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...die letzte Verführung der Nacht

Max Annas - Finsterwalde


einz1975

Empfohlene Beiträge

Die aktuelle Lage in Deutschland ist politisch gesehen zwar ordentlich in Bewegung, dennoch haben wir uns gesellschaftlich und geistig alle doch recht gut weiterentwickelt. Mögen man da 80 Jahre zurückschauen, da sah das doch deutlich anders aus. Max Annas nahm sich die letzten europäischen Ereignisse und hat sie etwas zugespitzt, so dass das Europa so wie wir es kennen nicht mehr existiert. Einige Länder haben sich abgespalten und in vielen gibt es starke Gegenbewegungen, welche auch mit Terrorismus versuchen ihre Ziele durchzusetzen. Deutschland selbst hat sich ebenfalls wieder zurückentwickelt. Es gibt jetzt unterschiedliche Lager, in denen farbige Mitmenschen, welche aufgrund ihrer Hautfarbe in unterschiedliche Lager gesteckt werden. Hier lebt Marie, die noch nicht ganz versteht was hier eigentlich gerade geschieht. Indessen landet Theo direkt aus Griechenland in Berlin und will hier mit seiner jungen Frau ein neuen Leben anfangen.

Um die Chance zu haben hier leben zu dürfen, muss der neue Einwanderer für eine gewisse Zeit eine Fußfessel tragen, mit der man jederzeit weiß wo er ist und was er gerade macht. Gleichfalls herrscht ein strikter Polizeistaat, welcher nicht davor zurückschreckt schnelle Festnahmen durchzuführen und sind die Aussagen gegen die Regierung noch so klein, wird sofort mit Haft gedroht. Das klingt nicht sonderlich demokratisch und nur in kleinen Dialogfetzen oder Radioübertragungen erfahren wir mehr über den Staat und seine Entwicklung. Da hätte Annas ruhig weiter ausholen sollen und mit ein paar tiefen Einblicken glänzen können. Die Geschichte um Marie geht weiter und der erste Tote wird im Lager gefunden. Schnell wird klar, dass er nicht einfach so gestorben ist – Er wurde ermordet. Bei dieser einen Leiche soll es nicht bleiben und nur durch einen Zufall kommt Marie an ein Handy, dessen Inhalt sie hoch motiviert nach Berlin zurückzukommen.

Da ich selbst die Städte Berlin und Finsterwalde kenne, musste ich einfach dieses Buch lesen. Schöne kleine Erinnerungen werden dabei wach und man kann sich gut vorstellen, wo die Handlung gerade stattfindet. Theo ist ein ehemaliger Journalist und findet aktuell keinen Job, allerdings sucht er auch nicht wirklich danach, vielmehr trifft er sich mit ehemaligen alten Bekannten und hängt mit ihnen ab, bis er von irgendwelchen Lagern hört, in denen Menschen festgehalten werden. Natürlich kann man sich denken auf was das hinauslaufen wird und so ist es auch. Dennoch gibt es starke Wendungen, die auch mich deutlich überrascht haben. Zum einen lernen wir dabei die Figuren von einer ganz anderen Seite kennen und zum anderen nimmt der Verlauf der Geschichte einen doch merkwürdigen Verlauf.

Was vorher noch wie eine Suche/Rettung aussah, wird erst einmal eine Flucht und zum anderen ein recht heftiger Kampf ums Überleben. Ob man wirklich so brutal und rücksichtslos wird, wenn man in so einer Situation ist, kann ich selbst nicht sagen, aber zeitweise war es mir doch etwas zu heftig und übertrieben. Die Tiefe der Story geht für meinen Geschmack im Verlauf nach und nach verloren. Wo es am Anfang noch spannend um eine dystopische Zukunft Deutschlands geht, dreht sich später alles nur um das Entkommen. Die Angst und Hast ist dennoch allgegenwärtig und man spürt durch kleinste Details wie sehr den Figuren der Atem fehlt. Das Sterben oder Verschwinden von einigen Figuren war unausweichlich, nur fehlen mir die wirklichen Emotionen oder sind sie alle schon so abgekühlt?

Fazit:
Oh Deutschland was ist mit dir passiert? Falls Max Annas mit seiner Version der Zukunft Recht haben sollte, dann werden wir alle hier keinen Spaß mehr haben. Düster, wie aus den 30/40er Jahren, wären Menschen anderer Hautfarben gefährdet und Überwachung gibt es an jeder Ecke und zu jeder Zeit. Der Autor verbindet die Geschichte der Zukunft mit einem Kriminalfall, einer Flucht und einer Suche. Der sehr interessant gestrickte Anfang geht später leider völlig unter. Ach ja, nur mal so nebenbei, so finster wie der Name, ist Finsterwalde übrigens gar nicht.

Matthias Göbel

Autor: Max Annas
Taschenbuch: 344 Seiten
Verlag: Rowohlt Verlag    
Erscheinungsdatum: 23.07.2019
ISBN: 9783499291685

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Bearbeitet von einz1975
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  • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

    Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
    Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
    Schritt 2: und wenn es in der Nacht nicht hell ist, sollte hier der Haken raus!
    Schritt 3:
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