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  • Monitor - 5x06: Einschleusung

    Wiedersehen macht Freude
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    • TheOssi
    Endlich soll das Geheimnis der Massenvernichtungswaffen geklärt werden und Ardev wird ausgeschickt, um sich in das mysteriöse Orion-Syndikat einzuschleusen. Dort trifft er auf einen alten Bekannten, den er seit langer Zeit nicht mehr gesehen hat...

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    Monitor 5x06 "Einschleusung"
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    Die Menschen bauen zu viele Mauern
    und zuwenig Brücken
    - Sir Isaac Newton


    Das Geheimdienstschiff Monitor hatte nach ihrer Rückreise vom Planeten Chervas 3 an die Starbase 67 angedockt, ihrem Heimathafen. Es war schon einige Zeit her gewesen, dass sie sich hier befunden hatten und obwohl dies hier nicht die Erde war, so fühlten sie sich doch alle sicher und geborgen, so als sei dies ihr richtiges Zuhause. In gewisser Weise waren sie dies auch, denn die Sternenbasis stand offiziell unter dem Oberkommando des SFI und beherbergte Dutzende Schiffe und Agenten. Manchmal fiel es John Lewinski schwer an diese Wirkungsstätte zurückzukehren, einem Bereich, der früher einmal die Domäne von Admiral Kashari gewesen war. Auch wenn der alte Zakdorn schon über zwei Jahre tot war, so vermisste John ihn immer noch. Der Admiral war mehr als ein einfacher Vorgesetzter gewesen, sondern ein Mentor und Freund. Ohne Kashari wäre der Captain wohl niemals zum Geheimdienst gekommen und hätte wohl auch niemals das Kommando über die Monitor erhalten. Nun gab es nach Kashari und dem getöteten Verräter Waseri einen neuen Sektorchef des Geheimdienstes, Admiral LaToya. Er kannte die Brasilianerin nicht allzu gut, doch ihr Ruf eilte ihr voraus: eine kompromisslose Frau, die sich beständig in der Hierarchie des Geheimdienstes hochgearbeitet hatte. Zwei geschiedene Ehen zeugten von ihrer Liebe zur Arbeit. Heute würde Captain Lewinski ihr zum ersten Mal gegenübertreten und seinen Bericht abgeben, zudem wollte er seine Einsatzempfehlung formulieren. Bevor er jedoch die Admirälin besuchte begab er sich noch einmal in das kleine Casino der Monitor. Dort saß Commander Sokol, der romulanische Kommandant, und wartete wie befohlen. Sokol hatte mit seinen Soldaten einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass sie die brenzlige letzte Mission überlebt hatten und nach dem erfolgreichen Verlassen des kontaminierten Planeten waren die Romulaner, aller Sicherheitsbedenken zum Trotz, mit ihnen geflogen. Als sich die Schotts des Casinos zischend öffneten und Lewinski das Casino betrat, erhob sich Sokol höflich und nickte ihm zu.
    „Danke, Commander, das sie auf mich gewartet haben, “ begrüßte ihn John und bedeutete ihm mit einer Hand sich wieder zu setzen.“
    „Es gibt ohnehin nicht viele Orte, an die ich hier hätte gehen können“, entgegnete Sokol und spielte damit auf seine Zugangsbeschränkungen an.
    „Es tut mir sehr leid, Sokol, jedoch müssen sie während unseres Dockaufenthaltes hier an Bord bleiben. Wir haben jedoch schon ihre Regierung verständigt und ein romulanisches Schiff ist hierhin unterwegs, welches sie schon in ein paar Stunden abholen wird.“
    „Sehr freundlich von ihnen, Captain Lewinski“, bedankte sich der Befehlshaber und blickte traurig die gegenüberliegende Wand an. „Man wird uns abholen und dann wieder in diesen unnötigen Krieg zurückschicken.“
    Dies waren die Worte, auf die John als alter Geheimdienstler gewartet hatte. Nun galt es die Karten sicher auszuspielen.
    „Ja, wenn er doch nur schnell zu Ende ginge.“
    Statt einer Antwort nickte der Romulaner nur, was John zum Weitersprechen veranlasste:
    „Wie sieht es mit ihrem Versprechen aus, sich bei mir für die Rettung zu revanchieren?“
    „Ich stehe zu meinem Wort wie jeder ehrenvolle Romulaner... zumindest war dies früher einmal so, “ war die lächelnde Antwort Sokols.
    „Haben sie ein Interesse daran diesen Krieg bald zu beenden? Ich meine damit nicht durch Waffengewalt, sondern durch einen schnellen Waffenstillstand?“
    „Wie sollte dies möglich sein?“
    „Nun, ich weiß es zwar auch noch nicht, aber unsere Diplomaten könnten sich sicher da etwas einfallen lassen. Die Politiker brauche nur etwas Informationen, mit denen sie gefüttert werden könnten.“
    „Welche Arten von Informationen meinen sie?“
    „Ich denke sie wissen genau was ich meine!“ meinte John und blickte Sokol in die Augen. Dies war nun der kritische Moment, in dem sich entschied, ob er Ja oder Nein sagte.
    „Sie wollen, dass ich mein Volk verrate“, sagte Sokol bitter.
    „Um Gottes Willen, nein! Ihr Volk ist schon verraten worden und zwar von ihrer Führung. Worum bitte ich sie denn? Um Informationen, die ihr Volk gefährden könnten? Die eine Föderationsinvasion verursachen könnten? Ganz und gar nicht! Mir geht es nur um ihre Flottenverteilungen, ihre Frontberichte und andere Dinge, die den Krieg betreffen. Alles andere interessiert mich nicht.“
    Der romulanische Befehlshaber dachte lange und angestrengt über diese Worte nach. So lange, dass John schon fürchtete versagt zu haben. Dann endlich nickte Sokol und signalisierte ihm so, dass er einverstanden war. Die Worte selbst konnte er jedoch nicht über die Lippen bringen.

    An der Tristigkeit ihrer Unterkunft hatte sich seit dem Tage ihres „Einzuges“ nichts geändert. Viele Gefangene, die oftmals bis an ihr Lebensende in diesen Hochsicherheitstrakt der Föderation bleiben mussten, richteten ihre Zelle etwas gemütlicher ein, wie z.B. mit privaten Gegenständen oder mit Unterhaltungsmedien. Doch Stella Tanner tat dies nicht. Wieso auch? Sie rechnete nicht ernsthaft damit für den Rest ihres Lebens hier an diesem Ort zu bleiben. Sicher, hier eingesperrt zu sein war ein temporärer Rückschlag, jedoch einer der sich bald in Nichts auflösen würde. So verbrachte sie die langen Tage bis zur Ersinnung eines neuen Planes damit ihren Geist zu schärfen. Sie las klassische Literatur, rechnete vor sich hin und betätigte sich selbst im Schreiben. Und um körperlich fit zu bleiben hatte sie ein eigenes kleines Trainingsprogramm entwickelt, an welches sie sich streng hielt. So blieb sie trotz der wenigen Bewegung, die man ihr bot, stets in Form.
    Die Zugangstor zu ihrem Zellenbereich öffnete sich und ein Sicherheitsoffizier der Sternenflotte trat heran. Es war keine Essenszeit und doch war Stella über diesen Besuch überrascht. Der Offizier stellte ein kleines Kommunikationsterminal auf einem Stuhl vor dem sie umschließenden Kraftfeld ab und verschwand dann wieder. Für einen kurzen Moment fragte sich die attraktive rothaarige Frau, was hier vor sich ging, doch schon im nächsten Moment klärte sich alles auf, als Edward Jellicos altes Gesicht auf dem Schirm erschien.
    „Guten Abend, Ms Tanner. Wie sie sehen halte ich meine Zusage ein sie in nächster Zeit etwas öfters zu besuchen, auch wenn ich derzeit leider nicht persönlich bei ihnen anwesend sein kann. Ich hoffe, sie verzeihen mir dies.“
    Stellas volle Lippen kräuselten sich zu einem sarkastischen Lächeln, als sie erwiderte:
    „Sie sollten dies eher sogar als einen Vorteil für sie ansehen, Edward. So weit weg wie sie derzeit sind kann ich ihnen unmöglich etwas antun.“
    „Auch sie haben ihr Versprechen nicht vergessen. Wie überaus reizend von ihnen.“
    „Ich versuche immer entgegenkommend zu sein. Nichtsdestotrotz ist ihr Anruf eine nette kleine Abwechslung von meinem regulären Alltag. Wie ist es ihnen denn so ergangen?“
    Auch Edward lächelte gekünstelt, bevor er zu einer Antwort ansetzte. Diese ganze aufgesetzte Freundlichkeit, diese aufgesetzte Höflichkeit amüsierte ihn ungemein. Sie beide waren Todfeinde, jederzeit dazu bereit den anderen zu töten, falls sich diese Möglichkeit bot und doch spielten sie miteinander. Dass John Lewinski Jellico für seinen Todfeind hielt war eigentlich lächerlich, wenn man bedachte wie sehr ihn der alte Mann doch respektierte. Doch für Stella Tanner, das letzte Überbleibsel der „alten“ Sektion 31, hatte er absolut nichts übrig.
    „Oh, ich habe einen kleinen Abenteuerausflug hinter mir.“
    „Abenteuer?“ fragte Stella verzückt. „War es denn gefährlich?“
    „Nein, ich habe mir einmal fast um ein Haar einen Virus eingefangen, doch ansonsten bin ich fit.“
    „Das freut mich, Edward... so sparen sie sich das Beste für mich auf.“
    Jellicos freundliche Miene verschwand. Er hatte nun genug von diesen Spielereien. Drohend sagte er:
    „Stellen sie sich lieber darauf ein, dass sie für eine sehr lange Zeit hier sein werden. Sie verrotten hier unten, wenn sie sich nicht bald mir anschließen.“
    „Sie kennen meine Antwort.“
    „Allerdings“, entgegnete Edward und unterbrach die Verbindung. Sein altes Gesicht verschwand von dem Bildschirm und das Terminal deaktivierte sich automatisch. Abermals lächelte Stella. Natürlich würde ihre Zeit kommen. Irgendwann.

    Der Dienstbeginn war noch ungefähr fünfzehn Minuten entfernt. Chief Jozarnay saß auf seinem kleinen Bett und betrachtete die kleine Phiole, die ihm gegenüber auf dem Tisch stand. Wie jeden Morgen hatte der Antosianer herzhaft gefrühstückt, doch heute kam er sich selbst hungrig vor. Inzwischen wusste er ganz genau, woran dies lag. Kein Essen, kein Getränk konnte die Leere füllen, die sich in seinem Magen ausbreitete und auf den ganzen Körper übergriff. All die Monate seit seinem Wiedereinstieg in den Konsum von Ketracel-White hatte er sich selbst eingeredet, dass er die Sucht kontrollieren konnte. Dabei war er schon einmal vor zwei Jahren jämmerlich gescheitert und doch hatte er aus diesem Vorfall rein gar nichts gelernt. Inzwischen war es zu spät, um von diesem Lebenspfad abzuweichen. Jozarnay brauchte sich nur das immer häufiger auftretende Zittern seiner Hände anzusehen, das eindeutige Indiz für seine Niederlage. Sicherlich würden jetzt einige unbeteiligte Außenstehende, die von seinem Los erfahren würden, ihm raten zu kämpfen. Sich nicht aufzugeben und stattdessen alle Kraft zusammenzunehmen, um diesen Drogen abzuschwören und ein neues Leben zu beginnen. Doch so leicht war dies nun mal nicht und derzeit war sich der Chief alles andere als sicher, ob er noch kämpfen wollte. Wofür auch? Wenn Woil auf sein Leben zurückblickte, so hatte er im Endeffekt gar nichts erreicht. Ja, er hatte einen attraktiven Posten auf einem wichtigen Raumschiff, doch was hatte er dafür verloren? Seine Frau war ihm genommen worden und mit ihr eine viel versprechende Karriere als Offizier. Sein Idealismus, ausformuliert durch seine Religion, hatte ihn zu einem Außenseiter gemacht; einem Fremden im eigenen Land. Wer waren eigentlich seine Freunde? Er hatte gute Kollegen und treue Untergebene, doch wer war eigentlich sein wirklicher Freund? Bruce Land hatte vor zwei Jahren, als Jozarnays erste Sucht lebensgefährlich geworden war, an seinem Krankenbett gewacht und ihm erzählt, er wäre sein Freund, doch hatte dies der Wahrheit entsprochen? Wären sie Freunde, würden sie dann nicht im regelmäßigen Kontakt zueinander stehen? Wo waren denn seine Freunde, als er auf Humana grausam gefoltert worden war? Noch immer konnte der Antosianer keine ruhige Nacht durchschlafen, immer wieder spürte er die Qualen, die Angst und die Dunkelheit. Was man ihm dort angetan hatte war unbeschreiblich. Zwar hatte er sich dem Captain anvertraut, doch dabei bewusst Details zurückgehalten, um Lewinski nicht zu sehr zu beunruhigen. Die restlichen Erlebnisse hatte Woil in sich hineingefressen. Der Frust und die Depression waren angewachsen, bis er sie nur noch auf eine Art und Weise betäuben konnte: durch die stimulierende Wirkung von Ketracel-White.
    Und nun saß er hier, ein halbes Jahr später, betrachtete eine Ketracel-White Phiole, die auf dem Tisch vor ihm lag. Er verzehrte sich nach ihr, nach der Beruhigung, die sie verheißen sollte, doch etwas hinderte ihn daran sich die weiße Flüssigkeit zu injizieren. Es war das wissen, von wem diese Gabe kam: Edward Jellico, der Mann, der sie alle schon so oft betrogen hatte. In der Nacht zuvor hatte der ehemalige Admiral der Sternenflotte sie ihm überreicht und es als „Dankeschön für die Rettung von Chervas 3“ bezeichnet. War es jedoch wirklich die Dankbarkeit eines Mannes, die dieses Geschenk veranlasst hatte oder steckte dahinter noch mehr? Versuchte ihn quasi der Teufel zu sich auf die Seite zu ziehen? Die Gegenfrage allerdings wäre, ob er sich nicht schon längst auf den Leibhaftigen eingelassen hatte. Die eine Stimme in seinem Inneren flüsterte ihm Warnungen zu, dass dieses Geschenk noch seinen Preis haben würde, doch eine andere Stimme riet ihm es anzunehmen.
    Was soll es schon, du bist eh verloren, flüsterte ihm sein pessimistisches Ich zu. Was glaubst du eigentlich, wo du sonst deinen Stoff herbekommst? Von ehrlichen Geschäftsmännern und fürsorglichen Ehefrauen? Nein, es sind profitgierige und gewissenlose Personen, Kriminelle und nichts anderes ist Edward Jellico selbst. Ob du es von ihm nimmst oder von irgendjemand anderen: macht dies überhaupt einen Unterschied?
    Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der Jozarnay diese unliebsame Stimme mit einem einfachen Gebet und dem Besinnen auf seine Moral verscheuchte, doch dies war Vergangenheit. Sein Glaube, den er nach außen hin noch praktizierte, war inzwischen nur eine leere Plattitüde geworden. Sein innerstes Selbst, seine Überzeugungen, waren im Laufe der Zeit ausgehöhlt worden. Himmel, Hölle, dies spielte alles keine Rolle mehr für ihn und daher hatte Chief Woil keine Probleme damit das Geschenk Jellicos anzunehmen.

    Admiral Silvia LaToya hatte das Büro ihrer Vorgänger übernommen und radikal verändert. Möbel, der Schreibtisch, Accessoires waren an andere Stellen verrückt oder komplett ausgetauscht worden. Die junggebliebene Karrierefrau liebte Veränderungen, insbesondere die, die mit ihrer Ankunft einhergingen. John Lewinski setze sich in den angebotenen Stuhl ihr gegenüber und nahm überrascht zur Kenntnis, dass auf dem Sofa rechts von ihnen Dr. Dr. Arsani Parul Platz genommen hatte. Inzwischen war der Betazoid wieder zurück in die Rolle des erfahrenen Diplomaten geschlüpft: er trug geschmackvolle Kleidung, sein ergrautes Haar war sorgfältig nach hinten gekämmt worden und sein Gesicht war frisch rasiert. Wenn man Arsani nun so sah, konnte man kaum glauben, dass er noch vor wenigen Tagen in einem Kampfanzug an einer gefährlichen Mission teilgenommen hatte, die ihnen alle gut und gerne das Leben hätte kosten können.
    „Captain Lewinski, danke für ihr Kommen“, begrüßte Silvia ihn und John erwiderte freundlich diesen Gruß. Endlich, nach langer Zeit, begann sich der Kanadier in Gegenwart eines Vorgesetzten zu entspannen. Noch vor kurzer Zeit hätte er sich selbst stundenlang gefragt, ob nach Jellico und Waseri auch diese Admirälin eine Verräterin war, eine Spionen von Sektion 31. Doch nach langer Zeit hatte John eingesehen, dass er sich mit solchen Gedanken nur selbst zerstörte. Nicht jeder konnte Mitglied von Sektion 31 sein, das Leben musste auch normal weitergehen können.
    „Dr. Dr. Parul hat mir schon einen Bericht über ihre Operation auf Chervas 3 geliefert“, erklärte Admiral LaToya und ihre Stimme war gleichmäßig und friedlich. „Nun möchte ich nun ihren Bericht hören, aus den Augen eines Sternenflottenoffiziers und ihre Vorschläge in Bezug auf das weitere Vorgehen des Geheimdienstes.“
    Bei jeder anderen Zivilperson wäre John gleich misstrauisch geworden und hätte die natürliche Ablehnung an den Tag gelegt, die Sternenflottler normalerweise gegenüber Politikern an den Tag legten. Doch nicht bei Parul. Der Betazoid, so war sich der Captain sicher, hatte sicherlich nichts in seinem Bericht beschönigt oder heruntergespielt und dies war auch gut so. Kurz und präzise gab John seinen Bericht über die Außenmission ab. Während er erzählte, nickte LaToya immer wieder und machte sich ab und an einige Notizen auf ihrem Padd.
    „Wie ich sehe deckt sich ihr Bericht mit dem des Botschafters. Ihr Ruf scheint zu stimmen, Captain.“
    „Wie meinen sie dies, Admiral?“
    „Laut den Dienstanweisungen sollte sich ein Kommandant nicht den Gefahren einer Außenmission stellen“, erklärte Admiral LaToya lächelnd. „Ihr Tatendrang ist dem Oberkommando bekannt und vor allem ihr Hang dazu, gefährliche Missionen selbst zu leiten.“
    „Ich kann nichts von meinen Untergebenen verlangen, was ich nicht selbst auch machen würde“, begründete Lewinski seine Verhaltensweise.
    „Eine kluge Ansicht“, lobte ihn die Frau unerwartet und kam dann wieder zum eigentlichen
    Thema zurück. „Sie glauben also, dass die biologischen Waffen von dem Orion-Syndikat geliefert wurden.“
    „Ja, so wurde es mir von Commander Sokol gesagt.“
    „Haben sie irgendeinen Grund an den Aussagen des romulanischen Kommandanten zu zweifeln?“
    John musste sich nur an die Aussagen des Commanders, an seine ablehnende Haltung in Bezug auf diesen Krieg erinnern, um sich sicher zu sein.
    „Nein, ich halte seine Aussage für authentisch.“
    Dr. Dr. Parul nickte bestätigend, doch Silvia LaToya wollte auf Nummer Sicher gehen. Sie war nicht bereit irgendeiner romulanischen Operation in die Hände zu spielen.
    „Und was ist wenn Sokol ein Agent des Tal Shiar ist und sie auf eine falsche Fährte locken möchte?“ fragte sie.
    Diese Frage überraschte John. In gewisser Hinsicht war dieser Punkt nicht allzu unbegründet.
    Der Tal Shiar war bekannt für seine ausgeklügelten Täuschungsmanöver und während der Außenmission hatte Sokol keinen einzigen Gedanken an diesen möglichen Punkt verschwendet.
    „Meiner Ansicht nach ist Commander Sokol ein Mitglied der romulanischen Infanterie, mehr aber auch nicht.“
    „Wie kommen sie zu dieser Aussage?“
    Bedächtig faltete Captain Lewinski seine Hände und blickte kurz zur Decke, ein Indiz dafür, dass er seine Gedanken ordnete.
    „In solchen Fällen, Admiral, “ erklärte er, „muss man sich an ein altes römisches Sprichwort erinnern: cui bono?“
    „Wem nützt es?“ übersetzte Arsani Parul unnötigerweise. Als erfahrenem Diplomaten war ihm dieses menschliche Sprichwort durchaus bekannt.
    „Das Orion-Syndikat hat mit dem Romulanischen Reich so gut wie nichts zu tun“, fuhr Lewinski fort. „Die Aktivitäten dieser Gruppe begrenzen sich hauptsächlich auf unseren Raum, sowie den Ferengi und einiger anderer Wirtschaftsnationen. Die Romulaner gehen zum einen hart im Umgang mit Verbrechern um und zweitens kann sich das Syndikat nicht im Imperium ausbreiten, da sie sofort von einheimischen kriminellen Organisationen verdrängt werden würden. Was hätten die Romulaner also davon uns zu einem Schlag gegen das Syndikat zu bewegen? Meiner Meinung nach rein gar nichts und daher glaube ich der Aussage Commander Sokols.“
    „Dies ist eine interessante Formulierung, Captain“, stimmte ihm Admiral LaToya zu. „Ich wollte zu diesem Punkt nur mal ihre Meinung hören. Während ihres Rückfluges haben wir einen Hintergrundcheck Commander Sokols durchgeführt und es besteht kein Grund anzunehmen, dass er ein Mitglied des Tal Shiar ist.“
    Überrascht lächelte John. Dass ein Vorgesetzter, oder in diesem Fall eine Vorgesetzte, an seiner persönlichen Meinung über eine Person interessiert war, dies war seit Admiral Kashari nicht mehr vorgenommen. Er genoss dieses neue Vertrauen.
    „Was sind ihre Vorschläge in Bezug auf weitere Aktionen?“ fragte der Admiral und blickte ihn aufmerksam an. Forsch lehnte sich der Captain der Monitor vor und meinte:
    „Admiral, die auf Chervas 3 eingesetzte Waffe ist eine der schlimmsten Gefahren, die wir uns jemals ausgesetzt sahen. Ein Sprengkopf auf der Erde eingesetzt und Milliarden von Bewohnern wären dem Untergang geweiht. Sie müssen es selbst gesehen haben, um es zu begreifen. Diese Waffe verändert Personen, sie polt ihre Freund-Feind Kennung in den Gehirnen um und macht sie zu angriffslustigen Maschinen, die alles und jeden Schaden wollen. Eine Heilungsmethode ist uns nicht bekannt und ehrlich gesagt zweifle ich daran, dass wir so schnell eine finden. Daher ist es unsere dringlichste Aufgabe die Verbreitung dieser Waffe zu verhindern sowie ihren weiteren Einsatz. Daher schlage ich einen zweistufigen Plan vor: zum einen die Infiltration des Orion-Syndikats, um mehr über die Herstellung und Verbreitung der Waffe zu erfahren und zum anderen das Zerstören der bestehenden Verbände in den Arsenalen der Talarianer, wobei wir nicht wissen, wie viele Waffen sie noch besitzen.“
    „Ihr Plan hat nur einen Makel, “ schaltete sich Botschafter Parul ein, „er könnte leicht einen Krieg auslösen. Ein falscher Zug und die Föderation wäre in diesen Konflikt verwickelt.“
    „Sie haben recht, Arsani“, stimmte ihm der Captain zu, „jedoch wissen wir alle in diesem Raum, dass die Talarianer große Probleme in diesem Konflikt haben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sie kurz vor einer Niederlage stehen. Sollten wir bei der Vernichtung ihrer Bestände auffliegen, so denke ich trotzdem nicht, dass sie irgendein Interesse an einem Kampf mit der Föderation haben. Sie würden einfach die Existenz dieser Waffen leugnen und wieder zur Tagesordnung zurückkehren.“
    „Sie klingen sehr überzeugt in ihrer Ansicht“, meinte Admiral LaToya nachdenklich.
    „Dies bin ich auch. Ich kenne die Talarianer. Und als jemand, der die Auswirkungen dieser Waffe hautnah erlebt und einen Toten zu beklagen hat, kann ich ihnen raten: sorgen wir dafür, dass diese Waffe nie wieder eingesetzt wird.“
    Wieder mischte sich der Betazoid in diese Diskussion ein. Ihm lag es fern Partei für die Talarianer zu beziehen, die eine Massenvernichtungswaffe eingesetzt hatten, ihm ging es nur darum alle Eventualitäten abzuwägen und eine ausgeglichene Sichtweise zu schaffen.
    „Captain, sind sie bereit den Untergang der Talarianischen Union zu verursachen?“
    „Wie meinen sei dies, Arsani?“
    „Der Einsatz dieser grausamen Waffe war das einzige, was den Vormarsch der romulanischen Truppen gestoppt hat. Nun sind sie wieder auf dem Vormarsch und basierend auf diesen Erfahrungen ist ein erneuter Einsatz der Biowaffe nur eine Frage der Zeit. Sollten wir ihnen diese Waffe wegnehmen, so nehmen wir ihnen auch die einzige Möglichkeit den Romulanern Paroli bieten zu können. Ihre Niederlage wäre damit besiegelt.“
    Stumm nickte Lewinski. Ihm war völlig klar, worauf die Sache hinauslief.
    „Wir müssen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, die Milliarden töten können, verhindern.“
    „Wenn die Romulaner eine Invasion von Talar durchführen, und das werden sie auf kurz oder lang, dann werden ebenfalls Millionen, wenn nicht gar Milliarden sterben.“
    Parul sprach damit das grundlegende Paradoxon von Krieg an. Entschieden sie sich mit einer Aktion nicht für eine bestimmte Seite? Brachen sie dadurch nicht das Prinzip der Nichteinmischung, die Erste Direktive? Admiral LaToya beendete jedoch alle philosophischen Spekulationen:
    „Ich verstehe ihre Sorgen, Botschafter, jedoch ist diese Waffe auch eine direkte Bedrohung der Föderation, derer wir Herr werden müssen. Captain Lewinski, ich autorisiere eine Infiltrationsmission der Monitor. Finden sie so viel wie möglich über die Waffen heraus und falls sie die Möglichkeit haben einige zu zerstören... dann tun sie es; aber um Himmels willen bitte unauffällig.“
    „Verstanden“, nickte John und wollte sich erheben, da er dachte diese Angelegenheit wäre erledigt. Doch Silvia wies ihn an noch einen Moment zu warten.
    „Es geht um eines ihrer Crewmitglieder“, erklärte sie ihn und schockte den Captain mit ihrer Aussage...

    Es war schön wieder in ihrem eigenen Bett zu schlafen. Damit meinte Arena nicht das gemütliche Bett ihrer Kindheit, welches sich in ihrem Elternhaus auf Terellia befand, sondern das mittelgroße Doppelbett, welches in der Mitte ihres kleinen Quartiers an Bord der Monitor aufgestellt worden war. Inzwischen war so viel Zeit vergangen, dass sie tatsächlich dieses kleine Raumschiff als ihr Zuhause ansah, an welches sie äußerst gerne zurückkehrte. War dies ein gutes Zeichen oder musste man sich deswegen um sie sorgen machen? Die junge Terellianerin fand sich eigentlich ganz in Ordnung. Wenn man sich an seinem Arbeitsplatz wohl fühlte, so konnte man doch noch besser arbeiten. Gleich zu Beginn ihres Dienstes wurde sie vom Captain in sein Büro bestellt. Um was es wohl gehen würde, darüber war sich die junge Lieutenant vollkommen im Klaren. Wie Captain Lewinski jedoch reagieren würde, darüber hatte sie absolut keine Vorstellung.
    Daher war sie sehr gespannt, als sie in sein Büro eintrat und ihn in seinem Stuhl sitzen sah, sie ruhig mit seinen Augen fixierend. Würde nun ihre Karriere zu Ende gehen?
    „Sir, melde mich wie befohlen“, erklärte Lieutenant Tellom beim Eintreten und wartete darauf, dass man ihr einen Platz anbot. Doch John Lewinski verzichtete auf diese Geste und dies war alles andere als ein gutes Zeichen.
    „Lieutenant“, begann er mit ruhigem, jedoch ernsten Tonfall, „mir sind da einige besorgniserregende Dinge über sie zu Ohren gekommen. Bevor ich jedoch über weitere Maßnahmen nachdenke möchte ich erst einmal ihre Sicht der Dinge hören.“
    „Ich wüsste nicht, wozu ich etwas sagen sollte“, entgegnete Arena und blickte starr aus dem Fenster des Bereitschaftsraums heraus. Auch jetzt noch fühlte sie sich völlig im recht.
    „Bringen wir die Sachlage doch gleich auf den Punkt: haben sie Bolar getötet?“
    „Ja, das habe ich.“
    Diese klare und schnell hervorgebrachte Antwort überraschte Captain Lewinski und ein klein wenig machte ihm dies auch Angst. Denn dadurch schwand sein Handlungsspielraum immens. Auch wenn er wie ein harter Richter aussah, so wollte er doch seiner jungen Untergebenen helfen!
    „Sie haben dies doch sicher aus Notwehr getan“, spekulierte er. „Bolar hat sie in seiner Zelle angegriffen und sie haben sich verteidigen müssen. Dabei ist es dann einfach passiert.“
    „Nein, so ist es nicht gewesen“, korrigierte Arena ihn und in ihren Worten schwang kein Bedauern mit.
    „Dann denke ich ist es an der Zeit mich aufzuklären.“
    „Captain, es ist nicht so kompliziert wie sie denken. Nachdem ich die Information bekam, dass Bolar noch am Leben war und in einem geheimen Gefängnis interniert wurde...“
    „Wer gab ihnen diese Information?“ unterbrach sie der Kommandant der Monitor.
    „Ich weiß es nicht und meiner Meinung nach spielt dies keine Rolle. Wichtig ist nur, dass ich ein Anrecht auf diese Information hatte und dem Überbringer bin ich, gleichwohl wer dies auch sein mag, äußerst dankbar dafür.“
    „Ach ja?“
    „Bolar ist der Mörder meines Bruders. Anstatt das er vor Gericht gebracht und verurteilt wurde, hat man versucht uns zu erzählen, er wäre tot.“
    „Und dann haben sie die Gerechtigkeit selbst in die Hand genommen“, spekulierte Captain Lewinski und ihm gefiel nicht, worauf diese Sache hinauslief.
    „Allerdings. Ich besuchte abermals die Internierungseinrichtung und erschoss Bolar.“
    „Einfach so?“
    „Einfach so.“
    Ernüchtert fuhr sich John Lewinski durch sein Gesicht. Er hatte gehofft und gebangt, dass sich die Sachlage anders darstellen würde als von Admiral LaToya beschrieben, doch diese Hoffnung hatte sich in Nichts aufgelöst. Arena Tellom, eine nette junge Frau und ein fähiger Offizier, hatte jemanden wissentlich getötet.
    „Sie wissen, dass wir hier über Mord sprechen?“ fragte John leise.
    „Ich plädiere auf mildernde Umstände.“
    „Sie machen es sich ja verdammt einfach!“ fuhr es aus Lewinski heraus und er klatschte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. Etwas ruhiger fuhr er fort. „Sie haben nicht im Affekt gehandelt oder ihn totgeschlagen. Nein, sie haben Tage später diesen speziellen Ort aufgesucht, um Bolar zu ermorden. Sie haben sich damit eines der schlimmsten Verbrechen überhaupt schuldig gemacht, Arena, wissen sie das eigentlich?“
    „Ich nenne dies Gerechtigkeit“, entgegnete sie kühl.
    „Und in einem literarischen Sinne haben sie sicherlich Recht, aber dies hier ist das wirkliche Leben und das geht nun mal nicht immer gerecht zu. Natürlich wurde ihnen Reno auf brutalste Art und Weise entrissen, doch dies gibt ihnen noch lange nicht das Recht Gleiches mit Gleichem zu vergelten.“
    „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, zitierte Lieutenant Tellom eine alte heilige Schrift von der Erde.
    „Ich bin nicht religiös, Lieutenant. Diese Aussage stößt bei mir auf taube Ohren.“
    „Sie spielen sich ganz schön auf, wenn man bedenkt, dass sie schon einmal ähnliches getan haben.“
    „Wie meinen sie das?“
    „Vor zwei Jahren, in den letzten Wochen ihres Exils. Auf einer Sternenbasis haben sie einen Agenten von Sektion 31 mit einem Messer getötet, obwohl sie ihn hätten genauso gut betäuben und so am Leben lassen können.“
    „Dies können sie doch gar nicht damit vergleichen“, fuhr Lewinski aus. „Natürlich hätte ich ihn betäuben, fesseln, knebeln oder sonst etwas mit ihm anstellen können. Dann wäre jedoch immer noch die Gefahr gewesen, dass er mir wieder auf die Fährte kommt und möglicherweise so Sektion 31 meinen Aufenthaltsort verrät.“
    „Sehen sie? Was wäre geschehen, Bolar eines Tages aus seinem Gefängnis ausgebrochen und vor mir einer Tür gestanden hätte. Denken sie etwa, er hätte dann nur ein Plauschchen mit mir gehalten? Nein, er würde mich ebenso eiskalt ermorden wie meinen Bruder.“
    Über diese unsinnige Erklärung war Captain Lewinski dermaßen irritiert, dass er sie nur mit offenem Mund anstarren konnte.
    „Das können sie doch nicht ernst meinen, oder?“ fragte er noch einmal, nur um sicher zu gehen.
    „Doch und genau dies werde ich auch vor Gericht aussagen.“
    „Leider wird es kein Gerichtsverfahren geben, Lieutenant, und glauben sie mir, wenn es nach mir ginge würde man sie hinter Schloss und Riegel bringen.“
    „Ich dachte, sie wären mein Freund“, erwiderte Arena Tellom leidenschaftslos und diese Aussage machte John mehr als wütend.
    „Verdammt, ich bin ihr Freund, Arena! Ich bin derselbe Mann, der bei ihrer Hochzeit dabei war und der sie immer unterstützt hat. Doch nur weil ich ihr Freund bin heißt dies noch lange nicht, dass ich ihre Straftaten übersehen werde, ganz im Gegenteil. Freunde sind dazu da, um manchmal auch einen auf Fehler aufmerksam zu machen. Dummerweise ist dies völlig egal.
    Bolar war niemals offiziell in einem Gefängnis der Föderation. Offiziell war er ein toter Mann und niemand kann einen Toten noch einmal umbringen. Daher wird man ihnen nicht den Prozess machen.“
    Der Kommandant hatte auf irgendeine Reaktion der jungen Frau angesichts dieser Worte gehofft, wie z.B. Freude oder Genugtuung, doch stattdessen sah er rein gar nichts bei ihr. Sie blickte ihn einfach nur an.
    „Wie auch immer, sie werden zwar nicht offiziell bestraft werden, aber inoffiziell und das von mir. Ich lasse dies nicht durchgehen. Leider kann ich sie nicht aus der Sternenflotte werfen, dies wäre zu auffällig und könnte irgendjemand auf den Plan rufen. Stattdessen kriegen sie einen Eintrag in die Akte.“
    „Nur?“ fragte Arena, so als bettele sie um härtere Bestrafung.
    „Dieser Eintrag vom Geheimdienst wird ihre Karriere erheblich beschränken. So wie ich das sehe werden sie ihr eigenes Kommando vergessen können. Wenn sie Glück haben werden sie noch den Rang eines Lieutenant-Commanders erreichen.“
    „Ich strebe eh kein eigenes Schiff an.“
    Irgendwie verzweifelte John. Wie sollte man jemanden bestrafen, wenn dieser es völlig gleichgültig aufnahm. Bevor er sich noch mehr ärgerte befahl er das Wegtreten.
    Doch bevor die junge Frau, die ihn so sehr überraschte, den Raum verließ, gab er ihr noch einen Datenkristall mit.
    „Ich denke, es ist für sie.“
    „Von wem kommt das?“
    „Sie werden sehen“, erklärte John Lewinski traurig und wollte im Anschluss alleingelassen werden.

    Während der letzten Mission war die Krankenstation auf die schlimmsten Notfälle vorbereitet gewesen. Gleich nachdem Dr. Frasier davon gehört hatte, dass man sich auf den Weg machte um die Auswirkung einer biologischen Massenvernichtungswaffe zu untersuchen hatte sie die Station dahingehend vorbereitet Patienten von Infektionen zu behandeln. Natürlich hatte sie nicht gewusst, was für eine Art von Opfern es geben würde, nichtsdestotrotz liebte es Elisabeth gut vorbereitet zu sein. Es war einfach ein Wesenszug ihres Charakters, der ihr in diesem Beruf entgegenkam. Nur eine schreckliche Nachricht hatte es zu verkraften gegolten, den Tod von Lieutenant Ir´lia, deren Leiche man nicht an Bord bringen konnte. So blieb den Eltern kein Körper, den man beerdigen konnte; ein schrecklicher Gedanke, wie die Doktor fand. Zu ihrer Überraschung betrat Chief Woil die Krankenstation und trat auf sie zu. Der Antosianer war auf dem gesamten Schiff als notorischer Hasser von Arztbesuchen bekannt und die vorgeschriebenen Routineuntersuchungen waren die einzigen Gelegenheiten, an dem er sich hier blicken ließ. Doch schon bei der letzten Untersuchung hatte er sich freiwillig als erstes gemeldet, was Frasier überrascht hatte.
    „Guten Tag, Doktor“, begrüßte Jozarnay sie freundlich, obgleich seine müden Augen seine Abgespanntheit andeuteten.
    „Den wünsche ich ihnen ebenfalls, Chief, “ entgegnete sie den Gruß und legte einige kleine Reagenzgläser zur Seite. „Was kann ich für sie tun?“
    Etwas schien sich der Antosianer zu zieren, dann jedoch rückte er mit der Sprache heraus. Bewusst hielt er seine Stimme gesenkt, so als fürchtete er, dass sie irgendein Dritter belauschen könnte:
    „Sie haben doch im letzten Jahr ihren Counselling-Lehrgang beendet und haben nun Erfahrung in psychologischen Angelegenheiten.“
    „Ja, dies habe ich“, bestätigte Elisabeth, als sie sich an die Gesangstherapie erinnerte, die sie Ende letzten Jahres abgehalten hatte.
    „Haben sie da auch zufällig etwas über Traumdeutung gelernt?“
    „Dies ist ein integraler Bestandteil des Kurses gewesen, Chief“, antwortete Dr. Frasier ehrlich, deren Interesse nun geweckt war. Ging es ihm also um Träume?
    „Ich schlafe in letzter Zeit äußerst schlecht“, erklärte Jozarnay und wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen gähnte er. „Dauernd habe ich diese Träume und sie erscheinen mir so erschreckend realistisch... sie machen mir Angst.“
    „Was träumen sie denn?“ fragte sie behutsam nach.
    „Es sind Alltagssituationen. Sie spielen sich hier an Bord ab, mit unseren Kameraden und Freunden. Plötzlich jedoch schlägt alles um und die Träume werden brutal.“
    „In wie fern brutal?“
    Jozarnay seufzte. Offenbar fiel es ihm schwer darüber zu sprechen, er schämte sich dafür.
    „Bleibt alles hier unter uns?“ fragte er nach.
    „Chief, sie wissen, ich stehe unter einer Schweigepflicht“, versicherte ihm Elisabeth Frasier und wartete geduldig darauf, dass er mit seinen Ausführungen fortfuhr.
    „Gestern war ein typisches Beispiel für diese Träume. Ich befinde mich im Maschinenraum und um mich herum sind meine Ingenieure, die mich anblicken. Wir befinden uns in einer prekären Situation, wir sind alle bewaffnet. Und Captain Lewinski kniet vor mir. Sein Gesicht ist geschwollen von Schlägen, die ich ihm verpasst habe und sein Blick ist hasserfüllt. Die ganze Szene wirkt so unwirklich für mich, es ist als beobachte ich mein eigenes Tun durch die Augen eines Dritten. Ich beginne meine Waffe auf den Captain zu richten und mache ihm klar, dass dies sein Ende ist. Doch Lewinski trickst mich aus und schafft es uns beide in den Tod zu reißen.“
    „Und dann?“
    „Ich bin tot und wache schweißgebadet auf“, beendete Chief Woil traurig seine Ausführung. „Wissen sie was dies bedeuten könnte?“
    „Chief, ich muss zugeben, dies ist ein äußerst interessanter Fall“, fand Frasier und nickte nachdenklich. „Auf Anhieb kann ich ihnen auf ein so komplexes Thema natürlich keine Antwort geben. Würden sie mir etwas Zeit geben, um der Sache auf den Grund zu gehen?“
    „Selbstverständlich“, murmelte Chief Woil und begab sich in Richtung Ausgang. Kurz bevor er jedoch die Station verließ blieb er im Türrahmen stehen und meinte abermals:
    „Es macht mir Angst.“
    „Wieso?“
    „Kennen sie Deja Vues? Dieses Gefühl etwas vorauszusehen oder etwas zu erleben, was man vorher geträumt hat?“
    „Ja, dies kenne ich. Wieso fragen sie, Chief?“
    „Weil ich, immer wenn ich den Captain töte, dieses Gefühl habe und es beunruhigt mich.“

    Einsatzlogbuch
    Lieutenant Ardev
    Verschlüsslung aktiv
    Laut den Direktiven für diese Art von Mission beginne ich nun mit dem Anlegen eines Einsatzlogbuches, um meine Fortschritte zu dokumentieren. Dies soll helfen, im Fall einer Verhaftung oder Tötung meinerseits meine bisherigen Ergebnisse zu verwerten. Ich kann nur hoffen, dass es nicht zu einem dieser beiden Fälle kommen wird...
    Meine Einsatzorder wurde mir heute von Captain Lewinski erteilt. Die Führungsoffiziere kamen heute um 1100 Uhr zusammen, um über die neue Mission informiert zu werden, die eigenhändig von dem Captain erdacht und von Admiral LaToya abgesegnet worden wurde. Wir befinden uns gegenwärtig auf Kurs Richtung Rarah. Dies ist ein Minen- und Erzplanet, der laut unseren Informationen völlig unter der Kontrolle des Orion-Syndikats steht. Die Kommunalregierung ist durch korrupte Beamte ersetzt worden und der größte Teil des erwirtschafteten Ertrages wandert direkt in die Kassen des Syndikats. Ich wurde für eine Undercover-Mission ausgewählt, in der ich das Syndikat infiltrieren und dem Verkauf der neuen Biowaffen an die Talarianer nachgehen soll. Ich nehme die Identität von Amos an, einem Andorianer, der gerade in die Organisation aufgenommen und nun auf Rarah seinen „Dienst“ tun soll. Den echten Amos haben wir vor kurzem festgenommen und sicher verwahrt.
    Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich Angst habe. Besorgt bin ich jedoch alle Mal. Spione sind generell nicht populär, doch das Syndikat hat ganz besonders einige Überraschungen für Enttarnte auf Lager. Ich kann nur hoffen, dass mich dieses Schicksal nicht ereilt.
    In wenigen Stunden erreichen wir Rarah. Zeit genug also, um noch etwas zu ruhen.

    Jede Bewegung, jeder Schritt wurde zu einer Qual. Egal was man tun wollte, es ging einfach nicht ohne die Schmerzen. Und das Schlimmste war: er hatte es so gewollt!
    Müde und erschöpft lag Luke Lewinski in seinem Bett und blickte mit halb geschlossenen Augen aus dem Fenster. Draußen zeichnete sich das wunderschöne Panorama der kanadischen Stadt Toronto ab, mit dem jahrhundertealten Restaurant, welches sich hoch auf einem Turm befand. Nach dem dritten Weltkrieg war es für damals viel Geld aufwendig restauriert worden. Früher hatten John und sein Vater dort oft gegessen und den Ausblick auf die Stadt genossen.
    Luke Lewinski fühlte sich, auch wenn er dies vor seinem Sohn nicht zugeben wollte, hundelend. Der antallianische Krebs fraß sich ungehindert durch seinen Körper und hatte Ausmaße erreicht, bei dem nicht einmal Schmerzmittel halfen. Es würde noch alles viel schlimmer kommen, denn bisher hatte der alte Mann nur brutalste Schmerzen, wenn er sich bewegte, wenn er versuchte Schritte in die Stadt zu machen. Bald jedoch, wenn seine Krankheit noch weiter voranschritt, würden die Schmerzen dauerhaft werden und diesen Tag fürchtete Luke. Vor einiger Zeit hatte er begonnen sich darüber Gedanken zu machen Selbstmord zu begehen, um diesem leidvollen Schicksal zu entgehen. Was er nun auch tat, das Ablehnen von medizinischer Versorgung, war ja in gewisser Hinsicht auch Selbstmord, hatte er sich gesagt und daher würde es keinen Unterschied machen.
    Doch am Ende hatte er sich gegen diesen Zug entschieden. So paradox dies auch klingen mochte, die Schmerzen waren ein sichtbares Anzeichen, dass er noch lebte. Sie waren ebenso Teil des Lebens wie Freude oder Trauer und sollten nicht einfach nur ignoriert werden. Bald würde er gar nichts mehr spüren. Bald, wenn er die Schwelle überqueren und er die Antwort auf die älteste Frage der Menschheit erhalten würde. Und in vielerlei Hinsicht freute sich Luke auf diesen Moment; dem Augenblick völliger Klarheit. Bis es jedoch dazu kam hieß es für ihn noch einige Zeit ausharren. Er beschloss sich die Zeit mit Gedanken an seinen Sohn zu vertrösten, der weit draußen im Weltall seinen Dienst versah. Erst letztens hatte John ihm angerufen und ihm völlig aufgelöst erzählt, dass er keinen Urlaub nehmen konnte. Würde er seinen Sohn überhaupt noch vor seinem Tode erblicken?

    Es war mal wieder soweit. In getarntem Zustand flog die Monitor in das angestrebte System ein und schwenkte in den Orbit von Rarah. Wie immer gab man sich größte Mühe dabei, um nicht von den Sensoren des Planeten entdeckt zu werden, doch da es sich um eine Föderationskolonie handelte gab es so gut wie gar keine Probleme die vertrauten Systeme auszutricksen.
    Aufbruchfertig wartete Lieutenant Ardev im Transporterraum darauf auf den Planeten gebeamt zu werden. Seine Uniform hatte er gegen elegante, jedoch nicht zu protzige Zivilkleidung ausgetauscht und in seinem Koffer befand sich Wäsche für mehrere Tage. Auf eine Bewaffnung hatte man ganz bewusst verzichtet, da im Falle einer Auffindung dessen Ardev in großen Schwierigkeiten stecken würde. Sein Ziel war die Innenstadt von Rarah City, wo er sich ein Hotelzimmer mieten und dort seine temporäre Basis aufstellen würde. Auf der Brücke wartete man auf den günstigsten Moment, dann nickte Chief Woil von seiner Station dem Captain zu und Lewinski gab den Befehl zum Transport. Im Anschluss stieß der Kommandant ein stummes Gebet für seinen Offizier aus. Der Andorianer war nun unwiederbringlich auf sich allein gestellt, komme was da wolle. Auch weiterhin würde die Monitor im Orbit bleiben und auf eventuelle Nachrichten warten, doch ein aktives Eingreifen schien unmöglich. Das Wohl dieser Mission hing nun von den Fähigkeiten des Lieutenants ab.
    Ardev materialisierte in einer dunklen Gasse der Stadt und nahm erfreut zur Kenntnis, dass niemand seine unorthodoxe Ankunft bemerkt hatte. Sogleich versuchte er in seine neue Rolle einzutauchen. Der junge Mann versuchte gänzlich Ardev abzulegen und stattdessen zu Amos zu werden, ein Vorhaben, welches er lange Zeit einstudiert hatte. Er legte einen hochnäsigen Gesichtsausdruck an den Tag und strich beiläufig über seine gepflegten Klamotten; ein junger Andorianer, der gerne Eindruck mit der Tatsache schindete, dass er im organisierten Verbrechen arbeitete. Mit gerümpfter Nase nahm er seinen Koffer auf und signalisierte so, dass es normalerweise unter seiner Würde war ein solch schweres Gerät selbst zu befördern. Ein Neureicher, dafür würden ihn die Passanten auf der Straße halten. Zielsicher, denn vor der Mission hatte er sich die Stadtpläne von Rarah City gut eingeprägt, bewegte sich Amos in Richtung Hotel. Während er an den Passanten vorbeiging dachte der Andorianer angestrengt über seine Situation nach. Anscheinend hielt ihn Captain Lewinski für einen Spezialisten für solche Missionen, denn er hielt den Rekord an Bord des Schiffes für jene Art von Einsätzen. Und dass, obwohl Ardev einmal quasi Verrat begangen und Waffen an Rebellen übergeben hatte, damit sie sich gegen die angreifenden Talarianer verteidigen konnten. Wie sich die Zeiten doch ändern konnten! Vor fünf Jahren waren die Talarianer noch der Feind gewesen, der ein System der Vereinigten Föderation der Planeten angegriffen hatte und nun fühlten sie alle sich diesem Volk verpflichtet. Politik war schon ein seltsames Geschäft.
    Am meisten verwundert war der junge Lieutenant jedoch darüber, dass er keine Angst vor den Konsequenzen solcher Missionen hatte, dabei waren sie gerade ihm doch schmerzlich bewusst. Immerhin war er bei seiner aller ersten Infiltrationsmission von den Bolivianern gefangen genommen und grausam verhört worden. Dass er es geschafft hatte dies Last von sich abzulegen grenzte immer noch an ein Wunder. Manchmal stimmte es doch, die Zeit heilte alle Wunden, wenn man nur geduldig war. Wie würde man in fünf Jahren wohl über den Konflikt denken, der gegenwärtig im Quadranten tobte? Wie in zehn, fünfzig oder hundert Jahren? War ein klarer Blick auf diese Ereignisse dann überhaupt noch möglich? Immerhin wurde bekanntermaßen die Geschichte von Siegern geschrieben und die nahmen es mit der Wahrheit nicht immer genau. Vielleicht war dies die einzige Art und Weise, wie sie alle in diese Angelegenheit eingreifen konnten. Leute wie Ardev, die Sternenflotte, die Föderation und alle anderen freien Völker waren verpflichtet die unverfälschte Wahrheit aufzuschreiben und sie zukünftigen Generationen zu überliefern. Ein ehrenhaftes Ziel, gewiss, doch war dies überhaupt möglich?
    Ardev erinnerte sich daran, vor einigen Monaten die Biografie von Elim Garak gelesen zu haben, einem versierten Agenten des Cardassianischen Obsidianischen Orden. Dieser hatte einmal ein Gespräch mit Dr. Julian Bashir geführt, dem Chefarzt der Raumstation Deep Space Nine. Ardev konnte sich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern, doch er hatte ungefähr so geklungen:

    „Von all den Geschichten, die sie mir erzählt haben, Garak: welche waren wahr?“
    „Oh mein Doktor, sie sind alle wahr.“
    „Auch die Lügen?“
    „Ganz besonders die Lügen...“

    Über diese Aussage hatte der Lieutenant sehr lange nachgedacht. Auf den ersten Blick wirkte sie absurd und wie ein weiteres Manöver, um den armen Arzt zu verwirren. Doch bei näherem Hinsehen hatte Garak damals nicht unrecht gehabt. Gab es denn überhaupt Die Wahrheit? Oder war das, was man als Wahrheit ansah, nicht immer subjektiver Natur und daher beliebig veränderbar? Der Einsatzoffizier der Monitor fragte sich, wieso dieses faszinierende Buch nicht schon durch die philosophischen Arbeitsgruppen der Föderation zirkulierte.
    Endlich kam er bei anvisierten Hotel an und er legte wieder seine Amos-Maske auf, mit der er einchecken wollte. Der Andorianer betrat den stilvollen Bau mit den integrierten Springbrunnen und den Marmorfußböden. Eine junge Frau an der Rezeption lächelte ihm zu und ganz seiner Figur entsprechend erwiderte Amos nicht diese freundliche Geste. Für ihn war diese Frau nur eine Dienstleistungsanbieterin, mehr nicht.
    „Guten Tag, ich habe eine Suite bei ihnen bestellt.“
    „Gerne, der Herr. Darf ich ihren Namen erfahren?“
    „Merken sie ihn sich gut“, meinte er beiläufig, so als sei dies für ihn eine geläufige Drohung, „mein Name ist Amos von Andor.“
    „Ah ja, wir haben ihren Namen im Computer, “ meinte die Angestellte nach einem Kurzen Blick auf den Bildschirm. „Sie haben die Suite 13.“
    „Ausgezeichnet. Hoffen wir mal, dass mit diese Zahl kein Unglück bringt. Bitte lassen sie mein Gepäck nach oben bringen und sagen sie bitte Mr. Ewing Bescheid.“
    Die Hotelangestellte reagierte angesichts dieses Namens verwirrt.
    „Es tut mir leid, Sir, aber ich kenne niemanden solchen Namens.“
    Gefährlich beugte sich Amos auf den Theke vor und seine Augen funkelten die junge Frau an.
    „Sie wissen genau, von wem ich rede“, entgegnete er und seine Stimme machte deutlich, dass er nicht mit sich spielen ließ. „Hätten sie also die Güte Mr. Ewing über meine Ankunft zu informieren?“
    „Natürlich, Mr. Amos“, gab sie kleinlaut bei und rief einen Pagen, der den Koffer nach oben bringen sollte. Gemeinsam mit dem jungen Mann begab sich der Undercover-Agent in die luxuriöse Suite, die aus vier Zimmern bestand: einem Schlafzimmer, Bad, Wohnzimmer und einer Küche. Der Page stellte seinen Koffer ab und wartete nicht auf ein eventuelles Trinkgeld, ein sicheres Zeichen dafür, dass man Amos´ Stellung wohl erkannt hatte. Flüchtig sah er sich in den Räumen um und öffnete dann seinen Koffer, holte aus ihnen einige kleine Geräte heraus. Mit ihnen tastete er die Räumlichkeiten ab und seufzte erleichtert. Es waren hier keine versteckten Abhörgeräte angebracht, was eine erhebliche Vereinfachung für ihn war. Hier dring konnte er also seine Tarnung ablegen und endlich wieder Ardev sein, um sich zu erholen. Der Lieutenant legte sein Jackett ab und warf es über einen Stuhl. Mithilfe eines kleinen Gerätes bereitete er sich darauf vor eine Nachricht an die Monitor zu senden. Der kleine Funkcomputer würde automatisch den richtigen Moment abpassen, bis zu dem ein gefahrloses Senden möglich wäre und dann die Nachricht selbstständig an das Schiff weiterleiten. Ardev rechnete ohnehin nicht damit, dass dieser eine kleine Satz ihm allzu viel Probleme bereiten würde. Er bestand nur aus drei Worten:
    „Ich bin drin!“

    Wenige Minuten später hatte man an Bord der Monitor die Nachricht erhalten und sämtliche Offiziere auf der Brücke atmeten erleichtert auf. Der erste Schritt in dieser Mission war also getan worden. Nun hieß es nur noch warten und die weiteren Entwicklungen auf dem Planeten zu beobachten. Lieutenant Tellom erhob sich von ihrer Konsole und begab sich in Richtung Holodeck. Derzeit konnte sie ohnehin nichts tun, um etwas zu der Situation beizutragen und anstatt sich zu langweilen wäre es besser etwas Sinnvolles zu tun. Ob darunter auch das Betrachten des Datenkristalls fiel, den Captain Lewinski ihr gab, sei dahingestellt, doch Arena war fest entschlossen sich die darauf gespeicherten Daten anzusehen. Sie wusste nicht von wem er kam und was auf ihm drauf war, daher brannte auch eine gewisse Neugier in ihr. Der Weg, bis die Terellianerin endlich auf dem kleinen Holodeck des Schiffes ankam, erschien ihr wie eine Meile und mehr. Dort angekommen öffnete sie eine Wandkonsole und schob den Kristall in die dafür vorgesehene Buchse. Mit einfachen Verbalkommandos befahl sie das Abspielen der darauf eingespeicherten Daten. Unmittelbar im Anschluss darauf erstarrte sie, als aus dem Nichts vor ihr Bolar erschien. Natürlich wusste sie, dass es sich bei ihm nur um eine holographische Projektion handelte, doch ihre inneren Ängste nahmen Überhand. Kreischend stürzte sie sich auf den Andorianer, ihre Hände schlugen auf sein Gesicht ein, doch nichts geschah. Keine Reaktion erfolgte, kein Blut floss, gar nichts. Keuchend stellte Arena ihr unsinniges Tun ein und verstand, dass es sich hierbei um eine Aufnahme handelte, die noch nicht abgespielt wurde. Wieso führte sie sich überhaupt wie eine Irre auf? Hatte sie in letzter Zeit ihren Verstand verloren und wo sollte dies alles noch hinfühlen?
    Immer noch keuchend von der Anstrengung musterte sie die vor ihr erschienen Figur. Sie sah in Bolars Gesichtszügen keinen Hass oder aufgestauten Ärger, viel eher blickte er sie neutral an und dies war zehnmal schlimmer als wenn er sie mit gefletschten Zähnen betrachtete. Es geschah in diesem Moment, als Arena zum ersten Mal seit langer Zeit wieder klar sah. Die letzten Tage waren durch ihren flammenden Hass und den Durst nach Rache wie durch einen Schleier verdeckt worden, nun begann jedoch wieder ihr vernünftiges Ich überhand zu nehmen. Vor ihr sah sie kein Monster mehr, sondern ein lebendes Wesen. Ein Straftäter, ein Mörder, ja, aber nichtsdestotrotz ein intelligenter Humanoid. Ein Wesen, welches sie getötet hatte. Wie war es nur dazu gekommen?
    Weil er deinen Bruder getötet hat, flüsterte ihr eine innere Stimme zu, die sie als die ihrige erkannte und doch seltsam fremd klang.
    „Computer“, befahl Arena, um ihre Gedanken zu ordnen, „spiele das Programm ab.“
    Die Projektion Bolars blinzelte und blickte sie dann an. Auch er musterte die junge Terellianerin und in seinen Augen blinzelte wieder dieselbe Geringschätzigkeit für ihre Spezies auf, die sie schon in seiner Zelle erlebt hatte. Doch diesmal wirkte es viel weicher und harmloser. Weil sie wusste, dass er tot war oder weil es sich um eine künstliche Aufzeichnung handelte?
    „Sie sind also die Person, die meinem Leben ein Ende gesetzt hat“, begrüßte Bolar sie völlig neutral. Zu Beginn antwortete Arena nicht, ihr war nicht klar, dass es sich bei diesem Programm um eine interaktive Aufzeichnung handelte.
    „Ja, das habe ich“, reagierte Lieutenant Tellom endlich und plötzlich schien sich ein seltsamer Kloß in ihrem Hals zu bilden.
    „Ich dachte mir schon, dass meinem Leben ein Ende durch einen Terellianer gesetzt werden würde“, entgegnete der Mörder und seine Stimme blieb dabei immer noch seltsam neutral.
    Für sie wirkte dies alles seltsam morbid. Immerhin sprach sie hier mit einem Toten. Kurzzeitig überlegte die Wissenschaftlerin, ob sie das Programm abbrechen sollte, entschied sich jedoch dann dagegen. Sie hatte diesen Weg schon vor langer Zeit eingeschlagen und wie Captain Lewinski schon sagte, sie musste mit den Konsequenzen leben.
    „Wann wurde diese Aufzeichnung hergestellt?“ fragte sie, als ob sie vom Computer eine Analyse verlangte.
    „Vor dem Aufbruch meiner Gruppe nach Terellia, wo ich meine letzte Mission durchführen sollte“, erklärte ihr Bolar ehrlich. Irgendwie schien er tot freundlicher zu sein als lebendig.
    „Und wie konnten sie dann dies an mich adressieren?“
    „Oh meine Liebe, ich habe dieses Programm nicht speziell an sie als Person geschrieben. Ich hatte es nur bei mir für den Fall, dass... sie wissen ja, was geschehen ist. Es sollte diejenige Person in die Hände bekommen, die meinem Leben ein Ende gesetzt hat und wie ich das so sehe waren sie das ja wohl. Sagen sie, wie haben sie es getan?“
    „Ich habe sie erschossen.“
    „Oh“, meinte Bolar überrascht und fuhr sich durchs Gesicht. Im Anschluss folgte gar ein Lächeln, welches bei diesem Thema völlig fehl am Platze wirkte. „Dies ist deutlich schmerzloser, als ich erwartet hatte. Ich dachte, bei dem was ich vorhatte würden die Terellianer mich lynchen und dann meinen toten Körper durch die Straßen ihrer Stadt schleifen. Nun ja, es soll mir recht sein. Oder anders gesagt: es ist mir egal. Wie komme ich zu der Ehre von einer solch jungen Frau wie ihnen getötet worden zu sein.“
    Arena biss ihre Zähne zusammen. Diese ganze Situation war so grotesk und doch konnte sie sich nicht davon lösen. Woran lag es? Schuld? Begann sie ihre Tat als Fehler anzusehen und wollte so nun büßen? Indem sie mit ihrem Opfer darüber sprach, indem sie mit ihm so darüber sprach, als sei er ein kleines Kind?
    „Sie haben bei dem Überfall auf das Museum meinen Bruder getötet. Daher forderte ich mein Recht auf Vendetta heraus.“
    „Verständlich, vor allem bei einer so emotionalen Spezies wie der ihrigen. Dies ist der Grund, wieso ich meine Kinder vor ihnen schützen wollte.“
    „Vor mir?“
    „Nicht vor ihnen als Person“, korrigierte Bolar sie, „sondern vor ihrer Spezies. Sehen sie, sie Terellianer geben sich nach außen hin als die nette Spezies von nebenan. Ein hedonistisches Volk mit dem Spaß an der Freude, welches niemanden ein Haar krümmen könnte und dass seit seinem Eintritt in die Föderation so tat, als wäre es friedliebend. Daher wissen wir beide, dass dies nicht immer so war.“
    „Natürlich weiß ich dies, “ entgegnete Arena wütend, „aber ich wüsste nicht, wieso ihnen dies den Grund gibt Dutzende unschuldiger Personen zu töten.“
    „Um die Leute wachzurütteln“, erklärte Bolar völlig neutral. Während ihres bisherigen Gesprächsverlaufes hatte er sich nicht von der Stelle bewegt und auch jetzt machte er keinen aggressiven Eindruck. Er wirkte eher wie ein Professor, der seine Ansichten erläutern wollte. Aus dem Nichts der Hologitter tauchten auf einmal zwei kleine andorianische Kinder auf, die auf dem Boden saßen und mit ihren Spielzeugen spielten. Arena lächelte kurz, so süß fand sie die Szene. Und auch in Bolars Gesicht zeigte sich plötzlich eine Liebe, die sie niemals erwartet hätte. Der Mann betrachtete die beiden kleinen Geschöpfe für eine Zeitlang völlig verliebt, bevor er erklärte:
    „Dies sind meine beiden Kinder. Wie sie sehen sind sie noch recht jung.“
    „Sie sind sehr niedlich“, fand Arena und fügte dann hinzu: „Wieso nur müssen sie nun ohne einen Vater aufwachsen?“
    „Ja, ich habe gewusst, dass dieser Fall eintreten könnte. Ganz ehrlich, ein Tag vor dem Angriff hätte ich die Sache fast abgeblasen. Es war ein wunderschöner Sommertag gewesen und ich hatte mit meiner Frau gemeinsam zugesehen, wie meine Kinder im Garten gespielt hatten. Ich hatte so dagesessen und gedacht: Was soll´s? Die Sache war zu gefährlich, um dafür sein Leben zu riskieren. Ich war wirklich kurz davor gewesen meiner Gruppe abzusagen. Dann jedoch habe ich mich während der folgenden Nacht eines besseren besonnen.“
    „Trotz der Zukunft ihrer Kinder?“
    „Meine Liebe, eben wegen der Zukunft meiner Kinder. Wie hätte ich als liebevoller und fürsorglicher Vater mit ansehen können, wie sie in einer Welt der Lüge aufwachsen? Einer Welt, in der die Geschichte sie selbst als grausame Eroberer darstellt und wo andere Völker, ganz besonders das Ihrige gut wegkommt.“
    „Sie steigern sich in etwas herein.“
    „Ach ja?“ fragte Bolar traurig und blickte ein letztes Mal auf die Projektion seiner beiden Kinder, bevor sie sich in Luft auflösten. „Ignorieren sie etwa, dass unsere beiden Völker sich in den vergangen dreihundert Jahren Dutzende Male auf dem Schlachtfeld gegenüber gestanden haben und dass die terellianische Kriegsmaschinerie Millionen von Toten verursacht hat. Eigentlich hätte ich aus heutiger Sicht kein Problem mehr damit. Ich wäre sogar bereit gewesen ihnen allen zu vergeben, wenn sie zu ihren Taten gestanden hätten.“
    „Haben wir das etwa nicht?“ fragte Arena und begann zu begreifen. Natürlich teilte sie keinesfalls die Ansichten dieses Mannes, doch sie verstand zumindest seine Motivationen. Und dabei unterhielt sie sich mit dem Mörder ihres Bruders! Wieso tat sie dies nur, wieso brach sie das Programm nicht ab? Ehrlich gesagt fand Lieutenant Tellom auf diese Frage keine Antwort.
    „Nein, ihr Volk stellt sich immer noch als Opfer dieser Konflikte dar, obwohl sie mehr als einmal höchst effektiv zurückgeschlagen haben. Sie werfen mir vor, ich hätte ihren Bruder getötet. Wie viele Brüder, Schwestern, Väter und Mütter mögen ihre Urgroßeltern getötet haben? Mir ging es doch niemals um Rache, mir ging es um die Wahrheit!“
    „Dafür haben sie jedoch den völlig falschen Weg gewählt.“
    Erst wollte die Projektion Bolars sarkastisch auflachen, die sah man deutlich an dem Gesichtsausdruck in seinen Augen, doch dann blickte er an seinem Körper herab und auf seine Hände.
    „Nun, in Anbetracht der Sache, dass ich tot bin und derzeit nur als Hologramm existiere, mögen sie wohl Recht haben.“
    „Wie bitte?“ fragte Lieutenant Tellom. Sie hatte sich anscheinend verhört.
    „Sie haben mich schon richtig verstanden, junge Frau. Vielleicht habe ich tatsächlich den falschen Weg gewählt. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass ihre Geschichtsbücher die Unwahrheit sagen, aber der Preis, den ich für die Korrekturen gezahlt habe, könnte zu hoch gewesen sein. Immerhin muss meine Frau nun meine Kinder ohne mich großziehen.“
    Die Wissenschaftlerin war so erstaunt angesichts dieser Formulierungen, sie konnte nichts mehr dazu sagen. Hier stand sie auf einem Holodeck, unterhielt sich mit dem Mörder ihres Bruders, den sie selbst getötet hatte und nun empfand dieser Mann Reue. Nein, korrigierte Arena sich selbst, nicht Bolar bereute, sondern seine Projektion. Doch wo war da der Unterschied? Das Hologramm wurde erzeugt basierend auf den Persönlichkeitsdaten dieses Mannes, also war er im Endeffekt so echt wie der reale Bolar. Noch vor wenigen Stunden hatte Arena Tellom die Abmahnung Lewinskis kalt entgegengenommen, doch nun fühlte sie sich völlig anders. Sie hatte sich im Recht gefühlt, da sie eine Gefahr für die terellianische Gesellschaft beseitigt hatte, einen gewissenlosen Terroristen, der ihr das Liebste auf der Welt genommen hatte. Doch in diesem Augenblick musste sie erkennen, dass selbst solche Monster bereuen konnten. War dem wirklich so? Es galt die entscheidende Frage zu stellen:
    „Sagen sie, Bolar: würden sie dies noch einmal so tun?“ wollte Tellom wissen.
    „Aus dem heutigen Blickwinkel wohl nicht, “ antwortete Bolar und eine tiefe Traurigkeit legte sich in seine Stimme. „Ich mag sie und ihre Spezies immer noch nicht, aber mein Wahn hat mich zu etwas verleitet, was ich wohl besser nicht getan hätte. Nicht um ihrer Willen oder wegen ihres Bruders... sondern wegen meiner eigenen Familie.“
    „Ich verstehe.“
    „Sagen sie, wieso haben sie mich getötet. Nur wegen ihres Bruders?“
    „Was heißt nur?“
    „Ich frage mich, “ versuchte Bolar zu erklären, „ob da noch etwas anderes dahinter steckte.“
    Arena stockte. Mit seiner Frage hatte die Projektion völlig ins Schwarze getroffen. Wie offen wollte sie einem Mörder wie ihm gegenüber sein? Jedoch, was sollte es schon: er war tot.
    „Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich von solchen Gefühlen leiten lassen könnte. Mein Mann selbst ist Andorianer und ich liebe ihn abgöttisch. Niemals zuvor habe ich über seine Herkunft gedacht, doch nach ihrem Anschlag... habe ich zum ersten Mal nicht meinen Mann vor mir gesehen, sondern einen Andorianer. Die Stimmung auf Terellia verschlechterte sich zusehends. Rechte Übergriffe auf Andorianer nahmen zu und ich schämte mich dafür. Und irgendwann... wurde ich von der Welle mitgerissen.“
    „Sie töteten mich also auch, weil ich Andorianer war.“
    „Dies war nicht der Hauptgrund, aber... ich fühlte diese Gedanken in mir aufkommen, die mir nicht gefielen. Wem sollte dies schon gefallen? Ich dachte mir, wenn ich sie töte, dann wäre es immer noch besser als einen x-beliebigen Andorianer zu erschlagen, den ich vielleicht auf der Straße begegne. Oder meinen Mann?“
    Bolar lächelte sie an. Nicht weil er sich über ihre Aussage freute, sondern weil er bemerkte, dass sie verstand.
    „Sehen sie, der Zorn auf Andersartige kann jeden treffen. Jeden Tag muss man sich gegen solche Emotionen wappnen. Wenn man ihnen einmal eine Tür öffnet wird man sie so schnell nicht wieder los. Wie denken sie nun darüber?“
    „Vielleicht liegt es am Abstand, doch ich erkenne nun die Dummheit meiner Intentionen und ich beobachte die weiteren Vorgänge mit Sorge. Es ist falsch jemanden aufgrund seiner Herkunft zu verachten.“
    „Dies denke ich auch.“
    „Sie?“
    „Ja, ich mag sie aus politischen Gründen nicht. Ob sie Mensch, Vulkanier, Klingone oder sonst was sind, dies ist mir doch völlig egal. Mir ging es nur um ihre Gesellschaft und politische Einstellung.“
    Hatte sie sich etwa in diesem Mörder getäuscht? Konnte es sein, dass sie, Arena Tellom, voreilig gehandelt hatte?
    „Werde ich nun endgültig zur Ruhe geleitet“, fragte Bolar nun tapfer.
    „Ja, ich denke schon“, entgegnete Arena und deaktivierte das Programm. Auch wenn sie nun vieles besser verstand, so war sie nicht bereit sich all zu freundlich von Bolar zu verabschieden. Immerhin war er der Mörder ihres Bruders. Mit einem simplen Befehl befahl sie das Programm zu deaktivieren. Langsam löste sich Bolars Hologramm auf und machte sich daran für immer von der Bühne des Universums zu verschwinden. Wenn Arena nicht darauf verzichtet hätte sein Programm vollständig zu löschen...

    Bisher lief alles wie erwartet. Wie geplant hatte sich Mr. Ewing, sein Kontakt beim Orion-Syndikat gemeldet und ihn zu einem Spaziergang eingeladen. Worauf dieser Spaziergang im Endeffekt hinauslaufen sollte, dies konnte sich Ardev ganz genau denken. Nach einer kurzen Pause, in der einen Mittagsschlaf gehalten und sich im Anschluss frisch gemacht hatte, schlüpfte der Lieutenant wieder zurück in die Rolle des Amos. Er kleidete sich wieder gepflegt und begab sich zum Treffpunkt in der Hotellobby. Anhand der Fotos, die man ihm vor der Mission gegeben hatte, erkannte er Mr. Ewing recht schnell. Der großgewachsene schwarze Mensch saß in einem der Hotelsessel und betrachtete die vor dem Hotel liegende Straße. Vor ihm stand eine dampfende Tasse heißen Kaffees.
    „Mr. Ewing?“ fragte der Undercover-Agent selbstsicher, auch wenn sich Ardev alles andere als so fühlte. Nun war der kritische Moment. Trat er überzeugend genug auf, um sich als Junior-Mitglied des Syndikats auszugeben?
    Der schwarze Mann, der gerade 40 Jahre alt geworden war, blickte zu ihm auf und lächelte. Sonderbarerweise war es ein kaltes Lächeln, ohne jede Freundlichkeit, die eigentlich mit einer solchen Geste einherging. Es war eine mechanische Reaktion, typisch für einen Geschäftsmann.
    „Amos von Andor, wie schön sie kennen zu lernen“, begrüßte Ewing ihn, erhob sich und reichte dem Andorianer die Hand. „Es freut mich, dass sie rechtzeitig eintreffen konnten.“
    „Ja, es war in der Tat eine stressige Anreise mit einigen Komplikationen, doch nun bin ich ja da.“
    „Darf ich sie zu einem Spaziergang einladen, der ihnen ihre neue Wirkungsstätte zeigen soll?“
    „Sehr gerne“, antwortete Amos und lächelte. Bisher lief alles fabelhaft.
    In der Literatur wurde das organisierte Verbrechen, häufig auch als Mafia bezeichnet, als eine brutale Mordbande bezeichnet, die nur eine Spur des Blutes hinterließ. Bis auf die Brutalität war dies jedoch nicht korrekt. Vielmehr war es so, dass es dem Orion-Syndikat und vergleichbaren Organisationen nur um eines ging: Geld und wie man davon noch mehr anhäufte. Es stimmte zwar, dass sich die Monster manchmal dem Mittel der Gewalt annahmen, doch dies war nur die Ausnahme und geschah nur wenn alle anderen mittel ausgeschöpft waren. Wenn man es so betrachtete war das Syndikat nichts anderes als ein Wirtschaftsunternehmen, welches im Verborgenen arbeitete. Mr. Ewing schon so etwas wie der Vorsteher der Filiale von Rarah zu sein. Er geleitete Amos zu einem prächtigen Bau, der so gar nicht zu dem mittelmäßigen Stil des Restes der Stadt passte. Jedem, der bis zehn zählen konnte, war klar, dass hier das Syndikat hauste.
    „Ich kann ihre Gedanken lesen“, meinte Ewing und lächelte.
    „Ach ja?“ fragte Amos und erwiderte das Grinsen, obwohl ihm dabei das Blut in den Adern gefror.
    „Ja, sie wundern sich, dass wir hier nicht allzu versteckt, sondern viel mehr offen auftreten. Doch sie müssen sich keine Sorgen machen. Wenn sie erst einmal länger hier arbeiten werden sie bemerken, dass wir die lokale Politik auf unserer Seite haben. Wir stellen ihnen einen fairen Anteil und so werden wir in Ruhe gelassen.“
    Amos nickte verstehend angesichts dieser Worte, so als ob er vorher nichts davon gewusst hätte. Natürlich war der Sternenflottengeheimdienst über diese Korruption informiert, doch man ließ die Oberen gewähren, um später einmal die großen Fische zu fangen. Der Andorianer wurde durch die verschiedenen Büroräume des Gebäudes geführt, in dem zahllose Männer und Frauen waren, die Transaktionen durchführten, telefonierten und Akten ausfüllten. Es ging hier zu wie in einem ganz normalen Amt.
    „Zu guter Letzt“, beendete Ewing seine Führung und führte ihn zu der letzten Bürotür, „möchte ich sie dem Mann vorstellen, der sie während ihres Aufenthaltes hier führen und sie in die Arbeitsweise des Syndikats einführen wird.“
    „Ich freue mich schon ihn kennen zu lernen“, entgegnete Amos ehrlich und meinte dies auch so. Diese Person würde ihm möglicherweise den Zugang zu den Informationen ermöglichen, die er brauchte, um das Geheimnis der Massenvernichtungswaffen aufzudecken.
    Die altmodische Tür zum Büro wurde geöffnet und ein Mann mit wenig Haaren auf dem Kopf ( besser gesagt gar keinen ), der am Fenster stand, drehte sich zu den Neuankömmlingen. Unmittelbar darauf erstarrte Amos, als er in das Gesicht des Mannes blickte. Nur dank seiner Geistesgegenwärtigkeit vermied der Lieutenant es seine Überraschung zu deutlich zu zeigen und so die ganze Mission zu gefährden.
    „Amos von Andor“, erklärte Ewing freundlich und deutete mit seiner rechten Hand auf den anderen Menschen, „ich darf ihnen Ben Travis vorstellen.“
    Ben Travis! raunte es durch Amos Kopf, der in diesem Moment der Schwäche wieder zu Ardev wurde. Nein, dies war doch nicht möglich, wie konnte dies sein? Mehr als vier Jahre lang hatte er diesen Mann nicht mehr gesehen und wieso musste er ihm ausgerechnet hier begegnen, hier beim Orion-Syndikat. Verdammt, er kannte seine wahre Identität! Würde er nun auffliegen und im nächsten Moment getötet werden? Ben Travis, das ehemalige Mitglied der Sternenflotte und Widerstandskämpfer von Beta-Candor öffnete den Mund und Ardev fürchtete die Worte des Verrats, die ihn nun verlassen würden, doch seltsamerweise geschah dies nicht. Stattdessen eine warmherzige Begrüßung.
    „Ich begrüße sie Amos von Andor. Freut mich sie kennen zu lernen.“
    Wie paralysiert starrte Ardev ihn an und erwiderte den Gruß.
    „Dann werde ich sie beide nun alleine lassen. Mr. Travis, ich kann mir doch sicher sein, dass sie Mr. Amos gut einweisen werden?“
    „Aber natürlich, Mr. Ewing, “ versicherte der Fünfzigjährige und im Anschluss verschwand Ewing aus dem Büro. Unmittelbar darauf fiel Ardev in den Stuhl vor den Schreibtisch.
    Wie sollte es nun weitergehen? Was machte Ben Travis nur hier? Erinnerungsfetzen huschten durch seinen Geist, als er sich an ihre erste Begegnung vor fünf Jahren erinnerte. Es waren schmerzliche Erinnerung. Der erste Verrat von ihm:

    Panik herrschte auf Beta Cantor. Travis hatte sich mit anderen in Verbindung gesetzt und die Angreifer identifiziert .Endlich hatte auch Ardev das Kommuniqué der Monitor erhalten. Metravira lag in Trümmern .Travis fasste Ardev an den Arm.
    "Wir müssen hier weg!" schrie er. Dabei fiel sein Blick auf Ardevs Bildschirm. Er entfernte sich langsam, blickte durch das zerstörte Fenster nach draußen.
    "Du bist gar kein Reisender“, stellte er nüchtern fest. Ardev wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte, es zu leugnen.
    "Ich bin Offizier der Sternenflotte."
    Der alte Mensch nickte langsam, traurig darüber, dass er so getäuscht werden konnte.
    Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch er unterbrach sich, als Ardev sich zu
    Seite fallen ließ und mit einem blitzschnell gezogenen Phaser einen talarianischen Soldaten
    betäubte. Den Zweiten verfehlte er jedoch, da er sich schnell genug zurückgezogen hatte.
    Auch Travis ließ sich fallen und lugte vom Bett hervor. Der Andorianer krabbelte zum
    kaputten Schrank, nahm das Gewehr heraus und warf es Travis zu.
    "Lass uns zusehen, dass wir hier herauskommen“, sagte Travis zu seinem Freund, der ihn
    bisher nur belogen hatte .Ardev nahm sich den klingonischen Disruptor und die nächste
    Minute lieferten sie sich ein wildes Feuergefecht .Endlich war der letzte Invasor außer
    Gefecht gesetzt.
    "Komm mit mir“, flehte Ardev, doch der ehemalige Lieutenant der Sternenflotte schüttelte
    den Kopf. Für einen Moment dachte Ardev daran, ihn zu betäuben, doch das wäre nicht
    gerecht gewesen.
    "Mein Volk braucht mich“, sagte Travis leise, "ich muss bleiben."
    Langsam trat Ardev von ihm weg und gab seine Koordinaten an den Transporterraum weiter. Das letzte was er hörte, war die Stimme seines neuen Freundes. "Ich vergebe dir."

    Ardev materialisierte auf der Plattform und trat sofort zum Gang hinaus. Schnell wies er den Transporterchef an, die Koordinaten erfasst zu halten und ging zur Waffenkammer .Dort ließ er sich von einem Crewman helfen, zwei Kisten mit Gewehren zum Transporterraum zu tragen.
    "Beamen sie diese Kisten an die Koordinaten!" befahl er. "Ich weiß nicht ob ich das darf..." meinte der Chief verlegen, doch Ardev unterbrach ihn barsch:
    "Dies ist ein Befehl, Chief! Beamen sie die Kisten runter!"
    "Aye, Sir!" antwortete der Transporterchef kleinlaut und beamte die Kisten auf den Planeten.
    Dann begab sich Ardev auf die Brücke.

    Mehrere Schiffe voll mit Flüchtlingen entfernten sich vom Planeten. Unglücklicherweise
    waren diese Transporter unbewaffnet und einem Angriff schutzlos ausgeliefert.
    Zwei Kriegsschiffe drehten bei und wollten auf Abfangkurs gehen, doch sie stoppten,
    als sich ein Schiff der Föderation enttarnte und Begleitposition einnahm. Ohne Zwischen-
    fälle wurden die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet gebracht. Dann verschwand das
    Schiff so schnell, wie es auch erschienen war.

    Die Atmosphäre im Bereitschaftsraum war, gelinde gesagt, gespannt. Beim Blick aus dem
    Fenster erkannte man eine weit entfernte Galaxie, die hell leuchtete und wunderschön war.
    Wie viele Leben würden dort existieren? Welche Abenteuer warteten dort auf sie?
    Der junge Lieutenant Ardev stand vor dem kleinen Schreibtisch des derzeitigen
    Kommandanten. Ardev stand gerade, seine Augen blickten starr vor sich hin. Ruhig lauschte
    dem Vortrag Commander Lands.
    "Sie haben ihre Machtposition als Offizier missbraucht, um ihre persönlichen Ziele zu
    verfolgen und Föderationseigentum an eine andere Gruppe VERSCHENKT! Wissen sie
    eigentlich, was das für Konsequenzen für ihre Karriere haben kann?"
    Die Antwort hörte sich sachlich, schon fast gleichgültig an.
    "Ja, Sir. Allerdings."
    Der Mensch, der sich selbst gerne als "Engländer" bezeichnete ( Ardev wusste nicht, was
    dies zu bedeuten hatte) seufzte, blickte ihn fragen an.
    "Ardev, ich habe mich immer für sie eingesetzt .Ich denke, dass wir Freunde sind...."
    "Ja, Sir. Danke, Sir."
    "...aber ich konnte auch nichts mehr machen. Sie haben einen Eintrag in ihre Akte
    bekommen. Dadurch werden sie vielleicht nie ein eigenes Kommando erhalten."
    Falls Land gehofft hatte, er würde durch diese Information irgendeine Reaktion bei dem
    Andorianer auslösen, so wurde er enttäuscht. Der OPS-Offizier blieb ruhig.
    "Darf ich nun gehen?" fragte er, die Augen immer noch starr gerade aus.
    Land dachte kurz nach, versuchte eine Emotion in Ardevs Gesicht zu finden. Er fand keine.
    Schließlich nickte er und Ardev verließ das Büro ohne Umschweife.

    Erschöpft von der Flut an Erinnerungen setzte sich Ardev auf den Stuhl und auch Ben Travis setzte sich an seinen bequemen Ledersessel. Das Universum schien verdammt klein zu sein, wenn sich zwei alte Bekannte an einem Ort wie diesem hier treffen konnten.
    „Wieso hast du mich nicht verraten?“ stellte der Lieutenant die alles entscheidende Frage. Felsenfest hatte er mit seiner Aufdeckung und Festnahme gerechnet, als er Ben erkannt hatte, doch nichts von alldem war eingetreten.
    „Ich war dir dies schuldig. Nach allem was du für mich getan hast konnte ich doch nicht einfach dem Tod ausliefern, “ erklärte Travis ehrlich und faltete die Hände. „Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen. Fünf Jahre?“
    „Drei“, korrigierte ihn Ardev und neue Erinnerungen kamen auf, „es war die Voyager-Sache gewesen, erinnerst du dich noch?“
    „Ja, die Außenmission auf Beta-Candor. Ohne euch hätten wir uns niemals von den Talarianern befreien können...“

    An den verabredeten Koordinaten auf einer Wiese materialisierte das fünfköpfige Außenteam. Sie wurden schon erwartet. Einige Angehörige verschiedener Föderationswaffen richteten ihre Waffen auf sie, wurden jedoch von Ben Travis zurückgepfiffen.
    „Ardev“, sagte er erfreut und ging auf den alten Bekannten zu. Dieser nahm ihn in den Arm und drückte ihn.
    „Bin ich froh, dass du wohlauf bist. Was macht die Familie?“
    „Es geht ihr gut“, antwortete Travis fröhlich, „sie ist in einem Camp des Widerstandes!“
    Lieutenant-Commander Tuvok trat vor, gefolgt von Danny Bird.
    „Mr. Travis, ich möchte die Wiedersehensfeier ja nur ungern unterbrechen, doch wir sollten uns schnellstmöglich von diesem offenen Terrain fortbewegen.“
    „Natürlich.“
    Sie sattelten ihr Gepäck und machten sich auf den Marsch, der ungefähr eine halbe Stunde dauerte. Lieutenant Bird hatte den Replikator richtig programmiert, denn das gesamte Außenteam trug dieselben dunkeln Westen und Hosen wie die Einheimischen von Beta-Candor. Vorbei an wunderschönen Landschaften führte Travis sie in eine kleine Höhle, wo sie rasteten. Unterwegs sahen sie Gebäuderuinen, Flüchtlingslager und talarianische Polizisten. Ein schrecklicher Anblick, was aus einer der schönsten Kolonien der Föderation geworden war. Sogar Tuvok schien ein ums andere mal besorgt über die momentane Situation zu sein. In der Höhle angekommen, sprachen sie ihren Plan durch und versorgten sich kurz mit Wasser. Tuvok teilte Munro und Murphy auf ihre Posten ein, während Ardev Travis etwas tiefer in die Höhle gingen und sich in dem matten Dämmerlicht der Lampen einen Kaffee genehmigen.
    „Ich habe mich nie bedankt“, begann Travis das Gespräch.
    „Wofür?“
    „Na für die Ausrüstung. Und dafür, dass du gesorgt hast, dass man uns hier nicht vergisst.“
    „Gern geschehen.“
    Ein kurzer Moment des Schweigens trat ein, während beide an ihrem Kaffee nippten. Er schmeckte karg, lasch, was wohl an der schlechten Lebensmittelversorgung des Planeten lag. Im Hintergrund vernahmen sie ihre Begleiter, den lebenswichtigen Angriff auf die Garnison planten, der ihnen endlich die Freiheit wiedergeben sollte.
    „Wer ist dein Begleiter?“ fragte Travis müde. Deutlich war ihm der Schlafentzug anzusehen. Sein Haar schien seit ihrer letzten Begegnung noch weniger geworden zu sein und er war dünner geworden. Wenig Essen...
    „Lieutenant Danny Bird. Ein Freund von meinem Schiff.“
    „Hm.“
    Wieder nippten beiden an dem Kaffee.
    „Verzeihst du mir?“ fragte Ardev dann doch plötzlich.“
    „Wofür?“
    „Dass ich dich getäuscht habe. Angelogen. Und missbraucht.“
    Ein kleiner Schatten huschte über das Gesicht Travis´. Ja, es hatte an seinem Selbstvertrauen genagt, dass man ihn hatte so leicht täuschen können. Er hatte sich Vorwürfe gemacht, er hatte an sich selbst gezweifelt. Und es schließlich abgetan.
    „Ja.“
    Mehr gab es nicht zusagen. Dieses simple eine Wort war der Grund gewesen, wieso Ardev hier sein wollte. Nun hatte er es und war umso mehr bestrebt, seinem Freund zu helfen.
    „Gehen wir?“ fragte er leise.
    „Ja“, erwiderte der Anführer der Rebellion von Beta-Candor fest und packte sein Gewehr. Es war exakt eines der Gewehre, die Ardev damals in einer illegalen Aktion von der Monitor auf den Planeten gebeamt hatte. Gemeinsam, in enger Formation und geschützt durch das hohe Gras schritt die Kolonne durch das hohe Gras, immer auf der Hut, nicht direkt in die Arme einer talarianischen Patrouille zu laufen.

    Abschiede waren immer schwer. So auch diesmal. Im Transporterraum der Voyager standen sich die beiden Freunde Travis und Ardev noch einmal gegenüber, nicht wissend, wann sie sich das nächste Mal sehen würden.
    „Der Doktor hier ist richtig gut. Ich glaube, wir könnten hier unten auch ein paar von diesen Hologrammen gebrauchen.
    Ardev lachte.
    „Ich werde sehen, was sich in dieser Hinsicht machen lässt. Ich kann nur hoffen, dass ihr Beta-Candor wieder aufbauen könnt.“
    „Das werden wir“, entgegnete Travis selbstsicher, „immerhin stehst du vor einem der Minister der provisorischen Regierung!“
    Ardev umarmte noch einmal seinen Freund, beglückwünschte ihn so noch einmal zu seinem neuen Posten. Der große Mensch stellte sich auf die Transporterplattform.
    „Grüß deine Frau“, sagte Ardev zum Abschied. Doch der Gesichtsausdruck von Travis veränderte sich, wurde schlagartig ernster. Langsam stieg er noch einmal von der Plattform herab und wandte sich an den Andorianer.
    „Ich, ich...,“ räusperte er sich lange, „ich habe dich auch belogen. Sarah und die Kinder, sie...sie sind gar nicht...“
    Der Lieutenant verstand und drückte abermals seinen Freund, teilte so dessen Schmerz. Er konnte es nicht mehr rückgängig machen. Es blieb nur zu hoffen, dass andere in Zukunft ihr Leben friedvoller verbringen konnten. Dafür wollte Ben Travis sorgen. Das schwor er.

    „Und was machst du nun hier beim Syndikat?“ fragte Ardev.
    „Beta-Candor war arm“, erklärte Ben traurig und blickte auf ein Bild an der Wand, welches seine verstorbene Frau zeigte. „Für den Wiederaufbau brauchten wir einfach mehr, als uns die Föderation zur Verfügung stellte. Mir als einer der Minister fiel nur eine einzige Möglichkeit ein, um an eine größere Menge Material zu kommen: ich schleuste mich in das Syndikat ein und seitdem zweige ich immer wieder etwas ab und schicke es an Beta-Candor. Dies ist weitaus lukrativer als ich erhofft hatte.“
    „Bist du wahnsinnig? Wenn die das herausfinden, dann wirst du erhängt!“
    „Bisher haben sie es aber nicht herausgefunden und glaube mir, ich agiere äußerst vorsichtig. Sonst hätte ich wohl kaum so lange überlegt.“
    „Wie lange?“
    „Zwei Jahre. So lange mache ich dies hier schon. Und bevor die was sagst: mich interessiert nicht, wieso du hier bist, Ardev.“
    „Nicht?“
    „Ja, behalt es lieber für dich. Dies ist sicherer... für uns beide. Komm, lass uns essen gehen. Vielleicht kriege ich ja etwas hin, was uns beiden schmeckt.“
    Angesichts dieser Worte lächelte Ardev. Inmitten einer solch feindlichen Umgebung war er froh einen Freund wieder gefunden zu haben.

    Der Zufall führte manchmal die seltsamsten Leute zusammen. Normalerweise hätte Arena Tellom niemals Interesse an einem Gespräch mit Chief Woil gehabt. Nicht, weil sie was gegen ihn hatte oder ihn unsympathisch fand, nein, außerhalb des Dienstes hatten sie einfach viel zu wenig miteinander zu tun. Doch in diesem Moment, als sie sich zu ihm an den Tisch im Casino setzte, war ihr dies herzlich egal. Sie hatte das Bedürfnis zu reden und da kam er gerade recht.
    „Hallo, Chief“, begrüßte sie ihn freundlich und brachte sogar ein Lächeln zustande ( welches sie selbst überraschte ).
    „Guten Tag, Lieutenant“, entgegnete der Antosianer gedankenverloren und stocherte in seinem Essen herum. Auch ihm schien etwas durch den Kopf zu gehen, nur war die Terellianerin zu aufgedreht, um dies zu bemerken.
    „Jozarnay, darf ich sie etwas fragen?“
    „Aber sicherlich.“
    Arena holte tief Luft und überlegte kurz, wie sie dies am besten sagen sollte. Schließlich entschied sie sich dafür die Worte frei von der Leber weg aufzusagen:
    „Gab es jemals eine Tat, die im Moment ihrer Ausführung ihnen völlig richtig vorkam, die sie aber im Nachhinein bereuen?“
    Für einen kurzen Moment erstarrte der Chefingenieur des Schiffes. Meinte sie etwa ihn mit ihren Worten? Hatte sie seine Drogensucht bemerkt? Schließlich fasste er sich wieder und entgegnete gar mit einem ironischen Lächeln:
    „Ich denke dies ist bei jedem so, Lieutenant. Warum fragen sie?“
    „Es hat etwas mit mir zu tun und den letzten Tagen...“
    Innerlich seufzte Woil auf und entspannte sich, als ihm klar wurde, dass er doch nicht der Gegenstand dieses Gespräches war. Nichtsdestotrotz beschloss er auf der Hut zu bleiben.
    Lieutenant Tellom fuhr mit ihren Ausführungen fort:
    „Ich habe etwas getan, was ich im Nachhinein sehr bereue. Es war eine schwerwiegende Tat, auf die ich derzeit nicht eingehen möchte, doch sie hätte fast schwerwiegende Konsequenzen gehabt.“
    „Und wieso haben sie es dann getan?“ fragte Woil interessiert.
    „Weil“, erklärte sie traurig, „es mir zu diesem Zeitpunkt als das einzig richtige vorkam. Damals habe ich gedacht, würde ich es nicht tun, so würde dies fatale Konsequenzen für mein Leben haben. Nun weiß ich, dass es genau andersherum ist.“
    In gewisser Hinsicht war Arena sogar stolz über dieses Thema reden zu können, ohne sich zu verraten.
    „Bereuen sie?“
    „Wie bitte?“
    „Halten sie also ihre damalige Tat für falsch?“ stellte der Chefingenieur die alles entscheidende Frage.
    „Ja, dies tue ich“, entgegnete Arena freimütig.
    „Schämen sie sich deswegen?“
    Dies war eine weitaus schwerere Frage. Ihre Tat war falsch gewesen, doch musste man sich ihrer trotzdem schämen?
    Ja, du hast unmoralisch gehandelt und eines der höchsten Verbrechen begangen.
    „Ja“, gab sie schließlich zu, „ich schäme mich dafür und ich wünschte Ardev würde davon nichts erfahren.“
    „Wird er es denn?“
    „Ich habe nicht vor meine Missetat vor ihm geheim zu halten. Er ist mein Mann und hat ein Recht auf die Wahrheit.“
    „Ihre Einstellung ehrt sie.“
    Mit einem liebevollen Blick bedankte sich Arena für diese Worte. Hatte also die Strafe doch gewirkt? Gab es nicht genau deswegen Strafen, damit man seine Fehler einsah und sich schwören konnte nie wieder solche Taten zu begehen?
    „Und wie geht es ihnen so, Chief?“
    Die Wissenschaftlerin hatte so lange über ihr eigenes Problem nachgedacht, dass sie die Gefühle ihres Gegenübers gar nicht beachtet hatte. Immerhin machte der Antosianer auf sie ebenfalls einen sehr traurigen Eindruck und dafür musste es einen Grund geben. Vielleicht hatte er ebenfalls Interesse daran sein Herz auszuschütten.
    „Es geht“, gab Jozarnay Woil freimütig zu. Eigentlich war dies gefährlich, doch auf einmal fühlte er sich in ihrer Gesellschaft so sicher. Natürlich würde er sich davor hüten etwas über das Ketracel-White zu sagen, aber über diese andere Sache durfte er sicher reden.
    „Ich träume in letzter Zeit schlecht“, erklärte er.
    „Tun wir das nicht alle einmal?“ stellte Tellom die Frage in den Raum hinein.
    „Nein, es ist etwas anderes als sie denken. Es sind nicht diese Art von Träume, wie wir sie normalerweise verstehen. Stattdessen wirken sie so realistisch, so plastisch. So wie...“
    „Vorahnungen“, beendete sie seinen Satz und der Chefingenieur war überrascht darüber, dass sie so schnell den Punkt seines Anliegens begriffen hatte.
    „Ja, genau. Vorahnungen. Dinge, die wir nach ihrem tatsächlichen Geschehen gerne als Deja Vue bezeichnen.“
    „Geben ihnen die Inhalte ihrer Träume Anlass zur Sorge?“
    Aus müden Augen blickte er traurig seine Vorgesetzte an. Seit den Träumen schlief er nur noch äußerst schlecht, was ihn dazu veranlasste noch mehr White zur Beruhigung zu nehmen. Jedoch trat nur der gegenteilige Effekt ein. Es war ein Teufelskreis, ohne jede Frage. Wie offen durfte er sein?
    „Ich träume vom Tod. Ihrem. Meinem. Den von allen an Bord.“
    Beunruhigt schluckte Arena. Mit diesen Worten hatte sie nicht gerechnet, als sie das Gespräch begonnen hatten.
    „Und wie sterben wir?“
    „Ich töte sie“, gab der Chief mit einer Offenheit zu, die ihn selbst überraschte. Vielleicht kapitulierte er damit schon vor seiner eigenen Zukunft.
    „Sie?“
    „Ja. Ich sehe es noch ganz deutlich vor mir, wie ich den Phaser auf den Captain richte. Ich höre mich sprechen und meinen Mund verlassen Worte des Hasses... ich habe Angst.“
    Arena verstand.
    „Angst, dass es tatsächlich Vorahnungen der Zukunft sind“, brachte sie das Dilemma auf den Punkt.
    „Aber wer nimmt schon solche Sorgen ernst? Es sind nur Träume, sagt man mir und ich versuche es mir selbst einzureden. Doch für mich fühlt es sich so echt an.“
    „Und wie wollen sie dieser Angst begegnen?“
    „Mir fällt nur eine Möglichkeit ein“, stellte der Chief niedergeschlagen fest.

    Es war herrlich gewesen mit einer Person zu sprechen, die man jahrelang nicht gesehen hat. Wenn man ehrlich zu sich selbst war, und ein solcher Mensch war Ardev, dann wurde man sich der seltsamen Natur dieser Beziehung bewusst: Ben Travis und er hatten sich nur zweimal in ihrem ganzen Leben gesehen und dennoch war eine tiefe Freundschaft zwischen ihnen entstanden, was wohl größtenteils daran lag, dass sie beide gemeinsam den Tod getrotzt hatten. Es war erstaunlich zu sehen, wie ein allein stehender Witwer wie Travis ein fabelhaftes Abendessen zubereitet hatte, welches wirklich keine Wünsche offen gelassen hatte. Wohlgemerkt, das Essen war nicht repliziert gewesen, sondern von Hand gemacht worden. Sie beide hatten über ihre vergangenen beiden Abenteuer gedacht und über die schier unendliche Anzahl an Wahrscheinlichkeiten, die zusammenkommen mussten, damit sie sich hier an diesem Ort, während dieser Mission, begegneten.
    Natürlich kam auch irgendwann Bens Frau zur Sprache. Sie war damals getötet worden, als die Talarianer Beta-Candor angegriffen und den Planeten besetzt hatten. Es war als eine Rache an dem Widerstandkämpfer Ben Travis gedacht gewesen, doch diese Tat hatte nur noch mehr seinen Hass angefacht. Zwischen Ben und Ardev herrschte eine seltene Vertrautheit und daher schämte sich der Andorianer um so mehr, als er in einem unbeobachtete Moment in den Unterlagen des älteren Mannes wühlte und dort Aufzeichnungen über verkaufte Massenvernichtungswaffen vermutete. Leider wurde er an diesem Ort nicht fündig und gerade noch rechtzeitig konnte er sich an den Tisch zurücksetzen, bevor Ben aus dem Bad wiederkam.
    Natürlich galt es den Schein eines Gangsterlehrlings zu wahren und so nahm Ben am nächsten Tag den Lieutenant mit auf eine Tour. Was genau dies bedeuten sollte konnte sich Ardev, der nun wieder vollständig zu Amos geworden war, denken, nichtsdestotrotz war er äußerst gespannt auf die folgenden Geschehnisse.
    Wie an jedem Tag trugen die beiden Syndikat-Mitglieder gepflegte Kleidung, die ihr hohes Vermögen wiederspiegelte. Mit zielstrebigen Schritten näherten sie sich einem kleinen, jedoch gemütlichen Restaurant.
    „So kommen wir an Geld“, erklärte Ben ihm und schon hatten sie das Gebäude betreten.
    In der normalen Literatur hätten sie beide schon längst ihre Waffen gezogen und den Restaurantbesitzer brüllend aufgefordert den Dons seinen Tribut zu entrichten. Nichts jedoch war weiter von der Wahrheit entfernt als eine solche Sichtweise. Tatsächlich trugen sie beide gar keine Waffen und ihr Auftreten glich eher denen von Geschäftsleuten denn von Gangstern.
    „Guten Morgen, Mr. Friedkin“, begrüßte Ben den Menschen, der an der Theke stand. Der Angesprochene begann bei ihrem Anblick nervös zu werden, doch Ben tat alles in seiner Macht stehende, um ihn wieder zu beruhigen.
    „Mr. Friedkin, darf ich ihnen meinen Begleiter vorstellen? Dies ist Amos von Andor; sie werden ihn in nächster Zeit häufiger zu sehen bekommen.“
    „Sehr erfreut“, begrüßte ihn Friedkin ungewohnt freundlich und Amos erwiderte diese Geste.
    „William“, schlug Travis nun einen vertraulicheren Ton an, „wir machen uns etwas Sorgen über ihre nächste Zahlung. Sie ist schon einige Tage überfällig.“
    „Es tut mir sehr leid, Mr. Travis, aber ich musste eine dringende Reparatur durchführen, die meine finanziellen Mittel für diesen Monat erschöpft hat.“
    „Was möchten sie mir damit sagen?“ fragte Ben geduldig nach.
    „Darf ich erst nächsten Monat zahlen?“
    In einem Film oder Buch hätte Travis wohl nun laut fluchen und den Kopf des Besitzers auf einem der Tische aufschlagen müssen, aber nichts dergleichen geschah. Solche Methoden brachten nichts, schon gar nichts bei Personen, die sonst zuverlässig zahlten. Friedkin hatte gar keinen Grund zu lügen, also stimmte Ben zu.
    „Sie zahlen nächsten Monat 105 Prozent.“
    „Ja, Mr. Travis. Sehr großzügig von ihnen.”
    Als sie beide wieder das Lokal verließen staunte Amos nur darüber, wie sein Freund diese Angelegenheit ohne Gewalteinsatz und ohne Gezeter geregelt hatte.
    „Wie machst du deinen Gewinn bei der Sache?“ fragte der Andorianer nach.
    „Was das Syndikat und William Friedkin nicht wissen, “ erklärte Ben Travis geduldig, „ist, dass ich einen leicht höheren Betrag von Friedkin kassiere als eigentlich angedacht. Diesen Überschuss schicke ich nach Beta-Candor.“
    „Klingt nach nicht gerade viel Geld.“
    „Es wird in der Masse viel Geld“, schloss Ben seine Erklärung.

    „Herein!“
    Captain Lewinski sah von seiner Akte auf, die er im Moment studierte und blickte zu seiner Bürotür. Seit Tagen kreisten sie getarnt im Orbit von Rurah und warteten auf einen Durchbruch von Ardev. Ab und an erreichten sie kurze Mitteilungen über seine Fortschritte, der ganz große Erfolg blieb jedoch noch aus. Dabei hatte der Kommandant keinen Zweifel daran, dass der Einsatzoffizier irgendwann das Geheimnis lüften würde.
    „Was kann ich für sie tun, Commander?“ fragte John und blickte neugierig zu seinem ersten Offizier, der sich ungefragt ( wie so oft ) auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch setzte.
    „Skipper“, begann der Halbbetazoid seine Frage mit der ungeliebten Formulierung, „ich würde sie gerne um einen unbefristeten Urlaub bitten.“
    „Und ab wann?“
    „Ab sofort, wenn es geht?“
    Im ersten Moment wusste der Kanadier nicht, ob er lachen sollte angesichts dieser Worte. Wie stellte sich Matthew Price dies überhaupt vor? Lewinski bekam schon keinen Urlaub, obwohl sein Vater im Sterben lag und nun dachte der Commander, dass er damit durchkommen würde?
    Der Captain konnte natürlich nichts davon wissen, dass diese Frage etwas mit der kommenden Geburt seines Kindes zu tun hatte. Selinam Kyle, Matts Imzadi und erster Offizier an Bor der USS Community war nun im achten Monat schwanger und würde bald gebären. Bei diesem Ereignis wollte er so gerne dabei sein, hatte er sich doch geschworen nicht so zu werden wie sein Vater, den er niemals kennen gelernt hatte.
    „Ich kann ihnen dies nicht erlauben“, meinte Lewinski schließlich.
    „Aber wieso?“ fragte Matt Price entsetzt.
    „Wieso?“ Wieder eine seltsame Frage, die der Kommandant nicht nachvollziehen konnte. „Dort draußen tobt ein Krieg, Commander, bei dem jederzeit die Gefahr bestehen könnte, dass wir in ihn hineingezogen werden. Da kann ich doch nicht auf einen meiner besten Leute verzichten.“
    „Aber... danke, Sir“, bedankte sich Price angesichts dieses unerwarteten Lobes. „Ich denke da kann man wohl nichts mehr machen.“
    Price hatte schneller aufgegeben, als er es selbst erwartet hatte. War dies ein Zeichen von Resignation? Und wie würde sich dies nur auf seine Vaterrolle auswirken?

    Einsatzlogbuch
    Lieutenant Ardev
    Verschlüsselung aktiv
    Endlich habe ich die Informationen, die ich brauchte. In einem weiteren unbeobachteten Moment während meiner „Arbeit“ habe ich einen Blick in wichtige Akten einsehen können. Kurz vor meiner Entdeckung habe ich endlich die Verzeichnisse finden können, die auf das Lager mit den Biowaffen hindeuten. Ich werde mich nun in dieses Lager begeben und der Sache auf den Grund gehen.

    Der Raum, in dem sich das Ziel seiner Mission befinden sollte, war deutlich kleiner als erwartet. Er wirkte eher wie eine Abstellkammer, als Ardev das Licht aktivierte und so einen vollständigen Blick auf das Innere werfen konnte. Und doch, er war am Ziel seiner Ermittlungen. Nachdem er noch einmal sich versichert hatte, dass niemand ihn bei seinem Treibe beobachtete betrat er den kleinen Raum und musterte die großen Container, die vor ihm standen und mit talarianischen Schriftzeichen beschrieben waren. Der Lieutenant zückte einen kleinen Scanner und ließ sich die Buchstaben übersetzen. Kein Zweifel, dies waren die Biowaffen! Endlich hatte er das gefunden, wonach er gesucht hatte. Nun galt es nur noch die mitgebrachten Kommunikatoren an die Behälter anzubringen und dann würde diese scheußliche Waffe an Bord der Monitor gebeamt werden, wo man diesen Stoff analysieren und im Anschluss vernichten würde.
    Unerwarterweise hörte er hinter sich das unverwechselbare Geräusch einer ladenden Waffe.
    „Dachte ich es mir doch, dass es dir von Anfang an darum ging.“
    Mit dieser Stimme, die hinter seinem Rücken erklang, hatte er beim besten Willen nicht gerechnet. In der Hoffnung sich verhört zu haben drehte sich Ardev mit dem Gesicht zu der Person zu der Person und musste zu seinem Bedauern feststellen, dass es sich tatsächlich um Ben Travis handelte. Mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck richtete dieser einen Phaser auf den Andorianer und ließ ihn nicht aus den Augen.
    „Denkst du etwa ich hätte nicht bemerkt, wie du die Unterlagen, vor allem meine, durchsucht hast“, erklärte Ben traurig.
    „Ich dachte, dich interessiert meine Mission nicht“, sagte Ardev bitter. „Ich dachte, du gehörst nicht zum Syndikat und verfolgst nur deine eigenen Ziele.“
    „Dies tue ich auch!“
    „Und wieso richtest du dann eine Waffe auf mich??“ schrie Ardev frustriert. Hatte er sich so sehr in seinem Freund getäuscht, war er tatsächlich übergelaufen.
    „Weil der Inhalt dieser Behälter das Überleben Beta-Candors sichert“, erklärte Travis traurig.
    „Wie bitte? Dies ist eine Massenvernichtungswaffe!“
    „... dessen Verkauf Millionen einbringt. Die Talarianer sind verzweifelt, sie werden diesen Krieg verlieren und daher sind sie bereit jeden Preis zu zahlen. JEDEN!“
    „Und aus dem Tod anderer schlägst du Kapital.“
    „Ardev, diese Personen sterben ohnehin. Es ist Krieg! Wie, wo und wann, dies ist doch im Endeffekt egal. Ist es da nicht besser, wenn man durch den Erlös wenigstens eine Welt aufbaut?“
    „Du biegst dir die Wahrheit zurecht“, spuckte Ardev angewidert aus.
    „So versteh doch, ich kann dies nicht zulassen. Es würde unseren Wideraufbau um Jahre verlängern.“
    „Du bezahlst ihn mit Blutgeld.“
    Statt einer Antwort blickte Ben nur ins Leere. Er war kein übler Mensch und im Grunde gab er Ardev sogar Recht. Er hatte doch nur das Wohl seiner Bevölkerung im Sinn, die schon so viel durchgemacht hatte. Und doch waren seine Ansichten falsch, ganz klar.
    „Ich bitte dich“, flehte Ardev, der sich nicht anders zu helfen wusste, „lass mich diese Waffen mitnehmen und zerstören.“
    „Und dann? Dies ist nur ein kleiner Teil von Waffen, die noch nicht an die Talarianer verkauft wurde. Sie haben noch einige Arsenale mehr.“
    „Wo befinden diese sich?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Lüge mich nicht an!“
    „ICH WEIß ES NICHT!“ schrie Ben frustriert und senkte schließlich seinen Phaser, eine Geste, die Ardev mehr als überraschte. „Nimm sie.“
    „Wie bitte?“ fragte der Lieutenant verdutzt nach.
    „Nimm die Container mit. Zerstör sie, benutze sie, mach damit was du willst. Aber damit schadest du Beta-Candor.“
    Ardev schüttelte den Kopf, als er die Kommunikatoren an die Behälter anbrachte.
    „Nein, “ meinte er abschließend, „du wirst sehen: dies bringt Beta-Candor weiter als du denkst. Euer Aufbau wird nicht mit dem Blut anderer bezahlt werden.“
    Ben sagte nichts, schwieg stattdessen nur. Er verabschiedete sich nicht einmal, als Ardev und die Container zurück an Bord der Monitor gebeamt wurden.

    War dies das Ende? Geschafft betrachtete Captain John Lewinski den Abschlußbericht, den ihm Lieutenant Ardev geschrieben hatte. Sämtliche Container, welche sich im Raum befinden hatten, waren auf die Monitor gebeamt worden und wurden nun streng untersucht. Der Kommandant hatte keinerlei Zweifel daran, dass man seiner Empfehlung die Waffen zu vernichten folgen würde. Zu schrecklich waren die Auswirkungen dieser verheerenden Waffe. Und den Talarianern blieb wohl nur noch eine Möglichkeit: verlieren. Zug um Zug rückten die Romulaner in ihren Raum vor, zerstörten eine Flotte nach der anderen, besetzten weitere Kolonien. Bald schon würden ihre getarnten Kriegsschiffe in den Orbit von Talar einschwenken. Und dann? Noch mehr Tod, noch mehr Zerstörung in einem Ausmaß, welches es seit dem Dominion-Krieg nicht mehr gegeben hat. John grauste vor dieser Zukunft. Und was mit Ben Travis geschehen war? Derzeit wusste man nicht, ob er tot, aufgeflogen oder immer noch beim Syndikat war. Nur die Zeit würde zeigen, ob er noch am Leben war.
    Der Türsummer wurde betätigt und ohne zu lange zu warten trat Chief Woil in das Büro hinein. Bei seinem Anblick lächelte John. Es tat gut den Antosianer um sich zu haben. Er wusste nicht wieso, aber irgendwie strahlte er etwas Beruhigendes aus. Zurzeit war ihm eh etwas Ablenkung recht.
    „Chief“, begrüßte er ihn freundlich, „was kann ich für sie tun?“
    „Captain, was ich ihnen nun sagen werde, wird weder mir noch ihnen leicht fallen, aber ich bitte sie dies ohne Umschweife zu akzeptieren.“
    „Okay“, nickte Lewinski und fühlte sich überrumpelt, immerhin wusste er nicht so ganz, worum es eigentlich ging.
    Chief Woil rückte sogleich mit der Sprache heraus:
    „Ich werde aus der Sternenflotte austreten.“
    „Wie bitte?“ blinzelte der Kanadier irritiert. Für einen Bruchteil meinte er sich verhört zu haben.
    „Keine Angst, Sir, ich werde erst Ende dieses Jahres ausscheiden, das heißt sie haben noch genügend Zeit sich auf die Zeit ohne mich einzustellen und einen adäquaten Ersatz zu suchen. Ich habe sogar schon eine Liste von Kandidaten erstellt, die ich für geeignet halte.“
    „Ja, aber... wieso?“ stellte der Captain die Frage, die ihm derzeit am Brennendsten interessierte.
    Der Chief wirkte auf einmal sehr traurig und gar nicht mehr so selbstsicher wie noch zu Beginn. Es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm diese Entscheidung alles andere als leicht gefallen war.
    „Sir, ich kann es ihnen nicht so ganz erklären... ich fürchte einfach um die Zukunft und um das, was sich dort ereignen könnte. Dinge, denen ich aus dem Weg gehen möchte.“
    „Chief, ich verstehe kein Wort. Aber sie sind ein freier und erwachsener Mann. Auch wenn ich sie bitte ihre Entscheidung zu überdenken, so akzeptiere ich ihre Entscheidung schweren Herzens.“
    „Danke, Sir. Ich werde mir auf alle Fälle noch mal Gedanken darum machen.“
    „Das wäre mir recht.“
    Woil nickte und verließ den Raum. Doch als er ein letztes Mal zu Captain Lewinski zurückblickte sah er sich im Traum, wie er den Kommandanten tötete. Falls es sich um eine Vorahnung handelte: hatte er sie gerade verhindert oder mit seiner Aktion gerade erst möglich gemacht?

    Im Büro von Edward Jellico auf der Erde herrschte eine entspannte Ruhe. Es gab ja auch keinen Grund zur Hektik, der alte Mann hatte alles im Griff. Er wartete in diesem Raum einfach. Auf einen Anruf, den er einfach antizipiert hatte. Und der auch kam.
    Der ehemalige Admiral der Sternenflotte nahm unverzüglich das Gespräch entgegen, nachdem das Terminal gepiept hatte. Es überraschte ihn keineswegs Captain Lewinski auf dem Bildschirm zu sehen.
    „Captain, wie schön sie zu sehen!“
    „Das beruht nicht auf Gegenseitigkeit“, entgegnete der Kanadier kühl.
    Jellico beschloss sich nichts anmerken zu lassen. Stattdessen fragte er:
    „Was ist der Grund für ihren Anruf, Captain? Haben sie sich mein Angebot mit ihrem Vater noch einmal durch den Kopf gehen lassen?“
    Angewidert schüttelte dieser den Kopf und schien schon zu bereuen diesen Anruf getätigt zu haben. Doch aus irgendeinem Grund legte er nicht auf.
    „Nein, mein Vater bleibt aus dem Spiel. Doch ich würde sie gerne um etwas... bitten, was in diesem Zusammenhang steht.“
    „Ja?“ fragte Jellico freundlich.
    „Bitte machen sie meinen Bruder ausfindig. Martin Lewinski.“
    Der alte Mann nickte, während Lewinski weitererklärte:
    „Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen, wir finden ihn einfach nicht mehr. Nun denke ich wäre es gut, dass er meinen Vater noch einmal sieht, bevor... sie wissen schon. Können sie das?“
    „Sicher geht das, sie müssen mir nur etwas Zeit geben.“
    „Und was wollen sie dafür haben?“
    „Gar nichts“, meinte Edward, „so kann ich ihnen beweisen, dass ich ihnen nicht mehr feindlich gesinnt bin.“
    Statt darauf einzugehen bat John nur:
    „Finden sie ihn!“
    und legte dann auf. Edward nickte. Dies war ausgezeichnet. Martin Lewinski zu finden würde für einen Mann mit seinen Ressourcen kein Problem sein. Dies war geradezu perfekt.
    Ein zweites Mal piepte das Terminal. Kurz dachte er daran, dass John noch einmal anrufen und seine Bitte streichen würde, doch stattdessen war einer von Edwards Mitarbeitern dran.
    „Mr. Jellico, tut mir leid, dass ich sie störe, aber es ist wichtig“, stammelte der Wächter.
    „Ja, was gibt es denn?“
    „Stella Tanner ist aus dem Gefängnis geflogen. Ich weiß nicht wie, aber heute Morgen war ihre Zelle leer...“
    Der Rest ging in einem monotonen Geräusch unter, welches sich in Jellicos Kopf breit machte. Diese Entwicklung hatte er nicht antizipiert.

    How did I ever let you slip away
    Never knowing I'd be singing this song someday
    And now I'm sinking, sinking to rise no more
    Ever since you closed the door

    (Chorus)

    If I could turn, turn back the hands of time
    Then my darlin' you'd still be mine
    If I could turn, turn back the hands of time
    Then my darlin' you'd still be mine
    Funny, funny how time goes by
    And blessings are missed in the wink of an eye
    Why oh why oh why should one have to go on suffering
    When every day I plead please come back to me

    (Chorus)

    (Bridge)

    And you had enough love for the both of us
    But I, I did you wrong I admit I did
    But now I'm facing the rest of my life alone

    (Chorus)

    I'd never hurt you (If I could turn back)
    Never do you wrong (If I could turn back)
    And never leave your side (If I could turn back)
    If I could turn back the hands
    There'll be nothing I wouldn't do for you (If I could turn back)
    Forever honest and true to you (If I could turn back)
    If you accept me back in your heart, I love you
    If I could turn back the hands
    (If I could turn back) That would be my will
    (If I could turn back) Darlin' I'm begging you to take me by the hands
    If I could turn back the hands
    I'm going down yes I am (If I could turn back)
    Down on my bended knee yeah (If I could turn back)
    And I'm gonna be right there until you return to me
    If I could turn back the hands
    (If I could turn back) If I could just turn back that little clock on
    the wall
    (If I could turn back) Then I'd come to realize how much I love you,
    love you, love you, love you, love you
    If I could turn back the hands


    ENDE



    ...und die Reise geht weiter - am Samstag, dem 22.05.2004
    Ältere Episoden findet ihr in unserem Episodearchiv...

    EINSCHLEUDUNG
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by NADIR ATTAR
    executive producer NADIR ATTAR
    producer SEBASTIAN OSTSIEKER lektor OLIVER DÖRING
    staff writers CHRISTIAN GAUS & THOMAS RAKEBRAND and OLIVER-DANIEL KRONBERGER
    written by NADIR ATTAR
    TM & Copyright © 2004 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!
    Episode #510

    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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