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Die entgültige Ausprägung von mächtig.
  • Uniformierte Toleranz und Friedensbekundung

    Der Con-Leitartikel
    Es ist wieder Convention: Menschen schlüpfen scheinbar ohne Realitätssinn in SChlafanzug-ähnliche Uniformen, kleben sich spitze Latex-Ohren an und bezeichnen sich plötzlich als Commander oder Captain eines Raumschiffs.

    Eine Star Trek Convention gibt für einen Außenstehenden schon ein sehr befremdliches Bild von der Fangemeine einer Fernsehserie ab, die ihren Zenit vielleicht bereits überschritten hat. Doch weswegen nehmen tausende Menschen lange Reisen und hohe Kosten auf sich, nur um über einzelne Episoden einer TV-Show zu diskutieren?

    Im Zeitalter des modernen Hollywood-Unterhaltungsfernsehen wurden längst alte Paradigmen der Filmemacher über Bord geworfen. Auch wenn Serien wie 24, Lost oder Taken Beispiele dafür sein sollen, dass das Episodenfernsehen wieder narrativer wird - dem ist nicht so. Zumeist fokussieren sich Handlungsstränge doch nur auf eine überwältigende Action-Sequenz, dienen Frauen einem stereotypen Männer-Wunschtraum und werden Probleme lieber durch Gewalt als durch Intelligenz gelöst. Der Fernsehzuschauer wünscht es so, argumentieren die Macher hinter den Serien. Natürlich, moderne Breitbild-Fernseher mit hoher Auflösung lassen uns nun jeden Granatensplitter in Slow Motion durch das Bild fliegen sehen, das ganze unterstützt vom bombastischen Rundum-Sound, der das Zimmer zum Erbeben bringt. Doch beschränkt sich ein guter Film oder eine gute Serie nicht nur auf ein audiovisuelles Feuerwerk, auch wenn der Zuschauer dies natürlich auch zu Recht heute erwarten darf. Serien, die wirklich zeitlos begeistern, haben vor allem eines: Eine gute Geschichte mit einer guten Aussage. Dies gilt für Klassiker wie Dallas, Magnum, Remington Steel - und natürlich auch Star Trek.

    Blickt man hinter die Fassade der Serie erkennt man schnell die Menschen, die sich mit ihr scheinbar so bedingungslos identifizieren. So wird jede aggressive Handlung argumentiert, Pro und Contra diskutiert. Oberste Direktiven vermitteln ein Weltbild einer modernen, zukünftigen Gesellschaft, in der sich die Konflikte und Sorgen der heutigen Gesellschaft und Welt aufgelöst haben und alle Menschen gemeinsamen Zielen entgegenstreben: Friede, "intergalaktische" und damit interkulturelle und völkerübergreifende Verständigung, Toleranz und Offenheit. Das sind Werte, die vielen in der heutigen, konfliktbeladenen Zeit als unerreichbar erscheinen - in einem futuristischen Szenario einer perfekten Welt aber plötzlich nicht mehr so weit weg wirken wie im Alltag der Wirklichkeit.

    Natürlich ist es nicht alltäglich, wenn Fernsehpublikum bedächtigt gealterten Hollywood-Schauspielern lauscht, das von einstigen Großtaten berichtet. Aufwändige Kostüme vorführt und begutachtet, die exakt der Serie nachgeschneidert wurden. Es gibt keine Serie, die sich eine derartige Fangemeinde schuf. Deutlich wird dies, wenn man die unfassbar erfolgreichen Star Wars-Filme betrachtet. Obwohl kaum Kinofilme den Erfolg der George Lucas-Saga toppen konnten, obwohl es auch hier wie bei jedem erfolgreichen Produkt eine starke Fangemeinde gibt - es gibt keine Bewegung, die man mit den "Trekkies" vergleichen könnte. Hier wird besonders deutlich, dass eine tiefgängige Handlung und wahrhaftige Motive auf lange Sicht mehr bewegen können als "ausschließlich" opulente und fantasievolle Epen. Die großen Geschichten dieser Welt, sei es in der Literatur oder in der visuellen Ausprägung Film, sind Geschichten über Menschen oder die Menschheit, Geschichten die uns von Emotionen, von Moral, von Werten, von Ansprüchen und von Persönlichkeiten erzählen.

    Die Menschen, die sich auf einer Star Trek Convention treffen, haben nicht nur das gemeinsame Interesse Star Trek. Sie haben das gemeinsame Interesse an einer besseren Welt, in der man ohne Vorurteile und Klischees miteinander kommuniziert und lebt - wie sie in Star Trek vorexerziert wird. Dieses Idealbild erfüllt sich für sie reduziert für wenige Tage, wenn sie sich auf einer Convention treffen und so von den Belastungen des Alltags abstand nehmen können - und in eine Umgebung eintauchen, die ihre Werte und Moralvorstellungen transportieren vermag.

    Natürlich wirkt die Darstellung für Außenstehende seltsam und realitätsfern - genauso, wie vorurteilsfreie zwischenmenschliche Kommunikation im wirklichen Leben meist eher Vision als Realität bleibt. Man sollte sich daher weniger Gedanken machen, was es für Freaks sind, die sich in eine Fernsehwelt flüchten müssen. Man sollte sich Gedanken machen, warum es in unserer Welt für viele Menschen überhaupt nötig ist, dies zu tun. Die meinungsmachenden Medien wie das Fernsehen und die Schaffer von Formaten mit einer Breitenwirkung wie Filmen und Serien sollten sich daher öfter Gedanken machen, ob spektakuläre Actionsequenzen tatsächlich die einzigen Aussagen sind, die sie mit ihren Produkten und Werken transportieren wollten. In diesem Sinne ist die Vision des Star Trek Schöpfers Gene Roddenberry nach einer besseren Welt nur positiv zu bewerten. All jene, die die Darstellungsform für sich erschließen können, sind vielleicht wirklich Fantasten und Träumer - aber zumindest der richtigen Träume und Wünsche.

    Matthias Mirlach

    Quelle: treknews.de

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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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