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...die schrecklichste Potenz von Gut
  • Voyager9 - 9x07: Geplante Vernichtung II

    Borg auf dem Vormarsch
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    • TheOssi
    Chakotay, Annika, Harry, Tuvok und Barclay konnten mit dem Alpha-Flyer der geenterten Voyager entkommen und planen die Befreiung ihrer Kameraden. Hilfe bekommen sie von Spezies 8472 und Unimatrix Zero. Diese drei Parteien beginnen nun einen Angriff auf die Borg, um die Voyager zu retten und das Kollektiv zu schwächen...

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    09x07 Voyager9 - Geplante Vernichtung II
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    Für besseres Verständnis lesen Sie bitte auch diese Episoden:

    9x01 - "Showdown: Dunkle Alliierte"


    9x06 - "Geplante Vernichtung"



    Prolog


    „Startsequenz initiiert. Start in zehn Sekunden.“ Der Alpha-Flyer befand sich wie immer in der Shuttle-Rampe Vier und die großen Hangartore öffneten sich bereits.
    Hangar Vier war ein riesiger, fast ganz Deck 7 umfassender Bereich, der eines der Merkmale der neuen Voyager darstellte und in dem unzählige Shuttles parkten und gewartet wurden.
    Jetzt aber war lediglich der Alpha-Flyer das einzige besetzte Shuttle. Der Flyer erhob sich mit Manövrierdüsen und der Chefingenieur am Steuer versuchte ihn zu starten. Das tat er auch, allerdings mit extrem hoher Geschwindigkeit. Das große Shuttle schoss durch den Hangar und schrammte beim Herausfliegen noch einmal den Rahmen des Hangartores.
    Barclay war kein guter Pilot und Chakotay hätte zu gerne Tom Paris im Stuhl des Piloten gesehen, doch dieser hätte nach den Ereignissen vor einem Monat nie mehr den Boden der Voyager oder der Voyager-A betreten.
    „Wir starten, Sir. Oh mein Gott...“ Mehr fiel Lieutenant Commander Barclay nicht ein, und diese Gefühle teilte er mit dem Rest der Offiziere im Alpha-Flyer, als sie mit ansahen, wie einige Borgschiffe aus dem Transwarp-Kanal kamen und die Voyager beschossen. Doch schon nach kurzer Zeit brachen sie das Feuer ab, und begannen, das Schiff mit einem Traktorstrahl abzuschleppen.
    Dem ersten Offizier blieb nicht viel Zeit: „Reg, versuchen Sie uns vor den Sensoren der Borg abzuschirmen!“
    Aber es war bereits zu spät: Zwei Borg-Schiffe, ein Kubus und eine Sphäre, näherten sich dem kleinen Shuttle, das auch nach der Rückkehr der Voyager in den Alpha-Quadranten immer noch im Einsatz war. Der Flyer erbebte.
    „Tuvok! Deaktivieren Sie den Traktorstrahl der Borg!“, schrie Chakotay in der Hitze des Gefechts.
    Funken sprühten, Anzeigen flackerten bereits unter dem Beschuss der überlegenen Borgwaffen.
    Wie gerne hätte er jetzt einige Transphasentorpedos zur Verfügung gehabt, aber die Technologie war offiziell zerstört worden, inoffiziell befand sie sich in den Händen der Temporalen Ermittlung.
    „Verstanden, ich werde es versuchen...“ Tuvok tippte mit hoher Geschwindigkeit Befehle in die Konsole. Es war immer gut, einen Vulkanier dabei zu haben, dachte Chakotay.
    „Ich werde versuchen, mit mehreren Phaserschüssen mit modulierender Frequenz die Schilde der Borg zu durchdringen und den Traktorstrahlemitter außer Kraft zu setzten“, meldete der Vulkanier.
    „Schutzschilde auf zwölf Prozent“, meldete sich Harry, noch während Tuvok sprach, zu Wort.
    In dem Moment feuerte der eben genannte die Phaser ab und kurze Zeit später sah man, wie der Traktorstrahl durch eine Explosion im Traktorstrahlemitter des Kubus ausfiel. Das grüne Glühen verschwand sofort und der Alpha-Flyer war wieder frei.
    „Okay, Mr. Barclay. Bringen Sie uns hier weg!”
    Doch das war leichter gesagt als getan, da die beiden Schiffe dem Alpha-Flyer den Weg versperrten und ihn sofort unter Beschuss nahmen.
    „Schutzschilde ausgefallen, Sir...“
    Zwei Borg materialisierten im Kommandobereich.
    „Versuchen Sie sie wieder zu aktivieren, Harry“, sagte Chakotay während er sich ein neben ihm stehendes Phasergewehr nahm, um auf die beiden Borg zu zielen, die Harry gefährlich nahe kamen. Mit zwei gezielten Schüssen „deaktivierte“ er diese und wandte sich an Barclay: „Bringen sie uns hier weg, verdammt!“
    Der Alpha-Flyer führte ein haarsträubendes Manöver durch, indem er auf die Borg-Würfel zuflog, sie mit einer Salve Phaser beschoss und dann senkrecht an dem Kubus hochflog.
    „Halten sie sich dicht über der Oberfläche“, riet Tuvok, „dort können sie uns mit ihren Waffensystemen nicht erfassen.“
    Das stellte sich bei einer weiteren Erschütterung jedoch als Trugschluss heraus.
    Chakotay rannte zu einer Konsole und wäre fast gestolpert, als das kleine Schiff erneut wackelte. „Ich sehe, dass wir in der Ladeluke noch Antimateriekanister gelagert haben... Ich werde sie auswerfen.“
    „Sie wollen sie als Bombe verwenden“, stellte Tuvok offenbar verblüfft und beeindruckt von diesem Einfall fest.
    „Genau, Tuvok... Ich werde denen so viele Haare krümmen, wie ich kann. – Harry, räumen Sie bitte diese Borg ...“ Er wollte Harry bitten, die Borg in den Nebenraum zu verstauen, aber in dem Moment wurden diese bereits aufgelöst, wie es bei allen toten und im Kampf gefallenen Borg der Fall war. „Nun gut... Antimateriekanister ausgeworfen. Barclay, bringen Sie uns hier weg!“
    Dieser schüttelte den Kopf. „Äh... Commander. Es gibt nur eine Fluchtmöglichkeit: in den Transwarp-Korridor!“
    „Noch zwei Sekunden bis zum Aufschlag...“
    Chakotay musste schnell denken. „Besser als gar nichts... Tun Sie es, Mr. Barclay“, akzeptierte er schließlich den Vorschlag des Chefingenieurs.
    Zwei Sekunden später erbebte das Schiff, als im Hintergrund auf dem Borg-Kubus die Antimateriekanister detonierten.
    Die Druckwelle schüttelte das Schiff kräftig durch, den Borg-Kubus schienen die Kanister kaum „gekratzt“ zu haben.
    Verfolgt von dreizehn Borg-Schiffen und der geenterten Voyager flog der Alpha-Flyer letztlich schwer beschädigt in den Transwarp-Korridor.

    Die Borg-Flotte passierte die transdimensionale Spalte.
    „Unimatrix 245. Gitter 976. Aktivieren!“
    Ein Borg verließ seinen Alkoven und begab sich mit mechanischen Schritten auf eine Steuerkonsole zu. Er ging an mehreren anderen Alkoven vorbei, grünes Gas trat an manchen Stellen aus und erleuchtete die ebenfalls grün und bedrohlich wirkenden mechanischen Teile der Korridore.
    Die Drohne aktivierte einen kleinen Bildschirm und sah den Fluiden Raum. Wie gewohnt bestand er aus einer zähflüssigen, abwechselnd grünen und braunen Masse.
    Dann betätigte sie mehrere Tasten auf einem Kontrollpult und schien eine Art biologischer Waffe zu aktivieren, die den molekularen Aufbau der Flüssigkeit im Fluiden Raum stören und somit langsam vernichten sollte. - Die Waffe war ein modifizierter Torpedo, der scheinbar nicht das Ziel hatte, zu assimilieren, sondern zu zerstören. - Es ging den Borg in diesem Falle nicht um Assimilation, sondern um Zerstörung. Und aus Zerstörungswillen wurde schnell Zerstörungswut, und dann Rache...
    Der Lebensraum von Spezies 8472 würde vernichtet werden und sie müssten in den normalen Raum ausweichen, was auf Dauer ihren Tod bedeuten würde. Und wenn sie dann geschwächt im Sterben liegen würden, würde das Kollektiv sie endgültig vernichten und eine weitere Spezies auslöschen.
    Und dann die verbliebenen 8471 – falls diese nicht schon assimiliert worden waren -, die ganzen Galaxis wäre frei von Kohlenstoffwesen und anderen Widerstand leistenden Lebensformen. Das Ende würde bald kommen und dann das Zeitalter der Borg...

    ***


    Harry, Barclay, Chakotay, Tuvok, die bewusstlose Annika im Nebenraum und der Mobile Emitter des Doktors befanden sich im Alpha-Flyer, der gerade einen holprigen Flug durch den Transwarp-Korridor, verfolgt von den Borg, mitmachen musste.
    Durch eine Explosion an ihrer Konsole wurde Tuvok plötzlich zu Boden geworfen.
    Chakotay rannte sofort zu ihm, doch er schien sich nicht schwer verletzt zu haben und folglich übernahm er wieder die Steuerung seiner Konsole.
    „Waffen ausgefallen, Hüllenintegrität bei siebenundsechzig Prozent“, erstattete Lieutenant Kim Bericht.
    Funken stoben aus den Wänden, als ein weiterer Torpedo der Borg einschlug.
    Chakotay rief Barclay zu: „Reg, versuchen sie unseren Kurs zu halten und den Borg-Waffen auszuweichen! Harry, ist es möglich, dass wir lebendig sofort aus diesem Korridor herauskommen?“
    Dieser dachte kurz nach. „Nein, zu mindestens nicht, wenn wir den Alpha-Flyer noch in einem Stück haben wollen...“, antwortete er, als seine Konsole zu piepen begann. Es schien eine Nachricht einzutreffen und so drehte er sich zu ihr um, um das zu überprüfen. „Äh, Sir... Ich empfange einen Notruf. Er stammt von der... Voyager!“
    Chakotay spürte sofort dieses Bauchkribbeln, was er schon immer verspürte, wenn etwas Aufregendes geschah. „Auf den Schirm, Harry“, befahl er und sah auf einen kleinen Bildschirm, der neben seiner Konsole an der wand hing.
    „Er ist nur in Audio verfasst...“
    „Dann eben in Audio“, gab sich der Erste Offizier zufrieden.
    „Commander? Können sie mich hören?“
    Chakotay war verwirrt, als er diese Worte hörte und versuchte, die Stimme einer Person zuzuordnen. „Tema’na?“ fragte er vorsichtig.
    „Ja, verdammt noch mal! Die Borg entern die Voyager und ich glaube, ich bin das letzte ... Individuum an Bord. Der Rest der Crew wurde assimiliert“, flüsterte sie und als ob sie Chakotays finstere Mine sehen könnte, fuhr sie fort: „... glaube ich. Mich werden die Borg nicht entdecken, Sir. Ich verstecke mich hier in einem von Plasma-Strahlung verseuchten Bereich in einem Frachtraum.“
    Alle an Bord des Alpha-Flyers freuten sich, dass die Voyager doch noch nicht nur aus Borg bestand und vielleicht doch noch Hoffnung bestand.
    Chakotay freute sich zwar auch, war jedoch besorgt. „Aber das bringt sie doch um! Und was ist mit den Nanosonden in der Luft?“
    Tema’na seufzte: „Ich habe mir, als die Borg kamen, schnell Notrationen besorgt und das Replikationssystem zerstört ... äh... beschädigt. Und die Strahlung kann mir nichts anhaben, da meine starke romulanische Physiologie...“
    „Es tut mir leid, dass ich ihr Gespräch unterbrechen muss, aber wir haben hier einige Probleme und die Borg könnten die Transmission zurückverfolgen. Also, versuchen sie unentdeckt zu bleiben, ver...“ Ein Rauschen unterbrach Chakotay. „Was ist passiert, Harry?“
    Der Koreaner antwortete hastig: „Das Kommunikationssystem ist ausgefallen. Sir, es nähert sich ein weiteres Schiff von vorne.“
    Aus dem Fenster des Alpha-Flyers sah man, wie ein unbekanntes und sehr fremdartiges Schiff, das nur ein wenig größer als der Flyer selbst war, durch den Transwarp-Korridor Kurs auf die Borg-Schiffe nahm. Es hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem... Bioschiff.
    Die Borg brachen das Feuer auf den Alpha-Flyer ab und schossen auf das fremde Schiff, das den Borg sichtlich zu schaffen machte.
    „Harry, was ist das?“
    Dieser starrte ungläubig auf seine Anzeigen. „Ich fasse es nicht, Commander... Das ist ein Bioschiff von Spezies 8472, aber es ist irgendwie... krank. Es scheint schon lange gegen die Borg zu kämpfen...“
    Der Erste Offizier dachte an die letzte Begegnung zurück. Dann baute sich in ihm ein beunruhigendes Gefühl auf. „Dann wird es auch nichts von den jüngsten Ereignissen mitbekommen haben“, bemerkte er. „Dieses Schiff stellt also eine Gefahr für uns dar.“
    „Sir“, rief Barclay, „Auf dem Schiff findet plötzlich ein extremer Energieanstieg statt. Ähm... nein, kein Energieanstieg der Schiffssysteme... äh... der 8472er im Inneren scheint ihre Körperenergie auf drastische Weise zu erhöhen und die Energie auf die Schiffssysteme zu lenken, genauer gesagt in die Waffensysteme...“
    Chakotay runzelte die Stirn und erschrak, als er sah, wie aus der Bugkanone des „kranken“ Bioschiffes ein extrem starker Strahl schoss, der zwei Borg-Schiffe sofort zerstörte. Besser gesagt wurden die Schiffe nicht zerstört, sondern während ihrer Verfolgung durch den Transwarpkanal „zersägt“ durch die starken Energiestrahlen des Bioschiffes.
    Durch die starken Belastungen für Strukturen im Kanal selbst wurden diese Einzelteile dann vernichtet. Doch auch das Bioschiff hatte nun Probleme. - Wie man den Anzeigen entnehmen konnte, überlasteten sich seine Systeme – beziehungsweise seine Organe - und ein Ausfall vergleichbar mit einem Herzinfarkt stand bevor.
    „Das Bioschiff stirbt, Commander...“
    „Harry, versuchen sie, diese Lebensform raus zu beamen“, befahl Chakotay Lieutenant Kim. Er hatte instinktiv gehandelt, ohne zu wissen, was er an Bord beamte.
    „Aber, Sir... Wir haben nur noch minimale Energie und wissen nicht, ob der Insasse uns sehr freundlich gesinnt sein wird...“
    „Harry! Er unterstützte uns gerade gegen die Borg, und ich denke, er wird es wieder tun. Also, Energie!“ Chakotay wandte den Blick von Harry zu dem Transporter ab, der sich versteckt in dem hinteren Bereich des Kommandoraums befand. Wie erwartet materialisierte das Spezies 8472-Wesen. - Es schien verwundet zu sein, aber Chakotay konnte sich in diesem Punkt nicht sicher sein. Auf jeden Fall wies seine Haut eine schwächere rosa-lila Färbung auf und aus einigen... Wunden quoll eine sehr zähe und scheinbar energetische Masse. Es musste sich um Blut handeln. Und offenbar versuchte das Wesen gegen Nanosonden anzukämpfen.
    Die Borg schienen mit allen Mitteln versucht zu haben, dieses 8472-Wesen zu assimilieren. Urplötzlich gab das Tier – zu mindestens bezeichnete man es als Tier – einen ohrenbetäubenden Schrei ab...

    Tema’na schaute vorsichtig um eine Ecke und beobachtete zwei Borg, die soeben aus einem Turbolift gekommen waren und mit der Modifizierung einiger in die Wände integrierter Systeme begannen.
    Es bestand kein Zweifel: Die Borg veränderten das Schiff, verwandelten es Stück für Stück, Sektion für Sektion, Deck für Deck in ein voll funktionstüchtiges Borgschiff.
    Vorsichtig beobachtete sie die beiden und musste plötzlich einen Schrei unterdrücken, als sie sah, wer der eine Borg war... oder mal gewesen war. Es war Crewman Chell, dieser dicke und primitive Koch, den sie nicht ausstehen konnte... Sie musste ihre innersten Gefühle der Befriedigung unterdrücken, da sie endlich diesen lästigen Bolianer losgeworden war, doch es war falsch, so etwas zu denken - selbst für Romulaner. Selbst für ausgestoßene Romulanerinnen.
    Vorsichtig kroch sie durch ein Schott wieder in ihr Versteck zurück.
    Plötzlich musste sie ein starkes Husten unterdrücken. - Dieses Versteck war selbst für die starke Physiologie einer Romulanerin nicht das Richtige. Sie müsste bald ihr Versteck verlassen, aber wohin sollte sie dann gehen?
    Es schien unmöglich, vor den Borg unentdeckt zu bleiben, wenn sie sich nicht in dem schützenden Strahlungsbereich befand.
    ‚Welch Ironie’, dachte sie. Die Strahlung schützte sie vor den Sensoren der Borg, auf Dauer aber würde sie daran sterben oder schwer krank werden.

    So schnell er konnte hob er das Phasergewehr wieder vom Boden auf und versuchte, den oder die (über die Geschlechter, soweit sie welche hatten, herrschte Uneinigkeit bei den Wissenschaftlern der Föderation) 8472 zu betäuben... oder zu töten. Er wusste gar nicht, wie das Gewehr eingestellt war. Doch da schlug ihm und Barclay schon die Tatze ins Gesicht und Chakotay wurde es schwarz vor den Augen. Sein letzter Gedanke war, dass nun alles verloren war. Die Voyager und sie selbst... endgültig...

    Im Fluiden Raum näherten sich der riesigen Borg-Armada mehrere Bioschiffe. Sie feuerten ihre hohe entwickelten Waffen ab und zerstörten gleich mehrere Schiffe der kybernetischen Gegner.

    Im Unikomplex beobachtete die branodonische Lebensform, das Borg-Oberhaupt, das Geschehen. Mit den Worten „Initiieren“ setzte es bei den Borg-Schiffen eine Kettenreaktion in Gang: Sie alle feuerten ihre Waffen mit biologischen Sprengkörpern ab.
    Sie detonierten mitten im Fluiden Raum und erzeugten mehrere Druckwellen… und dann begann die Wirkung der Borg-Technologie einzusetzen.
    Die gesamten genetischen Inhalte der Zellen des Fluiden Raums wurden unbrauchbar gemacht. Nach und nach verwandelte sich die grün-leuchtende Masse in ein tristes Grau und die Bio-Schiffe, die soeben noch einen Angriff auf die Borg durchgeführt hatten und zweifelsohne als Sieger aus diesem Kampf hervorgegangen wären, begannen immer langsamer zu werden.
    Es wurde gespenstisch dunkel im Fluiden Raum... und es waren nur noch vage einige schwarze Würfel und Kugeln zu erkennen, die scheinbar durch den interdimensionalen Riss wieder in das All zurückflogen...

    ***


    Captain Janeway wurde von mehreren Borg festgehalten und durch eine Schiebetür, die mit einem komplizierten Code verschlossen war, in den Unikomplex geführt. - Sie dachte zu mindestens, dass es sich um den Unikomplex handelte. Und sie war sich plötzlich ganz sicher, dass es der Unikomplex war, der Ort, in dem sich die Borg-Königin oder was auch immer aufzuhalten pflegte.
    Als sie den Raum betrat, fiel ihr auf, dass er anders als der alte aussah. Er war größer, hatte mehr Bildschirme und Leinwände und es waren mehr Drohnen in ihm zu sehen. Doch was war dieses große Wesen im Zentrum des Raumes? Es hatte die Gestalt eines Löwen, der aber auch humanoide Züge aufwies.
    Janeway erschrak, als plötzlich eine sehr mechanisch und laute Stimme zu ihr sprach. Sie schien von der Lebensform auszugehen: „Captain Janeway. Sie sind eine primitive Lebensform. Fehlerhaft. Unvollkommen. Voller Emotionen. Sie werden dem Kollektiv beigefügt, ob Sie wollen oder nicht!“
    Janeway versuchte auf diese Beleidigung vom Oberhaupt der Borg eine provozierende Antwort zu geben, aber es gelang ihr nicht. „Wer sind ... Sie?“, stammelte sie.
    Der Löwe, beziehungsweise das Borgoberhaupt, drehte sich zu ihr um. „Ich bin das Borgoberhaupt. Ich bin weder ein König noch eine Königin, Captain. Ich besitze kein Geschlecht. Denn Geschlechter sind primitiv. In einer Welt der Kybernetik besteht kein Unterschied zwischen Mann und Frau. Geschlechter sind irrelevant.“
    Janeway wurde von den Drohnen auf die Erde geschleudert. „Das war nicht... meine Frage!“, stöhnte sie.
    Das Borgoberhaupt drehte sich um und schleuderte Janeway eine Art Projektil entgegen. Dieses verankerte sich in ihrer Haut und verursachte starke Schmerzen. Es entstand eine Art Schwulst, verseucht mit Nanosonden. „Seien Sie still!“, schrie er sie an und die Kommandantin hätte sich fast die Ohren zuhalten müssen, in solch einer Lautstärke schrie der Borg-König oder das Oberhaupt. „Ich verachte Sie Janeway. Aber ich muss Ihnen auch danken. Denn durch die Vernichtung großer Teile des Kollektives durch ihr Ich aus der Zukunft, haben Sie das Kollektiv gestärkt. Durch mein Volk hat es sich weiterentwickelt. Hat seine Schwäche und seinen drohenden Niedergang gegen alles Biologische überwunden!“
    „Ist Rache kein Gefühl?“, entgegnete Janeway ungeachtet seiner letzten Äußerungen und spielte auf den Satz ‚Ich verachte Sie’ an.
    Diese Frage hatte gewirkt. Das Wesen drehte sich ruckartig wieder um, nachdem es um Janeway mit seinen vier Beinen herumgelaufen war, und die mechanischen Komponenten seines Körpers begannen zu quietschen und Signale von sich zu geben.
    Und da sah der Captain in das abstoßende Gesicht dieses assimilierten Wesens, das aber wie einst die Borg-Königin einen separaten Verstand zu haben schien, frei agieren konnte. „Sie haben nicht das Recht, mich zu provozieren, Individuum!“, schnauzte der Borg-König/das Borgoberhaupt sie an.
    „Mich?“, erwiderte Janeway. „Sie scheinen sich sehr leicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie üben Rache an der Voyager und an der Föderation, weil wir Sie schon so oft überlistet haben. Was ist mit dem so perfekten Kollektiv geschehen? Wo ist ihr Satz ‚Widerstand ist zwecklos’ geblieben? Und warum haben sie mich hierher gebracht? Um mich verängstigt und eingeschüchtert zu sehen?“ Janeway wunderte sich wirklich über die Wandlung vom nach Perfektion strebenden Kollektiv zum erobernden Piratenstaat. Es fiel ihr nicht leicht, so starke und bedeutungsvolle, angreifende Worte zu sprechen, denn angesichts des bedrohlich wirkenden Borgoberhaupts, war sie sehr eingeschüchtert.
    Plötzlich fiel ihr Blick auf eine der vielen Projektionen im Unikomplex. Sie zeigte die Voyager, wie sie in einem Dock oder etwas Ähnlichem untersucht wurde.
    Da wechselte das Bild und Janeway zuckte unwillkürlich zusammen, als sie eine riesige Borg-Flotte im Fluiden Raum sah, die irgendwelche Waffen abfeuerte, die die grüne Bio-Masse erstarren zu lassen schienen.
    ‚Was ist das?’, dachte sie und war sich nicht sicher, ob sie den letzten Gedanken nur gedacht oder ausgesprochen hatte. Diese Szene erinnerte sie an das Problem vor wenigen Monaten, als Spezies 8472 sie angriff, da ihr Raum verseucht war. Und nun? Schon wieder?
    Das Borg-Oberhaupt zeigte ein weiteres Gefühl, das Janeway bereits bei seiner Vorgängerin bemerkt hatte: Befriedigung. Es begann wieder mit Janeway in jener blechernen Stimme zu sprechen: „Captain Janeway! Wie es mir scheint, haben sie das Kollektiv unterschätzt. Ja, vor einem Jahr, dreiundsiebzig Tagen, vier Stunden, fünfzehn Minuten und vierundzwanzig Sekunden haben Sie uns in der Tat schwer geschädigt und verletzt – nein, nicht verletzt, das ist zu biologisch -, als Sie durch ihre zukünftige Gestalt unsere empfindlichste Stelle angriffen. Aber glauben Sie nicht, dass Sie uns dadurch vernichtet haben. Wie sagt Ihre Spezies? ‚Ein Tropfen auf den heißen Stein’. Ja, das war es, Captain. Sie werden das Kollektiv niemals bezwingen! Ich kann Ihre Crew schon spüren...“
    Bei den letzten Worten zuckte Janeway erneut zusammen, in ihr baute sich eine unbeschreibbare Wut auf, doch sie musste sich beherrschen. Sie allein konnte nichts gegen das Kollektiv unternehmen. Es war hoffnungslos... Da fielen ihr fünf Wörter ein: ‚Spezies 8472 und Unimatrix Zero’ - Das schien ihre einzige Hoffnung zu sein. Doch wie konnte sie sie erreichen?

    „Unsere Angriffe zeigen immer weniger Wirkung! Die Borg haben sich gewandelt. Sie zeigen Gefühle! Rache, Lust am Töten, Befriedigung...“
    Die Borg-Sphäre 677092-3246-ALPHA-2 war ein Schiff, das der Widerstandsbewegung Unimatrix Zero angehörte. Vielmehr handelte es sich bei Unimatrix Zero nicht um eine Widerstandsbewegung. Ursprünglich wenigstens nicht. Aber im Laufe der Jahre hatte sich der einstige Treffpunkt für Drohnen, an dem man leben konnte, in eine terroristische Bewegung gegen die Borg gewandelt.
    Axum war ein enger Freund von Seven gewesen und sie hatten eine Affäre gehabt, damals, als Unimatrix Zero entstanden war. Und diese hatte geendet, als das Kollektiv sie zu vernichten drohte.
    Er und viele andere hatte das Glück erhalten, das Kollektiv zu verlassen.
    Axum war der Anführer von Unimatrix Zero geworden, oder sollte man besser sagen, der Kommandant? Kommandant klang militärisch und die Situation war in der Tat eine kriegerische und militärische: Die Borg wollten sich all ihrer alten Feinde entledigen, und dazu gehörte nun auch einmal Unimatrix Zero. Daher mussten die liberal gewordenen Borg nun immer mehr Angriffe abwehren und versuchten auch selber Terrain zu gewinnen. Doch leider erreichten sie zumeist das Gegenteil.
    Es näherte sich Dolba´geh´zek, ein Bikularusianer aus dem entferntesten Winkel des Alpha-Quadranten, der nur zum Teil assimiliert wurde, da er sofort von dem Virus erfasst wurde, dass Captain Janeway und ihr Team einst im Kollektiv verbreitet hatten.
    Durch Janeway wurde Unimatrix Zero gestärkt und bekam großen Zuwachs. Deshalb wurde der Sternenflotten-Captain von ihnen oft sogar fast als Gott oder als Vorbild verehrt – sie bedeutete ihnen so viel wie das Borgoberhaupt dem Kollektiv. Doch sie verehrten Janeway aus freiem Willen. Den Borg war diese Anhängerschaft einverleibt, sie wurden programmiert, demjenigen, der Ordnung ins Chaos bringt, willenlos zu dienen.
    „Wir haben gerade eine Nachricht von unserem Spion in Unimatrix Null Eins erhalten: Die Voyager wurde assimiliert...“, sagte Dolba´geh´zek.
    „Voyager...“, flüsterte Axum und dachte an Seven, an Captain Janeway und ihre einstige Begegnung im Unikomplex. Damals war er ein reiner Borg gewesen, der der Borg-Königin direkt unterstellt war. Doch nun würde er Janeway nicht bedrohen, sondern ihr und dem Schiff helfen. Er musste Seven of Nine beschützen. Warum nannte er sie Seven of Nine? In der Sphäre von Unimatrix Zero hatten sie vereinbart gehabt, sich mit Vornamen anzusprechen. Annika! So lautete ihr Name, genauso wie sein Name auch nicht Fünf von Achtunddreißig lautete.
    „Wir müssen ihnen helfen...“, sprach er mehr zu sich als zu seinen Kameraden. Er dachte an Seven. Das hatte er seit seiner kompletten Loslösung vom Kollektiv jeden Tag getan gehabt. Sie war seine erste und einzige Liebe, seit die Borg seinen Heimatplaneten assimiliert hatten und in eine Maschinenwelt verwandelt hatten. Er musste eine Träne unterdrücken. Als Borg waren solche Gefühle unmöglich gewesen. Einst existierten im Kollektiv keine Gefühle, nun jedoch Hass und Racheinstinkte. Eine unheimliche Wandlung...

    Chakotay wachte allmählich auf. Seine Augenlider schienen in ihrem Gewicht Hanteln zu ähneln, doch er schaffte es, sie offen zu halten und richtete sich vorsichtig auf. Auf seinem Gesicht fand er ein paar Kratzer, aus denen merkwürdige Adern herausrankten.
    Chakotay erschrak und musste einen Ekelschrei unterdrücken. Nun versuchte er sich zu orientieren. Er befand sich hinter dem Gitter des Labors im Alpha-Flyers. Zusammen mit Barclay und Harry, die nach kurzer Zeit ebenfalls wieder zu Bewusstsein kamen, überlegten sie, wie zum Teufel man hier herauskommen könnte.
    Da öffnete sich die Tür und Barclay wich erschrocken hinter Chakotay und Kim, als ein Mitglied von Spezies 8472 durch die Tür kam.
    „Ahhhhh!“ schrieen sowohl Reg als auch Harry und Chakotay, als das 8472-Wesen versuchte, mit ihnen telepathisch zu kommunizieren. Nachdem es scheinbar gemerkt hatte, dass es keinen Sinn hatte, telepathisch mit den drei Menschen zu kommunizieren, gab es plötzlich merkwürdige Töne von sich, piepsende und schallende Geräusche erfüllten den Raum.
    „Barclay“, flüsterte Chakotay, „suchen Sie in der Kiste dort den Universaltranslator. Der Chefingenieur drehte sich ruckartig um, öffnete einen kleinen Container, wühlte in ihm herum und holte ein kleines Gerät heraus. „Ich hab ihn!“
    „Geben sie her!“ Chakotay modifizierte den kleinen Handcomputer so, dass er versuchte die Laute, die Spezies 8472 von sich gab, zu analysieren und mit der Sprache anderer Völker zu vergleichen. Doch das war nicht so einfach und so musste der Universaltranslator Zugriff auf die Datenbank des Schiffes nehmen und anhand der dort bereits gespeicherten 8472-Tönen versuchen, zu übersetzen.
    Als er es nach langem Rechnen geschafft hatte, wurden auf dem Display Wörter angezeigt: „Gefahr – Vernichtung – Borg – Rache – Hilfe – Nährflüssigkeit – Infizierung – Aussterben – Gegenschlag – Suche – Verbündete.“
    Chakotay wurde nach einer kurzen Denkphase alles klar. Ganz im Gegensatz zu Harry und Barclay, die ihm beunruhigt und stirnrunzelnd über die Schulter sahen.
    „Natürlich...“, sprach Chakotay. „Die Borg üben Rache an Spezies 8472 aus und wollen sie irgendwie töten... indem sie diese Flüssigkeit im Fluiden Raum infizieren. Nun suchen die Überlebenden von Spezies 8472 nach Verbündeten, um zum Gegenschlag auszuholen...“
    Harry runzelte die Stirn und seine Falten waren so tief, dass sie dem Himalaja glichen – bloß auf einer Stirn. „Aber wenn sie doch fast ausgestorben sind, wie wollen sie die Borg dann vernichten?“
    Chakotay zuckte mit den Achseln und machte keinen sehr sicheren Eindruck. Seine ganze Interpretation der Worte beruhte auf Vermutungen. „Sie scheinen Verbündete zu suchen, da sie alleine nicht stark genug sind... Und ich denke, sie haben gerade ihren ersten gefunden…“
    Dem Koreaner schien das alles gar nicht zu gefallen. „Hervorragend!“, lautete sein Kommentar, den der Erste Offizier ignorierte.
    Dieser wandte sich von dem Spezies 8472-Mitglied ab und warf Barclay einen fragenden Blick zu: „Reg?”
    „Ich meine, wie wollen wir ihnen helfen? Wir, ähm... na ja - wir haben doch nur den Alpha-Flyer und wäre es nicht besser, die Voyager zu retten?“
    „Eins nach dem anderen: Erst mal fliegen wir wieder in den Föderationsraum und holen Verstärkung, und dann helfen wir Spezies 8472.“ Chakotays Plan war nicht sonderlich ausgereift.
    Plötzlich piepte der Universaltranslator, als der Raum von einem tierischen Geräusch widerhallte: „Nein – Zeitnot – Eilen – Verseuchung – Fortschreitung – Sammeln - Angreifen“, zeigte das handliche Gerät an.
    Chakotay überlegte und tippte etwas ein: „Ja – Beginn – Spalte – Fluider Raum – Öffnen – Verbünden“.

    „Axum!“, rief Dolba´geh´zek. „Durch das Abhören des Kollektives haben wir herausgefunden, dass die Borg offenbar die Kazon assimiliert haben.“
    Axum drehte sich von der primären Konsole des Borgschiffes weg und sah ihn an. „Die Kazon? Aber die Borg hatten sie doch immer als zu minderwertig angesehen...“
    Dolba´geh´zek nickte, obwohl er seinen Kopf nur schwer bewegen konnte. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Die ganzen Implantate und der Exopanzer waren extrem schwer. „Ja... Aber diese Wandlung... Sie scheinen alles zu assimilieren, was ihnen bei ihrem Rachefeldzug helfen kann. - Außerdem scheint es so, dass die Voyager zu achtundfünfzig Prozent assimiliert ist und Janeway vom Borg-Oberhaupt als eine Art... Unterhaltungsmedium missbraucht wird. Er scheint mit ihrer Assimilierung noch nicht beginnen zu wollen. Über Seven of Nine ist nichts bekannt... Ach... bevor ich es vergesse: Wir haben vierunddreißig Lichtjahre von unserer Position entfernt ein Schiff entdeckt... es ist der Alpha-Flyer, dieses Schiff von der Voyager. Sie versuchen offenbar, irgendeine Spalte zu öffnen. Möglicherweise einen Weg in den Fluiden Raum...“
    Dolba´geh´zek hatte seinen Schwall an Informationen endlich abgelassen und ließ seinem Anführer Axum Zeit zum Nachdenken. Bei den letzten Worten war dieser erstarrt, obwohl das aufgrund seiner kybernetischen Implantate nicht so einfach war, da er immer erstarrt wirkte. Die gesamte Mimik eines Humanoiden wurde durch Borgimplantate beschädigt oder unmöglich gemacht. Aber irgendwann würde er sich dieser Implantate entledigen.
    „Was? Aber was will der Alpha-Flyer dort? Die Borg haben ihn doch zerstört...“
    Dolba´geh´zek schüttelte mit dem Kopf. Quietschen und Summen wurde dabei hörbar, als sich das Gummi und die Plastik- und Metallhüllen biegen mussten. „Scheinbar nicht...“
    Axum nickte. „Gut, setze einen Kurs... Wir müssen so schnell wie möglich dort hin...“ Er hatte Hoffnung – das sprach er aber nicht aus -, dass Seven... Annika dort sein könnte. Und wenn sie dort war, würde er den Alpha-Flyer beschützen. Aber erst mussten sie den Zweck dieser Spalte herausfinden.

    „Verdammt, es klappt nicht! Der Deflektor ist zu stark beschädigt! Zum Teufel mit diesem verdammten Ding!?“, schrie Barclay durch das Kontrollzentrum des Alpha-Flyers.
    Das Spezies 8472-Wesen ruhte sich augenblicklich scheinbar im Labor aus, was Chakotay nicht gut heißen konnte, da auch seine Frau dort bewusstlos lag. Seine Wunde hatte in der Zwischenzeit aufgehört zu wuchern. Die Ranken hatten aufgehört, sich zu bilden und fielen nach und nach ab.
    „Beruhigen sie sich, Reg!“, schrie Chakotay in scheinbar der doppelten Lautstärke zurück. So hatte er den Unruhe verbreitenden Chefingenieur noch nie erlebt.
    Plötzlich war dieser wieder ganz der Alte: „Äh, ähm... ja, Sir... Entschuldigung...“
    „Ich weiß ja, dass es nicht leicht ist unter diesen Bedingungen. Aber indem Sie Ihre Wut am Flyer auslassen, kommt die Voyager auch nicht zurück!“
    In dem Moment kam Harry herein. „Unser ‚Freund’ schläft gerade. Annika geht es den Umständen entsprechend... würde ich sagen, aber sie ist immer noch bewusstlos. Aber das könnte auch mit den Nanosonden zu tun haben.“
    „Danke, Harry“, antwortete Chakotay mit einem besorgten Unterton in der Stimme. „Nun Reg? Wie laufen die Reparaturen?“
    „Äh... Gut, Commander. Wir haben die Schilde wieder und...“
    „Reg, was haben sie?“
    Der Chefingenieur machte auf ihn einen sehr traurigen und bedrückten Eindruck. Das konnte er angesichts der momentanen Situation verstehen, aber es fiel ihm bei Barclay besonders auf. „Es ist nur... Na ja...“
    „Reg?“, hakte Chakotay nach.
    „Na ja... Ich habe Lieutenant Vorik schutzlos zurückgelassen. Wir wollten kurz vor dem Angriff der Borg eine Leitung reparieren, aber ich habe ihn zurückgelassen, weil er es... so wollte. Ich habe noch die Explosion gehört, aber d-da mussten wir schon los. Bestimmt ist er schon assimiliert...“
    Der Erste Offizier klopfte ihm auf die Schulter. „Sie hätten für ihn nichts tun können. Er ist nur einer von vielen...“ Dann wandte er sich an Harry. „Harry, können sie jetzt feststellen, wo wir uns befinden?“
    Der Koreaner blickte ihn in einer recht hoffnungslosen Art an. „Ich konnte es nicht hundertprozentig herausfinden, aber wenn ich mich nicht täusche, sind wir nach Austritt aus dem Transwarpkanal irgendwo an der Schwelle zum Gamma-Quadranten herausgekommen...“
    „Und was ist daran so schlimm? Ich meine, dann sind wir ja noch im Alpha-Qua...“ Er sah Harry Blick. „Nicht?“
    Harry schüttelte den Kopf. „Wir befinden uns im Delta-Quadranten...“
    Dieser Quadrant schien sie alle zu verfolgen. Schon wider befanden sie sich im Delta-Quadranten und dazu wahrscheinlich auch noch einige hundert Lichtjahre von der Voyager entfernt, da sie den Kanal früher verlassen hatten. Es war einfach nicht zu fassen...
    In dem Augenblick begann eine Konsole hinter ihm zu piepsen. „Oh, nein... Es nähert sich eine Borg-Sphäre auf Abfangkurs! Richtung 223,45 zu 145,97... Es tritt jetzt aus dem Transwarp aus. - Harry! Kümmern Sie sich um die Verteidigung. Roter Alarm!“
    Aus dem vorderen, großen Sichtfenster des Alpha-Flyers war zu sehen, wie eine Borg-Sphäre in einem grünen und hell leuchtenden Strahl den Transwarp verließ, plötzlich nahe dem Alpha-Flyer auf Impulsgeschwindigkeit verlangsamte und schließlich über dem kleinen Schiff vollständig zum Stehen kam.
    „Okay, Harry! Halten Sie sich bereit, auf Warp zu gehen. Ich habe in 4 Lichtjahren Entfernung einen Nebel der Mutara-Klasse ausgemacht...“
    Harry unterbrach den Commander. „Sir! Wir werden vom Borg-Schiff gerufen!“
    Der Erste Offizier zögerte. Sie mussten nur wegen der Standard-Nachricht eines jeden Borgschiffes, dass Widerstand zwecklos sei und dass sie und ihre Technologie assimiliert werden würden, keine wertvolle Zeit verschwenden. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass es wichtig war, die Nachricht anzusehen. Vielleicht steckte dort mehr dahinter. „Bringen Sie es hier auf meinen Schirm, Harry!“
    Auf dem Display vor ihm erschienen mehrere Borg. Der im Vordergrund stehende ergriff das Wort. Der Borg sah – wie es bei allen Borg der Fall war – furchterregend aus, wirkte aber sehr... eigenständig, individuell. Andere Borg standen in einer relativ lässigen Haltung um ihn herum, ungeordnet, willkürlich. Was waren das für Borg?
    Der Borg sprach mit dem gewohnt grimmig blickenden Chakotay an: „Commander, sie können ihre Waffen deaktivieren. Wir sind nicht Borg... wir sind Unimatrix Zero...“

    Das branodonische Borg-Oberhaupt beobachtete Janeway, die zusammengesunken auf der Erde saß. „Schlaf!“, sagte es mit seiner blechernen Stimme und weckte sie.
    Erschrocken stand sie auf.
    „Eine primitive und uneffiziente Form der physischen und psychischen Regeneration. Seien sie froh, dass sie bald Borg sind, Captain Janeway... Das wird ihnen vieles erleichtern. Ihr Leben könnte viel besser werden. Sie werden zweifellos einen hohen Stellenwert im Kollektiv erreichen. Sie werden meine Assistentin und helfen mir bei der Assimilation hunderter von Welten, bei der Assimilation der gesamten Galaxis...“
    „Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber scheinbar können Borg größenwahnsinnig sein“, konterte Janeway sarkastisch.
    „Und auch sehr zornig, Mensch!“, fauchte das löwenartige Borgoberhaupt sie an. Auf seinen vier Beinen – zwei davon waren mechanisch und durch Implantate ersetzt worden – kam er ihr entgegen.
    Janeway hatte der Borgkönigin immer furchtlos und entschlossen entgegengestanden, doch bei diesem branodonischen Borgoberhaupt fiel es ihr schwer, ihre Selbstsicherheit zu wahren. Seine Vorstellungen klangen verrückt, aber wenn man berücksichtigte, welche Fortschritte die Borg seit der beinahen Vernichtung durch Admiral Janeway aus der Zukunft verzeichnen konnten, kam ihr das Vorhaben die gesamte Galaxie zu erobern, alles Leben auszulöschen und die totale Macht über die Milchstraßengalaxie zu erlangen, nicht mehr so abwegig vor. Ganz im Gegenteil: Die Borg waren nicht mehr so steif und programmiert. Natürlich wurden sie noch immer durch Computer und das Kollektiv gesteuert, allerdings war ihre Programmierung weiterentwickelt worden. Sie wirkten beweglicher, mehr wie Androiden und nicht wie eine langsame, aber fatale und assimilierende Maschinen. Und sie waren imstande, Rache und Zorn zu empfinden. Zumindest die Rachegedanken, die das Borgoberhaupt und die nach Perfektion strebende Spezies der Branodoner in das Kollektiv eingebracht hatte. In ihrer Verzweifelung, in ihrem Streben nach mehr Stimmen, nach Ordnung im Chaos, nach einer konsonanten Stimme, hatten die Borg alle Spezies assimiliert, ohne zu wissen, dass sie durch die Branodoner stark verändert wurden.
    Die Branodoner schienen in dem Kollektiv die Möglichkeit zur Perfektion gesehen zu haben – und hatten dadurch die Borg übernommen. Ja, so musste es gewesen sein.

    Das Sensorenstörgerät klemmte an ihrer Hüfte und schmerzte bei dem Gang durch die engen Jefferiesröhren. Tema’na hatte etwas gefunden, eine Person, die sich irgendwo hier in den Jefferiesröhren aufhielt.
    Sie hatte die Atemmaske aufgesetzt, da dieser Bereich voller Nanosonden war. - Wer konnte von den Borg hier übersehen worden sein?
    Sie kletterte gerade eine Treppe hoch und befand sich nun vor einem Schott. Leise setzte sie einen magnetischen Öffner an. So leise wie möglich, weil sie drei Decks unter ihr Borg gehört hatte. Sie schob leise und ruhig das Schott beiseite und da sah sie eine Person in der Röhre liegen.
    Rauch trat aus, offenbar war dort irgendeine Leitung durchgebrannt.
    Sie kroch in die Jefferiesröhre und mit jedem Meter, den sie näher kam, konnte sie mehr Details von der Person erkennen. Sie hatte eine dunkle Hautfärbung, war recht groß gewachsen und hatte... spitze, längliche Ohren. Kein Zweifel: Es war Lieutenant Vorik. Er schien durch eine Explosion schwer verletzt worden zu sein.
    Auch wenn es ihrem tief verwurzelten Hass gegen Vulkanier widersprach, so war sie als Sternenflottenoffizier verpflichtet, ihm zu helfen. Schließlich erreichte sie ihn und sofort packte sie ihn an seinen Schultern und zog ihn langsam aus der Jefferiesröhre.
    Einmal stieß sie sich den Kopf, dann schmerzte ihr Knie aufgrund des harten Unterbodens, doch schließlich erreichte sie den Ausgang und nahm Vorik über ihre Schulter.
    Er schien noch zu leben, was sie aus dem Umstand schloss, dass sein sich im Bauch befindliches Herz auf ihren Schultern pochte. Vorik war extrem schwer, aber sie war nicht so schwach wie menschliche Frauen und daher hatte sie wenig Mühe, ihn zu transportieren und eine Leiter in die höheren Decks zu nehmen, wo sie ja hergekommen war.
    Die Romulanerin erreichte nach etwa einer Minute Klettern das Schott, öffnete es und ... sah drei Borg in die Augen beziehungsweise in ihre Implantate. Sie musste einen Schrei unterdrücken und ließ sich fallen. Der Fall auf das unter ihr liegende Schott schmerzte, Vorik fiel mit einem lauten Knall zu Boden.
    Sie musste ihn zurücklassen um nicht assimiliert zu werden. Doch da traf sie ein kleines Projektil, das ein Borg durch die Luke abgefeuert hatte und ihr Arm kribbelte und nahm eine leichengraue Färbung an. Dann wurde ihre Wade getroffen, dann ihr Rücken, an der Stelle, an der das Herz einer Romulanerin saß.
    Sie wurde ohnmächtig, während die Borg herunterkletterten und sie gefangen nahmen.

    ***


    Die schweren Türen des Unikomplexes öffneten sich und Janeway drehte sich im Gegensatz zum Borgoberhaupt überrascht um. Eigentlich konnte man diese Bewegung nicht richtig mit „umdrehen“ beschreiben, denn sie befand sich in einem Dämpfungsfeld, das Bewegungen sehr schwer machte.
    Sie lag vor dem Borgoberhaupt, welches seit Stunden versuchte, ihr Informationen zu entlocken. Das tat er, indem er immer mehr Hirnpartien für das Hive-Bewusstsein empfänglich machte.
    Dieser Vorgang war für Janeway sehr verwirrend. Noch verwirrender war aber die Frage, warum die Borg sie nicht einfach assimilierten. Wollte das Borgoberhaupt Spaß mit ihr haben, sich an der Quälerei vergnügen, seine Rache ausleben?
    Es war schwer zu erkennen, wer durch die im Dunkeln liegende Tür von den Borg hereingebracht wurde. Aber durch die merkwürdigen, immer wieder für Sekundenbruchteile aufleuchtenden Lichter, meinte sie erkennen zu können, dass es sich um ein Mitglied ihrer Crew handelte. Sie hatte eine Sternenflottenuniform erkannt, war sich aber erst sicher, als sie die Person direkt vor sich sah.
    Sie hätte es nie geglaubt, derartig froh zu sein, diese Person einmal zu sehen. Im Moment war sie sehr froh, da es sich um Gesellschaft handelte, die nicht von den Gedanken des Kollektivs verseucht war und zu ihrer Crew gehörte.
    Tema’na stand vor ihr, von mehreren Borg umringt.
    „Ah, Captain Janeway... Sehen Sie doch einmal, Besuch!” Das Borgoberhaupt räkelte sich, richtete sich auf seine vier Beine auf und drehte sich ruckartig um.
    Janeway hätte schwören können, dass sie das erste Mal Ekel auf Tema’nas Gesicht gesehen hatte. Aber das war im Moment unwichtig und auch schwer festzustellen, da ihr romulanischer Steueroffizier ungewöhnlich schwach wirkte.
    Aufgerissene Teile ihres Hemdes zeigten deutlich eine graue Färbung der Haut. Es musste diese Projektile gewesen sein, mit denen man auch sie beschossen hatte.
    Plötzlich ließ das Dämpfungsfeld nach und die Kommandantin konnte sich aufrichten. „Crewman!“
    „Captain...“
    „Was machen Sie hier?“, erwiderte Janeway sofort.
    „Ich dachte eigentlich, Sie würden sich über meine Anwesenheit freuen!“
    Ein grausames und ohrenbetäubendes Geräusch hallte durch den Saal. Das Geräusch war dem Captain bekannt und sie identifizierte es sogleich als Lacher dieses Monstrums, das sich als Borgoberhaupt ausgegeben hatte. „Ha... Menschliche Konversation. Interessiert es Sie gar nicht, Captain, warum ich Sie beide am Leben gelassen habe?“
    „Um uns zu quälen, wie ich bereits vermutet habe“, gab Janeway als Antwort und ließ einen Unterton von Sarkasmus und Abscheu mitschwingen. Aber es sollte keineswegs sarkastisch gemeint sein. Sie wusste, dass dieses Borgoberhaupt mitsamt seinem Volk das Kollektiv von einem effizienten und sich ausbreitenden Bienenvolk zu einer verabscheuungswürdigen Organisation von willenlosen Killern gemacht hatte.
    Aber es war durchaus noch eine gefährliche Organisation, die immer noch den Drang zur Assimilation und zur Perfektion besaß.
    „Nein...“, lehnte das Borgoberhaupt Janeways Antwort ab und zog sie mit einer seiner Krallen an sich. Ein fauler Geruch von heißen Maschinen und verwesten Zellen drang in Janeways Nase, als der Branodoner – oder das, was von ihm übrig war – folgende Worte ihr ins Gesicht hauchte: „Sie sind für ein viel höheres Ziel bestimmt... Ihr Wissen wird dazu genutzt werden, Ihre beiden Völker zu assimilieren und zu vernichten! Diese Galaxie wird bald frei sein von primitiven, rein biologischen Organismen. Die Borg sind die Zukunft! Ihre Zukunft, unser aller Zukunft!“
    ‚Zur Hölle mit Ihnen...’, lauteten Janeways Gedanken, bevor sie damit begann, einen Plan zur Vernichtung dieses über die Borg herrschenden Abschaums auszuhecken. Sie hoffte, dass Tema’na ebenso dachte.
    Sie mussten dieses Borgoberhaupt auslöschen, und mit ihm den Einfluss seines ganzen Volkes auf das Kollektiv. Denn seit der Assimilierung der Branodoner war das Kollektiv um ein Vielfaches bedrohlicher geworden. ‚Welch eine Ironie’, dachte Janeway. Sie rettete das Kollektiv vor dem Einfluss der Branodoner und wollte es wieder zu dem machen, was es einst gewesen war. Sie rettete das Kollektiv. - Zwar tat sie es, um das Leben in der Galaxie vor der bevorstehenden Invasion der Borg zu retten, aber letztendlich sorgte sie dafür, dass das emotionslose Kollektiv wieder die Chance bekam, zurückzukehren. Aber es schien die einzige Möglichkeit zu sein.

    „Unimatrix Zero?“ Chakotay hatte das Wort sicherlich schon fünfmal wiederholt, aber es änderte nichts an seiner Ungläubigkeit. „Aber... ich dachte, Unimatrix Zero sei zerstört worden...“
    „Nein“, erwiderte der Borg. „Unimatrix Zero lebt.. und ist stärker als je zuvor, Commander. Mein Name ist Axum... Erinnern Sie sich?“
    Dem Ersten Offizier ging ein Licht auf. „Ja... Sie hatten doch kurzzeitig mit Seven of Nine eine...“
    „... Beziehung?“, vollendete Axum den Satz. „Ja, das stimmt. Und ich dachte, wir hätten sie nie aufgegeben...“
    Chakotay fühlte Zorn, er war eifersüchtig. „Doch, Seven of Nine hat sie aufgegeben. Und sie heißt nun Annika Hansen!“
    „Ich verstehe... Nun, ich denke, es gibt Wichtigeres...“
    Obwohl Chakotay nicht viel oder eher gesagt gar keine Erfahrung mit dem Lesen von Borgmimen hatte, beschlich ihn das Gefühl, dass für Axum dieses Thema sehr wohl wichtig war. ‚Wäre er doch ein emotionsloser Borg’, dachte Chakotay gereizt, doch er verwarf diesen Gedanken sofort, da sie nun die Hilfe dieser Borg brauchten. Um die Voyager zu retten. „Sie wissen scheinbar von der Voyager?“
    „Wir wissen von dem, was mit ihr passiert ist...“ Die Genauigkeit der Borg schien Unimatrix Zero gewahrt zu haben. „Commander Chakotay, nicht wahr...?“
    Der Erste Offizier nickte.
    „Gut. Sie, oder besser gesagt Captain Janeway, haben uns damals geholfen. Und nun, denke ich, ist es Zeit, dass wir uns revanchieren. Ich würde gerne zwecks einer besseren und direkteren Kommunikation an Bord kommen.“
    „Ja, das würde ich auch vorziehen... Ich erwarte sie in zehn Minuten!“
    Das Bild wurde wieder dunkel und ein LCARS-Interface wurde wieder sichtbar.
    Chakotay wollte mit Harry reden, fand ihn aber nirgendwo. „Barclay, wo ist Harry?“
    Der Chefingenieur drehte sich um. Er hatte das Gespräch die ganze Zeit mitverfolgt. „Er ist nach hinten gegangen, glaube ich... Äh, Commander...“
    „Ja?“
    „Wir werden doch wohl nicht... na ja, gegen die Borg kämpfen, oder?“
    Chakotay sah ihn ausdruckslos an. „Reg, ich weiß, Sie haben noch nie gegen Borg gekämpft, aber wir haben im Delta-...“
    „Oh, doch“, entgegnete Barclay sofort. „Ich war einer der ersten, der den Borg begegnet ist! Die Enterprise...“
    „Ah, ja, ich weiß. Dann verstehe ich natürlich Ihre Bedenken, aber wir müssen die Voyager retten. Uns bleibt keine andere Wahl, denn sonst sind wir wieder im Delta-Quadranten gestrandet...“
    Barclay sah ihn unruhig an. „Und ich zum ersten Mal...“
    „Ja, aber diesmal werden wir wohl kaum zurückkehren können, denn der Alpha-Flyer hat wohl kaum genug Kraft, um uns jemals nach Hause bringen zu können.“
    Reg nickte noch einmal und drehte sich dann um.
    Chakotay verließ den Kontrollraum und ging durch die einzige Tür in den Hinterraum, wo er auf Harry und Annika traf. „Annika!?“, dachte er laut und sprang voller Freude die Treppe hinunter, die in die untere Ebene führte.
    Die beiden schlossen sich in die Arme.
    Annika jedoch war weniger wild vor Freude, sie saß auf dem Rand des Biobettes und wirkte noch recht schwach.
    Harry sah die beiden glücklichen Eheleute und grinste breit. „Ich... ich muss die Schilde reparieren...“ Schnell machte er sich auf den Weg zur Tür, doch Chakotay hielt ihn noch auf.
    „Harry, lassen Sie sich von Barclay berichten, was uns Unimatrix Zero angeboten hat!“
    „Ich ziehe die Aufzeichnungen des Logbuches Barclays Art und Weise zu berichten vor!“
    Die beiden schmunzelten und auch Annika rang sich ein kurzes Lächeln ab, schien dann aber erst zu begreifen, was Chakotay gesagt hatte. „Unimatrix Zero?!“
    Chakotay nickte. „Ich wusste, dass es für dich schwer werden würde. Ich habe mit... Axum gesprochen. Er beamt in fünfzehn Minuten an Bord...“
    „Er... lebt? Er ist hier?“
    „Ja, er will uns helfen, die Voyager zu retten.“
    „Ich muss ihn sprechen!“ Annika drückte Chakotay weg, aber dieser konnte sie festhalten und sanft wieder auf die Liege setzen.
    Eine ihrer goldblonden Haarsträhnen fiel ihr ins Gesicht, und einmal mehr entdeckte er die Schönheit seiner Frau. Er wollte sie nicht verlieren. Eifersucht, brennender Neid quoll in ihm auf. Er musste verhindern, dass sie sich zu nahe kamen. „Annika! Ich will das nicht!“ Er hatte völlig die Fassung verloren und machte sich sofort klar, dass Tuvok mit seinem vulkanischen Gehör sie ohne weiteres durch die Tür hindurch hören konnte. „Du empfindest immer noch etwas für ihn! Aber wir... wir sind verheiratet.“
    „Ich deute deinen Gefühlsausbruch als Zeichen unkontrollierter Eifersucht“, entgegnete sie kalt.
    „Ja, ich bin eifersüchtig!“
    „Axum und ich sind aber Freunde. Gute Freunde!“
    „Ja, aber das sieht er offenbar anders. Einer der ersten Sätze, die er ausgesprochen hatte, war, dass ihr eine Beziehung hattet, von der dieser Borg glaubt, dass sie noch immer besteht!“
    „Ich bin auch Borg!“
    Chakotay wurde klar, dass er das falsche Wort benutzt hatte. „Ja, aber du...“
    „Ich sehe vielleicht menschlich aus, Chakotay, aber ich bin nicht anders als die Mitglieder von Unimatrix Zero... Ich werde mit Axum sprechen!“ Annika legte sich wieder auf die Liege und mit einem verbitterten Gesicht verließ Chakotay seine Frau.
    Er hoffte, dass sie die Voyager schnell retten konnten, damit der Kontakt zu Axum so schnell wie möglich wieder verschwand – falls sie die Voyager überhaupt retten konnten. Doch dann drehte er sich noch einmal um. „Was ist mit Thomas?“, fragte er Annika hektisch. Plötzlich war ihm sein Sohn eingefallen. Was war mit ihm geschehen?
    Annika erhob sich wider und deutete auf den Emitter des Doktors, der auf einem Tisch zur Reparatur lag. „Der Doktor hat ihn wegen seinem noch nicht sehr widerstandsfähigen Organismus, vor Sensoren abgeschirmt, in eine der Leichenkammern gelegt.“
    Chakotay erschauderte. „Was hat er getan?“ Als Außenstehender hätte er vielleicht gelacht, aber es war sein Sohn.
    „Es war die einzige Möglichkeit, ihn zu schützen. Dort herrscht eine von Nanosonden freie Atmosphäre und falls er doch entdeckt werden würde: Der Doktor hat einen sextären Algorithmuscodierungsschlüssel verwendet. - Selbst die Borg würden für seine Entschlüsselung Jahrzehnte brauchen, falls es ihnen überhaupt gelingt...“
    „Und wenn der Mobile Emitter und das Wissen des Doktors verloren sind? Dann können wir Thomas nicht mehr retten aus seiner Stasis?“
    „Nun ja... Ich denke, dann müssen wir die Voyager auseinander bauen...“
    Chakotay hatte das Gefühl, dass Annika dies als Witz zur Aufheiterung gesagt hatte. Aber es heiterte ihn nicht auf. „In eine Leichenkammer! Ich fasse es nicht!“ Mit diesen Worten ging er und ließ eine zweifelnde Annika Hansen zurück.
    Sie hatte versucht, vorsorglich ihren Sohn zu schützen. Sicherlich war der Ort recht... makaber, aber es schien Annika und dem fast schon zum Zweitvater gewordenen Doktor als ideal.
    Sie hätte Chakotay in ihre Entscheidung einbezogen, allerdings wäre eine Diskussion zu langwierig gewesen. Mit dieser Auswertung ihrer vorübergehenden Ehekrise widmete sie sich wider anderen Gedanken…. Wie zum Beispiel Axum...

    Der Anblick, der sich im Hinterraum des Alpha-Flyers bot, war recht außergewöhnlich: Ein großes, dreibeiniges Wesen mit einer lederigen lila-farbenen Haut, das nur Laute von sich abgeben konnte, ein Borg, der eigentlich keiner war, und ein Mensch, mit seiner recht blassen und glatten Haut und ohne jegliche Auswüchse.
    Das 8472-Wesen stand im Raum, schwenkte seinen Kopf merkwürdig hin und her. Es war noch immer verwirrt und voller Zorn, schließlich hatte es Monate alleine, abgeschnitten von seinem Volk, gegen die Borg gekämpft. Und es hatte auch seine Zeit gedauert, dem Wesen klar zu machen, dass Axum, der Anführer von Unimatrix Zero, kein normaler Borg war.
    Annika hatte den Raum schwach verlassen, hatte Axum zuvor aber noch mitgeteilt, das sie mit ihm sprechen wollte.
    Tuvok stand abseits und konzentrierte sich.
    Chakotay hatte ihn gebeten, eine telepathische Verbindung mit dem 8472-Wesen herzustellen, damit man die gesprochenen nicht umständlich mit dem Universaltranslator umformen musste.
    Der Borg sprach glücklicherweise Englisch, was das Ganze natürlich erleichterte.
    „Bereit?“, erkundigte sich der Erste Offizier, an Tuvok gewandt.
    Der Vulkanier nickte kühl und emotionslos wie immer. Dann faltete er die Hände, senkte den Kopf und das 8472-Wesen wirkte abwesend, seine Augen waren geschlossen, blitzten nur manchmal auf und gewährten dann einen Blick auf die gelb schimmernden Augen mit der grün-schwarzen und oval geformten Pupille.
    Axum begann das Gespräch. „Commander Chakotay und Sie, 8472: Ich denke, wir sind uns einig, dass wir alle einen Feind haben.“ Er legte eine für einen Borg völlig untypische, bedächtige Pause ein, die die kommenden Worte betonen sollte. „Die Borg. Die Voyager wurde schon zur Hälfte assimiliert, der Fluide Raum von Spezies 8472 scheint kontaminiert worden zu sein und dadurch bedrohen die Borg erneut die Existenz der Spezies 8472 und wir, Unimatrix Zero. Wir, die versuchen, ein freies und von den Borg losgelöstes Leben zu führen, werden gejagt und das Borg-Kollektiv versucht uns, zu reintegrieren.“
    Auf Tuvoks Stirn bildeten sich Schweißperlen, was Chakotay zur Eile antrieb. „Nun gut, aber was schlagen Sie vor?“
    Axum ging durch den Raum, seine Implantate und sein künstliches Bein quietschten. „Wir müssen erst die Ursache für die Aggression der Borg beleuchten. Vor einigen Monaten, als das Kollektiv führerlos und der Vernichtung nahe war, als alle Drohnen orientierungslos waren, bot sich die Spezies 9674, sich selbst ,Branodoner’ nennend, an, freiwillig assimiliert zu werden. Spezies 9674 hat einen einzigartigen Körperbau und verfolgte ebenfalls das Bestreben, Perfektion zu erreichen. Wir haben das ganze Geschehen beobachtet und festgestellt, dass das Kollektiv nach der Assimilierung der gesamten Spezies wieder erstarkte. Sie begannen damit, wieder zu assimilieren, sie bauten eine neue und größere Borgstadt, und schienen wieder das alte Borg-Kollektiv zu sein. Doch wenige Wochen später war eine beunruhigende Wende festzustellen. Das Borgoberhaupt, ein Branodoner, brachte zwar Ordnung in das entstandene Chaos, aber er brachte dem Kollektiv auch Gefühle bei. Rache, Zorn, Hass, Wut. Dadurch wurde das Kollektiv wesentlich agiler, gefährlicher und unberechenbarer. Sie sind noch immer keine Individuen, jedoch wurde ihre Programmierung und die Stimme des Kollektives verändert. Die Borg wollen nun an allen nicht kybernetischen Spezies, folglich der ganzen Galaxie, Rache üben. Alles soll für alle Zeiten Borg werden.“
    Tuvok bewegte sich. Offenbar wollte das 8472-Wesen sprechen. „Es teilt... mir... mit, dass... die Borg durch... diese Veränderung... schwächer geworden sind... Durch... gezielte... telepathische... Angriffe... hat es in der... Vergangenheit Borg... ausschalten können... Ihre Racheinstinkte... haben das kollektive Bewusstsein geschwächt...“
    Chakotay schien eine Möglichkeit zu wittern. „Also könnte es gelingen, das Kollektiv möglicherweise zu vernichten, wenn wir... auf den Unikomplex mithilfe von Spezies 8472 eine Art... telepathischen Angriff starten, die Borg endgültig zu vernichten?“
    Axum nickte, soweit man die starre Bewegung als Nicken bezeichnen konnte. „Ja. Schon vor vielen Jahren haben telepathische Völker kurz vor ihrer Assimilierung dadurch Widerstand leisten können, indem sie ihre Kräfte auf die Verbindungsknoten der Borgschiffe mit dem Unikomplex richteten und so die Verbindung zum Kollektiv lösten. Viele Borg starben dadurch.“
    „Doch diesmal verwirren wir nicht nur einzelne Glieder, sondern den Kopf de Schlange...“ Chakotay war voller Hoffnung und Euphorie. Wenn Spezies 8472 tatsächlich es schaffen könnte, den Unikomplex und somit das ganze Kollektiv durch eine telepathische Störung lahm zu legen, dann wären die Borg aller Wahrscheinlichkeit nach endgültig vernichtet.
    Axum war bereits ein wenig verwirrt. „Ich denke, ich habe ihre Metapher verstanden, Commander Chakotay. Sie meinen, dass wir nicht einzelne Schiffe, sondern das Kollektiv als ganzes vernichten werden. Ist das korrekt?“
    „Ja, ganz genau...“
    Axum hatte noch nie etwas von Metaphern gehalten, zu mindestens nicht seit er Bog war. Und er war schon sehr früh Borg geworden, bevor er überhaupt Sinn und Zweck von Metaphern begreifen konnte. Er wollte noch etwas sagen, sprach es dann aber nicht aus.
    Im Prinzip war es einzig und allein die Schuld von Captain Janeway gewesen, oder ihres zukünftigen Egos. Dadurch war das Kollektiv fast vernichtet worden, bis es die Hilfe von Spezies 9674 in Anspruch nahm und sich so dramatisch verändert hatte.
    Seit seiner Gründung vor etwa zweitausend Jahren hatte das Kollektiv sich nicht mehr so stark verändert.
    Der Borg ging steifen Schrittes auf Tuvok zu. „Fragen sie das 8472-Wesen, ob wir Kontakt zu seinen Artgenossen aufnehmen können!“

    Die schwere Tür zum Hinterraum des Alpha-Flyers glitt zur Seite und ein Borg kam steifen, aber improvisierenden Schrittes die kleine Treppe herunter.
    Annika drehte sich um und legte vor Überraschung das PADD, mit dem sie gerade eben noch gearbeitet hatte, beiseite. Sie ging langsam – da sie sich noch immer nicht sehr wohl fühlte – auf den Borg zu.
    Obwohl sie genau gewusst hatte, dass sie Axum wieder sehen würde, fiel es ihr schwer und der Moment schien etwas Besonderes zu sein. Sie empfand Gefühle, die sie als Freude und Glück bezeichnen würde.
    Trotz der alles andere als glücklichen Lage, in der sie, ihr Mann und die Voyager sich befanden, war sie glücklich und ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Ihr Mann... Ihr Ehemann... Chakotay...
    Von einem Moment auf den anderen blieb sie stehen. Ihre abrupte Reaktion überraschte sie selbst, aber sie hielt es für notwendig. Sie war eine unter Menschen als „Ehe“ bekannte Bindung eingegangen, und diese brachte unwiderrufliche Pflichten mit sich. - Die romantische und kurze Beziehung, die sie mit Axum hatte, als sie sich in Unimatrix Zero aufgehalten hatte, als sie Seite an Seite mit ihm gegen das Kollektiv und für die Freiheit einer kleinen Gruppe von Menschen gekämpft hatte, war vorbei. - Über zwei Jahre lagen dazwischen und somit hatte sie die Beziehung für beendet erklärt. Annika hatte es sich gewünscht, Axum wieder zu sehen, aber eine Beziehung war unmöglich.
    Sie war Chakotay gegenüber eine Verpflichtung eingegangen. Nach diesen Überlegungen hielt sie es auch für notwendig, ihren Ton an die für sie geklärten Verhältnisse anzupassen. Sie klang wieder wie Seven of Nine. - Sie war emotionslos und die folgende Begegnung stellte für sie nichts weiter als ein Wiedersehen mit einem Bekannten dar. Das versuchte sie sich einzureden. - Aber trotzdem war da noch ein kleiner Teil in ihr, der Gefühle – intime – für Axum empfand. Sie versuchte diesen zu verdrängen und nahm sich – wenn sie die Voyager retten und den Mobilen Emitter reparieren konnten – vor, ein Gespräch mit dem Doktor über das Gefühl der Eifersucht zu führen.
    „Seven...“ Axum wollte lächeln, aber sein Blick blieb kalt und starr. Nur seine mechanische Stimme hörte sich ein wenig geschmeidiger an.
    Annika hatte ihn nur als Humanoiden gesehen, der völlig frei von Implantaten war. Sein jetziger Anblick verunsicherte Annika. Aber sie half sich, indem sie daran dachte, dass auch sie einst so ausgesehen hatte. Aussehen war irrelevant. Und auch Axum musste es sein... „Meine Bezeichnung lautet ‚Annika Hansen’. Ich hielt es für angebracht, diesen Namen wieder anzunehmen, nach meiner Befreiung aus dem Kollektiv. Und ...“ Sie stockte. Sollte sie ihre Heirat erwähnen? „Und, weil ich geheiratet habe.“
    Axum neigte seinen Kopf unter Anstrengungen zur Seite. Humanoide Bewegungen fielen ihm außergewöhnlich schwer aufgrund seiner vielen Implantate. „Heirat...“, wiederholte er in einer gefühllos wirkenden Stimmlage. „Ist das eine Bezeichnung für eine intime partnerschaftliche Bindung, die zwei sich... liebende Geschöpfe eingehen?“
    „Das ist korrekt“, bestätigte Annika.
    „Warum hast du das getan?“, wollte Axum wissen und näherte sich ihr.
    Daraufhin wich sie einen Schritt zurück. „Weil ich meinen Mann liebe. So ist es bei den Menschen. Wenn zwei Personen starke Gefühle für einander hegen, dann heiraten sie nach einer Weile. Und ich... empfinde starke Gefühle für Chakotay.“
    „,Chakotay’... Der Mensch, der euch führt.“
    „Ja, das ist korrekt.“
    Axum schwieg ein paar Sekunden. „Erinnerst du dich an Unimatrix Zero? Wir... liebten uns.“
    Annika wurde unruhig, blickte von Axum weg. Voller Nervosität rieb sie ihre Fingerkuppen aneinander. „Ja, das ist... Nein! Wir liebten uns nicht. Zu dem Zeitpunkt, als der Befreiungskampf gegen das Kollektiv begann, war ich erst drei Jahre unter Menschen... Meine Gefühle... mein Sinn für Liebe war noch nicht sehr ausgeprägt...“
    Axum versuchte erneut erfolglos seinen Kopf zu einem verneinenden Schütteln zu bewegen. „Wirklich? Entspricht das der Wahrheit?“
    Annika sah ihn nicht mehr an.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Eine abartige menschliche Reaktion auf starke Gefühlsregungen. „Ja!“, erwiderte sie bestimmt.
    Der Borg hakte nach: „Und was war damals, als du noch Borg warst? In Unimatrix Zero haben wir uns geliebt. Du hast geliebt.“
    Annika schüttelte den Kopf. Bei ihr wirkte es wesentlich eleganter als bei Axum. „Ich war in der Entwicklung meiner Gefühle zu der Zeit nicht mehr als ein Kind... Ich hatte dich damals als eine Art... Vater anerkannt.“
    Axum stürmte auf sie zu, packte seine metallene Hand an ihre Schulter und drehte sie gewaltsam, so dass ihr Blick auf ihn fiel.
    Annika weinte. Mehrere Tränen rannen ihre Wange herunter.
    „War unsere Liebe wirklich nur eine Beziehung zwischen Vater und Tochter. Annika, obwohl alles nur eine Illusion war und Unimatrix Zero nicht real war... Wir...“
    „...taten gar nichts. Wir liebten uns nicht. Außerdem deutet das verwendete Tempus darauf hin, dass dieser Vorgang abgeschlossen ist. Es ist vorbei. Unsere Beziehung ist irrelevant!“
    Die sich öffnende Tür kam ihr gelegen, nicht jedoch Chakotays fragender und vorwurfsvoller Blick. „Wir würden gerne die Besprechung fortsetzen...“
    Axum ließ Annika los und ging ohne einen weiteren Blick aus dem Raum. Hätte er noch seine Tränensäcke besitzt, wären auch ihm Tränen gekommen.

    Alle hatten sich zu der Besprechung auf dem Borgschiff zusammengefunden, um die geplante Vernichtung des Borg-Kollektives zu besprechen und zu koordinieren.
    Drei äußerst unterschiedliche Rassen und Erscheinungsarten fanden sich zusammen, um ihren Todfeind den Garaus zu machen.
    Es klang grauenhaft, dachte Chakotay, aber es war nicht zu ändern. - Die Voyager, Spezies 8472, Unimatrix Zero, die gesamte Galaxis mit all ihren Lebensformen wurde von kalten und abscheulichen Technologiewesen bedroht, biologisches Leben müsste sich seine Berechtigung mit kybernetischen Zusätzen teilen. Die Natürlichkeit würde vernichtet werden. Auch wenn es den Borg wahrscheinlich nie gelingen würde, die gesamte Galaxis zu assimilieren, so würden trotzdem unzählige Milliarden und Millionen assimiliert oder vernichtet werden.
    So sehr die Föderation auch versuchte, selbst die Borg zu achten, so musste man diese Achtung allen Lebens nun vergessen. Denn die Borg waren nur künstliches Leben und auch, wenn solches im vierundzwanzigsten Jahrhundert Rechte auf Leben besaß, mussten sie Borg gestoppt werden. Und leider war Gewalt die einzige Sprache, die sie verstanden oder die sie teilweise aufhalten konnte.
    Außerdem versuchte sich Chakotay sein schlechtes Gewissen, die Gedanken an eine unethische Tat, auszumerzen, indem er daran dachte, dass die durch die Vernichtung eines Geistes Millionen anderer „freischalteten“. Sie würden so vielen Lebwesen ihre Individualität zurückgeben, auch wenn sie damit alleine nur wenig anfangen konnten, was man an dem Beispiel seiner Frau gesehen hatte.
    Axum wandte sich an die Gruppe.
    Tuvok befand sich an Bord des Alpha-Flyers, da die Borg über ein Übersetzungsprogramm für die Sprache von Spezies 8472 verfügten.
    „Koroks Schiff müsste bald eintreffen“, behauptete Axum und wenige Sekunden später piepste eine Konsole.
    Ein Schiff näherte sich. Es handelte sich dabei tatsächlich um das Schiff des Unimatrix Zero-Captain.
    Weitere Sekunden verstrichen bis sich ein Klingone, der nur noch wenige Implantate besaß, in dem Raum materialisierte. Korok hatte zusammen mit der Voyager gegen das Kollektiv gekämpft, als Captain Janeway als Drohne versuchte, den Virus im Kollektiv zu verbreiten, dessen Freisetzung dazu führte, dass Millionen von Drohnen währen ihrer Regenerationsphase Unimatrix Zero besuchen konnten. „Ah... Commander Chakotay! Haha!”, begrüßte er den Ersten Offizier der Voyager und schlug ihm anerkennend auf die Schulter. Er erinnerte tatsächlich mehr an einen Klingonen als an einen Borg und war in seiner Entwicklung zu einem normalen Lebwesen weiter als Axum.
    „Korok... Die Zeit drängt“, wandte Axum ein.
    „Ach“, entgegnete der Klingone, „Axum, du billiger Technologiehaufen. Du wirst dich nie wieder zu einem normalen Wesen entwickeln.“
    „In Zeiten wie diesen ist diese Entwicklung auch von Nachteil. Meine wenigstens physische Existenz als Borg bietet auch Vorteile.“
    „Ich hasse die Borg, so wie ich Tribbles einst verachtet habe. Nein, noch mehr... denn Tribbles lassen sich abschlachten. Die Borg haben mir Zeit meines Lebens als Krieger geraubt... Nun werden wir uns revanchieren, nicht wahr?“
    Alle Anwesenden nickten stumm.
    „Gut“, fuhr Axum fort. „Spezies 8472 ist laut der Mitteilung von Ausschwärmwesen“, er deutete auf den 8472er, „dazu bereit, in dem Kampf zu ziehen, wenn wir ihren Raum wieder herstellen. Ich denke, ich weiß, wie wir das bewerkstelligen können. Im Gegenzug werden sie den wichtigsten Teil des Angriffes ausführen: Spezies 8472 wird mithilfe ihrer Schiffe den Unikomplex sowohl mit ihren Bioschiffen als auch mit ihren telepathischen Kräften als Verband angreifen. Dadurch wird das Kollektiv geschwächt und wird möglicherweise zerfallen. Wir, Unimatrix Zero, stellen einen Transwarpkanal zur Verfügung und werden uns mithilfe unserer Erfahrungen im Kampf gegen das Kollektiv beteiligen. Als dritte Partei wird der Alpha-Flyer unter dem Kommando von Commander Chakotay die Voyager und seine Crew versuchen zu retten. Sie werden das Schiff während der kollektiven Verwirrung übernehmen und durch einen Transwarpkanal in den Alpha-Quadranten zurückfliegen.“ Axum klang ganz sachlich, das für ihn scheinbar schmerzhafte Gespräch mit Annika war vergessen oder verdrängt.
    Chakotay trat vor und wollte seinen Teil zur Planung beitragen. „Einverstanden, aber die Frage ist natürlich, wie wir die Voyager übernehmen sollen. Sie wird zum größten Teil assimiliert sein und es wird schwer sein, die Kontrolle wieder zu erlangen...“
    Annika nickte, als ob sie das Problem bereits erkannt und eine Lösung gefunden hätte. „Das stellt kein Hindernis dar. Die Borg und somit auch die assimilierte Crew werden verwirrt sein. Da wir davon ausgehen können, dass die assimilierte Crew sich ausschließlich an Bord der Voyager befindet, um das Schiff zu assimilieren, können wir uns auf die Brücke beamen und das Schiff wieder übernehmen. Die Borg werden höchstwahrscheinlich im Maschinenraum mit der Umrüstung bekommen haben, wodurch die Kontrollen auf der Brücke relativ unangetastet sein dürften.“
    „Und was ist, wenn die Verwirrung im Kollektiv sich wider Erwarten doch legen sollte. Dann haben wir etwa zweihundert Borg an Bord...“
    „Dieses Risiko müssen Sie eingehen“, entgegnete Axum Chakotays Befürchtungen. „Dolba´geh´zek!“, rief der Borg nach einem scheinbar als Erster Offizier fungierenden Borg, der sich gerade regenerierte.
    Durch eine vor Axum stehende Kontrolle hatte dieser den Regenerationszyklus unterbrochen.
    „Was kann ich für Sie tun?“, fragte Dolba´geh´zek und kam mit einem scheinbar willenlosen Charakter vor Axum zu stehen. Sein starrer Blick war auf seinen Anführer gerichtet.
    Obwohl das Kollektiv nicht mehr mit Unimatrix Zero verbunden war, verstanden sie es die Effizienz der Borg auf ihre Organisation zu übertragen.
    Manchmal wünschte sich Annika, dass sich auch an Bord der Voyager die Besatzung derart loyal und ergeben verhalten würde.
    „Dolba´geh´zek, versuche dich in die Speicherbänke des Kollektives einzuschleusen. Wir brauchen Informationen über ein mögliches Gegenmittel für die biologische Waffe, die den Fluiden Raum verseucht hat.“
    Der gerade eben noch so ruhige Borg wurde unruhig. „Aber... Das ist mein Tod... Axum! Nein!“, flehte und stotterte Dolba´geh´zek zugleich. Er schien die Fassung zu verlieren, hatte Angst. Das war selbst für Ex-Borg in diesem Maß äußerst ungewöhnlich.
    „Dolba´geh´zek! Ich weiß, dass du dich davor fürchtest, aber du bist der beste in dieser Prozedur. Ich habe dich immer... als Freund angesehen und auch mir fällt es nicht leicht, dich zu verlieren. Aber tu es, um uns zu helfen, endlich unser und dein Ziel zu erreichen...“
    Die beiden Borg sahen sich noch einmal an, beide schienen bedrückt zu sein. Dann nickten beide und Dolba´geh´zek ging zu einer Konsole. Er tippte auf den grünen Kontrollen herum und drehte sich dann noch einmal um. „Ich bin bereit...“
    Axum zögerte. „Gut... Fang an!“
    Dann begann Dolba´geh´zek, indem er mit seinen Nanosondenschläuchen Informationen übermittelte. Er hielt die übrigen über den Fortschritt seiner Bemühungen auf dem Laufenden. „Ich logge mich ein... ich höre bereits die Stimmen... Ich spüre Freude, Hass, Zorn und Rache... Triumph... Ich bin nun in den Speicherbänken... da... ich sehe es... ein äußerst komplexes Molekül... Kohlenstoff... Iridium... Korsium... Element 165... Element 267... Da! Ein weiteres Molekül... Es kann den Fluiden Raum wieder beleben... Ich übertrage die Daten an unser Schiff... Ich modifiziere den Deflektor... zwanzig Torpedos reichen... ich modifiziere die Torpedos...“ Der Borg schien sein Ziel erreicht zu haben. Doch plötzlich zuckte sein Kopf hektisch und er beendete die Verbindung und ließ seinen Blick über die anderen schweifen. „Wir sind die Borg. Sie werden assimiliert werden.“ Er war nicht mehr Dolba´geh´zek, er war Five of Nineteen.
    Axum war darauf vorbereitet und löste mit einer Taste auf seinem Arm eine Art Impuls aus.
    Dolba´geh´zek beziehungsweise Five of Nineteen brach tot zusammen. Er war deaktiviert – für immer.
    Alle außer dem 8472-Wesen sahen schockiert auf die Leiche oder besser gesagt auf den durch einen Defekt zerstörten Computer. Mehr war Dolba´geh´zek am Ende nicht mehr gewesen, als das Kollektiv durch das Ausspionieren der Datenbänke ihn wieder reassimiliert hatte.
    Axum schien zu trauern. „Er war ein guter Kämpfer...“
    Korok kam und schlug ihm wie zuvor Chakotay auf die Schulter. „Der Tod war seine Erlösung. Er ist ehrenvoll gestorben!“
    Axum ignorierte die Bemerkung und wandte sich an das Spezies 8472-Wesen. Die Übersetzung seiner Worte war recht ungewöhnlich und stellte sich als tierisch klingende Laute heraus, denen man nur schwer ihre Bedeutung entnehmen konnte, derartig krächzend war die Übersetzungsstimme. „Plan. Durchführung. Fluider Raum. Säuberung.“
    Axum antwortete: „Plan. Durchführung. Beginn. Gegenmittel.“
    Ein kleiner Bildschirm wurde in einer Wand sichtbar und zeigte, wie eine interdimensionale Spalte geöffnet wurde und eine ganze Reihe von grün leuchtenden Torpedos, mit dem Gegenmittel an Bord, in die Spalte raste. Sie verschwanden in ihr und nach einer Weile kamen Bioschiffe aus ihr heraus und bezogen nahe der beiden Borgschiffe und dem Alpha-Flyer Stellung.
    Chakotays Kommunikator piepste und der Erste Offizier entfernte sich. „Tuvok an Commander Chakotay!“
    „Sprechen sie!”
    „Commander, eine gewaltige Flotte von Bioschiffen nähert sich unserer Position...“
    „Es ist alles in Ordnung, Tuvok. Sie kommen, um uns zu helfen“, beruhigte Chakotay ihn.
    „Verstanden. Tuvok, Ende“, beendete der Vulkanier am anderen Ende der Verbindung das Gespräch.
    Chakotay näherte sich wieder der Gruppe, die interessiert das Treiben auf dem Monitor verfolgte.
    Dann verschwand das 8472-Wesen in einem hellen orange-weißen Energiestrahl, nachdem der Universaltranslator ein weiteres Kreischen mit den Worten „Beginn.“ Übersetzt hatte.
    Korok rief „Qap'lah!“, und folgte dann seinem Beispiel.
    „Chakotay an Alpha-Flyer“, sagte Chakotay auf seinen Kommunikator tippend. „Beamen sie uns hoch, Tuvok!“
    Dann verschwanden auch er, Harry und Annika in einem Transporterstrahl.

    „Starke Feindbewegungen in Sektor 2372618“, war im Unikomplex zu hören. „Föderationsschiff, bekannt als Alpha-Flyer, steigende Anzahl von Spezies 8472-Bioschiffen, abtrünnige Borgschiffe.“
    Janeway und Tema’na sahen sich an. Ihre Blicke verrieten ihre Überraschung und auch ihre Hoffnung.
    „Ein Föderationsschiff, bekannt als Alpha-Flyer... Captain Janeway, was wissen Sie darüber.“ Das Borgoberhaupt erhob sich aus seiner liegenden Position. Gerade eben noch hatte es lässig seinen Kopf auf seine vorderen Pfoten gelegt und nun kam es mit seinen vier Beinen auf Janeway zu.
    „Ich weiß nichts darüber“, behauptete Janeway trotzig. Und es war tatsächlich keine Lüge, denn sie wusste nicht, wer es geschafft hatte, das Schiff im Alpha-Flyer zu verlassen.
    Mehrere Borg näherten sich ihr und Tema’na, hielten dann einen Abstand von etwa vier Metern ein.
    „Ich sage die Wahrheit“, entfuhr es der Kommandantin, die im Moment gar nicht Herr der Lage war und nichts befehligen konnte.
    „Sie können uns nicht drohen, Borgabschaum!“, bekräftigte Tema’na die Haltung des Captains. - Sofort spürte die Romulanerin mit einem schmerzverzerrten Gesicht, dass ein weiteres Projektil sich in ihr Rückgrat gebohrt hatte, aus dem bereits zwei Implantate hervorgestoßen waren. Sie wurde auf langsame und sehr brutale Weise Borg.
    Bei jeder Bewegung ihres Rückens schmerzte ihre Wirbelsäule und plötzlich brach sie zusammen. - Sie rappelte sich unter dem amüsierten Blick des Borgoberhauptes wieder auf.
    „Sie wissen sehr wohl etwas, Mensch! Dieses Schiff hat die Voyager verlassen, bevor wir sie abgeschleppt hatten, und konnte vor uns fliehen. Sie haben sich mit Unimatrix Zero verbündet, die Daten für ein Mittel gegen die Verseuchung der von ihnen als Fluiden Raums bezeichneten Umgebung aus dem Kollektiven Bewusstsein gestohlen, und schließlich Spezies 8472 zur Kooperation bewegt. Sie glauben wahrscheinlich, uns damit vernichten zu können, dass sie es schaffen, die Voyager zu retten. Aber da täuschen sie sich. Die Voyager ist schon fast vollständig Borgbesitz. Sie machen alles nur noch schlimmer: Spezies 8472, Unimatrix Zero, Ihr Schiff: Sie als unsere Feinde werden alle auf einmal vernichtet.“
    Janeway nahm eine aggressive Haltung ein. „Wenn sie mir auf verbale Art und Weise nicht trauen, dann stellen sie doch wieder eine kurze geistige Verbindung mit mir her. Dann wissen sie, was ich weiß und dass ich über diese Unternehmung nicht informiert bin.“
    Ein paar Sekunden verstrichen.
    „Ahh!“, schrie Janeway plötzlich und sank auf die Knie. Schmerzerfüllt fasste sie sich an ihren Kopf, bis das Borgoberhaupt die Verbindung abbrach.
    „Sie haben Recht, Captain... Ihnen ist davon nichts bekannt...“
    „Sie hätten sich Ihre dämliche Verbindung auch sparen können! Geben sie es doch zu, dass sie das nur getan haben, um befriedigt zu werden, durch noch eine weitere Stimme!“, entgegnete Janeway aggressiv.
    „Sie beherrschen den Sarkasmus besser als sonst ein Individuum ihrer Spezies, dem wir bisher begegnet sind. Selbst Captain Picard war kein so starker verbaler Gegner für meine Vorvorgängerin! Geben sie es doch zu, Captain Janeway: Es hat sie genauso wie mich erregt, die ganzen Stimmen zu hören...“
    „Niemals!“, fauchte Janeway ihn an.
    Dann wurde der Saal wieder von einem ohrenbetäubenden Gelächter erfüllt.

    Die vielen Bioschiffe flogen um den Alpha-Flyer herum hinter den Borgschiffen von Unimatrix Zero durch den Transwarpkorridor her.
    Auf dem Führungsschiff, der Borg-Sphäre 677092-3246-ALPHA-2, ging Axum unruhig hin und her. Es war eine Energieverschwendung, aber trotzdem musste er es tun. Um seine Nervosität zu lindern. Um den Schmerz, den ihm Seven – Annika! - zugefügt hatte, zu verdrängen. Um nicht die ganze Zeit an das bevorstehende Ende von Unimatrix Zero zu denken. Er öffnete einen Kanal zu Koroks Borg-Kubus. „Korok, wie sieht es bei Ihnen aus?“
    „Gut, wie immer. Wir alle freuen uns auf die letzte Schlacht gegen das Kollektiv. Haha...“
    Für Axum gab es keinen Anlass zur Freude. „Aber wir werden davon nichts mehr mitkriegen. Wenn das Kollektiv zerstört wird, werden auch wir vernichtet. Ohne das geordnete Kollektiv werden wir nicht mehr funktionieren können...“
    „Ja, Axum. Aber dafür werden wir ehrenvoll sterben!“ Damit erlosch das Bild von Korok.
    Plötzlich hörte Axum hinter sich eine Stimme. Seine Sensoren und sein linkes Ohr identifizierten sie als Annika Hansens Stimme. Er drehte sich um und sah sie. Sie wirkte irritiert.
    „Wieso werdet ihr nicht mehr funktionieren können?“, wollte sie wissen.
    „Wenn die kollektive Stimme und die Borg selbst zerstört werden, dann können auch wir nicht mehr funktionieren. Eine bestimmte Verbindung mit dem Kollektiv wird durchtrennt werden und Unimatrix Zero wird sterben. Es lässt sich nicht verhindern.“
    Annika ging einen Schritt auf ihn zu. Im grünen Licht der Kontrollen und Anzeigen sah man deutlich, wie sich auf ihrem rechten, echten Auge Tränen bildeten. „Aber dann müsste auch ich als ehemalige Borg sterben...“
    „Nein, deine Verbindung zum Kollektiv wurde vollständig getrennt. Aber wir haben es nur geschafft, die Stimmen auszuschalten, die unterdrückende geistige Gewalt der Borg abzulegen. Mehr nicht. Wenn das Kollektiv stirbt, sterben auch wir. Das lässt sich nicht verhindern. Es kann sein, dass einige überleben werden, aber der Großteil des Kollektives wird sterben... und damit auch der Großteil von uns.“
    „Aber...“ Annika kam ihm nochmals näher und dann tat sie etwas, das sie selbst nicht fassen konnte. Sie küsste Axum, einen Borg. Sie wusste nicht, warum sie es tat, aber sie tat es.
    Die Implantate Axums schmerzten auf ihrer Wange und der Kuss schmeckte bitter. Aber all das war ihr egal: Sie hegte immer noch Gefühle für ihn, und wollte ihren alten Freund nicht als tot in Erinnerung behalten.
    Überrascht von ihrer menschlichen Reaktion nahm sie plötzlich wieder Abstand von Axum.
    „Annika...“
    „Das ist nicht... richtig“, erwiderte sie auf seine so leidenschaftlich wie möglich klingenden Worte. „Es ist falsch...“
    „Das ist logisch. Wenn etwas nicht richtig ist, ist es falsch.“
    Man hätte fast den Eindruck erhalten können, dass ein wenig Sarkasmus in Axums Stimme lag, obwohl das wegen seiner Borg-Stimmprozessoren fast unmöglich war.
    „Ich muss gehen...“, sagte Annika schließlich und tippte auf ihren Kommunikator. Dann beamte sie sich wieder an Bord des Alpha-Flyers und hörte während des Transportvorgangs noch Axums letzte Worte: „Vergiss mich nie...“
    Sie würde ihn nie vergessen. Denn er war einer ihrer ersten Freunde gewesen. Er würde es vielleicht schaffen, das Kollektiv zu vernichten. Und eine solche Person konnte man nicht vergessen. Niemals…

    ***


    Eine gigantische Borgflotte hatte sich um die Borghauptstadt versammelt. Die Weltraumstadt war ohnehin schon ein furchterregender und kolossaler Anblick, der aber durch die Flotte aus allen möglichen geometrischen Figuren, von Kugeln über Kuben bis hin zu Kegeln, noch unterstrichen wurde.
    Grüne leuchtende Objekte mischten sich mit dunklen und fast schwarzen Objekten, die sich kaum von der Dunkelheit des Alls abhoben. Und diese Objekte stellten den gefürchtetsten Anblick in der Galaxis überhaupt dar.
    Kein Volk war mehr verachtet als die Borg.
    Wenn der Plan, den Unimatrix Zero, Spezies 8472 und eine Handvoll Männer der Voyager hegten, gelingen würde, dann wäre dies einer der historischsten Momente aller Zeiten. Die größte nur vorstellbare Nemesis wäre eliminiert.

    Im Unikomplex herrschte eine sehr angespannte Stimmung.
    Das Borgoberhaupt tapste an großen Leinwänden vorbei, mal knurrend, mal mit dem metallenen und schallenden Lachen.
    Zu oft war Janeway bereits den Borg begegnet und zu oft hatte sie immer der Königin gegenüber gestanden. Doch die Königin der Borg war nichts im Vergleich zu diesem abscheulichen... Tier. - Die Borgkönigin war berechenbar gewesen, sie war kalt und gefährlich…. Doch das Borgoberhaupt hatte das Kollektiv noch einen Schritt in eine gefährlichere Richtung gebracht. Es war unberechenbar, genoss es zu quälen und war verrückt.
    „Sehen Sie, Captain Janeway“, sprach er zu der Kommandantin und deutete mit einer Tatze auf eine Leinwand, die das Bild von der großen Flotte zeigte. „Glauben Sie wirklich, dass irgendeine humanoide Macht in diesem Universum dazu fähig ist, gegen solch eine Armada aus Perfektion zu gewinnen?“
    „Oh ja... Das glaube ich sehr wohl. Denn auch die Borg sind humanoid und sicherlich nicht perfekt. Nun ja, wenn man mal von Ihrer Körperform absieht...“
    Mit einem hohen Sprung aus den Hinterbeinen landete das Borgoberhaupt vor Janeway und riss ihre Wange auf. Blut tropfte auf das Metall des Bodens.
    Einige Funken stoben aus losgerissenen Kabeln, die das Borgoberhaupt während seines Sprunges durchtrennt hatte. „Was sagen Sie da? Wir sind nicht perfekt? Ha... Die Borg führen keine internen Krieg wie es bei anderen Völkern der Fall ist. Die Borg streben nach Vollkommenheit und Wissen. Die Borg forschen nicht, sie nehmen sich was sie brauchen und dadurch wird viel Zeit und Energie gespart. Und wir werden bald die dominierende Rasse in dieser Galaxis sein. Selbst das Q-Kontinuum wird sich eines Tages unseren Wünschen beugen. Und dann der Rest dieses Universums...“
    Janeway konnte ein respektloses Lachen nicht unterdrücken. „Die Q... Sie glauben, dass Sie die Q assimilieren können? Sie sind größenwahnsinnig. Auch, wenn das Wort ‚Perfektion’ auf eigentlich nichts zutrifft, so aber noch am ehesten auf die Q. Und Sie können mit ihrer primitiven Technologie, mit Nanosonden rein gar nichts bei den Q bewirken. Mit einem Gedanken eines Q könnten sie bereits verschwunden sein. Aber die Q sind weit entwickelt... perfekt genug, um sich weitestgehend aus den Angelegenheiten der körperlichen Völker herauszuhalten! Die Borg gehören der Vergangenheit an!“
    Das Oberhaupt sah sie an. Sein gefährlich wirkendes, rechtes Auge flackerte, als es von einem hinter Janeway liegenden Bildschirm sich auf sie fixierte. „Wir werden sehen...“
    Dann deutet Tema’na auf den Bildschirm hinter ihnen und man sah eine Flotte aus Bioschiffen, einigen Borgschiffen und einem kleinen grauen Fleck: dem Alpha-Flyer...

    „An den Alpha-Flyer“, ertönte Axums Stimme aus den versteckten Lautsprechern im Kommandobereich des Alpha-Flyers. „Halten Sie sich bereit, folgende Koordinaten anzufliegen, die wir ihnen jetzt übermitteln.“
    Tuvok nickte als Zeichen dafür, dass er die Daten erhalten hatte. „Dort liegt die Voyager in einem Dock und wird umgerüstet. Sie sollten versuchen, mit den Daten über den Borgpanzer, die wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, sich nach der Landung im Shuttlehangar zur Brücke vorzuarbeiten. Wenn meine Vermutung richtig ist, befindet sich Captain Janeway im Unikomplex des Borgoberhauptes. Sobald das Kollektiv verwirrt ist, sollte es Ihnen möglich sein, sie dort heraus zu beamen.“
    Chakotay nickte Axum auf dem Bildschirm zu. „Verstanden!“
    Axum wollte die Verbindung schon beenden, fügte aber noch etwas hinzu. „Auch wenn ich als ehemaliger Borg nicht daran glaube Commander: Viel... Glück!“
    Chakotay schmunzelte, obwohl das sehr unpassend schien, und deaktivierte den Monitor. Aus dem großen Fenster des Flyers sahen Chakotay, Annika, Harry und Tuvok einem Ereignis zu, das sie nie mehr vergessen würden: Das gesamte Volk von Spezies 8472 griff die Flotte der Borg an, nur einige wenige Schiffe näherten sich dem Herzen des ganzen Kollektives: Dem Unikomplex, dem Ort, wo alle Stimmen zusammenlaufen.
    „Gütiger Gott...“, kam es aus Harry heraus.
    „Bei allen Himmelsgeistern...“, entfuhr es Chakotay.
    Tuvok und Annika brachen keine auf Geister oder Götter anspielenden Sprüche zur Sprache, schienen sich voll und ganz auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren.
    Doch Annika wirkte sehr angespannt und unruhig: Axum würde sterben und mit ihm das Kollektiv. Das „Volk“, bei dem sie den größten Teil ihres bisherigen Lebens verbracht hat.
    Trotz des Leides und der ihr zugefügten Qualen während ihrer Zeit als Drohne, trauerte sie einem perfekten Staat schon jetzt nach. Ohne die Borg würde Vieles anders sein.

    Das Borgoberhaupt betrachtete genüsslich die Leinwände.
    Viele Bioschiffe wurden durch die biologischen Sprengkörper der Borg beschädigt oder zerstört, allerdings waren auch die Verluste auf Seiten des Kollektivs beachtlich.
    Doch aus immer mehr Transwarpkanälen kamen Borgschiffe, die sich wie vom Borgoberhaupt befohlen dem Kampf gegen die Feinde des Kollektivs anschlossen.
    Nach dieser Schlacht würde die Invasion der Borg beginnen und sie würden die gesamte Galaxie überrennen….
    Langsam aber sicher näherten sich die Erschütterungen auch dem Unikomplex. Sie wurden immer stärker, Funken stoben von der Decke.
    Bioschiffe hatten sich dem Unikomplex genähert.
    Aber ein Gedanke und schon wurden die Schiffe abgefangen. Doch plötzlich... es war ein schwer zu definierendes Gefühl, aber es kam über das ganze Kollektiv. Die Stimmen... sie wurden deutlicher... das beständige und wohltuende, geordnete Rauschen... es wich einem Wirrwarr aus Stimmen... Verzweifelung...
    „Ahhh!“ Das Borgoberhaupt schrie. Und fasste sich mit seinen Pranken an den Kopf.
    Die Stimmen wurden laut... Seine Implantate... sie wurden gestört... Funken stoben immer mehr. Explosionen häuften sich.
    „Nein! Neeeiiin!“ Er versuchte mit aller Kraft diese Störung der Stimmen zu unterbinden. Er musste versuchen... 8472 zu vernichten... sie störten mit ihren Gedanken alles... sie vernichteten die Ordnung.
    Janeway und Tema’na blickten sich um.
    „Was geschieht hier?“, fragte Janeway verwirrt und musste einem von der Decke fallenden Trümmerstück ausweichen.
    „Ich weiß es nicht, Captain... Aber meine zurückgebildeten telepathischen Gehirnebereiche... Ah!“ Das Beben wurde so stark, dass Tema’na auf den harten Boden fiel. „Ich empfange eindeutig telepathische Aktivität... Spezies 8472 scheint eine Art Telepathieangriff durchzuführen...“ Das Borgoberhaupt schrie immer lauter und wand sich vor Schmerzen hin und her.
    „Auch ich empfange es durch meine empfänglich gemachten Hirnzellen... Es scheint irgendwie... Chaos zu herrschen!“
    Tema’na und Janeway mussten brüllen, um sich noch zu verständigen.
    Da fiel plötzlich das Borgoberhaupt vor ihnen hin und schrie ohrenbetäubend. Dann erhob es sich wieder und zerfetzte Leitungen und alles, was ihm in den Weg kam. „Neeeiiin! Chaos... Unvollkommenheit...“
    Auf den Leinwänden zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die Borg die Schlacht zu verlieren drohten.
    Mehrere Borgschiffe platzten auseinander, als das Borgoberhaupt endgültig nicht mehr fähig war, die Stimmen zu ordnen. Es kam zu Überlastungen, Borg im Unikomplex fielen auseinander.
    „Wir müssen hier weg!“, schrie Janeway im Lärm und half Tema’na auf die Beine.
    „Nach oben!“, rief diese und deutet mit dem Finger über sich, wo es offenbar endlos senkrecht nach oben zu gehen schien.
    Sie liefen zu einer Leiter und begannen den weg nach oben, während unter ihnen die Borgdrohnen ebenso verrückt zu werden schienen wie das Borgoberhaupt.
    Die Monitore zeigten, wie mehrere Borgkuben unkontrolliert um sich feuerten und dann in die Borghauptstadt rasten.
    Janeway und Tema’na kletterten immer weiter nach oben, während unter ihnen alles auseinander zu fallen schien.
    Die Borg kämpften mit ihren schweren Armen gegen einander, schlugen wild um sich. - Alle wurden verrückt, als das Chaos zunahm.
    Plötzlich explodierte eine Kontrolle nahe der Leiter, als die beiden Flüchtenden bereits ein gutes Stück zurückgelegt hatten und die Leiter bedrohlich schwankte.
    Die beiden Frauen schrieen, als sie plötzlich aus der sich in der Wand befindlichen Halterung brach, kippte und auf den riesigen Alkoven des Borgoberhauptes fiel.
    Janeway gelang es, sich auf die andere Seite der Leiter zu schwingen, aber Tema’na konnte sich nur mit Mühe an der Leiter festhalten, während unter ihr das Borgoberhaupt durchdrehte. „Captain!“, Tema’na schrie schwach und verzweifelt nach Hilfe.
    „Warten sie, ich helfe ihnen!“, entgegnete Janeway und versuchte, die Romulanerin hochzuziehen.

    „Es scheint zu klappen!“, bemerkte Chakotay, als um den Alpha-Flyer herum immer mehr Borgschiffe in Flammen aufgingen.
    „Ja“, bestätigte Tuvok.
    „Wir nähern uns de Voyager...“, meldete Harry.
    Eigentlich hatte Annika die Sensorenkontrolle übernommen, aber sie fühlte sich unwohl, als um sie herum ihr einstiges Volk starb. Sie konnte sich diese Gefühle nicht erklären.
    „Da ist sie...“, kam es aus Chakotay heraus, als er die Voyager in einem riesigen Dock voller fremder Schiffe erblickte. Es war von Borggeräten und Maschinen übersäht, aber man erkannte noch das geliebte Schiff.

    „Ich... ah... ich schaffe es nicht!“ Janeway versuchte mit aller ihr noch zur Verfügung stehenden Kraft ihren weiblichen Steueroffizier hoch zu ziehen. Da fiel ihr Blick zufällig auf eine der Leinwände, die zeigte, wie eine stark veränderte Voyager auf den Unikomplex zuflog und einige Torpedos abfeuerte.
    Was hatten die Borg mit ihrem Schiff gemacht?
    Fassungslos starrte sie auf den Monitor, als unter ihnen alles explodierte, nachdem die Torpedos der Voyager eingeschlagen hatten. - Sie musste Tema’na retten, sie würde sogar ihr Leben geben. - Sie hatte so oft gegen das Kollektiv gekämpft und hatte immer überlebt. Nun jedoch würde es vielleicht nicht klappen.
    „Captain, es hat keinen Sinn! Lassen sie mich los!“, schrie Tema’na, aber
    Janeway schüttelte den Kopf. „Niemals!“, lehnte sie lauthals ab, als die Hitze auf ihrer Haut prickelte.
    Die Flammenhölle kam immer näher und der Borgkönig löste sich in der Hitze langsam auf, seine Implantate begannen zu schmelzen.
    Doch dann verschwamm das Bild und wich einem sanften, bläulichen Schimmern und der Lärm der Vernichtung wich einem beruhigenden Summen. Das Prickeln der Hitze wich einem anderen Prickeln. Dem eines Transporters. Sie wurden fort gebeamt.

    Sie materialisierten auf der Brücke der Voyager, die in das gewohnte Rot gehüllt war.
    „Captain!“, rief eine Stimme und sie erkannte sie als die ihres Ersten Offiziers. Er ging auf sie zu und deutete auf den Kommandosessel. „Das ist ihr Schiff!“
    Tema’na und Janeway sahen ihn auf die gleiche Weise verdutzt an. „Chakotay... Wie...“
    „Das erkläre ich Ihnen später. Wir müssen uns nun einen dieser Transwarpkanäle aussuchen...“, sagte Chakotay und deutete auf den Hauptschirm.
    Das Schiff schüttelte sich und somit auch Janeway wach. Nun begriff sie den erneuten Ernst der Lage. „Gut, was schlagen Sie vor?“, fragte sie, während sie sich in ihren Kommandosessel setzte.
    „Wir sollten Kontakt zu Axums Schiff aufnehmen!“
    „Axum?“, fragte die Kommandantin verständnislos. „Unimatrix Zero?“
    Chakotay zuckte mit den Achseln: „Ich sagte doch, ich erzähle Ihnen alles noch!“
    „Harry, rufen Sie Axums Schiff!“
    Harry nickte. „Aye, Sir! - Es ist gut, dass Sie wieder an Bord sind, Ma’am.“
    Janeway begegnete ihrem jungen Kommunikationsoffizier mit einem Lächeln. „Danke, Harry...“
    Die Voyager wurde erneut durchgeschüttelt.
    „Sie antworten...“, meldete Harry.
    „Auf den Schirm!“
    Auf dem Wandschirm erstand wie gewünscht das Bild von Axum, der sehr verwirrt wirkte. „Captain Janeway... Sie leben!“
    „Axum, welchen Transwarpkorridor müssen wir nehmen?“
    Im Hintergrund des Borg brach das Schiff auseinander. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das Führungsschiff Unimatrix Zeros zerstört sein würde. Axum musste sich beeilen. „Ich übermittle Ihnen eine Datei, die diese ganzen Transwarpkorridore und ihre Ausgangspunkte ... enthält...“
    Man sah, dass ihm die Worte immer schwieriger fielen. Implantate wurden abgestoßen, er fiel genauso auseinander wie das Schiff um ihn herum. „Captain ... Annika ... Vergessen sie uns nie... nie! Vernichten... Sie die Borg ... Captain ... Janeway...“ Dann brach die Verbindung ab und man sah, wie die Borgsphäre detonierte.
    „Annika“, wandte sich die Kommandantin nach dem Gespräch an Chakotays Frau, die hinter ihr an einer Konsole stand.
    Eine Träne zeigte sich auf ihrer Wange, aber Annika schien sie zu ignorieren. „Ich habe die Datei. Das LCARS-System konvertiert sie... Jetzt habe ich Zugriff. So wie es scheint, handelt es sich hier um eine Art Schutzmechanismus. Alle Transwarpkorridore werden geöffnet. Es sind... Fluchtrouten.“
    Die Borg flüchteten vor der drohenden Vernichtung.
    „Wie viele Borgschiffe haben die Zerstörung den Angriff überstanden?“
    „Da der Angriff immer noch in vollem Gange ist“, erwiderte Annika, „ist das schwer festzustellen. Aber wie es scheint eine Menge. Und sie alle... fliegen in den Korridor, der zum Alphaquadranten führt...“
    Chakotay und Janeway blickten sich gegenseitig an.
    „Wir haben keine Wahl“, sprach der Erste Offizier das aus, was beide dachten.
    „Gut, Tema’na... Fliegen sie in den Transwarpkanal bei den Koordinaten...“, sie sah Annika an, die den Satz des Captains vollendete, „... 154,56 zu 342,45!“
    Tema’na nickte schwach und tippte den Kurs ein.
    Auf dem Bildschirm sah man, wie mehrere hundert Borgschiffe in dem Transwarpkanal verschwanden, auf den die Voyager zusteuerte. Sie schienen schwer beschädigt zu sein und rasten teilweise ineinander, berührten sich und explodierten.
    „Das wird ein sehr holpriger Flug...“

    Die Voyager flog mit hoher Geschwindigkeit durch den Transwarpkanal und feuerte sprichwörtlich „aus allen Rohren“, um sich die verwirrten und desorientierten Borgschiffe vom „Leib zu halten“.
    Tema’na manövrierte das Schiff geschickt an den Schiffen vorbei, ohne in die Energiebarriere des Kanals zu fliegen.
    Wenige Sekunden später erreichte das Sternenflottenschiff zusammen mit den Borgschiffen den Ausgang – im Harthylos-Sektor, wo sich eine große Föderationsflotte versammelt hatte.

    Admiral Portman hielt sich mit all seiner Kraft am Sessel Captain Lewinskis fest.
    Da meldete der an der OPS sitzende Ardev etwas. „Captain, ich scanne ein Sternenflottenschiff unter den Borgschiffen. Eine Art Mischung aus Borg und Sternenflotte wenigstens... ich vergrößere einen Ausschnitt.“
    Auf dem Hauptschirm zoomten die Sensoren auf ein Schiff, das den Schriftzug „U.S.S. Voyager NCC-74656-A“ trug.
    „Die Voyager...“, brachte Portman hervor. „Rufen Sie sie!“, befahl er und übernahm ohne Lewinskis Einwilligung das Kommando. „Hier ist Admiral Portman! Captain Janeway?“
    Auf dem Schirm erschien eine müde wirkende Kommandantin. „Admiral… Portman! Es ist immer wieder eine Freude, Sie zu sehen! Admiral, Sie müssen diese Borgschiffe vernichten! Es sind die letzten Borg, die existieren! Nutzen Sie diese Chance!“
    Portman sah sie an. „Was auch immer Sie gemacht haben: Die Sternenflotte wird Ihnen sicherlich bald ein Angebot für eine Beförderung zukommen lassen.“
    „Das ist momentan Nebensache!“, erwiderte Janeway. „Wir ziehen uns zur Erde zurück. Wir haben eine ganze Menge von teilweise assimilierten Crewmitgliedern an Bord... Janeway, Ende!“
    Portman verspürte ein Kribbeln im Bauch. Die Borg, vernichtet? Er würde sich schon auf Janeways Bericht freuen. Und er war glücklich, dass sie lebte. - Er hatte sie einst zu einer langen Reise verurteilt, aber jetzt hatte sie seinen Befehl überlebt. Und das war die Hauptsache.

    Vor dem Ausgang des Transwarpkanals wurden unzählige Borgschiffe im Torpedohagel zerstört, ohne dass sie sich sehr zur Wehr setzten, während die Voyager sich hinter die schützende Flotte begab.
    Nur einigen Kuben und Sphären gelang es, mit Transwarp erneut zu fliehen. - Doch wohin, war auch nach der Schlacht niemandem bekannt. Und diese Frage war auch unwichtig: Denn die Borg, die flohen, würden nie mehr ein Kollektiv aufbauen können. Die Borg waren vernichtet. Ein für alle Mal.
    Die Galaxis und alle ihre Lebensformen konnten sich glücklich schätzen, dass ihr Erzfeind nie wieder irgendein Volk assimilieren würde.
    Die größte Gefahr in der Geschichte der Föderation war genau das: Geschichte. Und niemanden kümmerte es, dass man Milliarden von ehemaligen Individuen unfreiwillig zum Tode verurteilt worden waren….

    ***


    COMPUTERLOGBUCH DER VOYAGER
    CAPTAIN JANEWAY
    STERNZEIT 56201,2
    Der Doktor hat es geschafft, bereits aus über der Hälfte der Crew die Borgimplantate und Nanosonden zu extrahieren. Trotzdem sind bei der Zerstörung des Kollektivs auch viele meiner Offiziere gestorben. Glücklicherweise war nur ein kleiner Teil bereits vollständig zu Drohnen geworden. Die Voyager befindet sich momentan in der McKinley-Station, wo sie einer völligen Reparatur unterzogen wird. Darüber hinaus wurde ich von der Föderationsgerichtskammer angeschrieben, dass ein Teil der Crew sich wegen eines Verfahrens auf die Erde begeben muss.

    PERSÖNLICHES COMPUTERLOGBUCH
    CAPTAIN JANEWAY
    STERNZEIT 56201,21
    Die Borg sind vernichtet und ich beginne mich allmählich von dem traumatischen Erlebnissen zu erholen, die ich im Unikomplex erlebt habe. Doch das ist nicht mein einziges persönliches Problem. Eine schwere Schuld lastet auf mir. Auch wenn es vielleicht merkwürdig klingen mag, fühle ich mich für die Vernichtung eines ganzen Volkes, von Millionen oder Milliarden von Leben verantwortlich. Ich habe Admiral Portman gebeten, auch die letzten Überlebenden der Borg zu vernichten. Als vor anderthalb Jahren mein zukünftiges Ich das Kollektiv fast zerstört hatte, fühlte ich mich nicht schuldig. Aber nun plagen mich Schuldgefühle in einem mir bisher noch nicht widerfahrenen Maße. Ich habe zugesehen, wie ein Völkermord begangen wurde und mich von meinem Hass gegen die Borg lenken lassen. Ich habe verwirrte und desorientierte Drohnen, die nur flüchten wollten, vernichten lassen. Und das kann ich mir nicht verzeihen.


    Janeway und Chakotay hatten es sich in einem Quartier auf der Erd-Sternenbasis gemütlich gemacht.
    Die Fenster gewährten einen eindrucksvollen Blick auf die Erde, momentan auf den Afrikanischen Kontinent, und die vielen Shuttles, Raumschiffe und Stationen im Orbit. Und natürlich auf die McKinley-Station, in der die Voyager bearbeitet wurde.
    „Also gut...“, begann Janeway, nachdem Chakotay ihr von den Ereignissen im Alpha-Flyer berichtet hat. „Die Borg haben gesehen, dass der Fluide Raum verseucht wurde. Sie dachten, es wäre eine gute Idee und entwickelten eine Art Krankheitserreger und setzten ihn frei, daraufhin wurde der Fluide Raum verseucht. Spezies 8472 in der Vergangenheit – also vor drei Monaten – dachte, dass die Föderation wieder den Fehler in der Zukunft gemacht hatte und daher griffen sie durch ihre tierischen Racheinstinkte ihre Gegner an. Mit ihrer Zerstörungswut wollten sie alle Humanoiden vernichten. Die ganze Galaxie. Alles war nur ... ein Missverständnis...“ Die Wahrheit tat noch mehr weh als Janeways Kopf, der noch immer durch die Gehirnerschütterung schmerzte.
    „Ja, das ist... furchtbar. Was ich aber nicht verstehe ist: Die Borg haben den Raum doch vor wenigen Tagen wieder verseucht gehabt. Aber wie kann es dann sein, dass obwohl der Raum wieder hergestellt wurde, man in der Vergangenheit annahm, dass die zukünftige Föderation aus dem neunundzwanzigsten Jahrhundert es gewesen ist oder sein würde?“
    Janeway grinste leicht. Sie hatte in dem Moment auch nicht den Antrieb und vor allem Lust, darüber nachzudenken. „Temporale Paradoxien. – Denken wir nicht darüber nach!“
    „Das wird wohl das Beste sein...“, erwiderte Chakotay und schien froh, das Thema wechseln zu können. „Was schreiben Sie in Ihrem Bericht?“
    „Ich weiß nicht“, erwiderte sie, und lehnte sich erschöpft zurück. „Ich denke, ich werde die Wahrheit schreiben. Dass die Bellerophon und die London in eine Falle der Borg geraten sind, die Voyager durch einen Virus und Nanosonden in der Luft assimiliert wurde und wir durch die Hilfe von einigen heroischen Offizieren wieder freikommen konnten...“
    „... und nebenbei die Galaxis gerettet haben“, fügte Chakotay hinzu.
    Der Captain schien weniger optimistisch zu sein und sprach leiser: „Und mit voller Absicht Völkermord begangen haben...“
    Ihr Erster Offizier zeigte sich nicht sehr verständnisvoll. „Völkermord? Wir haben Völkermord begangen? Was ist mit den Borg? Wie viele Völker haben sie umgebracht oder gegen ihren Willen assimiliert? Die Borg bestanden doch praktisch nur aus assimilierten Völkern. Und wenn man bedenkt, welche Qualen man als Drohne durchleben musste, ist es nicht eher sogar eine Völkerrettung gewesen? Kathryn... Sie fühlen sich doch nicht etwa schuldig, oder?“
    „Doch, Chakotay, das tue ich. Wir haben mit den Borg zusammen auch Unimatrix Zero zum Tode verurteilt...“
    „...und Spezies 8472 geholfen!“, entgegnete Chakotay.
    „Ja“, sah die Kommandantin ein, „aber es sind zu viele gestorben. Wir haben Leben vernichtet! Wir haben gegen unsere Prinzipien verstoßen, nur damit wir gerettet werden konnten. Nur weil die Voyager in Gefahr war und Spezies 8472 ganz gelegen kam, wurden die Borg vernichtet! Milliarden kybernetischer Lebensformen starben durch eine gigantische Kettenreaktion und Millionen sind verwirrt und werden an ihrer Desorientierung sterben. Die Borg waren einzigartig. So viele Leben sie auch vernichtet haben mochten... Sie waren etwas Besonderes und wir haben sie vernichtet!“
    Chakotay stand aus seinem Sessel auf und ging zum Fenster. Seine Gedanken rasten. „Aber die Borg waren nichts weiter mehr als ein rachesüchtiger Staat, Kathryn. Wie Sie es bereits gesagt haben... Die Branodoner haben das Kollektiv verändert, ausgenutzt, da sie dachten, dort ihre Perfektion zu finden. Und im Gegenzug haben sie das Kollektiv gestärkt und verändert, so dass es nur noch darauf aus war alles und jeden zu vernichten oder dem Kollektiv zuzufügen. Denken Sie nur, wie viele Leben wir vielleicht gerettet haben... gerettet, vor einer gewaltsamen Eliminierung ihrer Individualität.“
    Chakotay hatte Recht, aber auch sie hatte Recht. Sie musste sich mit jemandem unterhalten, der eine Art programmierten Sinn für Ethik und Moral hatte.

    „Doktor?“ Janeway hatte Holodeck 56 der Raumbasis betreten, in dem sich der Doktor aufhielt und an seiner Stimme arbeitete.
    „Ah... Captain!“, unterbrach er seinen Gesang – beziehungsweise sein hochfrequenziges Gejaule – und kam auf Janeway zu, die am anderen Ende der hölzernen Bühne, hinter einem roten Bühnenvorhang, stand und durch einen Schlitz lugte.
    „Doktor... Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten. Natürlich nur, wenn es Sie nicht stört...“
    Der Doktor schüttelte den Kopf und zog die Augenbrauen hoch, besser gesagt das, was so aussah, wie Augenbrauen. „Nein, überhaupt nicht. Ich war nur gerade dabei, meine Stimmbänder ein wenig zu ... stimmen, da sie ein wenig in Mitleidenschaft gezogen wurden durch Mr. Barclays... Reparaturen!“
    Die letzten Worte klangen ein wenig verärgert. „Sie sind heute übrigens schon die zweite Person, die mit mir reden will“, bemerkte der Doktor, als sie es sich hinter der Bühne im Schminkbereich setzten.
    „So?“, erkundigte sich der Captain. „Wer denn noch?“
    „Nun ja, ich denke, das unterliegt nicht der ärztlichen Schweigepflicht... Es war Crewman Hansen.“
    „Annika? Was wollte sie?“
    Der Doktor lächelte sanft. „Sie wollte sich mit mir über Eifersucht und ... Schuldgefühle unterhalten. Sie trauert Axum sehr nach, ihrem ehemaligen Liebhaber, fühlt sich aber Chakotay gegenüber verpflichtet. Außerdem weiß sie nicht, ob es richtig war, die Borg zu vernichten...“
    Janeway starrte das MHN an. - Annika hatte die gleichen Probleme, die auch sie bereits hatte. Auch Borg konnten sich wieder vollständig zu einem fühlenden und moralischen Wesen zurückwandeln. - Und in dem Moment wusste Janeway, dass sie das Kollektiv nicht hätten zerstören dürfen. Sie hätte es verhindern müssen, die überlebenden Borg retten müssen…. Sie hatte den schwersten ethischen Fehler ihrer Karriere begangen. Sie alle waren nicht besser als die Borg…!


    ...und die Reise geht weiter - am kommenden Sonntag, den 11.08.2002

    Ältere Episoden findet ihr in unserem Episodearchiv...



    GEPLANTE VERNICHTUNG II
    based upon "STAR TREK" created by GENE RODDENBERRY
    produced for TREKNews NETWORK
    created by RICK BERMAN & MICHAEL PILLER and JERI TAYLOR
    executive producers SEBASTIAN OSTSIEKER & MARKUS RACKOW
    co-executive producers NADIR ATTAR & CHRISTIAN GAUS
    producers MILA FRERICHS & STEPHAN DINGER lektor OLIVER DÖRING
    co-producers TIM PRUESSMANN & FLORIAN TSCHRIPKE
    written by MARKUS RACKOW

    TM & Copyright © 2002 by TREKNews Network. All Rights Reserved.
    "STAR TREK" is a registered trademark and related marks are trademarks of PARAMOUNT PICTURES
    This is a FanFiction-Story for fans. We do not get money for our work!
    Production-Code #9ABX11



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    Quelle: treknews.de
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    • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

      Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
      Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
      Schritt 3:

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