „Deshalb bist du immer noch der furchtbarste Mensch den ich kenne.“
    „Ich verstehe“, antwortete Variigo und kniete sich zu McMor. Er griff in eine seiner Seitentaschen und holte das kleine Gerät heraus, dass Jeroen oft als Tricorder eingesetzt hatte. In der Tat war es aber viel mehr. Schnell aktivierte er es und sah auf die Anzeigen. Zufrieden nickte er und drückte es John in die Hand. Anschließend wies er John an neben McMor auf den Boden zu knien. Er legte eine von Johns Händen auf Jeroen, sowie den abgetrennten Arm.
    „So wie ich es sehe musst du auf die Taste Home drücken“, riet Variigo und sah noch einmal zu John. „Hast du mich verstanden? Du musst ihn nach Hause bringen und sein Leben retten.“
    John nickte. Variigo stand auf und trat einige Schritte zurück um nicht von dem Transportfokus erfasst zu werden. Und nur wenige Sekunden später hatte John die Taste auf dem Tricorder betätigt und war vom hellen Leuchten des Zeitreisetransporters verschluckt worden.
    Variigo stand noch einige Moment so da. Er konnte nicht verstehen, warum er sich an so viele Dinge nicht erinnerte. Betrübt trat er den Korridor entlang und erreichte die Kommandozentrale. Er sah dort seine talarianischen Freunde liegen. Sie würden vermutlich noch einige Minute bewusstlos bleiben.
    Gerade wollte er sich einem der Terminals widmen, als er jemandem in seinem Augenwinkel sah. Ruhig drehte er sich um und sah Jeroen McMor.
    „Jeroen. Sehnsucht?“, fragte Variigo.
    McMor trat zu ihm. „Nein, das nicht. Es geht um etwas anderes.“
    Variigo sah zu seinem Arm. „Wie ich sehe hast du deinen Arm wieder dran. Den kannst du also nicht vergessen haben.“
    „Meine Leute haben die Daten analysiert, die ich gesammelt habe“, berichtete McMor ohne auf Variigos Worte zu reagieren. „Wir sind uns zwar noch nicht sicher, wer oder was für den temporalen Eingriff verantwortlich ist, aber wir kennen inzwischen die Auswirkungen.“
    „Und du wurdest beauftragt sie zu bereinigen?“
    McMor nickte. „So ist es.“
    „Also gut“, forderte Variigo auf. „Was sind die Auswirkungen?“
    „Ohne den Eingriff in die Zeitlinie wäre Price auf die Station gekommen, hätte es geschafft dich zu töten und danach die Station zu zerstören. Er wäre darauf fahnenflüchtig geworden und hätte sich auf einen abgelegenen Planeten abgesetzt.“
    Variigo ließ McMor weiter sprechen. Auch wenn er wusste, was er nun hören würde.
    „Aber wir sind aufgetaucht. Und haben unsererseits Price getötet. Was bedeutet, dass du noch lebst und in der Lage bist weitere Anschläge zu verüben und Menschen zu töten, die leben sollten.“
    „Logisch“, antwortete Variigo nickend. „Aber seid dann nicht ihr beide selbst der temporale Eingriff.“
    „Zum Teil. Aber nicht vollkommen. Es gibt noch immer Details, die wir nicht verstehen“, gab McMor zu.
    Variigo überlegte. „Dann will ich deiner Arbeit nun nicht im Weg stehen.“
    „Du kannst es dir noch überlegen. Setz dich einfach auf diesen Aussteigerplaneten ab und mach dir einen schönen Lebensabend.“
    „Du weißt, das kann ich nicht“, Variigo schüttelte den Kopf. „Du musst mich schon töten um mich davon abzuhalten das Richtige zu tun.“
    Variigo hatte noch nicht richtig ausgesprochen, als McMor seinen Phaser zog und ihn erschoss. Dieser löste sich sofort in Nichts auf. Ohne weiterzudenken richtete er seinen Phaser auf die Talarianer und verdampfte auch diese.
    Ein Hupen, das aus seinem Tricorder drang wies ihn darauf hin, dass der Zeitlinie genüge getan wurde.
    „Es tut mir leid John“, sagte er leise. Er holte ein weiteres Gerät aus seiner Tasche, das die Form einer Halbkugel hatte. Er legte es in die Nähe einer der Konsolen und betätigte einige Tasten. Dann nahm er erneut seinen Tricorder zur Hand und beamte sich zurück in seine Zeit. Sein Auftrag war erfüllt.
    Und wenn in wenigen Moment er und John Lewinski hier auftauchen würden, fänden sie nichts außer einer leeren Station und Price Leiche. Nur wenige Sekunden nach deren erneuter Abreise würde sich die Halbkugel aktivieren. Um die Station zu zerstören. Mit ihr alle Beweise.
    So wie es sein sollte.

    John Lewinski lief diese Gänge zum ersten Mal in seinem Leben ab. Sie befanden sich tief unterhalb der Erde San Franciscos. Die Wände waren kahl. Ein weiteres Zeichen dafür, dass dieser Trakt nicht für Besucher gemacht war. Der Pfleger führte ihn in einen Raum. Counselor Tolbar erwartete ihn dort. Freundlich grüßte sie den Captain und verabschiedete den Pfleger.
    Der Raum war klein. Es standen einige Terminals in ihm und zwei Stühle. Die große Glasscheibe vor ihnen war noch milchig. Man konnte nicht hindurchsehen. Jedoch fiel von dem anderen Raum dahinter das einzige Licht in diesen kleinen Überwachungsposten herein.
    „Sie sehen gut aus John“, lobte die Ärztin. „Ihr Urlaub hat Ihnen wohl gut getan.“
    „Nun ja“, gestand Lewinski ein. „Ich habe vor einer guten Woche eine schwere Operation recht problemlos hinter mich gebracht und... ich weiß auch nicht. Ich Fühle mich seither viel leichter. Ich fühle mich losgelöst, richtig unbeschwert. Als sei mir eine große Last von den Schultern genommen worden.“
    „Das freut mich für Sie“, fügte Tolbar an und entdeckte dann etwas, das Lewinski in seinen Händen hielt. „Sie haben sich ein Buch gekauft?“
    „Oh ja“, antwortete er und zeigte es ihr. „Es ist ein Buch über klingonische Architektur.“
    „Sie interessieren sich dafür?“
    „Eigentlich nicht. Aber aus irgendeinem Grund wollte ich das Buch einfach haben, als ich es sah.“
    Tolbar seufzte. „John, ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen. Es ist etwas geschehen.“
    „Geschehen? Was denn?“
    „Anscheinend ist Danny Bird durchgedreht. Er hat seinen Arzt angegriffen, Doktor Phoenix.“
    „Oh mein Gott“, murmelte Lewinski. „Wie geht es Phoenix?“
    „Er ist in ein Koma gefallen. Er wurde schwer verletzt. Zudem haben wir etwas gefunden. Anscheinend hat es Bird irgendwie geschafft ein Wort auf seinen Bauch brennen.“
    „Brennen? Was für ein Wort?“
    „Das Wort lautet: Variigo“, antwortete Tolbar. „Können Sie was damit anfangen?“
    John Lewinski sah durch die Ärztin hindurch. „Ja. Auch wenn ich mir sicher bin, dieses Wort noch nie gehört zu haben.“
    „Dies ist nicht das einzige Mysterium, dass dieser Fall mit sich brachte.“
    Der Captain drehte sich zu der Scheibe. Er schloss seine Augen und ließ die Gedanken fließen. „Was ist mit Bird?“
    Tolbar wandte sich zu einer der Konsolen. Sie betätigte eine Taste und die Scheibe vor ihnen wurde durchsichtig. Dahinter zeigte sich ein größerer Raum indem ein Bett stand. Bird war darauf festgeschnallt. Um ihn herum war eine metallene Kugel aufgebaut. Die einzelnen kleinen Streben drehten sich langsam und verliehen dem ganzen eine obskure Note.
    „Er ist ebenfalls in ein Koma gefallen. Wir verstehen die ganze Situation nicht.“
    „Kann ich zu ihm?“, fragte John. Tolbar nickte einfach und führte ihn in den Korridor zurück. Sie liefen einige Schritte und standen schließlich vor einer weiteren Tür.
    Lewinski spürte plötzlich etwas seltsames. Ein komisches Kribbeln in seinem Arm. Plötzlich wurde aus dem Kribbeln ein leichtes Zucken und John ließ das Buch fallen, dass er in der Hand hielt.
    Wie ein Zeichen lag dieses nun vor der Tür und Lewinski sah nur den Titel des Buches: „Nicht eintreten!“. Alles andere, wie den Untertitel „Die kriegerische klingonische Architektur“ oder auch Counselor Tolbar die ihn nach seinem Befinden erkundigte blendete er aus.
    Er wusste nur: er musste hier weg. So schnell wie möglich. Also flüchtete er panisch.
    Tolbar sah ihm verwirrt nach. So viel geschah hier im Moment, dass sie nicht verstand. Sie sah hinab und erblickte sein Buch. Hier stellte sich eine weitere Frage. Wieso hatte er es liegen lassen? Sie hob es auf und beschloss, es ihm nachzusenden.

    In dem Raum selbst lag der regungslose Körper von Danny Bird. Doch in seinem innern brodelte es. Die dumme Tat hatte ihm nicht weitergeholfen. Chester Phoenix war ein Schwächling. Der Versuch seine Gefühle auf ihn zu projizieren hatte fehlgeschlagen. Also musste er auf einen neue Chance warten. Auf eine geeignetere Person.
    So wie diesen Lewinski.
    Er würde ihn sich schnappen, sobald er durch diese Tür treten würde. Dann war er bereit noch mehr Unheil anzurichten. Ganz deutlich konnte er John Lewinski spüren, wie er vor der Tür stand. Er fühlte die Macht und die Autorität, die ihn umhüllten wie ein schützender Mantel. Doch vor ihm würde er nackt sein.
    Beinahe sah er die Zukunft schon vor sich. Als könne er sie greifen.
    Doch was war das? John Lewinski entfernte sich wieder von ihm. Wieso? Dies sollte nicht geschehen. Dies durfte nicht geschehen.
    Was wurde aus seinem Plan? Seinem Plan das Universum in eine dunkle Zeit zu stürzen und die Crew der Monitor dafür bezahlen zu lassen, dass sie es wagten ihn gestört zu haben.
    Dieser verdammte Lewinski hatte schon wieder sein Leben und seine Vorhaben aus den Bahnen geworfen.
    Wie sollte er seinen Plan nun beenden?
    Etwa mit dieser zweitklassigen Ärztin. Auch diese war viel zu zerbrechlich und zu unbedeutend.
    Also musste er darauf warten, dass John Lewinski ihn noch einmal besuchte. Irgendwann in der Zukunft. Ihm machte dies nichts aus. Er war schon alt und würde ewig leben.
    Und mein Plan wird doch noch gelingen.
    So wahr ich Variigo heiße.

    Er stand gemütlich vor den Trümmern eines Hauses. Soeben hatte er eine Bombe gezündet und dieses Haus zerstört. Niemand durfte mehr eine Spur oder auch nur ein Haar in ihm finden. Und so war es am besten. Der Sprengkörper ließ alles künstliche zerfallen. Und es gleichzeitig so aussehen, als sei es auf natürlich Weise geschehen.
    Er nahm seinen Tricorder vor und überprüfte erneut seine Einsatzbefehle. Natürlich wusste er, dass er alle Befehle ausgeführt hatte, doch er wollte auf Nummer sicher gehen. Vor wenigen Minuten bereits hatte er dafür gesorgt, das der Disruptor, der den tödlichen Schuss auf Matt Price abgab auch funktioniert. Danach hatte er Matt Price einige Hinweise in die Augen gestreut. Zuerst bei den Analysen und den Anzeichen für die Präsenz der Monitor bei den Anschlägen oder später die Allgegenwärtigkeit von Ardevs Diagnosen.
    Und er hatte dafür gesorgt, dass die Gedächtnislöschung, die Jeroen McMor an ihm vorgenommen hatte, nicht hundertprozentig war.
    Nur so konnte der Zeitlinie genüge getan werden.
    Nur so war der temporale Eingriff zu erklären, den seine Behörde zweihundert Jahre zuvor nicht aufklären konnte, zu erklären.
    Nur so konnte seine Existenz erklärt werden.
    Nur so schloss sich der Kreis wieder.
    Er betätigte die Taste Home und machte sich damit wieder auf den Weg zurück zu seiner Zentrale. Zurück zu einer neuen Aufgabe.
    Auch wenn es ihn etwas grämte, dass er soeben das Haus zerstört hatte, das für ihn – nach seinem Elternhaus – am ehesten das Wort „Heimat“ beschrieb...

    Ende

    DIE SUMME ALLER ÄNGSTE, TEIL 2
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by NADIR ATTAR
    executive producer NADIR ATTAR
    co-executice producer CHRISTIAN GAUS & SEBASTIAN OSTSIEKER
    producer SEBASTIAN HUNDT
    lektor OLIVER DÖRING
    staff writers THOMAS RAKEBRAND & JÖRG GRAMPP and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
    written by CHRISTIAN GAUS
    TM & Copyright © 2005 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!



    Quelle: treknews.de
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