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...empfohlen von Dr. Prof. Prügelpeitsch

Makana Yamamoto – Hammajang Luck


einz1975

Empfohlene Beiträge

Wenn die Vergangenheit an die Tür klopft, ist es selten ein freundlicher Besuch. Edie, einst eine brillante Diebin, hat ihre acht Jahre im Gefängnis abgesessen. Jetzt steht sie wieder in der Welt draußen. Geläutert vielleicht, aber ohne Plan, ohne Perspektive. Ihre Rückkehr ist still: Nur ihre Schwester und deren Kinder erwarten sie, der Rest ihres alten Lebens ist verschwunden. Doch kaum beginnt sie, sich in der Freiheit zurechtzufinden, holt sie die Vergangenheit ein. Eine Nachricht von Angel, der Frau, die sie einst verraten hat, reißt alte Wunden auf und öffnet gleichzeitig eine neue Tür: einen Coup, größer als alles, was Edie je gewagt hat. 125 Milliarden Credits stehen auf dem Spiel. Eine Summe, die so verlockend ist, dass Edie ernsthaft erwägt, alles aufs Spiel zu setzen – ihre Freiheit, ihr neues Leben, vielleicht sogar sich selbst.

Schon nach wenigen Seiten wird deutlich, dass Makana Yamamoto zwar das Gewand eines Science-Fiction-Romans übergestreift hat, aber im Herzen eine klassische Heist-Story erzählen will. Die futuristische Kulisse – die Raumstation Kepler – dient mehr als dekorative Kulisse. Technologische Raffinessen, gesellschaftliche Visionen oder tiefere Einblicke in das Leben der Zukunft bekommt man nur sehr spärlich. Das Zukunftsszenario wirkt überraschend gegenwartsnah, fast beiläufig. Die Science-Fiction fungiert hier weniger als Genre, eher als Setting, das lediglich andeutet, aber kaum erklärt oder weiterdenkt. Die Ich-Erzählerin Edie wird als innerlich zerrissene Figur aufgebaut, deren Gedanken wir direkt miterleben. Doch statt innerer Tiefe oder komplexer Reflexion bleibt vieles oberflächlich und oft unlogisch. Ihre Entscheidung, ausgerechnet der Frau erneut zu vertrauen, die sie einst verraten hat, wirkt naiv und kaum nachvollziehbar, es sei denn, man vermutet tiefere emotionale Verstrickungen, die aber anfänglich viel zu wenig herausgearbeitet werden. Edie bleibt unentschlossen, diffus, ihre Entwicklung verläuft sprunghaft und wenig glaubwürdig. Sie wirkt weder besonders klug noch stark und leider auch nicht interessant genug, um als tragende Figur zu überzeugen.

Der Aufbau der Crew ist ein weiteres zentrales Element des Romans. Hacker, Betrüger, eine Tänzer, Schläger – die Truppe liest sich wie ein Best-of aus dem Genre-Katalog. Doch so stereotyp die Figuren sind, so schnell und unspektakulär werden sie auch rekrutiert. Fast zu einfach lassen sie sich auf den waghalsigen Plan ein, was ihrer vermeintlichen Professionalität widerspricht. Die Logik des Coups hält kritischem Blick nicht stand: Der Plan wirkt überhastet, unausgereift und voller Widersprüche. Wäre Danny Ocean im All – er hätte längst abgewunken. Trotz all dieser Schwächen hätte der Coup selbst das Potenzial gehabt, für Spannung und Überraschung zu sorgen. Doch auch hier wird der Ball schnell fallen gelassen. Die Durchführung des Plans erfolgt rasant und mit kleinen Kurven. Kaum ist Spannung aufgebaut, ist sie auch schon wieder verpufft. Das Finale, das eigentlich als Höhepunkt der Geschichte fungieren sollte, bleibt daher eher blass, weil es weniger um den Coup selbst geht, sondern um das, was dahintersteht.

Was Hammajang Luck wirklich interessiert, ist nicht das große Geld, sondern die komplizierte Beziehung zwischen Edie und Angel. Ihre gemeinsame Vergangenheit, das gegenseitige Misstrauen, die unausgesprochene Anziehung und all das hätte Stoff für ein tiefes psychologisches Porträt geboten. Doch Yamamoto kratzt meist nur an der Oberfläche. Zwar werden Edies Gedanken eingestreut, ihre inneren Konflikte angedeutet, doch echte emotionale Tiefe bleibt aus. Die Figuren handeln oft mehr wie Spielfiguren eines Plots als wie echte Menschen mit nachvollziehbaren Gefühlen und Beweggründen. Der Mann, um den sich alles dreht, Atlas, der reichste und einflussreichste Mann der Galaxie, bleibt weitgehend im Dunkeln. Ein solch zentraler Charakter hätte die Chance geboten, dem Geschehen eine zusätzliche Dimension zu verleihen. Doch er bleibt konturlos, wirkt eher irrelevant. Damit verliert der Coup nicht nur an Spannung, sondern auch an Gewicht.

Fazit:
Science-Fiction trifft Heist-Story – aber leider nur auf den ersten Blick! Hammajang Luck will vieles zugleich sein: Science-Fiction, Heist-Thriller, psychologisches Drama, aber scheitert letztlich daran, einen Fokus zu setzen. Die Science-Fiction dient nur als oberflächliche Kulisse, der Coup ist spannungsarm und voller Logiklücken, und die psychologische Tiefe der Figuren bleibt im Ansatz stecken. Edie ist keine starke Heldin, sondern eine unsichere, einfach gezeichnete Figur, deren Handlungen oft wenig nachvollziehbar erscheinen. Nur Angel bekommt etwas mehr Raum, bleibt aber ebenfalls klischeebehaftet. Was bleibt, ist eine Story mit interessanter Grundidee, aber schwacher Ausführung. Wer eine komplexe, fesselnde Heist-Geschichte in futuristischem Setting erwartet, wird wohl enttäuscht. Wer sich hingegen auf eine einfach gestrickte Geschichte mit einem Hauch Drama und einer Prise Weltraum einlassen kann, mag hier Unterhaltung finden.

Matthias Göbel

Autorin: Makana Yamamoto
Übersetzung: Stefanie Adam
Paperback: 448 Seiten
Veröffentlichung: 11.06.2025
Verlag: Heyne Verlag
ISBN: 9783453323292
 

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