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  • Monitor - 6x11: Gut oder Böse?

    Bruce Land ist zurück!
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    Vor zwei Jahren gab sich Bruce Land als Auftragskiller aus, um den gefürchteten Kriminellen Nocks aus der Reserve zu locken. Nun ist Nocks wieder da und möchte den Spieß umdrehen...

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    Einen Anruf von seinem besten Freund zu erhalten war für Bruce Land eine angenehme Überraschung. Freundlicherweise war Captain Chakotay, sein Kommandant auf der Voyager, so großzügig ihm seinen Bereitschaftsraum zur Entgegennahme dieses Gesprächs zu überlassen. Erfreut setzte sich der erste Offizier auf den Stuhl und drehte das Terminal zu sich herum. Seine Arbeit auf der USS Voyager füllte ihn inzwischen vollends aus und er war äußerst glücklich über seine Versetzung hierher. Mit etwas Glück und Fleiß würde vielleicht schon in wenigen Jahren der Rang eines Captains in greifbarer Nähe sein. Zumindest scheute sich Captain Chakotay nicht die gute Arbeit seines Stellvertreters desöfteren in seinen Berichten zu erwähnen. In den letzten Tagen hatte das Schiff wieder einige Forschungsmissionen geflogen, in denen sie neue Gebiete kartograhpiert hatten. Fast schon kam es einem so vor als würde nicht dieser furchtbare Krieg toben. Aber nur fast...
    Das Gesicht John Lewinskis erschien auf dem Bildschirm und Land lächelte ihn an.
    „Gut wieder von dir zu hören, John!“
    „Geht mir ebenso, alter Freund,“ entgegnete der Kanadier die Begrüßung. „Wie steht es so auf der Voyager?“
    „Bestens! Wir haben ziemlich viel Arbeit hinter uns und ich kann nur sagen es macht wirklichen Spaß. Am Anfang bin ich ja skeptisch gewesen ob ich nach den Jahren auf einem Kampfschiff wieder Dienst auf einem Forschungsschiff tun könnte, aber es ist wunderbar. Wir haben schon zwei Erstkontakte erlebt; das kannte ich gar nicht mehr.“
    „Freut mich zu hören, Bruce,“ meinte Captain Lewinski und wurde anschließend schlagartig ernst. Auch sein ehemaliger erster Offizier registrierte natürlich diesen Stimmungswechsel und fragte:
    „Was ist geschehen, John?“
    Kurz räusperte sich der Kommandant der Monitor, dann erklärte er:
    „Es ist noch nicht publik gemacht worden, aber der romulanische Prätor ist tot.“
    „Was?“ entfuhr es Bruce Land erschüttert. „Aber wie kann das sein? Er war doch noch so jung...“
    „Unsere Informanten auf Romulus haben uns einige Details übermitteln können, bevor die Kanäle dicht gemacht wurden,“ fuhr Lewinski mit seinen Ausführungen fort, „und wir haben keinen Zweifel daran, dass der Prätor ermordet wurde.“
    „Unglaublich!“ war das einzige, was Commander Land dazu noch einfiel. Ausgerechnet nun ein toter Politiker! Schließlich begann er stutzig zu werden.
    „Dies sind natürlich brisante Nachrichten, John, aber wieso erzählst du mir davon? Immerhin bin ich nicht mehr im aktiven Dienst des SFI.“
    Abermals räusperte sich John und blickte für einen Moment verlegen zu Boden. Anscheinend musste er nun etwas sagen, was ihm ganz und gar nicht gefiel:
    „Mithilfe der wenigen Informationen, die wir zusammentragen konnten, war es uns möglich den Attentäter zu ermitteln und es scheint so als stimme uns der Tal Shiar zu. Es war Nocks.“
    Dieser Name klingelte in Lands Ohren, der zurückwich.
    „Du meinst den berühmten Attentäter, für dessen Aufspürung mir vor einem Jahr eine andere Persönlichkeit einprogrammiert worden war und wo ich...“
    „...wo du mich fast getötet hast,“ vervollständigte John Lewinski den Satz. „Ja, genau dieser Nocks, der beste Profikiller des Quadranten. Ein Mann, der eigentlich mehr eine Legende denn eine wirkliche Person ist, denn niemand hat ihn jemals gesehen noch ermitteln können zu welcher Spezies er gehört oder welchen Geschlechts er ist. Der Mann bleibt ein Mysterium. Fakt ist nur, dass er den Prätor ermordet hat und den Romulanern fehlt jede Spur nach ihm.“
    „Oh je... aber noch mal, wieso erzählst du mir dies?“
    „Bei der Leiche des Prätors fand man eine Karte, die offenbar von Nocks zurückgelassen wurde. Natürlich gibt es auf ihr weder Fingerabdrücke noch DNA-Reste, dafür jedoch etwas anderes.“
    „Was denn?“ fragte Bruce Land mit einem unguten Gefühl im Magen.
    „Es befinden sich zwei Buchstaben auf der Karte: XU.“
    Land wich erschrocken vom Monitor zurück. Nun verstand er, wieso John ihm von diesem Mord erzählt.
    „XU soll wohl für Xander Ulich stehen,“ meinte Land mehr zu sich selbst denn zum Captain.
    „Ja, die Identität, die man dir vor einem Jahr eingepflanzt hat. Wie es ausschaut hat Nocks wohl doch von Xander Ulich Notiz genommen und will ihn wohl nun herausfordern. Anders können wir uns diese Botschaft nicht erklären.“
    „Er hat von ihm Notiz genommen?“ stammelte Bruce entgeistert. „Was heißt das? Kennt er nur den Namen oder auch das Gesicht? Weiß er womöglich, dass Xander Ulich in Wirklichkeit Commander Bruce Land ist und Dienst tut auf der USS Voyager?“
    Captain Lewinski konnte nur zu gut die plötzliche Angst in den Augen seines besten Freundes verstehen. Doch was sollte er ihm sagen außer der Wahrheit?
    „Das wissen wir nicht.... was wir jedoch wissen, ist dass du bzw. Xander Ulich dich eines Tages Nocks stellen musst. Dies mag nicht morgen sein oder nächste Woche oder in diesem Jahr, aber irgendwann mit Sicherheit. Ich wollte dich nur informieren, weil ich nicht weiß, ob der Sternenflottengeheimdienst diese Information überhaupt freigibt.“
    Wie betäubt nickte Land. Natürlich schätzte er die Bemühungen seines Freundes, aber was sollte man dazu sagen? Womöglich würde der größte Attentäter des Quadranten nach seinem Leben trachten und er konnte derzeit nichts dagegen machen. Na wunderbar!


    Ein knappes Jahr später...

    Urlaub war etwas herrliches. Umso mehr, wenn man diesen Zuhause verbringen durfte. Dabei war dies es für jemanden, der seinen Dienst im All versah, etwas ganz besonderes. Bruce Land schloss sein Haus auf, welches sich inmitten der grünen Wiesen Englands befand, und betrat es. Mehrfach atmete er tief ein und aus, versuchte die Atmosphäre dieses Baus, welcher sich schon seit Generationen in den Händen der Lands befand, aufzunehmen. Wie lange war er schon nicht mehr hier gewesen? Ein Jahr mindestens. Nach dem langen Dienst auf einem Raumschiff kam es dem Commander fast schon seltsam vor aus dem Fenster blicken zu können und eine unglaublich weitläufige Landschaft zu erblicken, inklusive eines Horizontes. Es war ein großartiger Anblick, malerisch und beruhigend zugleich. Der erste Offizier des Raumschiffs Voyager hatte sich vier Wochen Urlaub genommen, damit sich der Trip zurück zur Erde auch wirklich lohnte. Hier würde er endlich das tun, was er sich schon so lange vorgenommen hatte. Zuerst natürlich ausschlafen und dann endlich wieder ausgedehnte Spaziergänge machen, ohne nach wenigen Minuten wieder bei einem weiteren Schott anzukommen. Bruce würde einfach losgehen und dann schauen, wie weit ihn seine Füße trugen. Der Gedanke daran ließ bei ihm eine wahnsinnige Vorfreude aufkommen.
    Doch sehr zu seiner Überraschung musste er feststellen, dass er nicht allein war. Durch die halb geöffnete Tür des Wohnzimmers konnte er sehen, wie sich eine Person in diesem Raum befand. Misstrauisch trat Bruce herein, stellte dann mit Überraschen fest, dass sich sein alter Freund John Lewinski hier befand.
    „John,“ meinte Land irritiert, „es freut mich zwar, dich zu sehen, dennoch muss ich fragen: was tust du hier?“
    Der Angesprochene Kommandant des Raumschiffs Monitor erhob sich von seinem Sessel, strich die Zivilklamotten glatt und reichte seinem Freund erst einmal die Hand.
    „Was ich hier tun muss, gefällt mir ganz und gar nicht, jedoch muss es getan werden.“
    „Wovon zum Teufel redest du? Und wie geht es dir überhaupt?“
    Die Frage zielte natürlich auf den Tod von Johns Vater ab, der inzwischen schon fast ein Jahr vergangen war, jedoch noch immer am Captain nagte. Inzwischen ging es ihm besser, doch war ein vollkommenes Verarbeiten überhaupt möglich? Der Zeitsprung, der ihm ermöglicht worden war, hatte einiges besser gemacht und seiner Seele eine gewisse Linderung verschafft, aber eine Narbe würde immer zurückbleiben. Vielleicht war dies ja auch gut so, denn Vergessen durfte man niemals.
    „Mir geht es gut, danke der Nachfrage,“ entgegnete John ehrlich und beschloss zum Punkt seines Besuchs zurückzukehren. „Es tut mir leid, aber ich muss deinen Urlaub aufheben.“
    Entsetzt rollte der Engländer mit den Augen. Sein alter Freund hatte recht gehabt, es gefiel ihm ganz und gar nicht, was er da hörte.
    „Aber hör mal, ich habe mich schon so auf diese Heimkehr gefreut und noch einiges vor, was ich erledigen möchte. Ist dir überhaupt klar, wie lange ich schon ununterbrochen im Dienst war?“
    „Niemand weiß dies besser als ich und glaube mir, ich gönne dir eine kleine Pause von herzen. Aber es ist eine ernste Angelegenheit.“
    „Wie ernst?“ lautete die prompte Frage Lands.
    „Es könnte um dein Leben gehen.“
    Kurz entstand eine kleine Gesprächspause zwischen den beiden, in denen der ehemalige erste Offizier der Monitor über diese Worte nachdachte. Dann wurde ihm mit einem Mal bewusst, worauf sein Freund anspielte.
    „Nocks,“ meinte Commander Land und sprach damit den Namen aus, der ihm so gefährlich werden könnte.
    „Ja, du erinnerst dich noch daran, wie ich dir letztes Jahr gesagt habe, dass er auf der Suche nach dir ist, besser gesagt seinem Rivalen Xander Ulich.“
    „Einem Rivalen, der nie existiert hatte,“ erinnerte er den Captain. „Eine Person, die vom Sternenflottengeheimdienst erschaffen worden war, um den besten Profikiller des Quadranten aufzuspüren.“
    John wusste, dass dies eine schwierige Situation war. Hier stand er nun, im Haus seines besten Freundes, der sich schon so lange auf etwas Ruhe gefreut hatte und musste ihm sagen, dass sein Leben in Gefahr war. Wie gerne würde er ihm mitteilen, dies alles wäre nur ein schlechter Scherz, doch das war es nicht. Es war blutiger Ernst und der Wetteinsatz war nichts geringeres als das eigene Leben.
    „Es hat etwas gedauert, aber Nocks ist auf deine Figur aufmerksam geworden,“ erklärte der Captain. „Scheinbar irritiert es ihn, dass Ulich seit einiger Zeit von der Bildfläche verschwunden ist. Natürlich hat der SFI immer mal wieder einige Informationshappen fallen lassen, doch du bist nicht mehr so aktiv wie früher. Und nun jagt er dich.“
    „Um mich zu töten?“
    „Leider ja.“
    Verstehend nickte Bruce. Er hatte damit gerechnet. Seit er von dieser geheimnisvollen Mission erwachte, war er sich bewusst gewesen, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Er würde sich der Nemesis, der er damals nicht begegnet war, stellen müssen. Dieses Mal sollte es also soweit sein. Obwohl er sich die Antwort denken konnte, fragte er den Captain:
    „Was soll ich tun?“
    „Der Geheimdienst reaktiviert dich und stellt dich unter mein Kommando. Sobald du bereit bist werden wir auf die Monitor beamen, die sich getarnt im Orbit befindet und gemeinsam Nocks aufspüren.“
    „Du meinst ihr benutzt mich als Köder?“
    Obwohl die Thematik alles andere als heiter war, musste John lächeln. Sein Freund hatte ihn zu schnell durchschaut. Aber für Bruce war die Sache nicht so leicht. Zum ersten Mal seit den schaurigen Ereignissen mit der Verdopplung sollte er wieder an Bord der Monitor kommen. All die Kameraden wieder zu sehen, die damals tot waren... Aber er musste die Sache hinter sich lassen und mit dem normalen Leben fortfahren.
    „Ja, dies ist der Plan.“
    „Nun ja, wenn es sein muss. Lass mich eben meine Tasche nehmen, die ja noch gepackt ist, und wir können los.“
    Angesichts dieser Situation blieb Bruce Land erstaunlich locker. Captain Lewinski konnte nur hoffen, dass sich das Geheimdienstoberkommando bei dieser Sache nicht gewaltig verschätzte. Er hatte absolut kein Interesse daran seinen besten Freund an einen Mörder zu verlieren. Mittels eines simplen Tastendrucks auf seinen Kommunikator ließ er sich und Bruce auf das Schiff beamen.

    Der gegenwärtige erste Offizier des Raumschiffs Monitor wollte sich auf den Weg zur Brücke machen, hatte davor jedoch noch etwas wichtiges zu erledigen. In seinem Quartier hatte das Komterminal aufgeleuchtet, ein deutliches Zeichen dafür, dass ihm jemand eine Nachricht geschickt hatte. Nach genauerem Hinsehen und Identifikation des Absenders schoss der Puls von Matthew Price in die Höhe. Niemand geringeres als Selina Kyle, seine Imzadi und ehemalige Geliebte, hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen. Über den Inhalt der Nachricht bestand für den Halbbetazoiden absolut kein Zweifel. Vermutlich würde es um ihre gemeinsame Tochter Yasmin gehen. Vor einigen Wochen hatte Matt seine ehemalige Liebe gebeten eine gemeinsame Lösung für das Kind zu finden. Er hatte absolut kein Interesse daran so zu enden wie sein eigener Vater, der sein Kind für Jahrzehnte nicht gesehen hatte. Nein, Commander Price hatte es sich zum Ziel gesetzt immer für seine Tochter da zu sein. Er wollte sie aufwachsen sehen, sie bei ihren ersten zaghaften Schritten in diese Welt begleiten und eine Hilfe sein. Aufgeregt aktivierte der erste Offizier das Terminal und stellte fest, dass es sich bei der Nachricht um ein aufgezeichnetes Video handelte. Mit fast schon zittrigen Händen betätigte Price die „Abspielen“-Taste und blickte gespannt auf den Bildschirm.
    Selina Kyle erschien auf dem Bildschirm, immer noch so schön wie bei ihrer letzten Begegnung, und versuchte möglichst neutral in die Kamera zu blicken, als sie die folgenden Worte sprach:

    „Hallo Matt,
    ich denke mal diese Botschaft kommt überraschend für dich, auch wenn du sie natürlich herbeigesehnt hast. Lange habe ich über deine Worte und deinen Wunsch nachgedacht. Immer noch bin ich sauer auf dich und fühle mich von dir mehr als enttäuscht. Aber unsere Tochter kann nichts für unsere Unstimmigkeiten und sie soll auch nicht die Leidtragende in dieser Situation sein. Daher habe ich beschlossen, dass wir uns mit der Erziehung abwechseln sollen. Falls dir dies recht ist werde ich Yasmin die nächsten vier Wochen bei mir behalten und sie dann für den nächsten Monat zu dir bringen.
    Du hörst von mir!“

    Glück und Erleichterung durchströmten Matt, nachdem er diese Botschaft vernommen hatte. Endlich würden er und seine Tochter etwas Zeit miteinander verbringen können. Er dankte seinem Glück und auch Selina dafür, dass sie so vernünftig war. Er konnte es gar nicht abwarten, bis die 30 Tage vorbei waren und er endlich die kleine Yasmin in die Arme schließen konnte.

    Wieder hier zu sein war ein seltsames Gefühl für Bruce Land. Das letzte Mal, als er durch die Gänge der Monitor gestreift war, hatte er um sich herum die Leichen seiner Freunde und ehemaligen Kollegen gesehen, die sich gegenseitig umgebracht hatten. Zum Glück war dies alles nur Teil eines alternativen Schiffes gewesen, welches durch ein Paradoxon entstanden war. Doch war dadurch die zweite Monitor-Crew nicht weniger real gewesen? Immer noch beschlich ihn ein Schauer, wenn er an diese Ereignisse zurückdachte.
    Doch für diese Überlegungen war derzeit kein Platz. Innerhalb von Sekunden war der ehemalige erste Offizier im Transporterraum materialisiert und wurde von einigen alten Freunden willkommen geheißen. Ardev und Arena Tellom standen dort, ebenso Danny Bird. Nur Dr. Frasier und Commander Price waren nicht anwesend, da beide ihre Positionen besetzen mussten.
    „Schön sie wiederzusehen, Commander,“ begrüßte ihn der andorianische Einsatzoffizier und umarmte den ehemaligen Vorgesetzten.
    „Geht mir genauso, Ardev. Ich hoffe ihnen und ihrer Frau geht es gut.“
    „Wir können nicht klagen,“ bestätigte die Terellianerin und lächelte.
    Auch der Sicherheitschef Danny Bird wurde herzlich begrüßt. Es war ein schönes Widersehen, welches viel zu lange auf sich hatte warten lassen. Nur der Grund für diese Zusammenkunft war kein erfreulicher. Dies wussten alle Anwesenden und daher schlug die Stimmung schnell in Ernsthaftigkeit um. Mit einer Handbewegung bedeutete Lewinski seinem Freund zur Brücke und anschließend in den Bereitschaftsraum zu gehen.
    Auch wenn er sich schon seit über zwei Jahren nicht mehr an Bord befand, so wusste Bruce immer noch, wie die Gänge und Schotts der Monitor verliefen. Natürlich war er alles andere als unzufrieden mit seiner Position auf der Voyager, doch es schien ihm, als würde nie wieder eine Zeit so schön werden wie auf dem Geheimdienstschiff. Das Arbeitsklima, die Atmosphäre und die Kameraden, die zu Freunden wurden, waren einmalig. Es war eine Freude wieder hier zu sein.
    Auf der Brücke angekommen begrüßte der Engländer noch schnell Commander Price, welcher sich eiligst von seinem Platz auf dem Kommandantensessel erhob.
    „Matt! Schön, sie wiederzusehen!“
    „Die Freude ist ganz meinerseits, Bruce,“ entgegnete der Halbbetazoid ehrlich. Natürlich fühlte sich dieses Widersehen recht seltsam an, wenn man bedachte, wie beide zu ihren Posten gekommen waren. Noch vor 24 Monaten war Matt Price der Kommandant des Schiffes und Bruce sein Stellvertreter gewesen, bevor sich der Halbbetazoid freiwillig degradieren ließ, um John Lewinski die Chance zu geben, wieder auf sein altes Schiff zurückkehren zu können. Nun also befanden sie beide sich auf Augenhöhe, auch wenn Matthew Price niemals der Mann gewesen war, der sich durch das Protokoll hatte einschränken lassen. Immer hatte er den Rat von Land zu schätzen gewusst und ihm, auf seine eigene Art und Weise, Respekt entgegengebracht. Im Anschluss an diesen kurzen Handschlag begaben sich Bruce Land und John Lewinski in den Bereitschaftsraum des Captains. Der Kommandant ließ sich in seinen Bürostuhl fallen und kurz musste Commander Land daran denken, wie oft er selbst an dieser Stelle gesessen hatte. Vor allem in der Phase vor gut sechs Jahren, als John aufgrund mentaler Probleme das Schiff hatte verlassen und Bruce das Kommando über die Monitor inne gehabt hatte. Wie lange dies doch schon alles her war!
    „Ich denke wir sollten gleich zum Punkt kommen,“ schlug Captain Lewinski vor und erntete zustimmendes Nicken von seinem besten Freund. „Wir werden uns sofort auf den Weg nach Bentar IV machen.“
    „Wieso ausgerechnet dorthin?“ war die logische Frage Bruce Lands.
    „Weil der SFI in der Lage war den nächsten Auftrag von Nocks zu ermitteln. Er soll dort eine lokale Unterweltgröße erledigen.“
    „Ein kleiner Fisch für einen Mann wie Nocks,“ meinte der Engländer.
    „Im Gebiet der Föderation gibt es halt nicht so viele Ziele, denen sich der Killer nähern kann. Auch wenn er die Klasse eines Nocks besitzt. Wir werden dorthin fliegen und du wirst am Tatort auftauchen. Dies müsste eigentlich genügen, um ihn auf dich aufmerksam zu machen.“
    Land seufzte entnervt auf. Dies klang alles andere als gut für ihn.
    „Und dann?“
    „Dann schnappen wir ihn.“
    „Ist das dein Plan oder der des Oberkommandos? Ich tippe auf letzteres, denn so etwas Unausgefeiltes würdest du dir niemals ausdenken.“
    Angesichts dieser Worte lächelte Lewinski. Sein ehemaliger erster Offizier kannte ihn einfach viel zu gut.
    „Du hast recht, es war nicht mein Plan und ich halte ihn für Mist. Aber wir müssen ihn ausführen. Es ist immanent wichtig Nocks endlich den Garaus zu machen und das, bevor er auf dich aufmerksam wird. Indem wir dich dort platzieren schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: wir verhindern einen Mord und nehmen dich gleichzeitig aus der Schusslinie.“
    „Wenn es uns gelingt den Killer zu schnappen...“
    „Vertraust du uns nicht mehr?“ entgegnete John lächelnd. „Du magst von Bord gegangen sein, doch dies heißt nicht, dass wir nicht mehr so gut sind wie früher. Wir werden dies schon schaffen.“
    „Mutige Worte angesichts der Tatsache, dass wir nicht einmal wissen, wie Nocks aussieht oder welcher Spezies er angehört,“ war die trockene Erwiderung des Engländers.
    „Wir werden es schaffen. Wir müssen es.“
    „Ja,“ bestätigte Bruce Land, dem dies alles gar nicht gefiel. Doch der Captain hatte recht. Früher oder später musste er sich dem Killer stellen und es war besser, wenn er selbst die Initiative ergriff.
    „Wenn du mich entschuldigen würdest,“ bat der Commander, „ich würde gerne ein Quartier beziehen und mich noch etwas ausruhen. Immerhin hast du meinen Urlaub zerstört.“
    „Kein Problem,“ zwinkerte Lewinski und sah zu, wie sein Freund das Büro verließ. Er selbst machte sich Sorgen. Der Plan des Oberkommandos war vorschnell und ausgereift. Sie waren beseelt von dem Wunsch diesen Mann zu stoppen. Hoffentlich verschätzten sie sich nicht bei dieser Sache. Ansonsten würde ein guter Mann dabei sterben und dies wollte John nicht.

    Der Urwald gab die selben Geräusch wie seit Tausenden von Jahren von sich. Regentropfen perlten von den riesigen Palmen, die meterhoch in den Himmel ragten. Gras raschelte, als sich Schlangen durch die Landschaft bewegten, auf der Suche nach neuen Opfern. Vögel zwitscherten und erzeugten ein trügerisches Gefühl von Frieden. Die Temperaturen lagen bei über 30 Grad, hinzu kam eine mörderische Luftfeuchtigkeit, die Schweißströme bei jedem ausbrechen ließen, der sich hierhin traute. Dem Urwald war es egal, was draußen, in der Welt geschah. Er war einfach da und überdauerte die Zeit. Er interessierte sich nicht für Schicksale oder Politik. Er stand schon seit Urzeiten da und er würde auch noch da sein, wenn der mörderische Bürgerkrieg, der hier auf Kleistron tobte, schon längst vorbei war. Andere jedoch waren nicht so gleichgültig. Andere, das waren in diesem speziellen Fall die kleistronischen Rebellen, hatten sehr wohl ein Interesse daran, dass der Bürgerkrieg auf die Art und Weise endete, wie sie es für Richtig hielten. Daher hatten sie einen Mann engagiert, der für diese Aufgabe wie geschaffen schien:
    Xander Ulich fuhr sich mit seinem Handrücken über die Stirn und wischte den Schweiß weg. Er machte eine kurze Pause und setzte sich auf einen Baumstamm, stellte das Gewehr neben sich ab und griff zu seiner Getränkeflasche, aus der er einen großzügigen, aber gut eingeplanten Schluck nahm. Für einen kurzen Moment fragte seine innere Stimme ihn, wieso er so einen schwierigen und mühsamen Auftrag angenommen hatte. Doch Xander kannte die Antwort. Eben weil es eine Herausforderung war, tagelang durch den kleistronischen Urwald zu wandern, auf dem Weg zu seinem Ziel. Er hatte seine Ausbildung bei den Rangern genossen und war daher auch für den Dschungelkampf ausgebildet worden, eine Erfahrung, die ihm nun deutlich zu Gute kam. Er sattelte wieder sein Gepäck auf und setzte seinen Marsch fort, bei dem er weiterhin sorgsam darauf bedacht war, dass er nicht irgendwelche Vögel aufscheuchte oder Sträucher zu laut knacken ließ, die ihn ansonsten verraten könnten. Denn heute war der große Tag gekommen. Er näherte sich mit jedem Schritt einer der Fronten in diesem Bürgerkrieg,. Es war nicht irgendeine Front, es war die härteste, eben weil sie so schwer zugänglich war. Die Gefechte hier waren die schlimmsten im ganzen Krieg, da beide Parteien sich bis aufs Äußerste Kämpfe lieferten. Jeder von ihnen wusste, dass nur wenig Nachschub durch das Dickicht des Waldes zu ihnen gelangen konnte und daher hatte man sich auf andere Sachen spezialisiert: Fallen, Baumstämme, die von Hügeln herunterrollten und andere Teufeleien. Ein paar Mal wäre Xander aus Versehen fast selbst ins Kreuzfeuer geraten. Hier gab es keine aufschlussgebenden Tricorderanzeigen, der Wald hatte irgendetwas an sich, was die Sensoren störte. Also konnte nur auf Sichtkontakt gekämpft werden und dies bedeutete, dass jederzeit irgendjemand aus diesem Wald auftauchen konnte. Bei diesem Gefecht hatte er sogar den Rebellen einen kostenlosen Dienst getan und mehrere der Regierungssoldaten „umsonst“ getötet. Natürlich nicht aus politischer Liebe, sondern einfach nur, weil Xander Ulich überleben wollte. Wäre es um Politik gegangen, so hätte der Mensch niemals das Angebot der Rebellen hätte annehmen dürfen. Denn die Rebellen kämpften für ein diktatorisches Regime, weil sie meinten, die republikanische Regierung hätte versagt. Die kleistronische Armee war hin und her gerissen und schließlich gespalten worden. So kämpften ehemalige Freund gegeneinander, sogar ab und an Familienangehörige. Im gesamten kleistronischen System herrschte seit Jahren schon Krieg. Im Weltall kämpften die Raumflotten gegeneinander und auch hier, auf dem Heimatplaneten dieses Volks. Doch wie gesagt, für ihn spielte Politik keine Rolle. Nur Geld. Und für Geld würde er den härtesten Verteidiger der Republik töten: heute, also in wenigen Stunden würde sich General Ardelon Tandro mit seinem Konvoi auf dem Weg zur Front machen. Dies war eine der wenigen Gelegenheiten, den Befehlshaber zu töten, den er verließ nur sehr selten seinen Kommandostand, wohl wissend, dass alle Leute nach seinem Leben trachteten. Wie recht der arme Mann nur hatte. Keuchend kämpfte sich Xander weiter durch das Dickicht. Das ständige Schleichen und Gebücktgehen, verbunden mit der Luftfeuchtigkeit, setzte ihm hart zu. Er hatte sich lange für diesen Auftrag vorbereitet und war daher auch recht stolz, dass er es schaffte, diese Belastung überhaupt zu überstehen. Stundenlang wanderte er umher, blickte ab und zu auf seinen Kompass, um sich zu orientieren und nahm ab und zu ein Paar Schlucke Wasser. Irgendwann erreichte er endlich sein Ziel. Einen kleinen Hügel, der von dichten Palmwedeln bedeckt war. Xander erklomm ihn und legte sich hin, holte sein Gewehr hervor und klappte das Gestell vorne auf. Unter ihm hatte er freien Ausblick auf eine Straße, die man durch den Urwald geschlagen hatte. Die Position war ideal. In wenigen Minuten würde der General von Norden her kommen und für mehrere Minuten im Visier von ihm sein. Aufgrund der matschigen Straßen konnten sich die Fahrzeuge nur langsam vorwärts bewegen; der ideale Moment. Xander beruhigte seinen Puls und blickte ab du zu in sein Visier, justierte die Einstellungen, um optimal vorbereitet zu sein. Doch es gab ein Problem: der Konvoi kam nicht. Doch der Killer war weit davon entfernt, nervös zu werden. Er war ein geduldiger Mann und so wartete er. Eine lange Zeit. Langsam legte sich Dunkelheit über den Urwald und neue Tiere erwachten zum Leben, die uhrzeitähnliche Geräusche ausstießen. Doch Xander wartete geduldig. Und dies sollte belohnt werden. Schließlich hörte er die Geräusche der Kettenfahrzeuge, die einzige Möglichkeit, hier fortzukommen. Eine respektable Taktik des Generals, wie Ulich fand. Obwohl es undenkbar schien, dass sich ein Einzelkämpfer wie er durch den Urwald begeben und einen Angriff planen konnte, hatte Ardelon Tandro auf den Einbruch der Nacht gewartet, um sich fortzubewegen. Langsam kam der Konvoi von vier Wagen näher; in dem dritten Wagen war der General. Doch der gute Mann hatte nicht mit der Hitze gerechnet. Auch nachts war es so heiß, dass man die Fahrzeuge ohne Dach hatte ausstatten müssen, um nicht einzugehen. So waren die Herrschaften ungeschützt. Xander blickte sich kurz um. Die Nacht war pechschwarz und er schaltete auf seinem Visier die Thermalsicht an. Sofort wurde die ganze Umgebung in blaues Licht getaucht, bis auf die Körper der kleistronischen Soldaten, die orange und rot flimmerten. Ihre Körperwärme verriet sie in der Dunkelheit. Nun war es soweit. Der Attentäter beruhigte seinen Puls und visierte den General an. Und drückte ab. Der tödliche Phaserstrahl fauchte durch die Luft und riss die Brust von General Tandro auf. Es war unmöglich, dass er dies überlebt hatte.
    Die Dunkelheit, die am Anfang noch so klug erschienen war, wurde nun den Soldaten zum Verhängnis. Sie konnten nicht den Attentäter sehen, der geräuschlos von dem Hügel herunterkletterte und sich auf den langen Rückweg zur Rebellenbasis machte. Die Nachricht vom Tod des Generals überschattete bald sämtliche Kampfaktivitäten. Ironischerweise hatten die Rebellen nicht damit gerechnet, dass dieses Ereignis die Kampfmoral der regierungstreuen Truppen sogar noch steigern würde und so verloren die Rebellen diesen schrecklichen Krieg. Xander war dies egal. Er konnte nur hoffen, dass Nocks diese Demonstration seiner Kunst auch mitbekommen hatte...


    Bruce Land schreckte auf, sah sich um und stellte fest, dass er sich immer noch in seinem Quartier befand. Er hatte nicht geschlafen oder dergleichen, noch immer saß er vor seinem kleinen Tisch und hatte ein Padd vor sich liegen. Seine Gedanken waren abgeschweift und hatten ihm die Erinnerungen an ein Leben wiedergebracht, welches niemals real gewesen war. Er hatte sich an Ereignisse zurückerinnert, die niemals stattgefunden hatten. Dies hatte sich bei der ganzen Operation nicht verhindern lassen. Das vom Geheimdienst aufgebaute zweite Leben des Xander Ulich würde für immer in seinem Geist bleiben, quasi eine parallele Existenz darstellen, die manchmal versuchte an die Oberfläche zu gelangen. Meistens schaffte Bruce es diese Erinnerungen tief zu vergraben, doch manchmal, in solchen unachtsamen Momenten, erschienen sie wieder und vermischten sich manchmal mit tatsächlichen Erinnerungen. Dann fiel es schwer reales von fiktiven zu trennen und dies machte dem ersten Offizier des Raumschiffs Voyager Angst.
    Dann raffte sich der Engländer auf, denn es wurde Zeit. Mühsamen Schrittes begab er sich zu Transporterraum, wo schon John Lewinski und Danny Bird auf ihn warteten. Sie alle drei waren in zivil gekleidet und jeder hatte einen großen, silbernen Koffer bei sich, in dem die Ausrüstung transportiert wurde. Ohne große Worte beamte sich das Außenteam auf Bentar IV hinunter. Was hätte man auch sagen sollen? Jedem war der Plan bekannt und man wusste, was auf dem Spiel stand. Ihr Ziel war ein mittelgroßes Appartement in der Hauptstadt des Planeten unweit des Hotels, welches das Domizil des Unterweltbosses darstellte. Die Wohnung war nicht allzu weit von dem Bau entfernt und mit einem Feldstecher konnte man ideal bis in die Lobby des Hotels blicken. Sobald alle drei Sternenflottenoffiziere vollständig materialisiert waren, machte sich jeder an den Aufbau des Materials. Die Koffer wurden geöffnet und die darin befindlichen Geräte aktiviert. Bei den meisten handelte es sich um Abhörgeräte mit starker Reichweite, ein paar Kameras waren dabei und mehrere Handphaser sowie ein Gewehr, welches in einem Schrank deponiert wurde. Hier befand man sich nicht in einem billigen Agentenfilmchen, sondern in einer echten Mission und der Einsatz von Waffen sollte nur als allerletztes Mittel dienen. Die meiste Zeit würde Bruce Land unbewaffnet vorgehen müssen, um keinen Verdacht zu erregen. Eine Vorstellung, die ihm zwar ganz und gar nicht gefiel, aber mit der er klar kommen musste. Immerhin galt es nun ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Nachdem die leistungsstarken Kameras auf den Stativen vor den Fenstern angebracht worden waren, nickte John seinem besten Freund zu und dieser machte sich ohne zu zögern auf den Weg. Er nahm den altmodischen Weg über die Treppe ins Erdgeschoss und trat schließlich auf die große Hauptstraße. Rechts und links von ihm flanierten Passanten, die sich das reichhaltige Warenangebot ansahen oder einfach nur einen schönen Spaziergang machten. Für einen kurzen Moment wünschte sich Commander Land ein ebenso sorgloses Leben wie diese Menschen führen zu können, dann verdrängte er diesen Gedanken. Es galt sich zu konzentrieren, nichts geringeres als sein eigenes Leben stand auf dem Spiel.
    Es war überraschend, dass sich hier so etwas wie eine kriminelle Unterwelt hatte entwickeln können. Bentar IV war eine blühende Kolonie unweit der Erde, mit vielen Rohstoffen und gutem Klima gesegnet. Die Städte waren groß, dennoch sauber und die Kolonisten fühlten sich wohl. Dennoch hatte es wohl irgendwo einen Fehler im System geben müssen, denn sonst hätte sich niemand wie Thomas Yaris ansiedeln können. Yaris war die Person, die Bruce Land in dem Hotel aufsuchen wollte. Eine Lichtgestalt der freien Wirtschaft, politisch und ökonomisch geachtet, wenn da nicht ein kleiner Makel wäre: dies war nur sein offizielles Leben. Hinter den Kulissen zog Thomas Yaris die Fäden einer Verbrecherorganisation, die im Laufe der letzten zwanzig Jahre beträchtlich gewachsen war. Obwohl sich die lokale Polizei, die Bundespolizei der Föderation und sogar der Geheimdienst die allergrößte Mühe gegeben hatte, war es niemanden von diesen Gruppen gelungen dem Geschäftsmann etwas nachzuweisen. Zu gut verwischte er seine Spuren, verbarg er sich hinter Doublen und Tricks. Auch dieses Mal würde die Föderation ihn nicht hinter Schloss und Riegel bringen können, denn am heutigen Tage ging es darum diesem Verbrecher das Leben zu retten. Alles zu dem Ziel einen anderen Verbrecher einzufangen, der noch weitaus gefährlicher war.
    Mittels seines elektronischen Fernglases beobachtete Captain John Lewinski, wie der erste Offizier das Hotel durch den Vordereingang betrat. Schnell wechselte er einige Einstellung und schon gestattete der Feldstecher es ihm auch in die Lobby des Gebäudes zu blicken, so seinen Freund weiter im Auge zu behalten.
    Bruce hatte für diese Aufgabe gehobene, aber nicht förmliche Kleidung ausgewählt. Er wollte einen guten Eindruck machen, ohne zu sehr als eine mögliche Bedrohung zu wirken. Der Moment der Kontaktaufnahme war das schwierigste Unterfangen bei der ganzen Geschichte. Irgendwie musste es ihm gelangen mit Yaris ins Gespräch zu kommen. Jedoch war es mehr als fraglich, ob man ihm zu dem Hotelbetreiber durchlassen würde. Hier galt es sein ganzes Können einzusetzen. Kurz blickte er sich in der prächtigen Eingangshalle an. Man sah mehr als deutlich, dass Thomas Yaris unzählige Mittel zur Verfügung standen. Die gesamte Einrichtung war geschmackvoll, strahlte eine ruhige und entspannende Atmosphäre aus. Dieses Hotel war definitiv ein Ort, an den sich die Menschen gerne zurückzogen. Bruce´ Blick wanderte an die Rezeption, wo er den Chefrezeptionisten erspähte und gemächlichen Schrittes ging er auf diesen zu.
    „Guten Tag,“ begrüßte ihn der ältere Mann freundlich, „was darf ich für sie tun?“
    „Ich bin auf der Suche nach Mr. Yaris,“ entgegnete Commander Land ebenso freundlich und in einem ruhigen Tonfall.
    Kurz wirkte der Angestellte überrascht, dass man nach dem Leiter fragte. Im Anschluss war ihm deutlich anzusehen, wie der die Möglichkeiten durchging, wieso man den Besitzer sprechen wollte. Anhand jener Reaktion konnte Bruce deutlich ersehen, dass dieser ranghohe Mitarbeiter in die kriminellen Aktivitäten seines Arbeitgebers eingeweiht war.
    „Tut mir leid,“ antwortete dieser schließlich, „Mr. Yaris ist nicht im Hause.“
    Kurz legte Bruce eine methodische Pause ein, bevor er mit der selben ruhigen Stimme weitersprach:
    „Ich möchte sie noch einmal bitten mich mit ihm sprechen lassen zu dürfen. Es geht um eine dringliche Angelegenheit.“
    „Und ich habe keine andere Möglichkeit als ihnen zu sagen, dass er nicht im Hause ist!“
    Nun wendete sich das Gesprächsblatt. Eine Art Wachmann, den Bruce zu Beginn nicht als solches erkannt hatte, denn er hatte einen zivilen Anzug an, näherte sich der Rezeption und fragte mit fester, jedoch nicht drohender Stimme:
    „Gibt es ein Problem, Andreas?“
    Der Rezeptionist blickte zu dem Wachmann, deutete dann auf Bruce und entgegnete:
    „Der Herr hier möchte mit Mr. Yaris sprechen, akzeptiert jedoch nicht dessen Abwesenheit.“
    „Worauf ich hinausmöchte,“ erklärte der Offizier in geheimer Mission und hob fast schon beschwichtigend seine beiden Hände, „ist, dass es sich um eine Angelegenheit von äußerster Dringlichkeit handelt. Fast schon eine um Leben und Tod; Mr. Yaris wäre mehr als erbost darüber, wenn er nicht informiert worden wäre. Ich handle doch nur in ihrem Interesse!“
    Im Anschluss an diese Worte tauschten die beiden Angestellten einen vielsagenden Blick aus, welcher Land sehr wohl deutlich machte, dass sich Thomas Yaris im Hotel befand. Die Aussage des Sternenflottlers hatte wohl doch eine gewisse Beunruhigung geschürt und so meinte der Wachmann schließlich:
    „Bitte folgen sie mir.“
    Es ging durch einen kleinen Nebenraum in einen weiteren Raum, gespickt mit Sicherheitssystemen, dann einen langen Gang hinunter und schließlich zu einer Art unterirdischem Büro. Noch bevor ihm die Tür geöffnet wurde, war Bruce klar, wer sich dahinter befinden würde. Hier war die inoffizielle Residenz von Thomas Yaris, wo er seinen kriminellen Aktivitäten nachgehen konnte. Wie erwartet war dieses Büro fensterlos, jedoch großzügig ausgeleuchtet, mit einem großen Schreibtisch und mehreren Computer ausgestattet. Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann mit weißen, jedoch vollem Haar, der scheinbar Anfang 50 war und einen edlen Anzug trug. Er wirkte alles andere als begeistert über den Besucher.
    „Herrje, ich habe doch explizit darum gebeten, nicht gestört zu werden!“
    „Entschuldigen sie, Mr. Yaris, aber dieser Mann hier möchte mit ihnen sprechen. Es handle sich um eine Angelegenheit von höchster Dringlichkeit.“
    Jetzt erst schien der Hotelbesitzer Bruce zu beachten und musterte ihn kurz. Dann seufzte er, meinte „na gut, wenn er schon einmal da ist“ und bot ihm einen Platz ihm gegenüber an. Er nahm den Platz ihm gegenüber an und wartete auf den Beginn des Gespräches. Ein Gespräch, welches inhaltlich eigentlich völlig unwichtig war und nur zum Ziel hatte Nocks auf ihn aufmerksam zu machen. Hoffentlich ging es gut!
    „Wie heißen sie denn?“
    „Xander Ulich,“ kam es wie aus der Pistole geschossen und Land erschrak selbst über seine prompte Reaktion. Er begann wieder die alte Rolle anzunehmen, wirkte selbstsicher und gelassen.
    „Angenehm, Mr. Ulich,“ erwiderte Yaris und ihm war nicht anzusehen, ob er etwas mit dem Namen anzufangen wusste. Vermutlich nicht, denn die Macht dieses Unterweltbosses war nur lokal begrenzt und reichte nicht über die Hauptstadt von Bentar hinaus. „Was gibt es also so dringendes, dass sie mich sprechen möchten?“
    „Jemand möchte sie umbringen.“
    Eigentlich hatte Bruce gedacht, eine solche Nachricht würde mehr Aufregung verursachen. Nicht jedoch bei Thomas Yaris. Der Geschäftsmann blickte ihn weiter völlig neutral an und entgegnete:
    „Dies ist nichts neues für mich. Viele möchten mich tot sehen, manche haben es gar versucht. Was soll ihre Nachricht also so besonders machen?“
    „Weil derjenige, der es dieses Mal versuchen will,“ erklärte Bruce Land sachlich, „auch etwas von seinem Handwerk versteht. Es handelt sich um Nocks.“
    Nun endlich zeigte der scheinbar so gelassene Geschäftsmann eine Reaktion. Er weitete überrascht seine Augen, sein Puls schien kurz schneller zu werden.
    „Reden wir hier über den selben Nocks?“
    „Ich kenne nur den Auftragskiller Nocks,“ entgegnete der Commander gelassen. „Jedoch bin ich hier, um sie zu warnen. Retten sie sich, solange sie noch dazu in der Lage sind.“
    „Wieso tun sie dies?“
    „Nennen wir es eine Gefälligkeit?“
    Der Blick von Thomas Yaris schien ihn zu durchbohren. Ganz genau versuchte er die Intentionen des Besuchers zu ermitteln, zu erfahren, worauf er hinauswollte. Dann nickte er dem Wachmann, der immer noch hinter Bruce stand, zu und dieser zog einen Phaser, richtete ihn auf Land.
    „Mr. Ulich,“ begann der Geschäftsmann in sachlichem Tonfall, „ich weiß nicht, wieso sie mir diese Nachricht übermitteln und welchem Herrn sie dienen, falls ich dies einmal so ausdrücken darf. Wer weiß, vielleicht haben sie ja sogar recht und Nocks hat tatsächlich den Auftrag mich zu töten. Vielleicht verhält es sich ja aber auch so, dass sie Nocks sind. Oder wenn nicht, so haben sie dennoch den Auftrag mich zu töten und sind nun an mich herangekommen. Dies werde ich jedoch nicht zulassen. Viel eher werde ich ihnen zuvorkommen und sie zuerst umlegen. Verzeihen sie diese unflätige Wortwahl!“
    In Bruce´ Geiste raste es, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. So gelassen wie möglich antwortete er:
    „Es wird ihnen nichts bringen, wenn sie den Überbringer der schlechten Nachrichten töten. Auch wenn ich sterbe wird Nocks kommen und seinen Auftrag ausführen. Ohne mich wüssten sie nicht einmal, dass sie zum Ziel geworden sind. Aber nun haben sie eine realistischer Chance. Lassen sie mich ihnen helfen.“
    Noch einige Zeit verharrten sie alle, der Phaser auf den Hinterkopf von Commander Land gerichtet. Dann nickte Yaris dem Wachmann zu und dieser steckte die Waffe wieder ein. Ein ganzer Felsen fiel Land vom Herzen.
    „Und wie wollen sie mir helfen?“
    „Dies überlege ich mir noch. Bitte geben sie mir etwas Zeit,“ entgegnete der Sternenflottler und erhob sich, etwas zu ruckartig, aus dem Stuhl. „Ich werde sie aufsuchen, einverstanden?“
    Der Hotelbesitzer war alles andere als einverstanden, doch er hatte keine andere Wahl, als sich zu fügen und so nickte er. Der Wachmann geleitete Bruce nach draußen an die frische Luft und dort angekommen wurde ihm fast schlecht. Beim Auslegen des Köders wäre er fast schon getötet worden. Alles andere als eine gute Aussicht für diese Mission. Dabei wurde dem Commander schmerzlich bewusst, dass er selbst der Köder war. Hoffentlich hatte Nocks angebissen, denn umsonst sollte das ganze nicht gewesen sein. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen machte sich Bruce auf den Weg zurück zum Appartement.

    Auch dem kommandieren Offizier des Raumschiffs Monitor fiel mehr als nur ein Stein vom Herzen, als er seinen guten Freund durch die Tür des Appartements treten sah. Sofort trat Captain Lewinski auf den erschöpft wirkenden Land zu und legte ihm fast schon väterlich die Hand auf die Schulter.
    „Was ist da drinnen passiert, Bruce? Du siehst furchtbar aus! Wir hatten dort drinnen fast zehn Minuten lang keinen Kontakt zu dir.“
    Der Angesprochene brauchte einige Momente, um durchzuatmen und sich noch einmal klar zu werden, dass er sich nun in Sicherheit befand. Dann antwortete er:
    „Noch vor ein paar Minuten war eine geladene Waffe auf meinen Kopf gerichtet und Thomas Yaris wollte den Befehl zu meiner Exekution geben.“
    Auch Danny Bird drehte sich, nachdem er diese schockierenden Worte vernommen hatte, in Richtung seines ehemaligen ersten Offiziers und offenbarte einen schockierten Gesichtsausdruck.
    „Ich habe doch gesagt, wir hätten ihn da nicht unbewaffnet reinschicken sollen,“ meinte der Lieutenant in einem fast schon vorwurfsvollen Tonfall. „So hätte er zumindest eine Chance gehabt sich zu wehren.“
    Doch Bruce Land trat diesem Punkt sofort vehement entgegen.
    „Nein, mit einer Waffe in meinem Holster wäre ich nicht als lebender Mann wieder herausgekommen,“ erklärter er mit besonnener Stimme, setzte sich an den Küchentisch und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Eigentlich eine unsinnige Reaktion, da ihm immer noch schlecht war und der Kaffee dieses Übelgefühl nicht beseitigen würde, doch im Moment hatte der Commander das Gefühl, dass er etwas Koffein brauchte. „Yaris nahm an, dass ich der Auftragskiller war, der zu seiner Tötung ausgeschickt worden war. Mit einem Phaser hätte ich seine Ansichten nur bestätigt. Abgesehen davon wäre so niemals bis zu ihm durchgekommen. Die Informationen des SFI waren exakt gewesen, die Sicherheitsmaßnahmen in dem Hotel sind enorm.“
    „Ist er auf die Sache eingegangen?“
    „Ja, das ist er,“ beantwortete Land die Frage des Captains. „Er denkt ich werde ihm helfen. Eigentlich jedoch ist es, wenn ich euren Plan richtig verstanden habe, ja eh egal, was Thomas Yaris machen wird oder was nicht. Wir können nur hoffen, dass Nocks dieses Hotel beobachtet und gesehen hat, wie ich einmal hinein und wieder hinaus spaziert bin.“
    Diese Worte entbehrten nicht eines gewissen Zynismus, doch Captain Lewinski musste seinem Freund recht geben. Was der Sternenflottengeheimdienst mit Bruce machte, war eine schmutzige Sache. Ihn nach zwei Jahren wieder in diese Sache mit reinzuziehen, ihn als menschlichen Lockvogel zu verwenden, war gefährlich und undankbar zugleich. Doch wäre ihm selbst eine andere Art und Weise eingefallen den gesuchtesten Killer des Quadranten einzufangen? Am liebsten wollte John über diese Frage nicht nachdenken. Viel zu sehr fürchtete er sich davor, dass er zu dem Schluss käme, es gebe keine andere Möglichkeit als diese.
    „Gehen wir nun so vor wie geplant?“ fragte Lieutenant Bird, der sich wieder ein Sichtgerät geschnappt hatte und den Hoteleingang beobachtete.
    „Ja,“ bestätigte Lewinski. „Wir warten nun etwas ab, während Bruce hier ab und an in der Stadt Präsenz zeigen wird. Nocks soll noch einmal deutlich gemacht werden, dass Xander Ulich vor Ort ist und im schlimmsten Fall sogar mit seinem Opfer in Kontakt tritt. Dabei werden wir dich nicht aus den Augen lassen, Bruce.“
    „Habt ihr eigentlich keine Sorge, dass Nocks uns alle zu diesem Haus hier zurückverfolgen kann?“ war der berechtigte Einwand des Engländers.
    „Ich denke in der Hinsicht brauchen wir uns keine allzu großen Sorgen machen. Du bist nicht auf direktem Wege hierher gekommen, das Appartement ist offiziell an ein älteres Ehepaar vermietet und wir tarnen uns so gut es nur gut ab. Wir haben die modernsten Geräte der Föderation bei uns.“
    „Deine Worte in Gottes Ohr,“ murmelte Bruce und trank weiter aus seinem Kaffee. Nun begann die schlimmste Phase bei einem Einsatz: das Warten.

    Die an ihm vorbeiziehenden Personenmassen bemerkten ihn nicht einmal. Wieso auch? Jeder von ihnen war ein einzelnes Individuum, mit eigenen Wünschen, Gedanken, Ängsten und Träumen. Jeder war für sich selbst verantwortlich. Anhand des bloßen Aussehens, des Auftretens vor einer Menge bekam man nur selten die Aufgabe oder den Beruf eines Menschen heraus. Wer konnte schon sagen, wer von den Lebewesen, die man tagtäglich auf der Straße sah, ein Arzt, eine Lehrerin, ein Pilot, ein Bäcker oder sonstiges war? Doch selbst wenn es wirklich einen Menschen gab, der aus irgendeinem besonders gearteten Grund die Fähigkeit besaß, die Berufe von Personen auf den ersten Blick zu erraten, die Passion von Xander Ulich würde kein Ottonormalbürger erraten. Ulich ging, gekleidet in einem eleganten, aber nicht zu protzigen Anzug, durch die Straßen von Romulus. Er vermied es geschickt, in der Menge aufzufallen, ganz besonders in Anbetracht der Tatsache, dass er ein Mensch war und dies war immer noch ein sehr seltener Anblick auf der Hauptwelt des Romulanischen Sternenreichs. Doch Ulich besaß diese Fähigkeit. Ab und zu schien es, als würde er mit dem Schatten verschmelzen, natürlich nicht zu häufig, denn völlige Unauffälligkeit konnte den gegenteiligen Effekt verursachen und jemanden erst recht auf sich aufmerksam machen. Xander Ulich war selbstbewusst und hatte ein markantes Auftreten, welches er jedoch zu jenem Moment gekonnt zu kaschieren wusste. Für die romulanischen Passanten, die ihn ab und zu neugierig musterten, musste er wie ein Geschäftsmann erscheinen, der wohl einen Wirtschaftsvertrag für die Föderation abschließen musste. In gewisser Weise war er ja auch ein Geschäftsmann: Angebot und Nachfrage regelten sein Leben. Er bot eine Dienstleistung an, die man für materielle Güter erwerben konnte. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Credits, die nach getaner Arbeit auf sein privates Konto wanderten. Zielsicher wanderte er durch die Straßen. Auch wenn er sich nur für kurzes Zeit auf dem Planeten aufhalten würde, hatte er, wie es für ihn Methode war, die Straßennamen und den Stadtplan von Romulus auswendig gelernt. Xander Ulich war nämlich ein Mensch, der gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet war. Nicht, dass er solche Vorsichtsmaßnahmen nötig hatte, zumindest bisher noch nicht, aber es war immer klug, vorbereitet zu sein.
    Der Mensch, der seine braunen Haare sorgsam zu einem leichten Scheitel gekämmt hatte, passierte schließlich die Eingangstür eines Wohngebäudes. Die ihm von seinem Arbeitgeber ausgehändigte Schlüsselkarte hatte ihm einen problemlosen Zugang ermöglicht und so führte ihn sein nächster Weg die altmodische Treppe hoch. Er benutzte sie anstelle des Turboliftes, da er so ein vollkommen freies Sichtfeld hatte und sich einen kurzen Überblick über die Flure verschaffen konnte. Alles war in Ordnung. Dies hier war eine der besseren Wohngegenden der Hauptstadt. Hier wohnte zwar nicht die Oberschicht der romulanischen Gesellschaft, doch ärmlich waren die Anwohner auch nicht. Sein Klient, den er in wenigen Minuten treffen sollte, verfügte zwar über jede Menge Geld, doch er war ein Mann, der nur ungern auffiel und daher wohnte er hier, in diesem Hochhaus. Xander betrat den richtigen Flur und schaute sich kurz nach der Haustür um. Die Nummer 13 war sein Ziel.
    13. Na wenn das ihm mal kein Pech bringt! waren die Gedanken, die Ulich durch den Kopf schossen. Er stellte sich vor die Tür und stellte, bevor er Anstalten machte, einzutreten, seinen Aktenkoffer, den er schon die ganze Zeit über bei sich trug, ab und öffnete ihn. Heraus nahm er sein favorisierten Verhandlungsführer: einen klingonischen Disruptor. Summend erwachte die Waffe zum Leben, als er den Energieregler hoch drehte. Er atmete noch einmal tief durch. Nun würde alles schnell gehen, daher war kein Raum für Fehler. Er schob abermals seine Schlüsselkarte durch das Türschloss und das Eingangschott zum Appartement Nr. 13 öffnete sich zischend. Behände, quasi auf leisen Sohlen, huschte er in den Raum, die Waffe im Anschlag. Er musste nicht lange suchen, um seinen Klienten zu finden. Er fand ihn an seinem Esstisch, wie er ein Mittagessen zu sich nahm. Schnell trat Ulich in die Küche ein und richtete die Waffe auf den Romulaner. Dieser wirkte zwar schockiert, aber nicht sehr überrascht, dass plötzlich ein Mann mit einer Waffe in seinem Quartier stand.
    „Ich bringe ihnen eine Nachricht von dem Orion-Syndikat,“ sagte Ulich in neutralem Tonfall.
    Der Romulaner nickte. Er hatte dies erwartet.
    „Wie lautet sie?“ fragte er.
    Als Antwort schoss Ulich. Der grüne Impuls traf den Romulaner in der Brust und riss ihn vom Stuhl. Der Killer trat näher und sah in die leblosen, geöffneten Augen des Mannes, den er gerade getötet hatte. Obwohl es eigentlich unsinnig und altmodisch war, schoss er dem Romulaner noch einmal vorsichtshalber ins Gesicht, so dass auch wirklich keine Überlebenschance bestand. Damit war es vorbei. Aus seinem Aktenkoffer holte er ein kleines Gerät, mit dem er erst eine genetische Probe des Toten zwecks späterer Identifikation für seine Arbeitgeber mitnahm und dann säuberte er den Raum mittels eines „Säuberers“ von allen möglichen Spuren, die auf seine Präsenz hindeuten vermochten. Schließlich ließ er die Waffe am Tatort zurück; sie hatte keinen Nutzen mehr für ihn. Als Xander Ulich das Gebäude verließ, war er zufrieden darüber, wieder einmal einen Auftraggeber glücklich gemacht zu haben.


    Ruckartig, geradezu entsetzt, riss sich Commander Land aus dem Schlaf. Abermals war es geschehen, hatte er von Taten geträumt, die weder begangen, noch erlebt hatte. Angesichts der momentanen Situation war es jedoch nur natürlich, dass diese von der Sternenflotte eingepflanzten Erinnerungen wieder hochkamen. Mehrfach keuchte Bruce, stellte dann nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr fest, dass es mitten in der Nacht war und erhob sich aus dem Bett. Müde rieb er sich die Augen, dann das schweißnasse Shirt und stellte fest, dass Danny Bird leise schnarchend auf dem Sofa, welches sich ebenfalls in diesem Schlafzimmer befand, schlief. Scheinbar hatte der junge Sicherheitsoffizier nichts von dem Alptraum seines Vorgesetzten mitbekommen. Noch benommen von dem plötzlich Erwachen taumelte der erste Offizier der Voyager in das Wohnzimmer und zur integrierten Küchenzeile, wo er sich ein Glas schnappte und es mit Leitungswasser voll laufen ließ. Gierig schlank er das kalte Nass herunter und bemerkte sichtlich zufrieden, wie er sich wieder langsam beruhigte. Jetzt erst fiel ihm auf, dass John Lewinski am Fenster stand und auf die fast menschenleere Straße blickte.
    Es war kein Wunder, dass sie drei auf dieser Außenmission waren, denn den Großteil der Kolonisten von Bentar IV machten Menschen aus. Der Grund hierfür war nicht leicht zu finden, möglicherweise entsprach das Klima und die sehr erdähnliche Planetenbeschaffenheit mehr den Ansprüchen ihrer Spezies.
    „Was tust du das?“ fragte Bruce leise und stellte sich ebenfalls an das Fenster.
    „Ich kann nicht schlafen,“ entgegnete John ehrlich und blickte weiter auf die von Laternen erleuchtete Straße. „Mir gehen zu viele Gedanken durch den Kopf.“
    „Da haben wir ja was gemeinsam.“
    „Dass mit den Gedanken?“
    „Ja,“ entgegnete Bruce ironisch, „zumindest drehen sich deine um reale Dinge.“
    Nun blickte der Captain zu seinem alten Freund und versuchte in dessen Gesicht zu lesen, was er damit meinte.
    „Hast du immer noch diese Alpträume?“
    „Immer noch? Die richtige Formulierung ist wohl eher wieder. Ich habe diese ganze Geschichte rund um Xander Ulich schon fast vergessen gehabt und nun werde ich wieder urplötzlich in dieses Leben katapultiert, welches ich niemals geführt habe. Ein Leben, das nur eine Erfindung von einigen Analytikern im Geheimdienstoberkommando war. Was immer sich diese Kerle jedoch dabei gedacht haben, die eingepflanzten Erinnerungen fühlen sich mehr als real an. Und sie gehen nicht weg.“
    Sorgsam betrachtete der Captain Bruce und ihm war deutlich anzusehen, dass er verstand. Er konnte sich nicht einmal annähernd vorstellen, was sein ehemaliger erster Offizier gerade durchmachte, was diese ganze Sache für eine Prüfung darstellte.
    „Das Sonderbarste ist: du hattest dich dafür freiwillig gemeldet.“
    „Seltsam, nicht wahr?“ gab Land offen zu. „Ich dachte ich tue der Föderation damit einen Gefallen...“
    „Das hast du! Ohne die Erkenntnisse, die du damals gesammelt hättest, wären wir heute nicht so weit... vermutlich nicht einmal in der Lage Nocks diese Falle zu stellen.“
    „Zu dem Preis, dass ich dich fast getötet hätte.“
    „Das warst nicht du,“ widersprach ihm John, „sondern Ulich.
    „Xander Ulich ist ich und ich bin Xander Ulich. Es gibt keinen Unterschied. Wir sind ein und dieselbe Person. Je länger dieses Theater andauert, desto mehr gleichen wir beide uns an. Dies ist das Verhängnisvolle.“
    „Denkst du, dass weiß ich nicht?“ fragte Captain Lewinski und der Mond erhellte für einen kurzen Moment sein Gesicht in dem ansonsten dunklen Raum. „Denkst du etwa, ich mache mir hier keine Sorgen? Bruce, du bist mein bester und ältester Freund! Ich war dagegen, dass man dich für dieses Mission auswählt, dich noch einmal diesen Belastungen aussetzt, aber der Befehl kam direkt von Admiral LaToya. Meine einzige Wahl war es gewesen, ob ich selbst diese Mission leiten möchte. Wäre es dir lieber gewesen, wenn jemand anderes, Fremdes, hier das Sagen hätte? Der dich und deine Sorgen nicht kennt?“
    „Nein, das sicher nicht,“ gab Bruce Land leise zu und war in der Tat dankbar für die Hilfsbereitschaft seines Freundes. Kurz blickten sie wieder auf die Straße hinaus, sahen einige Jugendliche, die um die Häuser zogen.
    „Die Monitor fühlt sich anders an, ohne Jozarnay,“ meinte Land schließlich und wechselte so das Thema.
    „Ja, du hast recht. Der Maschinenraum ist nicht mehr der selbe.“
    „Wie schlägt sich Lieutenant Sanchez denn so?“
    „Er ist gut... sehr gut sogar,“ gab Lewinski seufzend zu.
    „... aber er ist kein Chief Jozarnay Woil,“ vervollständigte Land den abgebrochenen Satz.
    „Das hast du nun gesagt!“
    „Es muss dir nicht peinlich sein, wenn du manche Personen lieber magst als andere. Es ist nur natürlich, dass wir uns an gewohnten Dingen orientieren. Ich frage mich nur, was unser alter Antosianer nun macht.“
    „Gemeldet hat er sich seit seinem Ausscheiden bei der Sternenflotte nicht mehr. Routinemäßig hat ihn der Geheimdienst noch einige Zeit lang beobachtet, doch irgendwann hat man ihn aus den Augen verloren.“
    Das, was er eben gehört hatte, löste bei Commander Land ein leichtes Schmunzeln aus.
    „Hat der Chief etwa seine Überwacher abgeschüttelt?“
    „Wir wissen es nicht,“ gab Lewinski zu und klang dabei auf einmal sehr düster. „Ich hoffe ihm geht es gut.“
    „Sollte es das denn nicht?“
    Statt einer Antwort schwieg der Captain. Was hätte er auch sonst sagen sollen? Wohin man auch sah, überall gab es derzeit nur Sorgen im Leben. So viele Dinge, auf die man sich konzentrieren musste. Und so vieles, was man verlieren konnte.

    Für einen kurzen Moment hatte sich Matt Price von der Brücke stehlen können. Natürlich vernachlässigte er auf keinen Fall seine Pflichten, den er war immer noch voll erreichbar. Dennoch musste er eine Sache erledigen, eine erfreuliche obendrein. Wäre da nicht die momentane Mission, man hätte schon fast sagen können Commander Price betrat überaus gut gelaunt die Krankenstation und trat sofort zu der Frau, die er suchte. Die Frau, die er liebte und die er nie verlassen wollte.
    „Hallo!“ begrüßte Elisabeth ihren Liebsten und lächelte glücklich, „was verschafft mir die Ehre deines unerwarteten Besuchs?“
    „Reicht es nicht, wenn ich dich einfach nur sehen möchte?“ antwortete Price keck mit einer Gegenfrage und lächelte ebenfalls.
    „Doch, sicherlich, es ehrt mich. Aber ich sehe es dir ganz deutlich an, dass du etwas auf dem Herzen hast.“
    Price tat beleidigt und setzte einen Schmollmund auf, während er Elisabeth Frasier umarmte.
    „Bin ich etwa inzwischen so leicht zu durchschauen? Was ist nur aus dem harten Bandenführer von Rigel geworden?“
    „Ein unglaublich sanfter und liebevoller Mann,“ munterte Elisabeth ihn auf und löste sich aus ihrer Umarmung. Sie zeichnete zwei Padds ab und meinte im Anschluss: „Also raus mit der Sprache!“
    Der Halbbetazoid seufzte. War er nicht eigentlich derjenige mit den empathischen Fähigkeiten? Sie waren erst so kurze Zeit zusammen und schon las sie aus ihm wie aus einem offenen Buch. Was für eine wundervolle Person sie doch war.
    „Ich habe eine Nachricht von Selina bekommen.“
    „Und?“ fragte die Ärztin gespannt.
    „Sie hat sich wieder etwas gefangen. Wir werden uns mit der Erziehung von Yasmin abwechseln.“
    „Matt, das sind ja großartige Neuigkeiten,“ frohlockte Elisabeth. „Ich freue mich so für dich!“
    „Tust du dies wirklich? Ich weiß, es ist eine schwierige Situation für dich. Du musst zeitweise mit einem Kind unter einem Dach leben, welches nicht das deinige ist...“
    „Dies macht mir doch nichts,“ würgte Frasier seinen Satz ab. „Es ist deine Tochter und damit auch Teil meines Lebens. Ich freue mich darauf dir bei ihrer Erziehung helfen zu können... dir und Selina.“
    Dankbar schaute Matt die Frau an, die er so sehr liebte. Wie verdiente er nur eine so wundervolle Person, die mit einer solchen Angelegenheit keine Probleme hatte? Er hatte mehr Glück als Verstand, so viel stand fest!

    Die nächsten beiden Tage waren von Ruhe geprägt und dem unerträglichen Warten, welches eine Mission immer so schwierig und nervtötend machte. Im Fall von Bruce Land war das Warten darauf, dass etwas passieren würde, noch viel schlimmer als sonst. Denn diesmal ging es um niemand geringeren als ihn selbst und sein Leben. Er vertrieb sich die Zeit in der Hauptstadt von Bentar IV, ging spazieren und essen, zeigte sich in der Öffentlichkeit. Alles zu dem Zweck, dass Nocks von ihm Notiz nahm. Einmal noch redete er mit einem völlig aufgelösten Thomas Yaris, der ihn um Hilfe anflehte. Der Commander der Sternenflotte versuchte den Unterweltmogul zu beschwichtigen und riet ihm sich in seinem Hotel zu verstecken. Ein klein wenig hatte Bruce schon ein schlechtes Gewissen, dass sie Yaris für diese Operation benutzten. Sicher, er war ein krimineller und verdiente eine Strafe, dennoch war es alles andere als richtig ihn in eine solche Todesangst zu versetzen. Dies war wohl der Unterschied zwischen Verbrechern wie Nocks und Offizieren wie Land selbst: er wusste noch um Gut und Böse, bemitleidete sogar die Bösen.
    Am dritten Tag wachte Bruce wie immer recht früh auf und bemerkte, wie sein Captain schon bei der Arbeit war. In den Tagen seit Beginn der Operation hatte sich John Lewinski wenig Ruhe gegönnt, pausenlos gearbeitet und so viele gesammelte Daten wie möglich ausgewertet. Er hatte es zwar nur einmal erwähnt, doch man sah ihm ganz deutlich an, wie ihm diese ganze Krise an die Nieren ging. Land war mehr als stolz und glücklich darüber einen solchen Freund zu besitzen. Der erste Offizier der Voyager zog sich an, wusch sich und trank einen Kaffee, bevor er beschloss wieder in der Stadt etwas frühstücken zu gehen. Kurz blickte er zu Lewinski und Bird, diese nickten ihm beide zeitgleich zu und schon war „Xander Ulich“ durch die Tür des Appartements verschwunden. Er ging die Treppen zum Erdgeschoss herunter, genoss die Sonnenstrahlen eines neuen Tages und bemerkte nicht, dass er schon längst verloren hatte. Ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf ließ ihn das Bewusstsein verlieren und so bemerkte Land nicht, wie er in einen Hoverwagen geschleift und weggefahren wurde.
    John Lewinski hatte in den letzten Tagen nicht allzu viel gesprochen, dies war Lieutenant Bird aufgefallen. Was hätten sie beide auch großartig sagen können? Es handelte sich um eine heikle Situation, die nach hinten losgehen konnte. Das Leben eines alten Kameraden und Freundes stand auf dem Spiel. Manchmal hasste der junge Sicherheitsoffizier den SFI für seine Methoden. Durfte man so mit Menschen umgehen? Sie benutzen, manipulieren und so für die eigenen Zwecke benutzen? Ja, Commander Bruce Land hatte sich damals freiwillig gemeldet, doch war sein Leben dadurch weniger schützenswert geworden?
    Er bemerkte, wie Lewinski sich ein Fernglas nahm und angestrengt durch die Optik auf die Straße hinaus blickte. Der Kommandant suchte einige Sekunden lang die vor ihnen liegende Hauptstraße ab und meinte schließlich mit Grabesstimme:
    „Etwas stimmt hier nicht!“
    „Was meinen sie, Captain?“ fragte der Lieutenant und trat einen Schritt näher an das Fenster heran, so als ob er auf diese Art und Weise mehr sehen konnte.
    „Er hätte schon längst da unten zu sehen sein müssen,“ erklärte Lewinski und deutete auf ein kleines Straßencafé, „er braucht nie länger als eine Minute, um sich dort draußen hinzusetzen. Nun sind schon drei vergangen.“
    Unmerklich schmunzelte Bird angesichts dieser Aussage.
    „Sir, sie können doch nicht wegen zwei Minuten annehmen, dass...“
    „Man muss immer mit dem schlimmsten rechnen, Danny,“ entgegnete Captain Lewinski hektisch und schnappte sich in Windeseile einen Kommunikator, stellte eine Verbindung zur Monitor her.
    Dort oben, auf der Brücke, befand sich Matthew Price und hatte gegenwärtig das Kommando über das Schiff inne.
    „Hier Monitor! Was gibt es, Skipper?“
    John brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln. Schon während der Operation hatte er sich unzählige Sorgen gemacht, nun war es schwer für ihn konzentriert zu bleiben. Normalerweise gab es an seiner Professionalität keinen Zweifel, doch wann schon hatte ein Fall solch private Ausmaße angenommen?
    „Commander Land ist verschwunden! Starten sie eine volle Sensorensuche der Hauptstadt!“
    Unmittelbar im Anschluss an diesen Befehl brach hektisches Treiben auf der Brücke aus. Alle anwesenden Offiziere und Besatzungsmitglieder begaben sich an ihre Stationen, wollten ihren Beitrag zur Wiederfindung eines alten Bekannten leisten. Commander Price drehte sich in Richtung des Einsatzoffiziers Ardev.
    „Du hast den Befehl gehört, Ardev!“ wies der er den jungen Andorianer an. „Beginn mit einer vollen Sensorensuche.“
    „Bin schon dabei,“ entgegnete der Lieutenant und begann mit einer Einstellung auf die entsprechenden Parameter.
    Weiter jedoch kam der OPS-Offizier nicht. Völlig unerwartet erklang ein Geräusch auf der Brücke, ein Piepen, welches sich kontinuierlich steigerte und aus der Konsole direkt vor Ardev kam. Das Geräusch schwoll an, wurde lauter und dringlicher; Price blickte den jungen Offizier an und reagierte innerhalb von Sekundenbruchteilen. Mit einem beherzten Griff zog er Lieutenant Ardev von seiner Konsole weg und drückte ihn zu Boden. Keine Sekunde zu spät, denn in einem lauten Knall und einem Leuchtkranz aus Funkeln explodierte die Sensorenkonsole. Die automatischen Feuerlöschsysteme wurden ausgelöst und löschten den Brand innerhalb weniger Sekunden.
    „Bericht!“ rief Price in den Lärm und die aufgeregten Stimmen hinein, „ist die Tarnung noch aktiv?“
    Lieutenant Sanchez warf nur einen kurzen Blick auf seine Anzeigen, dann erklärte der Chefingenieur:
    „Die Tarnvorrichtung ist immer noch aktiv, ich denke man hat uns nicht bemerkt. Jedoch sind sämtliche externen Sensoren ausgefallen!“
    Die besorgte Stimme von Captain Lewinski war deutlich aus den Lautsprechern zu vernehmen, die fragte:
    „Price, was ist da passiert?“
    „Ardevs Arbeitskonsole ist explodiert, John! Sämtliche externen Sensoren der Monitor sind ausgefallen! Wir haben keine Möglichkeit von hier aus eure Suche zu unterstützen.“
    Entsetzt blickte Lieutenant Bird seinen kommandieren Offizier an. Sein Gesichtsausdruck verriet schon die Frage, die er stellen wollte:
    „Sabotage?“
    „Ja,“ bestätige John Lewinski sorgenvoll, „Nocks hat zugeschlagen.“
    Natürlich hatte auch Matt Price diese Worte an Bord des Schiffes vernommen und schluckte besorgt. Man hatte sie ausgetrickst, ohne dass jemand von ihnen etwas bemerkt hatte. Dieser Killer musste unglaublich gewitzt sein, wenn er ein Schiff des Geheimdienstes ausschalten konnte.
    „Wir werden versuchen die Sensoren wieder online zu bringen,“ versprach Price, „aber es kann noch etwas dauern.“
    „Die Zeit hat Bruce möglicherweise nicht,“ entgegnete Captain Lewinski düster und begann schon seine Sachen zusammenzusuchen. „Wir führen eine eigene Suche durch. Die mag langwieriger sein, aber wir haben keine Chance.“
    „Verstanden,“ erklärte Price und beendete die Verbindung. Was mehr hätte er schon sagen können? Sofort teilte er alle verfügbaren Kräfte für die Reparatur ein. Lewinski und Bird schnappten sich einige Handsensoren, schnallten sich Gürtel mit Phasern um und eilten hinaus auf die Straße. Doch wo nur sollten sie anfangen zu suchen?

    Jales 5 bot nur wenige echte Sehenswürdigkeiten. Der Planet war einfach als industrielle Kolonie eingerichtet worden, zu nichts anderem. Die meisten der Anwohner waren in der Industrie beschäftigt oder beschäftigt gewesen. Sonst gab es nicht viel anderes. Liebhaber der schönen Künste hielten sich ohnehin fern von diesem Planeten, da es wirklich nicht viel zu holen auf diesem Planeten gab. Aber auch Arbeiter brauchten einmal hochklassige Entspannung, denn dies steigerte die Moral und nur ein zufriedener Arbeiter konnte gute Leistungen abliefen. Diese Gedanken schossen Ulich durch Kopf, als er das beste Lokal der Stadt durchschritt und einen bestimmten Tisch suchte. Auch wenn dies eigentlich gar nicht zum Moloch der restlichen Stadt passte, war dieses Restaurant im Stil osteuropäischer Städten errichtet worden. Dieses Lokal, in dem man herrlich speisen konnte, hätte mühelos auch im Altstadtviertel von Prag stehen können. Endlich sichtete Ulich seinen Gesprächspartner und setzte sich zu ihm. Captain John Lewinski, Offizier der Sternenflotte, anscheinend beim Geheimdienst beschäftigt und bald tot, begrüßte ihn und aß dann weiter sein Mittagessen, ein paniertes Hühnchen mit reichhaltigen Beilagen.
    „Sie sollten auch etwas bestellen,“ meinte der Captain zu ihm, doch Xander hatte nicht viel Appetit. Als ihn der Kellner nach seinem Wunsch befragte, bestellte er nur ein stilles Wasser, welches ihm umgehend serviert wurde. Er nahm einen kurzen Schluck zu sich und ließ die Energie des Lebensspenders durch seine Adern fließen.
    „Sie haben gute Arbeit geleistet, Mr. Ulich. Die Föderation ist ihnen zu Dank verpflichtet,“ begann Lewinski das Gespräch und nahm einen weiteren Bissen seiner Mahlzeit.
    „Keine Ursache,“ antwortete der Mensch, „solange die Bezahlung stimmt, stehe ich ihnen gerne zu Diensten.“
    „Sagen sie, haben sie eigentlich keine Angst vor mir?“ fragte John frei heraus.
    „Wieso sollte ich?“
    „Immerhin existieren in der Föderation mehr als ein Dutzend Haftbefehle auf sie. Haben sie keine Sorge, dass ich sie nicht im nächsten Moment festnehme?“
    „Nein,“ antwortete Ulich wahrheitsgemäß. „Wenn sie dies vorhätten, so hätten sie dies schon längst getan. Desweiteren bezweifle ich, dass sie eine so aufsehenerregende Aktion in einem solch belebten Ort wie diesem Restaurant durchführen würden. Auch sie wollen im Schatten bleiben, Captain.“
    „Sehr schlau erkannt. Ist das Geld inzwischen angekommen?“
    „Ja, alles ist vollzählig da. Danke für die prompte Überweisung.“
    Xander erhob sich und reichte dem Sternenflottenoffizier die Hand.
    „Ich darf mich nun von ihnen verabschieden. Mein Flug geht in wenigen Stunden und ich möchte noch in mein Hotel zurückkehren und meine Sachen wiederholen.“
    Lewinski tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab und erhob sich ebenfalls, reichte dem Killer die Hand.
    „Vielleicht dürfen wir noch ein weiteres Mal auf sie zählen.“
    „Wieso nicht?“ meinte Xander mit einem Lächeln und nutzte den Moment, um schnell und unbemerkt aus der Tasche des in Zivil auftretenden Captains seinen Kommunikator zu entwenden. Er war natürlich auch ein Meisterdieb, auch wenn diese Fähigkeit in seinem Beruf nicht sehr häufig beansprucht wurde. Lewinski hatte nichts von alldem bemerkt. Xander verabschiedete sich noch einmal und verließ das Lokal durch den Vordereingang, während sich Lewinski wieder seinem Hähnchen zuwandte, welches, wie er fand, exzellent schmeckte.
    Doch Xander Ulich lag es fern, schon jetzt den Planeten zu verlassen. Sobald er auf der Straße war, rannte er in das Treppenhaus des Nebengebäudes und raste die Treppen hoch, so schnell wie er nur konnte. Dank seines ausgezeichneten konditionellen Zustandes schaffte er die sieben Stockwerke in einem exzellenten Tempo und als er oben auf dem Dach ankam, musste er nur kurz verschnaufen. Sein Blick glitt kurz über die Stadt, die leider einfach nur hässlich war. In der Ferne bliesen die Fabriken immer noch ihre schädlichen Abgase in die Luft. Nichts änderte sich hier. Diese Welt war einfach verloren. Jedoch war es nicht an der Zeit, sich mit diesen Gedanken aufzuhalten. Bestimmt ging Xander zur Brüstung und fand dort, wie er es verlassen hatte, sein Gewehr auf. Er wickelte es aus seinem Tuch aus und begann es aufzubauen. Für eine ruhigere Lage baute er vorne wieder ein Dreibein auf und Xander begann das Gewehr anzulegen. Er aktivierte die Präzisionswaffe und blickte durch das Zielfernrohr in das Restaurant hinein. Zufrieden bemerkte er, dass er sich die richtige Position ausgesucht hatte. Captain Lewinski war in ausgezeichneter Sicht.
    Ein grimmiges Lächeln erschien auf Xanders Gesicht, als er sich wieder darum bemühte, seinen Puls zu beruhigen. Auch dieser Kill war fast schon zu leicht. Kurz schaltete er die Thermalsicht ein und stellte zufrieden fest, dass John Lewinski auch wirklich da saß. Es gab ja einige Personen, die es schafften, nur ein Hologramm von sich erscheinen zu lassen, was recht verwirrend sein konnte. Er deaktivierte wieder diese Einstellung und kehrte zum alten Fadenkreuz zurück. Alles war bereit. Lewinski war genau in seiner Schusslinie. Er begann, seinen Finger auf den Abzug zu legen. Ein letzter Atemzug, dann drückte er ab.
    Nun war es so, dass es im Universum einen Faktor gab, der gemeinhin als Zufall bekannt war. Er trat, wie der Name schon sagte, zufällig und recht selten auf, was manche dazu verleitete, gar nicht daran zu glauben, doch es gab ihn tatsächlich. Und obwohl es keinerlei rationale Erklärung für das Wieso dieses Zufalls gab, geschah er in dem Moment, in dem Xander Ulich den Abzug durchdrückte und ein weiteres Leben auslöschen wollte. Denn Captain Lewinski hatte beim Essen die Gabel verloren und bückte sich, um sie wieder aufzuheben. Diese Aktion rette ihm das Leben, als der Phaserstrahl das Fensterglas zersplitterte und hinter ihm einschlug. Sofort kam eine Panik auf und Menschenmassen flüchteten aus dem Restaurant. Ulich fluchte. Er konnte kein klares Ziel mehr ausmachen und als die letzten Personen das Lokal verlassen hatte, war Lewinski erwartungsgemäß auch geflohen. Er packte sein Gewehr wieder ein und dachte scharf nach, wohin der Captain nun gehen würde. Dann fiel es ihm ein.


    Nur langsam entfernte sich der Schleier der Dunkelheit und ließ Bruce Land von seinem zeitweiligen Koma erwachen. Er blinzelte mehrfach, versuchte deutlicher zu sehen und fragte sich, wo er war. Instinktiv sagte ihm sein Geist, dass er in Schwierigkeiten steckte. Angestrengt dachte er darüber nach, was eigentlich geschehen war und langsam erinnerte er sich daran, dass er wie üblich sein Frühstück im Café einnehmen wollte. Und dann? Dann war die Dunkelheit gekommen. Langsam gewöhnten sich seine Augen wieder an das Licht und Bruce sah sich um. Er befand sich in einem kleinen Raum, gefesselt auf einem Stuhl. Eine einzelne Lichtquelle baumelte an der Wand, eine einfache Glühbirne, die hin und herbaumelte, da sie an einer Schnur befestigt war.
    Gefangenschaft, dies war das Wort, welches seinen momentanen Zustand wohl am besten beschrieb. Doch von wem? Die Antwort auf diese Frage war mehr als eindeutig. Alle Unklarheiten wurden beseitigt, als sich langsam eine Person aus der Dunkelheit herausschälte. Langsam trat sie auf Bruce zu, seine Schritte hallten deutlich in dem kleinen Raum wieder. Die Person, offenbar ein Mann ( nach menschlichen Maßstäben Ende 40 ), trat etwas ins Licht und dem ersten Offizier stockte der Atem. Hatte er es hier mit einem Denobulaner zu tun? War dies der Moment, in dem er auf Nocks traf und seine wahre Identität erfuhr? Deutlich waren die denobulanischen Gesichtsmerkmale zu erkennen und obwohl das Gesicht im Halbschatten lag, konnte Land eine seltsame Wärme, ja geradezu Freundlichkeit in der Mimik seines Gegenübers erkennen. Der unbekannte Mann betrachtete ihn kurz, dann meinte er:
    „Endlich lernen wir uns kennen. Es hat einige Zeit gedauert, aber ich war mir sicher, dass wir früher oder später ein Treffen vereinbaren konnten.“
    Mehr brauchte der Mann nicht zu sagen. Bruce Land schluckte, als seine Theorie bestätigt wurde: vor ihm stand tatsächlich Nocks, die Person, die sie so lange gesucht hatten.
    „Ich nehme an, sie sind Xander Ulich?“ fragte der Denobulaner mit ruhiger, fast schon gleichgültiger Stimme.
    Müde nickte der erste Offizier und stellte dabei ein furchtbares Dröhnen in seinem Kopf fest. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht und stöhnte.
    „Tut mir leid, dass ich etwas härter zuschlagen musste, sie haben einen ziemlichen Dickschädel. Ich denke, es ist nur höflich klare Verhältnisse zu schaffen. Wie sie sich sicher denken können bin ich Nocks.“
    Er war es! Der Mann, wegen dem sie das ganze Theater veranstalteten! Und schon jetzt war die Mission ein voller Erfolg. Vor diesem Moment hatten sie nicht einmal gewusst, ob Nocks ein Mann oder eine Frau war, geschweige welcher Spezies er angehörte oder wie er aussah. Möglicherweise war dies ihr Durchbruch. Gesetz dem Fall Bruce Land würde diese Sache hier überleben und derzeit würde er keine Wetten auf sich selbst annehmen.
    „Es ist mir eine Ehre sie endlich zu treffen,“ raunte Bruce und gewann langsam seine Stimme zurück. „Da sie mich hierher eingeladen haben, denke ich nicht, dass ich mich noch vorstellen muss.“
    „Sie sind Xander Ulich,“ ergänzte Nocks wissend und lächelte sogar nachsichtig.
    Die Art und Weise, wie er diesen Namen aussprach, machte Bruce Land klar: der Profikiller wusste nichts von seiner Doppelexistenz. Er war ihm zwar aufgelauert, doch er wusste nicht, dass er in Wirklichkeit ein Offizier der Sternenflotte war. Auf diesem Vorteil konnte er aufbauen.
    „Es freut mich, dass ich kein Unbekannter für sie bin,“ meinte der Mensch und grinste schief.
    „Die aufstrebende Generation ist für mich nie unbekannt,“ erklärte Nocks und seine Stimme nahm im Anschluss einen schärferen Ton an, „vor allem wenn sie versucht sich in meine Geschäfte einzumischen!“
    „Was meinen sie?“
    Doch Bruce´ Versuch den unwissenden zu spielen brachte nichts.
    „Sie brauchen mich nicht für dumm zu verkaufen, Ulich. Ich weiß von ihrem Aufenthalt hier, ihrem Treffen mit Thomas Yaris und ihrer Warnung vor mir. Normalerweise ist es für Männer in unserer Profession die Aufgabe Personen zu töten. Sie wollten Yaris jedoch vor mir schützen. Sie warnten ihn und rieten, sich im Hotel zu verstecken. Wieso?“
    „Weil es mein Auftraggeber so wollte.“
    „Der da wäre?“
    „Sie wissen, dass ich ihnen dies nicht sagen kann, Nocks,“ erwiderte Land und versuchte einen kalten Gesichtsausdruck aufzusetzen. Hier waren zwei Killer untereinander, die sich über die Themen ihres Berufs unterhielten. Unsicherheit oder Unwissenheit war hier völlig fehl am Platz.
    „Das brauchen sie auch nicht,“ schockte der Denobulaner ihn, „es ist die Sternenflotte.“
    Die Aussage kam einem Inferno gleich. Im Kopf des Menschen rasten die Gedanken hin und her. Woher wusste Nocks dies und was hieß dies für seine Deckung? War nun alles verloren?
    Der Profikiller bohrte weiter. Gerade dadurch, dass er weder Schmerz noch Schläge androhte, wirkte alles noch viel bedrohlicher.
    „Wie kommt ein so guter Mann wie sie dazu mit der Sternenflotte zu arbeiten?“ fragte Nocks in neutralem Tonfall.
    „Sie machten das beste Angebot.“
    „Hatten sie keine Angst, dass man sie reinlegen würde? Dass man sie in eine Falle locken wollte?“
    „Ich bin gut,“ entgegnete Land locker und entlockte dem Denobulaner so ein Lächeln.
    „Ja, in der Tat, Xander, das sind sie. Ich habe ihre Karriere verfolgt. Natürlich interessiere ich mich für den Nachwuchs... vor allem wenn er mir in die Quere kommen will. Sie können mir nicht erzählen, dass sie es nur wegen dem Geld gemacht haben. Es reizte sie auch mir einen Auftrag kaputt machen zu wollen. Ich habe jedoch eine schlechte Nachricht für sie.“
    „Die da wäre?“
    Nocks seufzte, dachte kurz nach. Während des ganzen Gesprächs bewegte er sich keinen Millimeter von der Stelle. Immer noch stand er im Halbschatten, blickte auf seinen Gefangenen herab und hielt seine mysteriöse Scharade aufrecht.
    „Die Sternenflotte benutzt sie nur, um mich zu kriegen. Und wenn dies geschehen ist, dann werden sie auch eingesperrt werden.“
    Angesichts dieser Aussage setzte „Ulich“ einen grimmigen Gesichtsausdruck auf, innerlich jubilierte der Commander jedoch. Nocks hatte die Situation also völlig falsch eingeschätzt. Er wusste nichts von seiner Doppelidentität, von der ganzen Tarnung und der Jagd. Besser als nichts.
    „Sie brauchen sich übrigens keine Hoffnung auf Rettung zu machen,“ ergänzte Nocks süffisant. „Ich habe die Sensoren des Sternenflottenraumschiffs zerstören lassen. Sie sind blind und nicht in der Lage sie zu finden.“
    Bruce konnte nur spekulieren, auf welche Art und Weise der Denobulaner dies angestellt hatte. Hoffentlich war dies auf eine unblutige Art und Weise geschehen, die keine Opfer gefordert hatte. Kurzfristig stieg Sorge um die Freunde in ihm auf, dann konzentrierte er sich wieder auf die momentane Situation. Es galt hier lebend raus zu kommen, um sich im Anschluss Nocks schnappen zu können!
    „Ach übrigens, wenn wir gerade von Thomas Yaris sprechen,“ fuhr der Killer fort und hob ein kleines Padd hoch, „ich habe da noch etwas.“
    Ungerührt, ohne mit der Wimper zu zucken, betätigte Nocks einen Knopf auf dem Padd.
    So recht wusste Bruce Land nicht, womit er gerechnet hatte; ganz bestimmt jedoch nicht damit, dass nichts geschah. Erst im Anschluss wurde ihm klar, dass er die Luft angehalten hatte.
    „Was war das gewesen?“ fragte Xander Ulich.
    „Mit diesem Tastendruck habe ich eine Bombe ausgelöst, die ich in Yaris´ Büro deponiert hatte. Somit habe ich meinen Auftrag auf Bentar IV erledigt; ergo ist ihrer gescheitert. Nur so nebenbei.“
    Die Kaltblütigkeit und Gleichgültigkeit dieser Aussage widerte den Sternenflottenoffizier an.

    Ein gewaltiges Donnergrollen war zu hören, dass weit über die Stadtgrenzen der Hauptstadt zu vernehmen war. So gut wie alle Passanten auf den Straßen wirbelten herum und versuchten die Geräuschquelle ausfindig zu machen. Auch John Lewinski und Danny Bird, die durch die Straßen eilten, blickten sich um und bemerkten eine gewaltige Rauchsäule, die aufstieg. Alarmsirenen heulten los, manche Menschen schrieen panisch oder starten apathisch gen Horizont.
    „Das kam von unserem Viertel,“ murmelte Lieutenant Bird entsetzt und beobachtete, wie einige Rettungskräfte mittels Shuttles zur Unglücksstelle flogen.
    „Ja, es muss das Hotel von Thomas Yaris gewesen sein,“ bestätigte der Captain ihn. „Er muss eine Bombe ausgelöst haben.“
    Angesichts des Wissens, dass sie nicht in der Lage waren einen Menschen beschützt zu haben, blickte Danny Bird betreten zu Boden. Yaris war ein krimineller gewesen, doch man hätte ihn vor Gericht stellen müssen.
    Nicht immer jedoch musste diese Mission von schlechten Nachrichten überschattet werden.
    Der Tricorder von Captain Lewinski piepte aufgeregt und machte John deutlich, dass das Gerät seine Suche abgeschlossen hatte.
    „Endlich, wir haben ein Signal!“ erklärte der Kommandant aufgeregt. „Auf geht’s, wir dürfen keine Zeit verlieren!“

    Nocks war zwar ein sensationeller Kopf, ein Genie auf seinem Spezialgebiet des Tötens und kannte eine Menge Tricks. Jedoch war er nicht mit geheimen Forschungsprojekten und Prototypen vertraut. Eines jener Geräte war ein Mikrosender, den man vor Beginn der Mission Bruce Land direkt ins Hirn implantiert hatte. Versteckt in einer Nische, die man unmöglich per Scannern entdecken konnte, war in einer riskanten und durchaus schmerzhaften Operation ein kleiner Sender implantiert worden, direkt mit dem Padd von Captain Lewinski verbunden war. Nun, in Gefangenschaft dieses Mannes, wusste Commander Land, dass diese kleine Unannehmlichkeit die Schmerzen wert gewesen waren. Wie sonst hätte Captain Lewinski ihn finden können?
    „Sie haben Yaris getötet,“ röchelte Bruce Land gespielt, „mein Auftraggeber wird enttäuscht sein. Ich habe noch nie versagt.“
    „Es gibt immer ein erstes Mal,“ versicherte Nocks fast schon väterlich.
    „Sind sie schon einmal gescheitert?“
    „Nein, noch nie,“ entgegnete der Denobulaner und schaffte es, bei diesen Worten weder selbstsicher noch überheblich zu wirken. Er schilderte einfach die Fakten, mehr nicht.
    „Und nun? Was werden sie mit mir anstellen?“
    „Verehrter Mr. Ulich, niemand stellt sich mir in den Weg. Vielleicht wäre eine friedliche Koexistenz von uns beiden möglich gewesen, aber ein Gegeneinander, welches sie gestartet haben, kann nur auf eine Art und Weise enden.“
    Und im Anschluss an diese Worte holte Nocks eine Waffe hervor und richtete sie auf seinen Gefangenen. Der Engländer musste sich alle Mühe geben, um nicht nervös zu schlucken. Wenn nun nichts geschah, dann wäre dies sein Ende. Die Sekunden schienen sich endlos zu dehnen, als er auf das unvermeidliche Ende wartete. Dies hatte er nun von seinem Engagement beim Geheimdienst gehabt. Ein aufregendes, aber kurzes Leben.
    Plötzlich geschah alles ganz schnell. Ein Alarm wurde ausgelöst, auf einem Sendegerät, welches sich an Nocks Jacke befand. Er brauchte nur Momente, um zu verstehen, dass jemand in seine vorbereitete Sensorenfalle getappt war. Verärgert angesichts dieser Unannehmlichkeit blickte der Killer zu dem Mann, welchen er für Xander Ulich hielt, trat zum ersten Mal vollständig ins Licht und hob abermals seinen Phaser, um dem ganzen ein Ende zu machen. Unmittelbar im Anschluss fiel er in sich zusammen. Eine schmerzhafte Wunde klaffte an seinem rechten Arm, aus der Blut tropfte. Überrascht, ja geradezu irritiert angesichts dieser unerwarteten Situation, röchelte Nocks und wollte sich aufrichten. Dann jedoch flog die Tür auf und Danny Bird rannte in den kleinen Raum, drückte einen Fuss auf die Brust des Angeschossenen und kickte mit dem anderen die Waffe unerreichbar in eine Ecke des Raums. Dankbar und glücklich blickte der erste Offizier der Voyager erst zu dem jungen Sicherheitsoffizier, dann zu seinem zweiten Lebensretter, der durch die lichtdurchflutete Tür trat: Captain John Lewinski mit einem TR-116 Gewehr in den Händen. Eine experimentelle Waffe, die ein Projektil abfeuerte, welches durch einen Mini-Transporter zu seinem Opfer teleportiert wurde. Die einzige Waffe, mit der man sich Nocks hatte nähern können. Dieselbe Art von Waffe, die Xander Ulich ebenfalls benutzt hätte.

    Bruce Land öffnete ruckartig die Augen und erkannte, dass er sich auf der Krankenstation befand. Sein Kopf dröhnte höllisch, doch er versuchte diese Schmerzen zu ignorieren, als er sich aufrichtete und in das Gesicht von seinem besten Freund John Lewinski blickte, der ihn anlächelte. Lewinskis Bein war gerade behandelt worden und fühlte sich wie neu an.
    „Hallo, wie geht’s dir?“ fragte ihn der Kommandant lächelnd, während Dr. Frasier mit dem Tricorder einen Scan des ehemaligen Navigators der Monitor durchführte.
    „Er beginnt sich wieder zu erinnern“, erklärte Frasier und wirkte ebenfalls erleichtert.
    „Was ist hier denn los?“ fragte Land verwirrt.
    „Kannst du dich daran erinnern, was die letzten Tage hier geschehen ist?“ fragte Lewinski vorsichtig.
    „Erinnern? Ja, aber irgendwie... es scheinen die Erinnerungen eines anderen Menschen zu sein. Ich fühle mich wie ein Trill. Was ist hier los?“
    John begann zu erklären:
    „Du hast dich freiwillig für einen riskanten Undercover-Einsatz gemeldet. Seit Jahrzehnten versucht die Föderation schon Nocks, den wohl besten Profikiller der Galaxis zu fassen, doch bisher war er niemals aufzufinden. Command hatte also die Idee, dass man die Szene infiltrieren sollte. Ein junger, aufstrebender Konkurrent würde irgendwann die Aufmerksamkeit Nocks´ auf sich ziehen und ihn aus der Reserve locken.“
    „Und was habe ich damit zu tun?“
    „Wie gesagt, du hast dich freiwillig gemeldet. Dir wurde eine komplett neue Identität gegeben, mit entsprechen Hintergrund und Lebenslauf, der Stückchenweise in den Nachrichtenäther des Quadranten freigesetzt worden ist. Als finales Sahnehäubchen hat man deine eigene Identität unterdrückt und dir wirklich Xander Ulich eingepflanzt.“
    „Ich erinnere mich an die Morde... das Geld... das war alles nicht real?“ fragte Land schockiert nach.
    „Nein. Es waren alles nur implantierte Erinnerungen. Nocks sollte absolut keinerlei Hinweise erhalten, die ihm glauben machen könnten, dass du ein Agent bist.“
    „Und dazu habe ich mich freiwillig entschieden?“
    „Ja.“
    „Werden diese schrecklichen Erinnerungen von den Morden...“
    „Es ist nicht real gewesen, Bruce“, beschwichtigte John ihn.
    „Aber sie fühlen sich so an! Werden sie jemals verschwinden?“
    Kurz blickten sich Lewinski und Frasier geradezu traurig an.
    „Nein, sie werden immer ein Teil von dir bleiben. Doch du warst einverstanden. In wenigen Tagen wirst du dich wieder vollkommen an dein altes Selbst erinnern können. Bis dahin solltest du Bettruhe haben.“
    Bruce Land seufzte. Dieses Ganze war dermaßen unglaublich, ihm fiel es schwer, es zu glauben. Was für ein Opfer hatte er da gebracht? Er hatte nun praktisch eine komplett neue, böse Persönlichkeit in sich, mit Erinnerungen an Dinge, die niemals geschehen waren.
    „Wie lange war ich denn weg?“ fragte er.
    „Über einen Monat“, antwortete der Captain. „Die Monitor war eingeladen worden, um die Scharade mit einigen Aktionen glaubwürdiger zu machen. Wenn sogar die Föderation auf Xander Ulich zurückgriff, so musste Nocks merken, wie aufstrebend der neue Konkurrent ist.“
    „Hat es denn was gebracht?“
    „Oh sicher. Wir haben einige wertvolle Infos über die Szene erhalten. Ich denke, man wird dich auszeichnen, Bruce. Dank deiner Daten können wir bald einige gute Festnahmen machen.
    „Aha.“
    Sie schwiegen. Bruce würde noch einige Zeit brauchen, um all diese Informationen zu verdauen. Sein Freund verstand dies und wollte die Krankenstation verlassen.
    „John?“
    „Ja?“ entgegnete Lewinski und blieb noch einmal in der Tür stehen.
    „Es tut mir Leid!“
    „Das muss es nicht“, meinte Lewinski und lächelte schief. „Immerhin warst es nicht du gewesen.“


    Es glich einer Wiederholung der Geschichte. Auch dieses Mal, zwei Jahre später, traf Captain John Lewinski in der Krankenstation seines Schiffes ein, um seinen guten Freund zu besuchen. Bruce Land, der von der Mission reichlich mitgenommen aussah, hockte auf dem medizinischen Behandlungstisch und beobachtete Dr. Frasier, die seine Ergebnisse auswertete. Die Ärztin bemerkte, wie der Kommandant ihr Reich betrat und lächelte.
    „Dem Commander fehlt nichts,“ meinte sie glücklich. „Und der Sender in seinem Hirn macht auch keine Probleme. Die befürchteten Nebenwirkungen sind nicht eingetreten. Nach meinem Dafürhalten ist er vollends gesund.“
    „Freut mich dies zu hören,“ entgegnete der Captain und wandte sich seinem Freund zu. „Doktor, würden sie uns kurz entschuldigen?“
    Elisabeth nickte und zog sich in den hinteren Teil der Krankenstation zurück. Die beiden Männer brauchten noch etwas Zeit zum reden, dies respektierte sie vollends. Wie lange hatten sich vor dieser Mission die beiden Freunde nicht mehr gesehen? Über ein halbes Jahr, soviel stand fest.
    „Ich habe ein Deja vué,“ kommentierte Bruce Land trocken und spielte damit auf die vergleichbare Situation vor gut zwei Jahren an.
    „Da bist du nicht der einzige. Doch damals befanden wir uns erst am Anfang, nun ist das Ziel erreicht worden.“
    „Ja,“ raunte der Navigator. „Nocks befindet sich endlich in Föderationshaft.“
    „Mehr als das. Wir kennen nun seine Identität, sein Aussehen und noch vieles mehr. Ohne dich hätten wir dies nie erreicht.“
    Die Worte von John Lewinski waren ernst gemeint und dafür war Bruce mehr als dankbar. Wer weiß, wie diese Mission ausgegangen wäre, wenn nicht seine Freunde von der Monitor da gewesen und auf ihn aufgepasst hätten? Der Engländer bezweifelte, dass dann die ganze Sache noch so glimpflich ausgegangen wäre. Die Crew der Monitor bestand ausnahmslos aus Profis.
    „Und nun?“ fragte Bruce und meinte damit die gesamte Situation.
    „Wir befinden uns auf den Weg zu einem Hochsicherheitsgefängnis, wo wir Nocks abliefern werden. Dich setzen wir an einem Transitpunkt ab, von wo aus du zurück zur Erde fliegen kannst. Es tut mir leid, dass ich dich nicht selbst nach Hause bringen kann.“
    „Ist schon gut. Ich bin nur froh, dass es vorbei ist.“
    Mehr gab es angesichts des Geschehenen nicht zu sagen. Die beiden Freunde schwiegen, wie es alte Bekannte manchmal taten, um so ihr geheimes Einverständnis zu symbolisieren. Dann reichte John seinem ehemaligen ersten Offizier die Hand.
    „Ich hoffe wir sehen uns wieder!“ meinte der Kommandant.
    „Klar! Schau einfach mal bei mir zu Hause vorbei, wenn du Zeit hast. Andernfalls werde ich dich einmal von Toronto aus auf die Voyager entführen, um bei einer unserer Missionen zu helfen.“
    „Ich nehme dich beim Wort,“ entgegnete John und beide Männer lachten.

    Auch dieses Mal war ein kleiner Raum der Ort der Handlung, nur die Seiten hatten gewechselt. Nocks, der bekannte Profikiller, war in der kleinen Arrestzelle der Monitor eingesperrt worden und befand sich nun hinter einem sicheren Kraftfeld. Vor dem Feld, mit vor der Brust verschränkten Armen, befand sich Captain John Lewinski und betrachtete ihren Gefangenen. So viele Mühen, so viele Anstrengungen waren unternommen worden, um diesen Mann zu fassen und nun war es endlich soweit. Seine Identität war bekannt, seine Personaldaten in den Computer eingegeben und derzeit befand sich die Monitor auf den Weg zu einem Hochsicherheitsgefängnis, wo man Nocks bis zur Dauer seines Prozesses festhalten würde.
    Bruce Land war nicht anwesend, obwohl er die Wahl dazu gehabt hatte. Doch er wollte nicht dem Denobulaner gegenübertreten. Auch wenn er dies nicht explizit gesagt hatte, so war klar, dass er Angst vor diesem Mann hatte. Nicht zu unrecht, denn er trachtete ihm nach dem Leben. Derzeit wusste Nocks nichts von der wahren Identität des Commanders und so sollte es bleiben. Es war besser, wenn Nocks weiterhin an Xander Ulich glaubte.
    „Sie denken, ich sei böse, nicht wahr?“ fragte Nocks frei heraus. Es waren seine ersten Worte, seitdem John Lewinski den Arrestbereich betreten und noch einmal die Anklage verlesen hatte.
    „Sie töteten Menschen… sie mordeten. In meinen Augen macht sie dies zu einem bösen Menschen,“ entgegnete John Lewinski ungerührt, „zu einem Kriminellen.“
    Angesichts dieser Worte seufzte Nocks traurig.
    „Ihr Föderationsleute macht euch das immer so einfach. Dauernd versucht ihr in Gut und Böse zu kategorisieren, schwarz und weiß. Doch so einfach gestrickt ist die Welt nicht.“
    „Doch, manchmal ist die Welt so simpel gestrickt,“ entgegnete Lewinski kühl und imitierte dabei den Tonfall seines Gegenübers. „Sie sind böse und ganz ehrlich war es mir ein Vergnügen sie zu fangen.“
    „Wenn ich böse bin, dann sind sie es auch.“
    „Wie kommen sie denn darauf?“
    „Wir dienen dem selben Herrn,“ erklärte Nocks und schockte damit den Captain. Auch wenn er sich alle Mühe gab dies zu verhindern, John war es nicht möglich seine Überraschung zu verbergen. Diese Reaktion war wohl wie ein Gewinn für den Profikiller, denn Nocks lächelte.
    „Erklären sie das genauer!“ forderte Captain Lewinski den Gefangenen auf. Irgendwie hatte er das beunruhigende Gefühl, dass sich die ganze Angelegenheit nun in eine andere Richtung drehte.
    „Sie arbeiten für die Föderation,“ erklärte der Denobulaner in einem unnatürlich ruhigen Ton, „dies tue ich auch.“
    Erbost erhob sich der Kanadier und stemmte seine Arme auf dem Tisch ab.
    „Wie können sie behaupten für die Föderation zu arbeiten? Denken sie etwa, mit ihren Morden und Taten würden sie den Bürgerinnern und Bürgern unseres Staates einen Dienst erweisen?“
    „Ich denke dies nicht einfach nur,“ waren die kalten Worte des Gefangenen, „es ist auch so. Andernfalls würde mich der Staat, welcher auch der meinige ist, nicht engagieren.“
    „Wie zum Teufel kommen sie darauf, dass die Föderation sie engagiert.“
    „Weil es so ist. Ich habe alles gespeichert. Aufträge, Kontakte, Bezahlungen. Die Föderation hat mehr als einmal für meine Dienste bezahlt. Mehr noch, der Geheimdienst hat mich dauerhaft rekrutiert.“
    „Der Geheimdienst?“ stammelte John, der nun zusehends die Fassung verlor. Was meinte dieser Kriminelle damit? Versuchte er die Wahrheit zu verdrehen, von sich selbst abzulenken und den Kommandanten zu verwirren? Er durfte nicht auf diese Spielchen eingehen.
    „Erinnern sie sich denn noch an einen Mann namens Bill?“
    Diesen Namen hatte John schon lange nicht mehr gehört. Dennoch erschien sofort ein Bild dieser Person vor seinem geistigen Auge. Ein kleiner, leicht untersetzter Mann mit Glatze und einem fast schon schmierigen Lächeln. Jemand, der sich als guter Freund und Gönner ausgegeben hat, dennoch nur eines im Sinn hatte: so viele Agenten wie möglich für die Zombie-Abteilung zu rekrutieren.
    „Sie wollen mir doch nicht erzählen,“ fasste Captain Lewinski das eben gehörte zusammen, „dass sie für die Zombie-Abteilung gearbeitet haben.“
    „Nein, ich sage ihnen, dass ich immer noch für diese Abteilung arbeite. Daher sind auch sie kein Unbekannter für mich. Ihr kurzes Jahr als freier Agent war mehr als interessant.“
    Erwartungsvoll blickte der Denobulaner den Sternenflottencaptain an und wartete auf eine Reaktion. Urplötzlich hatte sich die Dynamik des Gesprächs verändert. Noch vor wenigen Minuten war es John gewesen, der den Gesprächsverlauf vorgegeben hatte. Nun hatte Nocks das ganze gedreht und ihn mit dieser Aussage schockiert.
    „Ich glaube ihnen nicht,“ meinte Lewinski schließlich.
    „Sie denken also ich sage die Unwahrheit?“
    „Ich sage sie lügen.“
    „Wenn dem so wäre,“ erklärte der Killer und zählte bedächtig seine Argumente auf, „wie wüsste ich dann von der Zombie-Abteilung? Im Gegensatz zu Sektion 31 konnte sie ihr Geheimnis wahren. Wie wüsste ich von Bill und davon, dass Commander Price ihn vor drei Jahren bei einem Raumkampf getötet hatte? Immerhin existieren über diesen Menschen keine Akten oder sonstige Vermerke. Für die Föderationsgeschichte hat er niemals existiert. Und was denken sie, wie ich die Monitor kampfunfähig habe machen können? Jemand musste mir die Koordinaten ihres getarnten Schiffes geben und die Computercodes, damit ich ihre Sensoren ausschalten konnte. Später wird ihr erster Offizier, der liebenswerte Commander Price, zu ihnen kommen und sagen, dass mittels eines exakt ausgerichteten Peilstrahls ein Computervirus in die Datenbanken der Monitor übertragen wurde. Was denken sie, wie ich das alles geschafft haben soll? Diese Informationen konnte ich mir nur innerhalb der Föderation holen. Sehen sie es ein, Captain: wir beide stehen auf der selben Seite. Sie kämpfen für die Föderation; ich tue dasselbe. Ich jedoch erledige die Missionen, über die keiner spricht und von denen man nichts wissen darf. Genau wie sie vor drei Jahren, als sie für Bill gearbeitet haben.“
    In Johns Kopf raste es. Alles, was er bisher geglaubt hatte, war auf den Kopf gestellt worden. Alles in ihm sträubte sich dagegen die Worte seines Gegenübers zu glauben. Er wollte nicht akzeptieren, dass eine Splitterfraktion des Geheimdienstes einen Killer für schmutzige Missionen rekrutierte. Doch war dies nicht im Bereich des Möglichen? Er selbst war einmal ausgeschickt worden, um einen Mord zu begehen. Konnte die Zombie-Abteilung da mit drinstecken?
    Langsam drehte sich der Kommandant in Richtung Ausgang, machte Anstalten die Zelle zu verlassen. Doch Nocks wollte ihn nicht gehen lassen, sprach ihn noch auf einen weiteren Punkt an:
    „Captain, es verwundert mich etwas, dass sie so sehr an die scharfe Trennung von Gut und Böse glauben. Dabei muss doch ihre eigene Familie das beste Beispiel für die Graustufen des Lebens sein...“
    Zornig wirbelte John herum und durchbohrte den Häftling mit seinem Blick.
    „Was soll das heißen, Nocks?“ fragte er mit bebender Stimme. „Spielen sie keine Spielchen mit mir!“
    „Mit ihnen spiele ich nicht, keine Sorge. Es ist mir nur eine große Freude, endlich auch mal den anderen Lewinski kennenzulernen. Den Mann, der noch an das geordnete Universum glaubt.“
    Und noch bevor Nocks weitergesprochen hatte, wusste John, worum es ging.
    „Meinen sie meinen Bruder?“ fragte er entsetzt. „Sprechen sie von Martin?“
    „Sie wissen ja schon, dass er mit Waffen handelt?“
    „Ja, er hat Probleme.“
    „Vielleicht unterschätzen sie ihren eigenen Bruder, Captain Lewinski, aber das sollten sie nicht. Obwohl ich sie bis zu einem gewissen Grad verstehen kann. Es fällt leichter zu glauben, dass der Bruder nur ein kleiner Fisch ist. Dies ist er aber nicht.“
    „Sondern?“ John fürchtete die nächste Antwort.
    „Im Laufe der Jahre habe ich den Großteil meiner Waffen und Ausrüstung über Martin Lewinski erhalten. Ihr Bruder ist ein zuverlässiger Lieferant, pünktlich und von guter Qualität. Ich habe gerne mit ihm zusammengearbeitet. Er hatte sie öfters einmal erlebt. Seltsam, manchmal war mir so, als vermisste er sie.“
    Die Worte brannten sich in das Hirn von John. Es wurde zuviel für ihn. Erst diese seltsame Enthüllung des Killers, nun die Erwähnung seines Bruders. Spielte der Denobulaner kleine, dreckige Spielchen mit ihm? Die Arrestzelle schien auf einmal immer kleiner zu werden. Lewinski musste hier heraus, Luft holen. Am Ende floh er von diesem Ort.

    Commander Matthew Price hatte lange auf das Zeichen warten müssen. Fast schon dachte er, dass niemand im Büro anwesend war. Dann endlich bat ihn der Captain in seinen Bereitschaftsraum. Lewinski saß auf seinem Bürostuhl, starrte gedankenverloren vor sich hin und schien zu grübeln. Der erste Offizier legte ein Padd mit Aufzeichnungen vor seinen Kommandanten und erklärte:
    „Wir haben die Ursache für die Sensorenstörungen gefunden. Mittels eines exakt ausgerichteten Peilstrahls ist ein Virus auf die Computersysteme der Monitor transportiert worden. Es hat zwar einige Zeit gedauert, aber Lieutenant Sanchez hat nun alle Fragmente des Störers eliminiert.“
    Fast schon geschockt blickte John seinen Stellvertreter an. Es war genauso gekommen, wie es Nocks gesagt hatte. Ein Indiz dafür, dass er recht hatte.
    „Was ist mit ihnen, Skipper?“ fragte der Halbbetazoid, der natürlich die Besorgnis spüren konnte. „Ist etwas geschehen?“
    „Ja, einiges,“ murmelte Captain Lewinski. „Ich habe vor einigen Stunden ein mehr als interessantes Gespräch mit unserem Gefangenen geführt und den Inhalt natürlich an das Geheimdienstoberkommando gesendet. Admiral LaToya teilte mir mit, dass die übermittelten Erkenntnisse mehr als beunruhigend sind und daher als streng geheim klassifiziert wurden. Eine Untersuchung werde eingeleitet. Werde...“
    „Sie glauben nicht an eine solche?“
    „Beschmutzt man sein eigenes Nest?“ entgegnete Lewinski. „Nocks arbeitete für die Zombie-Abteilung, eine halblegale Splittergruppe des Geheimdienstes, welche sich schon vor Jahrzehnten abgekapselt hat und nun eigene Wege geht. Ohne Rechenschaft abzulegen, ohne Kontrollinstanzen.“
    Auch Price erinnerte sich an diese Organisation, mit der sie es kurz zu tun gehabt hatten.
    „Klingt für mich sehr nach Sektion 31.“
    „Zumindest sind sie auf dem besten Weg dahin. Hier, ich möchte ihnen etwas zeigen.“
    Ohne richtig hinzusehen hob Captain Lewinski ein kleines Padd von seinem Schreibtisch und reichte es seinem ersten Offizier. Matt schaute sich den Inhalt dieses Schreibens, welches vom Oberkommando kam, an und runzelte die Stirn.
    „Man hat ihnen die Erlaubnis erteilt ihren eigenen Bruder zu verfolgen?“ fragte Matt, so als befürchtete er das Schreiben nicht richtig verstanden zu haben.
    „Ja, Martin ist nicht so ein kleiner Fisch, wie ich es gerne gewollt hätte,“ erklärte John mit einer Mischung aus Trauer und Zorn. Was nur ihr Vater dazu sagen würde, wenn er wüsste, dass der ältere Bruder nun den jüngeren jagen würde. „Erinnern sie sich an das versuchte Attentat auf den Minister zu Beginn des letzten Jahres, das wir knapp vereitelt haben. Die Waffen dazu lieferte ebenso Martin.“
    Angesichts dieser Worte schwieg Price. Was sonst hätte Price auch sagen sollen.
    „Mein Bruder ist eine Gefahr für die Sicherheit der Föderation und es ist niemand besser dazu geeignet ihn einzusperren als ich.“
    Die Worte des Captains klangen fest und selbstsicher. Doch in seinem Inneren hatte er Angst seine eigene Familie zu zerstören. In den heutigen Zeiten verschwammen die Grenzen zwischen Gut und Böse.

    Ende

    GUT ODER BÖSE?
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by NADIR ATTAR
    executive producer NADIR ATTAR
    co-executice producer CHRISTIAN GAUS & SEBASTIAN OSTSIEKER
    producer SEBASTIAN HUNDT
    lektor OLIVER DÖRING
    staff writers THOMAS RAKEBRAND & JÖRG GRAMPP and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
    written by NADIR ATTAR
    TM & Copyright © 2005 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!

    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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