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...mit dem fantastischen Stempel der guten Laune

Kurt Vonnegut - Die Sirenen des Titan


einz1975

Empfohlene Beiträge

Science Fiction handelt bekanntlich nicht nur von Aliens und Raumschiffen, auch wenn in dieser Geschichte beides auftaucht. Kurt Vonnegut erzählt über das Leben von Winston Niles Rumfoord. Er ist der erste und einzige Mensch, der ein Zusammenstoß mit einem chrono-synklastisches Infidibulum hatte. Winston ist seit diesem Zwischenfall kein normaler Mensch mehr. Er bewegt sich durch Raum und Zeit, jedoch taucht er alle 59 Tage in seiner Heimat Newport wieder auf. Dieses Ereignis wird später so überwältigend gefeiert, dass er zu einer wahren Attraktion und Ikone der Raumfahrt erwächst. Wäre die Geschichte hier zu Ende, würde man eine klassische Sci-Fi-Story in den Händen halten, doch bei diesem Roman geht der Autor weit darüber hinaus.

Winston bleibt nicht die einzige Figur. Er lenkt vielmehr das Schicksal eines Menschen, den er sich auserwählt hat. Winston erzählt Constant, was mit ihm alles passieren wird, denn er kann, wie wir wissen, in die Zukunft reisen und zurück. Constant wird zum Mars reisen, zum Jupiter und zum Titan. Weiterhin wird er sich in die Frau von Winston verlieben und zusammen werden sie einen Sohn haben. Warum aber sollte all das geschehen? Er hat gar keine Absichten ins All zu fliegen, geschweige sich in eine verheiratete Frau zu verlieben?! Die Zeit verrinnt und wir erleben den Verfall des einstigen Lebens von Constant, so dass er doch irgendwann zum Mars aufbrechen muss. Hier kippt die Story und wir erleben den Alltag eines Soldaten auf dem Mars.

Bevor sie auf dem Planeten landen, werden alle noch einmal einer Prozedur unterzogen. Es werden ihnen ihre gesamten Erinnerungen genommen. Name, Herkunft und alles, was man über sich wusste, wird gelöscht. Doch hin und wieder erinnern sich einige an ihr altes Leben, so auch dieser Soldat und damit geht die Geschichte in die zweite Hälfte. Sicherlich ahnt der aufmerksame Leser, worauf das alles hinausläuft, dennoch hält sich der Autor lange zurück, um die Erkenntnisse zu offenbaren. Vonnegut geht bei seiner Erzählung nicht immer geradeaus. Oft schweift er so weit ab, dass man sich ein wenig verloren vorkommt. So beschreibt er für einen Moment eine Person, die wiederum etwas eigenes erzählt, während sie eine Geschichte vorträgt.

Verschachtelt geht es für den Leser sehr mühsam voran. Die Schreibweise und der Erzählstil sind wahrlich meisterlich eigenartig. Von der banalsten Situation, zu einer grausamen Tat ist alles dabei, was man in so einen Roman stecken kann. Die außergewöhnlichen Lebewesen oder Raumschiffe spielen zwar nur Nebenrollen, helfen dem Autor aber, dass man das neue und nicht zu verstehende seines Textes auch gar nicht erst hinterfragt. Schließlich ist es Science Fiction und manchmal taucht sie einfach nur in der Art und Weise auf, wie einer etwas macht, was noch keiner vor ihm machte. Neben dem Roman selbst, gibt es noch ein Vorwort von Denis Scheck, welches vielleicht ein klein wenig Erkenntnis für einige Situationen des Romans liefert.

Fazit:
Die Verlockung ohne Gesang! Sirenen sind Fabelwesen aus der griechischen Mythologie. Ihr betörender Gesang soll vorbeifahrende Schiffer anlocken, worauf sie tödlich verunglücken. Damit hat Kurt Vonnegut den wohl passendsten Namen für seinen Roman gefunden. Während des Verlaufs breitet sich ein wahrer Teppich an Ideen und Richtungen aus, dass man schnell nicht mehr nur mitliest, sondern sich darin verliert. Das Spiel von Rumfoord und seine gelenkten Figuren agieren genauso puppenhaft, wie die störrische Erzählstruktur. Der Autor flaniert in seiner Welt und erzählt einfach drauflos, ohne immer ein Ziel vor Augen zu haben. Die Science Fiction hilft ihm dabei seinen Text so hinzunehmen, ob man will oder nicht. Kurt Vonnegut schuf mit „Die Sirenen des Titan“ Sci-Fi-Literatur, die allein schon durch den Schreibstil schwer einzuordnen ist und noch immer nicht für jeden Zugang gewährt.

Matthias Göbel

Autor: Kurt Vonnegut
Übersetzung: Harry Rowohlt
Broschur: 350 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Veröffentlichung: 15.03.2023
Erstveröffentlichung: 1959
ISBN: 9783453322585
 

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