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  • Monitor - 2x06: Wiedersehensfreude

    Die Voyager kehrt zurück!
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    • TheOssi
    Eine Mordserie wird an Crewmitgliedern der gerade erst heimgekehrten U.S.S. Voyager durchgeführt. Inoffiziell soll die Crew der Monitor ermitteln, doch wer ist der Täter?

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    Monitor 2x06 "Wiedersehensfreude"
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    Sie waren zurück. Obwohl es schier unmöglich schien. Und wenn überhaupt, so hatte man mit ihrer Rückkehr frühestens in zehn Jahren gerechnet. Diese Berechnungen waren hinfällig, denn nun waren sie da. Sie waren wieder Zuhause. Alle freuten sich. Alle jubelten dem Schiff und seiner wackeren Crew zu. Und ganz besonders ihrem Captain, der Frau, die das Schiff über sieben Jahre lang durch die Gefahren des unbekannten Raumes gelotst hatte. Sie galt als Heldin. Diese Schlange!
    Ramona ging zur Wand. Dort hing eine seiner letzten Hinterlassenschaften. Er hatte es ihr gegeben, für den Fall der Fälle.
    Diese Frau, dieser Captain ließ sich nun als Heldin feiern und hatte ihn doch nicht zurückgebracht. Er blieb in seinem kalten Grab dort draußen, in den unbekannten Weiten. Verdammt, es gab nicht einmal eine Leiche, die man bestatten konnte.
    Sie öffnete eine Verkleidung der Wand und griff hinein. Heraus nahm die Dame ein Gewehr. Eine Waffe der Sternenflotte, konstruiert für den Kampf gegen die Borg.
    Oh ja, diese Crew hatte den Bord oft genug getrotzt. Es schien nur gerecht, wenn sie ihre Läuterung durch diese Waffe erfahren würde!
    Ramona wog sie in der Hand. Es war leicht, einfach zu bedienen. Sie drückte einen Knopf an der Seite, das Gewehr summte auf. Ah, gut! Es funktionierte noch. Selbst wenn es schon kaputt gewesen wäre, sie hatte genügend Ausweichpläne. Doch es schien irgendwie passend, die erste Aktion mit dieser Waffe auszuführen.
    Die Dame verlangte ja nicht viel. Nur Gerechtigkeit. Und etwas Respekt, Respekt vor der Leistung ihrer Familie, die ihr nun entsagt blieb. Ah, sie konnte die Blicke der anderen nicht mehr ertragen. Vielleicht sollte sie sie auch auf ihre Liste setzen. Nein, das konnte sie nicht, es wäre zu auffällig.
    Ramona würde sich ihre Rache für später aufheben. Für die richtigen.

    Lieutenant-Commander Bruce Land, erster Offizier des Föderationsraumschiffes Monitor, schaute sicherlich zum fünfzigsten Mal innerhalb dieser Stunde auf das Chronometer, daß in der rechten oberen Ecke eines Bildschirmes lief, der an der gegenüberliegenden Wand angebracht war. Der Commander wackelte unruhig mit den Füßen, während er auf einem Stuhl vor dem Saal saß, in dem die Zukunft seines Freundes und Kommandanten entschieden wurde. Der Stuhl und mit ihm der Saal befanden sich in dem Justizgebäude der Sternenflotte, ein mehrere hundert Jahre alter Komplex neben dem Sternenflotten-Hauptquartier. Anders als bei den anderen Gebäuden hatte man hier einen bewußt antiken Stil gewählt, den der Erde des 21. Jahrhunderts. Darunter fielen gemusterte Fließen, die beim Laufen laut hallten, alte Holztische und Türen, die nicht durch einen Computer geöffnet wurden, wenn man hindurch gehen wollte.
    Doch trotz dieser eigentlich faszinierenden Umgebung (oder gerade deswegen) fand Land keine Ruhe. Im Saal fand kein Kriegsgericht statt, zumindest noch nicht, aber der Ausgang dieser Anhörung war nicht minder relevant für das weitere Schicksal von Captain John Lewinski. Bruce Land spürte wieder diese Wut in sich hochkommen, als er an die Ereignisse dachte, die seinen Captain erst in diese Lage gebracht hatten. Sein geklonter Doppelgänger, die manipulierten Sensoren, die Geschichte um eine angeblich vulkanische Verschwörung. Ein Hirngespinst, ausgedacht von einer Organisation, die auf angsteinflößende Weise innerhalb der Föderation existierte: Sektion 31. Eine Sektion des Geheimdienstes, der sich zu einer Zeit von der Regierung abgespalten hatte, bevor es überhaupt erst eine Föderation gegeben hatte. Sie trieb ihr Unwesen, konspirierte, trieb rechtschaffene Leute in den Ruin, sofern es ihrer Sache dienlich war. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte der Plan der Sektion 31 zur Ausrottung der Gründer geklappt.
    Dieses Mal ging es nicht um ein ganzes Volk, sondern nur um einen Menschen. Um einen Mann, der seit leben lang gute Dienste für die Sternenflotte geleistet hatte und in zwei Kriegen gekämpft hatte. Der sogar kurz vor diesen unglücklichen Ereignissen die höchste Ehrung, die in der Föderation üblich war, bekommen hatte. Daher hatte Captain Lewinski eine Gefahr für die Sektion 31 dargestellt. Sagten sie. Land konnte es jedoch nicht glauben....
    Die beiden Holztüren öffneten sich. Es waren bei einer Anhörung keine Zuschauer zugelassen, daher verließen Captain Lewinski und sein alter Förderer Admiral Kashari als erster den Saal. Ohnehin gab es zur Zeit kaum Leute, die diesem Fall Aufmerksamkeit zukommen ließen. Der Grund war klar: die Voyager war, mittels eines Transwarpkanals zurückgekehrt, genauso, wie es die Monitor gemacht hatte, als sie im Gamma-Quadranten gestrandet war. Land freute sich für diese Crew, doch im Moment hatte er andere Sorgen.
    Die Mienen der beiden Offiziere zeigten keine Spur von Freude oder auch Enttäuschung, als sie herauskamen, sie blieben vollkommen neutral. Lewinski trat sofort zu seinem ersten Offizier und blickte ihn ernst an. War er verurteilt worden?
    „Kommen sie, Bruce, wir gehen.“
    Beide verließen sie, in Begleitung des Admirals, das Justizgebäude. Anscheinend wollte der Captain woanders reden.

    Der Bericht des ersten Offiziers der Monitor war trocken, ernüchternd.

    Nachdem Captain Lewinski das Schiff widerrechtlich übernommen und einen Großteil der Besatzung an Bord geholt hatte, startete er in Richtung Wolf 359 zwecks Zerstörung des Transportschiffes. Der Mannschaft ist kein Vorwurf zu machen, eher mir, denn als erstem Offizier oblag es mir, den Captain von seinem Kommando zu entbinden. Nichtsdestotrotz habe ich....

    Die Worte verschwammen nun vor Danny Birds Augen. Ungläubig rieb er sich die Augen, doch der Bericht war immer noch da. Danny war nicht dabei gewesen, als sein Kommandant drauf und dran gewesen war, seine Karriere zu zerstören. Nein, der Sicherheistchef der Monitor hatte sich in einem anderen Universum befunden, um seinen eigenen, ganz persönlichen Krieg zu führen. Obwohl er nichts dafür konnte, fühlte sich Lieutenant Bird schuldig. In ihm war dieses Gefühl, nicht da gewesen zu sein, wenn man ihn brauchte. Wie würde er nun reagieren, wenn er dem Rest der Besatzung gegenübertrat? Was würde der Captain sagen, wenn Bird sich dafür entschuldigte, daß er nicht dagewesen war? Mußte er sich überhaupt entschuldigen? Danny wusste es nicht. Fragen über Fragen, keine Antworten. Doch, keine Antwort in dem Sinne, eher eine Gewissheit. Sie formte sich direkt in seinem Geiste, nahm schließlich sein ganzes Denkvermögen ein. Nicht hier herumsitzen war angesagt, sondern zur Tat mußte er schreiten. Nicht warten, bis sein Schicksal zuschlug, sondern selber die Initiative ergreifen. Er mußte den ersten Schritt machen.
    „Computer,“ sprach Bird in Richtung Wand, „verbinde mich mit Lieutenant Ardev!“

    Sie beide haben dem Trubel, den Menschen entfliehen wollen. Tausende Bürger San Franciscos waren auf den Straßen, um die Besatzung der USS Voyager zu begrüßen. Eilig wurden Reden und Ehrungen vorbereitet, doch im Moment sehnte sich Captain Lewinski nach Ruhe, nach Abgeschiedenheit. In Nordamerika konnte er diese nicht finden, doch sein Freund Bruce Land wußte, wo sie hingehen konnten: in Lands Haus, daß sich mitten in der Natur Englands befand. Die umliegenden Hügel waren saftig grün, eine leichte Brise wehte von Westen herauf und in weiter Entfernung waren prächtige Berge zu sehen. Wenn man lange genug wartete, waren Tiere wie z.B. Rehe zu sehen, die durch die Natur tollten. Lewinski atmetet tief die frische Luft ein und spürte, wie sich sein Körper entspannte. Sein erster Offizier lächelte.
    „Schön, nicht wahr? Deswegen kehre ich so gerne hierher zurück.“
    Der Kommandant der Monitor nickte. Das altmodische Haus befand sich schon seit Generationen im Besitz der Familie Land. Äußerlich entsprach es immer noch einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, doch innerlich hatte man immer wieder an einigen Stellen dafür gesorgt, daß man mit der Zeit ging. Doch der Kamin war immer noch da und spendete den beiden Männern nun eine wohlige Wärme. Es tat gut, endlich mal etwas richtig altmodisches zu tun, ohne die Hilfe von Computern. Es erschien einem seltsam richtig etwas in der Art zu machen, wie es schon seit Jahrtausenden bei den Menschen üblich war. Einige Minuten saßen beide nur so da, beobachteten, wie das Feuer im Kamin züngelte, kleine Funken hochstiegen und die Wärme ihren Körper von der leichten Kälte befreite.
    „Und?“ fragte Land.
    John antwortete nicht. Es war nicht so, daß er nicht darüber sprechen wollte, nur mußte er noch die richtigen Worte formulieren.
    „Ich...,“ setzte der Captain an, dann schloß sich sein Mund wieder. Wie sollte er anfangen? Was sollte er sagen? Bruce Land blickte ihn geduldig an. Er war sein Freund. Er teilte seine Sorgen und sein Glück. Lewinski mußte glücklich sein, daß er ihn hatte.
    „Es war eine lange Anhörung gewesen,“ begann Lewinski schließlich. „Erst wurde ich in den Zeugenstand gerufen, dann der Admiral. Hinterher kontrollierte man die Sensoraufzeichnungen, auf denen wie angekündigt nichts zu sehen war. Dann ihre Zeugenaussage, Bruce, und im Anschluß die des Hafenmeisters der McKinley-Station. Es war ein hin und her. Admiral Kashari machte mehr als einmal klar, daß er selber gesehen hatte, wie ich manipuliert worden bin. Bis zum letzten Augenblick hielten sich die Richter mit ihrer Entscheidung bedeckt, dann kam sie.“
    „Und?“
    „Freispruch.“
    Eigentlich ein freudiger Ausgang, doch Lewinski klang überhaupt nicht erfreut oder glücklich. Statt dessen blieb er vollkommen neutral, fast schon melancholisch.
    „Captain, das ist doch gut oder?“
    „Ja, aber sie haben es geschafft,“ entgegnete John und blickte seinen ersten Offizier traurig an.
    „Was?“
    „Auch wenn ich in diesem Punkt nicht schuldig bin: ich werde für immer an mir selber zweifeln, an meiner eigenen Urteilsfähigkeit, an meiner Fähigkeit, Richtig von Falsch zu unterscheiden. Es stimmt, ich bin nicht verurteilt worden, doch Sektion 31 hat mir trotzdem geschadet, denn sie zeigten mir, daß sie mich zerstören können, wann immer sie es wollen. Und diese Erkenntnis frisst mich auf, Bruce.“
    Darauf konnte keiner der beiden etwas erwidern. Und so starrten beide gemeinsam ins Feuer, stundenlang, so als ob es die benötigten Antworten liefern könnte.
    Dann, nach zwei langen Stunden, durchbrach Bruce Lands Stimme das Schweigen.
    „Wir finden sie John, die Sektion 31. Und dann sorgen wir dafür, daß sie nie wieder jemanden manipulieren können.“
    Lewinski nickte. Dies war das mindeste, was er tun konnte.

    Feuerwerke explodierten über der Stadt, die von ihren Bewohnern liebevoll „Frisco“ genannt wurde. Viele Menschen waren auf den Straßen, feierten und freuten sich über die Rückkehr des Raumschiffes Voyager, das so lange Zeit verschollen war. Viele Shuttles rasten durch die Lüfte, transportierten größtenteils Familienangehörige der Crew, die nun endlich ihre Verwandten wiedersahen. Manche Kinder lernten sogar eines ihrer Elternteile zum ersten Male kennen.
    Ramona jedoch konnte nicht feiern. Sie war auch nicht glücklich über die Rückkehr der Voyager. Nun ja, vielleicht doch ein wenig. Immerhin bekam sie so die Chance, ihren Plan durchzuführen. Einen Plan, den sie sich schon vor gut anderthalb Jahren zurecht gelegt hatte. Sie packte das Gewehr etwas fester und kletterte den grünen Hügel hoch. Das Gras war saftig und von dieser kleinen Anhöhe konnte man die ganze Schönheit der Bucht bewundern. In einiger Entfernung ragte die Golden Gate Bridge auf. Wie oft hatten sie in ihrer Kindheit hier gesessen, hatten den Lichtern der Stadt zugesehen, wie sie unentwegt blinkten und funkelten. In Nächten wie diesen hatte „Rudy“ wie sie ihn seit ihrer frühsten Kindheit nannte von den Sternen erzählt und wie man zu ihnen reisen konnte. Ja, er war schon immer von der Raumfahrt fasziniert gewesen, ihm Gegensatz zu Ramona, die lieber Künstlerin werden wollte. Beide hatten ihr Ziel erreicht, doch für John hatte dies schlimme Folgen gehabt. Wieder presste sie das Gewehr fester an ihren zierlichen Körper. Bald war es soweit, bald...
    Sie legte sich flach aufs Gras, verschmolz so mit der Landschaft. In dem Haus, das 500 Meter entfernt war (sie hatte es Monate zuvor ausgemessen) ging das Licht an und eine Person, die das Appartment schon lange nicht mehr betreten hatte, trat an das große Panoramafenster. Sie kannte den Mann, der dort stand, John hatte ihn ihr vor einigen Jahren vorgestellt. Damals war er ihr nett erschienen, verständnisvoll. Wie hatte sie sich nur so täuschen können? Langsam aktivierte sie das Zielfernrohr, spähte sachte hindurch. Der Mann schien nun genau vor ihr zu stehen, so klar war die elektronische Linse. Ob er sein Ende kommen sah? Sicherlich nicht, so arrogant wie er da stand. Er war zurückgekommen, John nicht. Dafür sollte er zahlen!
    Ramona drückte den Abzug durch. Ein kurzer Phaserimpuls löste sich aus dem Gewehr, überbrückte die Entfernung in weniger als einer Sekunde und traf den Mann mitten in die Brust. Sie spähte wieder hindurch: ja, er rührte sich nicht mehr, sie hatte es geschafft. Gute Arbeit!
    Langsam kletterte sie wieder vom Hügel hinunter und verstaute das Gewehr in einem Loch, daß sie Tage zuvor gegraben hatte. Dort würde es so schnell keiner finden. Und selbst wenn, was sollte es schon?
    Einer erledigt, vier waren noch da.
    Und dann erklang ein fröhliches Pfeifen aus einer Wohngegend nahe der Bucht von San Francisco, eine Stimme, die ein altes Kinderlied pfiff...

    Immer noch hatte die Leichenhalle eine morbide Atmosphäre, was wohl hauptsächlich daran lag, daß sie immer noch in einem alten Baustil gehalten war. Mehrere Personen standen vor einem Stasisfeld, das eine Leiche davor bewahrte, noch weiter zu verwesen. Es war der Mann, der gestern Nacht auf hinterhältige Weise erschossen worden war, was auch der Arzt bestätigte. Inspektor Dwight blickte besorgt zu der Leiche. Der Mann vom SFPD hatte wie so viele Menschen nur wenige Tote in seinem Leben gesehen, daher schockierte ihn der Anblick sehr. Die Vorstellung, daß jemand das Leben eines anderen aus irgendeinem unerfindlichen Grund beenden wollte, behagte ihm nicht.
    „Haben sie ihn schon identifiziert?“ fragte Dwight und der Arzt hob ein Padd auf, von dem er die Ergebnisse vorlas:
    „Bei dem Toten handelt es sich um Angelo Tessoni, einem Mensch, 32 Jahre alt. Er war Mitglied der Sternenflotte, Crewman.“
    „Was diesen Fall zu einer Angelegenheit der Sicherheitsabteilung der Sternenflotte mach!“ unterbrach ein weiterer bis dahin stiller Gast die Ausführungen.
    „Commander Arazi,“ entgegnete Dwight beschwichtigend, jedoch bestimmt, „dies ist ein Fall für die San Franciscoer Polizei. Immerhin wurde der Mord eindeutig in dieser Stadt verübt, oder etwa nicht?“
    „An einem Mitglied der Sternenflotte, einem Crewman,“ gab der dunkelhäutige Mann zu bedenken. Er war nicht so früh aufgestanden, um sich dann so leicht abschütteln zu lassen. „Zudem handelt es sich bei Crewman Tessoni um ein Besatzungsmitglied der Voyager.!“
    „Voyager?“ Nun klingelte es bei Dwight, wieso die Sternenflotte einen Mann geschickt hatte. „Könnte das Schiff irgendeine Bedeutung bei diesem Fall haben?“
    „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.“
    Um Himmels Willen, das letzte, was das SFPD gebrauchen konnte, waren einige Sternenflottenoffiziere, die sie bei der Arbeit behinderten. Er mußte dem ganzen jetzt ein Riegel vorschieben, bevor es zu spät war.
    „Bei allem nötigen Respekt, Commander Arazi, aber diesen Fall übernehmen wir.“
    Damit verschwand der Inspektor, gefolgt von seinem jungen Kollegen. So entgingen ihnen die leisen Worte, die Arazi verschwörerisch murmelte:
    „Wir werden sehen, Inspektor, wir werden es ja sehen.“

    Die letzte Nach hatte er dann doch in seinem Haus in Toronto verbracht. Zwar hatte Bruce ihm ein Zimmer bei sich angeboten, doch Lewinski hielt es für das beste, endlich wieder im heimischen Bett zu schlafen, was die richtige Entscheidung gewesen war. Er konnte nur selten hierher zurückkehren, also wieso nicht die Gelegenheit beim Schopfe packen. Wie für jeden Raumfahrer war es die ersten Stunden gewöhnungsbedürftig, mal nicht das Piepen oder Rauschen von Maschinen zu hören, sondern einfach nichts. Absolute Stille. Ein Zustand, der höchst entspannend war. Der Captain der Monitor reckte sich noch einmal in seinem Bett. Es war zu schön, um aufzustehen, zumindest bis jetzt.
    Der Computer auf dem gegenüberliegenden Schreibtisch summte. Lewinski seufzte und überlegte, ob es sich lohnte, für diesen Anruf aufzustehen. Er ließ es fünf, sechsmal läuten, bis er sich schließlich dazu durchrang, den Anruf entgegenzunehmen. Schon im nächsten Moment bereute er seine Entscheidung.
    „Admiral Jellico!“
    Oh nein, dachte Lewinski ernüchtert, der Griesgram der Sternenflotte! Muß das sein?
    Statt desssen brachte John natürlich andere Wort über seine Lippen:
    „Sir, schön, sie wiederzusehen.“
    „Kann ich nicht von mir behaupten,“ entgegnete Jellico kalt und blickte ihn finster an. Unwillkürlich mußte sich John fragen, ob der Admiral jemals in seinem Leben gelacht hatte.
    „Captain, was ich ihnen jetzt auftrage, ist nicht auf meinem Mist gewachsen, im Gegenteil: wenn es nach mir ginge, säßen sie schon in irgendeiner Strafkolonie.“
    „Verstanden, Sir.“
    Eine solche Abneigung hatte Lewinski beim besten Willen nicht erwartet. Jedoch sprach es für seine Fähigkeiten, wenn er trotzdem für diese Mission ausgewählt wurde, wie immer sie auch aussehen mochte.
    „Captain, hören sie mir zu: gestern Nacht wurde ein Crewman namens Angelo Tessoni in seinem Haus in San Francisco ermordet. Die örtlichen Behörden weigern sich, mit uns zusammenzuarbeiten, also werden wir, oder besser gesagt Sie, unsere eigenen Ermittlungen machen. Finden sie so viel wie möglich raus und dann schnappen sie den Täter. Jellico Ende.“
    Und weg war er wieder! Der Admiral hinterließ nur eine Datei mit den bisher vorliegenden Fakten des Falls. Lewinski schüttelte den Kopf bei einer solchen Dreistigkeit. Nun gut, zumindest gab es wieder etwas zu tun, etwas, womit er seinen Namen wieder reinwaschen konnte. Dazu brauchte er nur die Hilfe seiner Freunde und Kameraden...
    Ramona war zufrieden. Alles war gut gelaufen, man hatte sie nicht entdeckt. Der erste Schuldige war seiner gerechten Strafe zugeführt worden. Fünf weitere fehlten noch, doch keine Angst, sie würden noch rankommen. Ein Satz geisterte immer wieder durch Ramonas Kopf:
    „Man erntet, was man sät!“
    Ja, sie würde wirklich das erntet, was sie vor einigen Jahren säte. Sie würde für John büßen müssen. Dafür würde Ramona schon sorgen. Sie war hochkonzentriert, fixiert auf ihr nächstes Ziel. Wieder ein Mann. Gutaussehend. Schuldig. Kurz blickte Ramona rüber zu Johns altem Bild. Wie würdevoll er darauf doch aussah, trotz seines Alters. Das Lächeln, das wahre Freude über das erste eigene Kommando ausdrückte, sie saubere Uniform, die ihm so gut stand...
    Ramona holte ihre Werkzeuge hervor. Sie musste noch einige Leitungen neu verlegen. Dann würde Nr. 2 dran sein. Ganz bestimmt...

    Der Captain hatte die Crew der Mannschaft in den Fall instruiert. Jedermann hatte verschiedene Aufgaben zu bewältigen bekommen. Lieutenant Ardev hatte den Auftrag, an Bord der Monitor mehr über den Hintergrund des Opfers in Erfahrung zu bringen, auch wenn er im Moment mehr mit dem Gespräch mit seiner neuen Liebe beschäftigt war.
    „Machen wir heute was?“ fragte ihn Arena Tellom lächelnd.
    „Keine Ahnung,“ erwiderte der Andorianer und lächelte zurück. Beide saßen auf der Brücke an dem hinteren Tisch und gingen mehrere Datenpadds durch, auf denen der Lebenslauf von Angelo Tessoni aufgezeichnet war. Der Mann hatte eigentlich ein recht ruhiges Leben geführt, abgesehen natürlich von der Tatsache, daß er mit der USS Equinox im Delta-Quadranten verschollen und dann von der Voyager aufgelesen worden war. Gab es zwischen den beiden Schiffen eine Verbindung? Oder doch gar keine?
    Der derzeitige Kommandant der Monitor, die sich zur Zeit im Orbit der Erde befand, betrat die Brücke und ging sofort zu den beiden Offizieren.
    „Guten Tag, Lieutenant Bird,“ begrüßte ihn Ardev knapp.
    „Wie geht’s voran?“
    „Naja.“
    Dies war das erste Mal, daß Danny Bird die Leitung über das Schiff innehatte und auch wenn es sich zur Zeit auf keiner Mission befand, war dies doch ein großer Moment für ihn. Seltsamerweise hatte ihn keiner nach dem Grund gefragt, wieso er die letzten Tage wie vom Erdboden verschwunden war. Vielleicht hatte die Mannschaft dies auch gar nicht zur Kenntnis genommen, wobei ihn diese Erklärung sehr ärgern würde, weil sie bedeuten würde, daß er entbehrlich, ersetzbar war.
    „Kein Anhaltspunkt?“
    „Nein, Sir,“ antwortet Tellom, „dieser Mann war total gewöhnlich. Keine nennenswerten Feinde, keine Schulden, keine Vaterschaftsklagen.“
    Das letzte war als Witz gedacht, doch niemand lachte.
    „Ein ganz gewöhnlicher Mann...,“ murmelte Bird und dachte nach. Wieso sollte jemand sterben, der überhaupt keine Feinde hatte? War hier ein Serientäter am Werk, der wahllos, ohne Motiv Menschen tötete? Ein solcher Mann wäre sicherlich am schwersten zu fassen....
    Doch, eine Möglichkeit gab es noch.
    „Wenn er also keine Feinde oder Probleme hier hatte,...“ fing Bird leise an.
    „....wie sieht es dann mit seiner Zeit im Delta-Quadranten aus?“ komplettierte Ardev den Satz und nickte. Natürlich! Wenn es hier keine Anhaltspunkte gab, so war dies nur natürlich. Doch wie sah es mit Tessonis Leben aus, als er Lichtjahre entfernt auf einem Raumschiff Dienst tat?
    Diese Erkenntnis veranlaßte Bird dazu, mit den Augen zu rollen.
    „Na großartig. Dann ist ja also nur die ganze Crew der Voyager potentiell verdächtig.“
    Fähnrich Tellom erkannte das Problem als erstes und setzte Prioritäten:
    „Ardev, ich glaube das wird nichts heute Abend!“

    Sie hatten gelacht. Sie hatten gefeiert. Man hatte sich gefreut. Dann, nach einem tragischen Ereignis, war alles schlagartig zu Ende gewesen. Zumindest für sie, die Crew der gerade nach Hause zurückgekehrten Voyager. Natürlich, man freute sich noch, man traf wieder die Verwandten, doch nun wirkte alles so bedrückt. Captain Janeway selbst war in Tränen ausgebrochen, als sie daheim, auf der Farm in Indiana, als sie von der Nachricht des Mordes an Angelo Tessoni gehört hatte; so hieß es zumindest. Ob die Frau, die all die Jahre lang ein standhaftes Vorbild für ihre Mannschaft gewesen war, würde sich wohl nie klären lassen, doch dafür würde der Mord an Tessoni aufgeklärt werden. So hoffte zumindest sein bester Freund Brian Sophin. Allein stand er an der Hauptstraße San Franciscos und beobachtete die glutrote Sonne, wie sie langsam hinter dem Horizont versank. Es schien fast so, als tauche sie ins Meer ein, um sich selbst abzukühlen und dem Mond zeitweilig das Firmament zu überlassen. Sophin schluckte. An dieser Stelle hatten zu Akademiezeiten Angelo und er gestanden und mit diesem eindrucksvollen Naturschauspiel versucht, weibliche Kadetten aufzureißen. Mit zweifelhaftem Erfolg, wie er sich trotz der Umstände lächelnd entsann. In seinem ersten Jahr hatte Tessoni doch tatsächlich versucht, eine Frau anzumachen, die kurz vor dem Abschluß stand: Kadett Elizabeth Paula Shelby. Wie bei so vielen jungen Damen zuvor hatte Brian die beiden zu diesem Platz gefahren, damit sie den Sonnenuntergang bewundern konnten und hatte die beiden aussteigen lassen, während er geduldig im Shuttle gewartet hatte. Doch das Rendezvous lief leider nicht ganz so, wie es sich Tessoni vorgestellt hatte. Statt eines liebevollen Kusses kassierte er einen kräftigen Aufwärtshaken von Shelby, der ihm die Nase brach und ihn anschließend in den Fluß stürzen ließ. Elizabeth Shelby hatte zwar sofort das Mißgeschick erkannt und war ihm nachgesprungen, doch sie entschuldigte sich nicht für ihre Tat. Im Nachhinein erfuhr Brian von seinem Kumpel, daß er einen Spruch losgelassen hatte, der wie er sagte „noch zu früh für dieses Stadium ihrer gemeinsamen Beziehung“ gewesen war, was auch immer dies heißen wollte. Aus diesem Vorfall zog der Italiener Tessoni seine Lehre und baggerte nie wieder eine ältere Frau an, obwohl er hin und wieder immer wieder auf Elizabeth Shelby zu sprechen kam, an der er anscheinend einen Narren gefressen hatte.
    Nun war Angelo tot. Ob Commander Shelby, die inzwischen erster Offizier des Raumschiffes Excalibur sich auch dieser Episode entsann, während sie die Nachricht von der brutalen Ermordung Tessonis bekam? War sie genauso entsetzt wie seine Kameraden und Familienmitglieder oder würde sie es nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis nehmen? Brian hoffte es nicht und seufzte geräuschvoll. So viele Jahre....Immer hatte er mit Angelo auf dem selben Schiff gedient, immer. Deswegen hatte er auch nicht Nein gesagt, als Tessoni ihm angeboten hatte, mit ihm auf die Equinox zu gehen. Es sei ein neues Schiff, hatte sein bester Freund beteuert, ausgestattet mit neusten Geräten und fähigsten Besatzungsmitgliedern. Und da es nur ein Kurzstreckenschiff sei, wäre man nahe dran an der Heimat.
    Brian schüttelte den Kopf, als er sich der Ironie entsann. Sie hatten auf dem Schiff angeheuert, um näher an zu Hause zu sein, statt dessen brachte es sie weiter weg, als er es sich jemals hatte vorstellen können; in den Delta-Quadranten. Hätten sie doch niemals die Badlands untersucht, hätte der Fürsorger sie doch nie in seine Hände bekommen... fünf Jahre lang, fünf Jahre kämpften sie sich durch, hofften auf eine Rückkehr, hungerten zum Schluß und verrieten ihren Eid, den sie geleistet hatten. Sie hatten ihn verraten, weil sie an Captain Ransom geglaubt hatten. Im Nachhinein war dies falsch gewesen, doch hätten sie dies schon damals erkennen können? Wie? Durch die Nachlässigkeiten im Protokoll oder aufgrund der Befehle, die er gab?
    Und zum Schluß hatte der Captain sein Unrecht erkannt und sie doch gerettet, indem er sie auf das erst vor kurzem getroffene Raumschiff Voyager gebeamt hatte, bevor er selber durch die Explosion der Equinox starb. Und immer noch waren Tessoni und er im Delta-Quadranten gestrandet gewesen, diesmal jedoch auf einem anderen, besseren Schiff. Ja, sie waren degradiert worden, doch anschließend gaben sie ihr bestes, um endlich nach Hause zu kommen. Mit vereinten Kräften hatten sie es geschafft. Und nun, am Ziel ihrer Träume, war Angelo nicht mehr da, er konnte nicht mehr den Lohn genießen, den er sich so hart erarbeitet hatte. Wegen einem Menschen, der ein Verbrechen begannen hatte, daß auf der Erde als ausgerottet gegolten hatte.
    Brian schluckte und drehte sich um, ging zurück zu seinem Shuttle. Es war so unfair, so abartig, so barbarisch. Er beschloß nach Hause zu fliegen und zu schlafen. Lange zu schlafen und dabei über die neue Situation nachzudenken. Das Schott seines eigenen Privatshuttles schlossen sich leise. Mit geübten Handgriffen aktivierte Brian Sophin die Kontrollen des Schiffes. Erst den Antrieb, dann die Lichter und zuletzt gab er den Kurs ein. Dann aktivierte er den Knopf zum Abheben und spürte dann ein heißes Feuer, ein Brennen, daß ihn aufschreien ließ, doch er kam nicht mehr dazu, denn es kam alles zu schnell. Und dann spürte er nichts mehr...
    In ganz San Francisco war der Donnerschlag zu hören, als das kleine Shuttle explodierte. Trümmer regneten vom Himmel und Rauch verdunkelte kurzfristig den Himmel. Anwohner rannten sofort bereit um zu helfen, doch sie konnten nichts mehr tun.
    Nummer Zwei war erledigt. Vier fehlten noch.

    Niemand hatte einen Fehler begangen. Es konnte ihnen nicht vorgeworfen werden, daß sie nicht hart genug gearbeitet hätten oder nur irgendwelchen Trugbildern hinterher gerannt wären, doch obwohl sie nichts falsch gemacht hatten, war Brian Sophin, ehemaliges Mannschftsmitglied der USS Voyager, tot; getötet durch eine Bombe, die in seinem Shuttle deponiert worden und bei dem Startbefehl explodiert war. John Lewinski betrachtete die Leiche intensiv, obgleich es ein schauriger Anblick war. Vom optischen her konnte man nicht mehr erkennen, ob es sich bei dem Toten um Brian Sophin oder überhaupt um einen Mensch handelte. Erst mittels einer DNA-Untersuchung hatte Dr. Frasier, die Bordärztin der Monitor, den Leichnam identifizieren können. In einer Nacht und Nebel-Aktion hatte man sie und den Captain in das Leichenhaus des SFPD gebracht, wo sie ungestört und anonym die Leiche untersuchen konnten. Während die kleine Frau den Leichnam ausführlich untersuchte, blieb Lewinski nichts anderes übrig, als zu warten. Zu warten und auf den verbrannten Fleischberg zu starren, der einmal ein Mensch gewesen war. Der Anblick war schrecklich. Er konnte ihn kaum ertragen. Doch Lewinski widersetzte sich dem Drang, wegzuschauen. Diese Leiche mußte die letzte werden, weitere Tote waren nicht gestattet, dies schwor sich der Kommandant der Monitor! Doch wo anfangen? Sie hatten keine Spur des Täters. Das Shuttle war meisterhaft präpariert worden, nirgends waren Spuren des Täters zurückgeblieben. Wie sollte man jemanden einfangen, von dem man nicht einmal wußte? Lewinski seufzte, ahmte so, ohne daß er es wußte, eine der letzten Gesten Brian Sophins nach. So viele Fragen, so gut wie keine Antworten. Lieutenant Ardev checkte alles, was mit der Voyager zu tun hat, während Danny Bird die Tatorte inspizierte. Immer noch war es ungeklärt, wo der junge Offizier die letzten Tage gesteckt hatte. Zur Zeit mußten jedoch wichtigere Fragen beantwortet werden.
    Was haben diese beiden Menschen verbrochen? fragte sich John immer wieder.
    „Gehen sie ruhig.“
    „Was bitte?“
    „Gehen sie ruhig,“ sagte Dr. Frasier lächelnd (was seltsam angesichts der Leiche wirkte, die sie untersuchte), „das dauert hier noch eine ganze Weile.“
    Lewinski nickte. Sie hatte recht. Er brauchte hier nicht seine Zeit zu verschwenden. Er steckte die Hände in seine Jeans (die Uniform hatte er der Diskretion wegen abgelegt) und schlenderte zum Ausgang. Dann hielt er wieder an.
    Tessoni und Sophin. Zwei Freunde. Ein Schiff.
    Endlich hatte er einen Anhaltspunkt, genauer gesagt eine Person, mit der er sprechen konnte. Schnell ließ er sich, sobald er außer Sichtweite von Passanten war, auf sein Schiff zurückbeamen.

    „Guten Morgen, Captain.“
    Auch wenn es noch früher Morgen auf der Erde war, so erkannte John Lewinski sofort, daß seine Gesprächspartnerin kaum geschlafen hatte. Deutlich waren ihrem Gesicht die Erschöpfung zu entnehmen, die langsam ihren Tribut forderte und nur durch die beständige Aufnahme von Kaffee verlangsamt werden konnte.
    „Guten Morgen, Captain Lewinski,“ antwortete Kathryn Janeway und fuhr sich mit der Hand durch ihr kurzes Haar. Es war leicht zerzaust, ungekämmt, ein weiteres Indiz dafür, daß sie schon länger keine Zeit für eine Pflege ihres Körpers gehabt hatte. Nun, Lewinski hatte auch nichts anderes erwartet. Captain Janeway gehörte zu den besten Kommandantinnen der Sternenflotte und ihr Ehrgeiz war in der Flotte bekannt. So überraschte es niemanden, daß sie, gleich nach der Nachricht von Tode Angelo Tessonis ins Sternenflotten-Hauptquartier geeilt war.
    „Bevor wir anfangen,“ begann John und beugte sich leicht in seinem Sessel vor, „muß ich sie noch einmal an die Vertraulichkeit unseres Gesprächs erinnern. Nichts, das wir hier besprechen, dürfen sie weitergeben, auch nicht an ihre Familie und/oder Freunde.“
    „Vertrauen sie mir, Captain, ich hatte schon öfters mit Geheimoperationen zu tun, ich kenne die Prozedur,“ antwortete Janeway tough und brachte sogar ein kleines Lächeln zu stande. Wie auch der Rest der Voyager-Crew trug Janeway nun die aktuellste Sternenflotten-Uniform, die ihr sogar überaus gut stand. Es mußte sicherlich für sie eine Erholung sein, endlich eine Uniform zu tragen, die nicht nur repliziert, sondern wirklich von Hand angefertigt worden war.
    „Also, Mr. Lewinski, wie kann ich ihnen denn helfen?“
    Der Kommandant der Monitor räusperte sich kurz und mit einem kurzen Blick aus den Augenwinkeln sah er das Fenster seines Bereitschaftsraums, der die Erde zeigte, die sich langsam drehte. Ungewöhnlicherweise war die Monitor diesmal nicht getarnt, kreiste statt dessen ganz offen im Orbit. So sollte anscheinend die Illusion aufrecht behalten werden, daß auch die Crew der Monitor zur Zeit keinen Dienst hatte.
    „Bei den beiden Toten handelt es sich um Angelo Tessoni und Brian Sophin, die wie ja sicher wissen, Mitglieder ihrer Besatzung waren.“
    Janeway nickte leicht und hörte weiterhin den Ausführungen John Lewinskis ruhig zu.
    „Die Frage mag seltsam erscheinen, doch hatten die beiden Feinde? Gab es Personen, die die beiden in irgendeiner Form mal beleidigt hatten?“
    Die Frau schüttelte entschieden den Kopf, so daß ihre Haare kurz hin und her wirbelten,.
    „Nein, während ihrer Zeit auf der Voyager ist mir nichts zu Ohren gekommen. Sie leisteten hervorragende Arbeit und hatten maßgeblichen Anteil an unserer Rückkehr in den Alpha-Quadranten.“
    Lewinski lehnte sich wieder zurück und dachte kurz nach.
    „Captain, sie sagten „während ihrer Zeit auf der Voyager.“ Haben sie keine Akten über die Zeit, als die beiden auf der USS Equinox dienten?“
    „Nein, leider nicht. Da bin ich auch der falsche Ansprechpartner. Ich schlage vor, sie setzen sich mit den ehemaligen Kameraden der beiden auseinander. Ich werde sie an sie vermitteln.“
    „Sehr freundlich, Captain. Da wir aber nicht wissen, wer das nächste Opfer sein wird, schlage ich vor, daß sie ihre gesamte (ehemalige) Crew an einen sicheren Ort bringen und Handfeuerwaffen an sie verteilen.“
    An ihrem Gesichtsausdruck war deutlich zu sehen, daß ihr diese Idee überhaupt nicht gefiel, doch nichtsdestotrotz erkannte sie die Notwendigkeit.
    „Das werde ich tun. Falls sie noch Fragen haben, Captain, zögern sie nicht, mich zu kontakten. Janeway Ende.“
    Das Gesicht Kathryn Janeways verschwand und wurde durch das Emblem der Föderation ersetzt. Lewinski atmete erleichtert auf. Endlich, nach zwei Toten, hatten sie einen Startpunkt gefunden: die ehemalige Crew der USS Equinox!

    Die Kalibrierung des Warp-Kerns hatte Chief Woil einige Zeit gekostet, doch es war notwendig gewesen. Jetzt, wo die Monitor sich fast bewegungslos im Orbit der Erde befand, war es ein guter Zeitpunkt dafür gewesen, denn die Prozedur war langwierig und hatte seine höchste Aufmerksamkeit verlangt. Es war nervig gewesen, anstrengend, doch schließlich hatte er es geschafft. Zufrieden mit sich selbst ging der antosianische Chief in Richtung Casino, wo Woil seine wohlverdiente Pause verbringen wollte. Unterwegs dahin, genauer gesagt im Turbolift, traf er einen weiteren Brückenoffizier.
    „Lieutenant Ardev, möchten sie auch in Richtung Casino?“
    Leicht geistesabwesend schüttelte der Andorianer den Kopf und befahl dem Lift, zur Brücke zu fahren, worauf sich die Kabine in Bewegung setzte. Einige Sekunden starrten beide Führungsoffiziere an de Decke, nicht wissend, was sie sagen sollten. Schließlich machte Woil den ersten Schritt:
    „Und, läuft´s gut zwischen ihnen?“
    Ardevs Augen weiteten sich und langsam drehte sich der Lieutenant zum Chefingenieur der Monitor. Nicht nur, daß sie im Augenblick ein viel wichtigeres Thema beschäftigte, nein, seine Beziehung war doch streng geheim!
    „Lift anhalten,“ befahl Ardev leicht mißmutig und drehte sich wieder in Richtung Kabine. Durch seine überzogene Reaktion hatte er sich schon verraten, um so mehr ärgerte sich Ardev also über Woils Kommentar. Dieser hob beschwichtigend die Hände.
    „Oh, machen sie sich kein Sorgen, Sir, niemand sonst weiß es....denke ich zumindest. Ganz ehrlich, Lieutenant, ich freue mich für sie und Fähnrich Tellom. Es tut immer gut, ein junges Glück zu erleben.“
    Einige Sekunden war sich Ardev nicht sicher, was er erwidern sollte, ob das, was der Chief ihm überhaupt gesagt hatte, ernst gemeint war. Dann entschloß er sich doch zu einem kurzen „Danke“, worauf sich Jozarnay Woil verschwörerisch zu ihm vorbeugte.
    „Sir, ich hoffe, die Frage ist nicht zu indiskret,“ begann er und versuchte einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, „haben sie schon miteinander.... sie wissen schon?“
    Nun wirbelte Ardev wieder zum Chief und blickte ihn scharf an. Zwar nicht unbedingt verärgert, aber entrüstet. Der Einsatzoffizier ließ sich mit seiner Antwort Zeit, so lange, daß Woil befürchtete, keine mehr zu erhalten. Schließlich bekam er aber eine:
    „Ich sehe, Mr. Woil, sie kennen sich nicht in der Kultur meines Volkes aus. Für einen Andorianer steht es nicht zur Debatte, ob man Geschlechtsverkehr mit dem Partner vor der Ehe hat und ich beabsichtige, wie meine Vorväter, diese Tradition zu erfüllen!“
    Woil nickte langsam.
    „Okay.“
    Wieder schwiegen sie, ohne daß jedoch einer der beiden Anstalten machte, den Lift wieder in Bewegung zu setzten. Jeder von ihnen schien noch etwas sagen zu wollen, doch keiner traute sich. Und wieder begann der Chief:
    „Sir, mit Verlaub, ist ihre Ansicht nicht etwas problematisch? Ich meine, Fähnrich Tellom ist Terellianerin und bei ihrer Spezies gibt es...keine Ehe?!?!“
    Ardev seufzte kurz. Anscheinend hatte ihn dieser Sachverhalt schon sehr, sehr viel Kopfzerbrechen bereitet.
    „Auch hier liegen sie richtig, Chief. Jedoch sind wir beide bestrebt, die gegenseitigen Kulturen zu achten und zu respektieren. Ich kann sie in dieser Hinsicht voll und ganz beruhigen.“
    „Ähh ja, schön für sie... sie beide meine ich natürlich.“
    Und abermals Schweigen. Es blieb zu hoffen, daß zur Zeit keine Person auf den Lift wartete, denn Woil setzte wieder nach:
    „Ähm, Sir, was meint den der Fähnrich dazu, daß eine andorianische Ehe aus vier Personen besteht?“
    „Computer, Fahrt fortsetzen!“

    Die Pritschen in den Quartieren gehörten nicht gerade zu dem bequemsten, was die Sternenflotte zu bieten hatte. Doch im Laufe der Zeit gewöhnte man sich daran. Lieutenant-Commander Land fühlte sich auf ihnen sogar recht wohl, wenn er ehrlich war, was auch damit zusammenhing, daß es ein langer Tag für ihn gewesen war und daß dieser noch nicht einmal beendet war. Die erste Tageshälfte hatte er damit verbracht, über die Mordserie mit Commander Arazi zu sprechen, der übrigens mehr als entrüstet darüber war, daß sich die Sternenflotte nicht offiziell diesem Fall annahm. Sie hatten viele Täterprofile erstellt, die jedoch allesamt zu ungenau waren. Anschließend widmeten sie sich Sträflingen, die aus ihren Strafkolonien geflüchtet sein konnten, doch auch hier Fehlanzeige. Immer noch keine richtige Spur, bis auf die Tatsache, das beide Tote ehemalige Crewmitglieder der USS Equinox waren. Daher erschien es nur logisch, sich mit diesem Schiff zu befassen. Land hatte sich mehrere Berichte zukommen lassen, die ihnen möglicherweise bei ihrem Fall behilflich sein konnten. Den ersten las gerade der erste Offizier auf seinem Padd, auch wenn es schwierig für ihn war, wach zu bleiben.
    Offizieller Bericht über die United Starship Equinox NCC - 72381
    Verfaßt von: Kathryn Janeway, Captain
    United Starship Voyager NCC - 74656
    Anmerkung:
    Dieser Bericht basiert auf den Logbüchern der USS Equinox und den ehemaligen Crewmitgliedern des Schiffes.

    Die USS Equinox wurde, genau wie die Voyager, von einer Entität, genannt „Der Fürsorger“ in den Delta-Quadranten transportiert (siehe auch Anhang „Der Fürsorger“). Die Equinox nahm einen ganz anderen Rückreiseweg als die Voyager und traf dabei auch auf Rassen, die mir unbekannt waren. Da das Schiff der Nova-Klasse angehört und damit nur schwach bewaffnet ist, war das Schiff zahlreichen Angriffen ausgesetzt, die vielen Besatzungsmitgliedern das Leben kosteten. Der Umstand, daß die Equinox maximal nur Warp 8 erreichen kann, sorgte mit dafür, daß die Hoffnung auf eine Rückkehr schwand. Aufgrund der Aussagen von Captain Ransom ist die Equinox jedoch mehrmals durch Wurmlöcher „gestolpert“, was ein Grund gewesen sein konnte, wieso wir auf das Schiff trafen. Die Equinox war den Angriffen einer fremden Rasse aus einem intersparziärem Raum ausgesetzt, die das Schiff mehrmals an den Rand der Zerstörung brachten. Zwar retteten wir das Schiff, fanden jedoch heraus, das die Crew der Equinox die fremden Wesen einfing und tötete, da sie aus einem Material bestanden, daß ihre Warp-Fähigkeit drastisch verbessern konnte und damit eine schnelle Heimkehr ermöglichte. Daraufhin wurde Captain Ransom von mir seines Kommandos enthoben, woraufhin er und seine Crew flohen. Die Voyager spürte die Equinox auf und lieferte sich mit ihr mehrere Gefechte, in die sich zum Schluß auch diese sogenannten „Geister des Glücks“ einmischten und den Warpkern der Equinox zum Kollaps brachten. Nachdem es auch auf seinem Schiff zu einer Meuterei gekommen war, besann sich Captain Ransom seiner alten Pflicht und beamte einige seiner Crewmitglieder zu uns herüber und manövrierte das Schiff von der Voyager weg, woraufhin es durch den Kernbruch zerstört wurde. Die Frage, ob Captain Ransom ein Held oder ein Völkermörder ist, muß posthum nun ein Kriegsgericht der Sternenflotte entscheiden...


    Land legte den Bericht weg. Interessant, aber scheinbar nutzlos. Oder steckte in diesen Ereignissen, die sich weit entfernt im Delta-Quadranten abgespielt hatten, der Schlüsse? Der Commander beschloß sich als nächstes die Akte von Captain Ransom anzusehen:

    Starfleet Intelligence
    United Federation of Planets
    confidential - vertraulich - confidential - vertraulich- confidential

    Akte X - 55269821
    Name: Ransom
    Vorname: John
    bekannte Spitznamen: „Rudy“
    Haarfarbe: Dunkelblond
    Augen: Grün
    Größe: 182 cm
    Geburtsort: Memphis, amerikanische Föderation
    Familienstatus: nicht verheiratet, keine Kinder. Mutter (Amanda) und Vater (Peter) verstorben. Bruder (Robert), lebt in Buenos Aires, Schwester (Ramona), lebt in San Diego
    Rang: Captain
    Schiff: United Starship Equinox NCC - 72381 (zerstört)
    Lieblingsessen: Käsespätzle, italienische Pizza.
    Hobbys: antike Forschung, alte Literatur von Alpha Eridani
    Abschluß: Akamie der Sternenflotte abgeschlossen mit Fach Exobiologie
    Weitere Anmerkungen: John Ransom stellte den ersten Kontakt mit den Yridianern her und wurde dadurch zum Captain befördert.
    Status: im Dienst verstorben



    Ja! Da war es! Verwandte waren immer ein gutes Mittel, um mehr zu erfahren. Es mochte zwar ein Schuß ins Blaue sein, aber vielleicht half es ihnen ja weiter. Land zog sich sofort an, um einen Termin mit den betreffenden Personen zu machen.

    Es war alles so leicht! Lächerlich geradezu, daß sich die Sternenflotte als so mächtig einstufte. Mit Tricks, die schon seit Jahrtausenden existierten, hatte sich Ramona Zugang zur Voyager verschafft. Die eine gestohlene Uniform vom Nachbar, der einen mehrwöchigen Urlaub angetreten hatte. Dann noch ein oder zwei nette Augenaufschläge, die dem freundlichen Transportertechniker von San Francisco den Kopf verdrehten. Sie hatte schon immer gewußt, das sie attraktiv war. Nein, nicht so wie diese Hochglanzmodelle, die die neuste Mode präsentierten oder wie jene Frauen, die auf Risa lebten, doch immerhin, Ramona machte was her. John hatte das immer auch gesagt. Daß sie schön war. Und sie dann mit Fragen gelöchert. Wieso sie denn nicht heirate? Ob sie keine Kinder wolle. Als Erwiderung hatte sie dann John die selben Fragen gestellt und dann hatten die beiden gelacht. Es waren wunderbare Zeiten mit ihm gewesen. Und dann hatte sie ihn ihr genommen! Diese Schlange! Doch sie würde noch die gerechte Strafe bekommen, daß schwor Ramona. Sie durfte halt nur nicht die Nerven verlieren, sondern immer konzentriert bleiben. So wie jetzt, als sie dem Techniker schöne Augen gemacht hatte. Der arme Mann hatte sie nicht mal nach ihren Personalien gefragt. Sie empfand kein Mitleid mit ihm. Wer so dumm war, verdiente es, später bestraft zu werden. Nun war sie hier, im Schiff, dessen Name ihr so viel Schmerz bereitet hatte. Sie hatte es studiert, die Technik, die Mannschaft, die Schiffszeichnungen. Es war ein Wunder, was so ein Sternenflottenquellcode alles beschaffen konnte. Jetzt hier den Korridor links, dann rechts, dann hatte sie ihr Ziel erreicht: der Computerkern! Oh, wie nachlässig, ihn unbewacht zu lassen! Mal sollte meinen, die Jahre im Delta-Quadranten hätten die Crew gelehrt, vorsichtiger zu sein. Ramona schien wohl zu irren. Mit vorher genau einstudierten Griffen entfernte sie eine Wandverkleidung und verschaffte sich so Zugang zu den sekundären Systemen. Diese Trottel. John hatte recht gehabt, es war damals richtig gewesen, Computertechnik zu studieren. Ohne diese Kenntnisse würde sie jetzt innerhalb der nächsten Sekunden versehentlich Alarm auslösen. So aber wusste sie, welche Schaltungen zu manipulieren waren und welche nicht. Bald würden wieder zwei weniger sein. Und dafür nur noch zwei noch zu eliminieren. Ramona freute sich drauf.

    Sie alle wurden unerwartet gerufen. Manche, wie der Captain und sein Stellvertreter schliefen tief und fest in ihren Behausungen auf der Erde, weil es ein langer Tag gewesen war. Lewinski hatte eine Akte nach der anderen gewälzt und ein Großteil der Voyager-Crew verhört, während Bruce Land sich um Verwandte von Opfern gekümmert hatte. Chief Woil bastelte, als er gerufen wurde, weiter am Schiff herum, dringend benötigte Wartungen, die er endlich auf der Erde durchführen konnte. Ardev und Tellom, beide auch gestresst wegen ihrer Ermittlungen, hatten sich endlich eine Pause gegönnt und sich einen Tisch in einem Paris Lokal reserviert, doch auch ihr Abend war leider nur kurz. Zwar verfluchte es Fähnrich Tellom, daß sie ihren Kommunikator mitgenommen hatte, doch nachdem sie gehört hatte, was geschehen war, verwarf sie diese Verwünschungen wieder. Mehr oder weniger gleichzeitig trafen sie im Transporterraum der Voyager ein, der vom Geheimdienst geräumt worden war. Weder Captain Janeway noch ihr Sicherheitschef Lieutenant-Commander Tuvok erhielten Zugang.
    „Ist das der Tatort?“ fragte Ardev und Lieutenant Bird nickte stumm. Chief Woil überprüfte die Transporterlogbücher und bestätigte damit den Tathergang.
    „Schrecklich,“ murmelte Captain Lewinski und rieb sich kurz die Augen. Sie alle waren geschafft. Lieutenant-Commander Land überprüfte niedergeschlagen mit einem Tricorder die Transporterplattform und fand die entsprechende DNA.
    „Wie ist es geschehen?“ fragte Fähnrich Tellom schockiert. Weder sie noch Ardev waren ausreichend informiert worden, ein Umstand, den nun der Captain korrigierte.
    „Als Reaktion auf die Mordserie hatte Captain Janeway allen Crewmitgliedern befohlen, an einen sicheren Ort zu kommen: die Voyager selbst. Leider war es doch nicht so sicher. Der Chief hat noch nicht alle Daten, doch wir sind sicher, daß jemand den Computerkern so manipuliert hat, daß bei zwei bestimmten Personen, die hochgebeamt werden sollen, ein Transporterfehler passiert. Sprich: beim Zusammensetzen der Moleküle lief etwas schief und tötete so die beiden Personen. Wahrscheinlich,“ so hoffte Lewinski niedergeschlagen, „bemerkten sie nicht einmal ihren Tod.“
    „Wer sind die Opfer?“
    Land beantwortete die Frage.
    „Laut DNA-Analyse die Crewman Marla Gillmore und Noah Lessing. Beides ehemalige Crewmitgliedern der Equinox. Und auch die letzten. Jetzt sind alle ehemaligen Besatzungsmitglieder von Captain Ransom tot.“
    Ardev und Woil schüttelten den Kopf angesichts dieser Ereignisse. Seit mehr als einhundert Jahren hatte es auf der Erde keinen Mord mehr gegeben. Und nun vier Stück innerhalb kürzester Zeit.
    „Die Frage, die sich nun stellt,“ warf Woil ein, „ist es jetzt vorbei? Oder geht es weiter?“
    „Diese Tatsache würde implizieren, daß der Täter nur ehemalige Crewmitglieder der Equinox töten wollte. Und dies bedeutet,“ meinte Lewinski mit einem Seitenblick auf Land, „das es sich um einen Täter handelt, der in direkter Verbindung mit dem Schiff steht oder stand.“
    „Korrekt,“ bestätigte der erste Offizier, „ich habe mit vielen, vielen Leuten gesprochen, die aufgrund ihrer Verwandtschaft mit der Equinox zu tun hatten. Manche waren schon tot, doch die meisten habe ich erreicht. Bis auf eine Person: Ramona Ransom, die Schwester vom Kommandanten Captain John Ransom.“
    War dies eine Spur? Der Commander fuhr fort.
    „Ich habe mit Robert, dem Bruder gesprochen. Er hat Ramona seit einigen Monaten nicht mehr gesehen, doch vor ihrem Verschwinden sei sie sehr apathisch gewesen, geradezu verrückt, auch wenn er dies nur widerwillig zugeben wolle. Eigentlich sei sie auffällig gewesen, seit die Voyager im Rahmen des Pfadfinder-Projektes in der Lage gewesen war, ihre Logbücher und die Berichte über die Equinox an die Erde zu senden. Dadurch konnte erst das Schicksal von Captain Ransoms Crew geklärt werden.“
    „Wobei sich die Experten jetzt schon seit Jahren streiten, ob Ransom nun ein Held ist oder ein Verräter,“ ergänzte Tellom und nickte. Auch Bird verstand:
    „Ein mögliches Motiv,“ suggerierte er, „sie ist sauer darüber, daß ihr Bruder den Eid, den er geschworen hatte, durch die Ermordung dieser Wesen gebrochen hat. Schuld daran waren die Umstände und, nach Ramonas möglicher Interpretation nach, der Wunsch der Crew, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Also war in ihren Augen die Crew schuld am Handeln Ransoms.“
    „Klingt einleuchtend. Ist es also jetzt zu Ende?“
    „Das ist die Frage,“ schloß Lewinski ab. „Wir wissen es nicht. Anderseits will Starfleet Command endlich die Crew der Voyager ehren. Darum wird übermorgen eine feierliche Verleihung auf dem Gelände der Akademie stattfinden. Ja, ich weiß, was sie sagen wollen, es ist nicht sicher. Das habe ich dem Admiral auch gesagt, doch sie, allen voran Jellico, wollen nicht hören. Das Bild Ramona Ransoms wird um die die ganze Welt gehen. Wir überlassen unsere Arbeiten nun, auf Befehl von Command, den öffentlichen Behörden. Mir passt es genauso wenig wie ihnen allen, doch wir können uns nicht schon wieder Befehlen widersetzen. Kehren sie nach Hause zurück und schlafen sie noch ne Runde, sofern sie dazu noch in der Lage sind. Ich informiere Captain Janeway nun. Gute Nacht.“

    Die Kommandantin der Voyager war schockiert gewesen. Genauso wie die Crews der Monitor und Voyager war sie in der ersten Nacht nicht in der Lage gewesen zu schlafen. Vier Tote. Vier Mitglieder ihrer Crew, deren Familie sie geschworen hatte, sie sicher zurückzubringen. Sicher, sie hatten nicht zu ihrer ursprünglichen Mannschaft gehört und am Anfang war es schwer gewesen, sie in die Gemeinschaft einzubinden, nach all dem, was sie getan hatten. Schließlich hatte es geklappt. Sie waren unersetzbare Besatzungsmitglieder geworden, geschätzte Freunde. Und jetzt waren sie tot. Mord. Ein Verbrechen, daß es schon lange nicht mehr auf der Erde gegeben hatte. Die Hauptverdächtige, Ramona Ransom lief noch frei herum. Der Transportertechniker, der die Frau an Bord der Voyager gelassen hatte, mußte sich nun vor Gericht verantworten. Das SFPD und alle anderen polizeilichen Behörden der Föderation hatten eine Großfahndung nach dieser Frau ausgeschrieben. Doch sie war untergetaucht. Nicht zu fassen. Vermutlich hatte sie sich schon vor langer Zeit einen Zufluchtsort gesucht. Die Morde waren exakt geplant gewesen, präzise, wieso sollte sie also nun bei dieser Sache einen Fehler machen? Höchstwahrscheinlich, so fügten die Ermittler hinzu, hatte Ramona Ransom ihr Aussehen schon verändert. Am Ende des ersten Tages bestätigte die Gerichtsmedizin ihre Täterschaft. Auf den Transporterplattformen waren ihre DNA-Spuren gewesen, als sie sich auf das Schiff und wieder davon heruntergebeamt hatte. Es war so leicht festzustellen gewesen, da sie das einzige Nicht-Sternenflottenmitglied gewesen war, daß das Schiff betreten hatte. Ihre ehemalige Wohnung wurde anschließend auf den Kopf gestellt, Nachbarn und Freunde befragt. Nein, man habe sie schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen und überhaupt sei sie seit einigen Jahren immer verschlossener geworden, hatte sich in ihr Haus zurückgezogen. Der Tod ihres Bruders John, so vermuteten die Nachbarn, hatte sie schwer mitgenommen. Psychologen bestätigten dieses Ereignis als potentielles Motiv für die Morde. Doch trotz all der Maßnahmen, die aufgebracht wurden, fand man Ramona nicht. Sie blieb, wie vom Erdboden verschluckt.
    Der zweite Tag brach an. Im Stadtzentrum wurde, trotz diesbezüglicher Sicherheitswarnung seitens Captain Lewinski, Vorbereitungen für die Ehrungszeremonie getroffen. Captain Janeway und ihre Führungsoffiziere sollten den Christopher-Pike Orden erhalten. Lange hatte Janeway überlegt, ob sie ihn annehmen sollte, schließlich hatte sie sich doch dazu durchgerungen, denn sie wollte sich nicht von einem solchem Wahnsinnigen, wie es der Mörder offensichtlich war, unterkriegen lassen. Nur noch wenige Minuten bis zur Zeremonie. Viele tausend Menschen standen auf dem Rathausplatz, um der gerade erst zurückgekehrten Besatzung aufzuwarten. Es war ein strahlend schöner Tag, der Himmel wunderbar blau. Die USS Monitor kreiste immer noch im Orbit, wartete auf die Einsatzbefehle. Captain Lewinski hatte die Durchführung der Zeremonie stark kritisiert und war von Admiral Edward Jellico scharf zurechtgewiesen worden. Auch der Bürgermeister von San Francisco hatte sich nicht überzeugen lassen und der Präsident der Föderation empfing ihn nicht einmal. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als das ganze Treiben von der Brücke mittels des Hauptschirms zu beobachten. Er versuchte sich zu beruhigen, daß man vor solch einer schieren Anzahl von Menschen keinen Mord verüben konnte, doch irgendwie glaubte er nicht so recht daran. Auch Commander Lands Gedanken rasten. Genau wie Lewinski hatte der erste Offizier ein ungutes Gefühl bei der Sache und hoffte inständig, daß alles gut ging. Sollte es ja eigentlich auch. Alle Balkone, Gassen oder sonst irgendwelche Sicherheitslücken wurden bewacht und observiert. Alle Menschen, die nun in näherer Umgebung der Bühne, oder sagen wir besser: Schußweite, standen, waren vorher auf Identität geprüft worden. Und wie wichtigste Frage: wenn Ramona überhaupt noch einmal zuschlagen sollte, wenn überhaupt wollte sie treffen?
    „Captain Janeway!“ rief plötzlich Land auf und drehte sich zu seinem Kommandanten, der ihn irritiert anschaute. „John, sie möchte alle dafür verantwortlich machen, die Captain Ransom zu diesen Taten gezwungen haben. Und das er tot ist, liegt nicht nur an seiner Besatzung, nein, auch an einer Person, die ihn nicht hochbeamen konnte: Captain Kathryn Janeway!“
    „Doch laut den Berichten,“ warf Bird ein, „konnte man Ransom nicht mehr rechtzeitig hochbeamen. Er rettete sogar quasi die Voyager!“
    „Stimmt. Aber überlegen sie mal, wie da die Denkweise eines Wahnsinnigen ist?“
    Lewinski nickte. Ja, es passte zusammen, was sein erster Offizier sagte. Er hatte sogar verdammt recht!

    Der Präsident der Föderation beendete seine kurze, aber denkwürdige Rede und drehte sich nun zu Captain Janeway um, die in wenigen Minuten geehrt werden sollte. Mit geübten Griffen, fasste er in die Schatulle und holte den Tapferkeitsorden heraus, den er ihr gleich überreichen würde.
    „Hiermit,...“ begann er, doch weiter kam der Präsident nicht, denn um sie herum summte es, als sich mehrere Personen auf der Bühne materialisierten. Sicherheitsleute richteten ihre Waffen auf die Neuankömmlinge und erblickten mehrere Sternenflottenoffiziere, die sich auf die Bühne gebeamt hatten.
    „Stehenbleiben!“ befahl der Sicherheitschef, doch Captain Lewinski hörte nicht auf ihn und warf Captain Janeway zu Boden. Er wußte nicht, ob Captain Janeway das nächste Ziel, irgend jemand anderes ihrer Crew oder niemand war, er wettete einfach und setzte somit seine ganze Karriere aufs Spiel. Die Frau war zu überrascht, um sich zu erwähnen und stieß einen kurzen Schrei aus, als Lewinski mit ihr zu Boden polterte.
    Keine Millisekunde zu spät, denn dort, wo eben noch Janeway gestanden hatte, explodierte eine Wandverkleidung. Eindeutig eine Waffe, wenn auch kein Phaser. Auch Janeway erkannte sofort diese Tatsache und dankte mit einem stummen Blick Lewinski Im Hintergrund konnten sie beide hören, wie Bird befahl, daß Sicherheitsleute ausschwärmen sollten. Die Chance, in dieser Menge Ramona Ransom zu finden, war fast verschwindend gering, doch...
    „Captain!“ rief jemand von weit, weit hinten des Publikums und Lewinski blickte auf. Im Hintergrund, wo die letzte Reihe der Schaulustigen stand, wartete ein Sicherheitsoffizier der Monitor, mit einer Person im Arm, eindeutig eine Frau. Sie hatten sie!

    „Ihr Plan, fast die gesamte Crew, über den Rathausplatz zu verstreuen, hat sich als nützlich erwiesen,“ attestierte Inspektor Dwight.
    „Es war Glück, nichts weiter.“
    Lewinski, Land und Dwight saßen am massiven Holztisch im Hauptquartier des SFPD und diskutierten die Situation. Hätte der Captain nicht gegen eindeutige Befehle verstoßen, so gäbe es jetzt noch eine Tote. Unter diesen Voraussetzungen war Command natürlich mehr als bereit, darüber hinwegzusehen.
    „Was war die Tatwaffe? Eindeutig kein Phaser oder?“ fragte Land.
    „Richtig,“ erklärte Dwight, „es war eine illegale TR-116.“
    Lewinski pfiff leise. Eine teuflische Waffe. Ein Projektil wurde kurz nach dem Abschuß mittels eines kleinen Transporters direkt vor das Opfer gebeamt und drang dann ein. Häßliche Wunden. Man konnte quasi damit durch Wände oder sonstiges Material schießen.
    „Schlimmer Fehler von uns, nicht auch die hinteren Reihen zu überprüfen. Dann hätten wir auch feststellen können, daß sie das Gewehr die ganze Zeit auch in der Tasche gehabt hatte. Mittels eines illegalen Ferengi-Störsenders hatte sie das Gewehr vor unseren Sensoren verstecken können.“
    „Es ist noch einmal gut gegangen, Inspektor.“
    Ja, es war gutgegangen, doch es war verdammt knapp gewesen. Ramona hatte tatsächlich Janeway umbringen wollen. Um nicht aufzufallen, hatte sie die ganze Palette absolviert: chirurgische Veränderung, Schneiden und Färben der Haare, Veränderung der Stirnbänder. Ohne die Tasche, die sie geschultert hatte und durch die ein kleiner Lauf des Gewehres ragte, hätte man Ramona gar nicht erkennen können. Der Sicherheistoffizier, der sie geschnappt hatte, war einfach im rechten Moment neben ihr materialisierte. Glück, mehr war es nicht gewesen. Der Psychologe bestätigte später ihre Vermutungen: Ramona Ransom empfand einen irrationalen Haß gegen alle, die ihren Bruder in diese Lage gebracht hatte. Nun, wo sie im Gefängnis war, plauderte sie alles bereitwillig aus, bis aufs letzte Detail. Sie machte alle Toten und Captain Janeway für das Schicksal von John Ransom verantwortlich. Trotz allen Unverständnisses empfand Lewinski mit dieser Frau, denn er hatte selber eine Schwester. Wie würde sie empfinden, wenn sie eines Tages die Nachricht ereilt, ihr Bruder wäre im Einsatz verstorben? Immer mehr war Ramona in ihren Wahnsinn abgedriftet und hatte Rachepläne geschmiedet. Sie hatte über Technik Bescheid gewusst, nicht nur wegen ihres Studiums, sondern auch, weil John Ransom ihr immer alles erklärt hatte. Er war ihr ein Ersatzvater gewesen, da ihr richtiger Vater oft wochenlang außer Haus waren. Als John starb, war dies wie der Verlust ihres eigenen Lebens gewesen.
    Arme Frau, dachte Lewinski.
    „Wisst ihr, was mich stört?“ fragte Land leise. Die Anwesenden schüttelten den Kopf. „Ramona sprach von zwei, die noch sterben sollten. Die eine war Janeway. Doch wer war die Zweite?“
    Niemand kannte die Antwort.

    Die Zelle war karg. Nur eine Pritsche, Klo, mehr nicht. Doch dies war Ramona egal. Sie war gescheitert. Dafür verfluchte sie sich. Sie hoffte inständig, daß John nicht zu böse war, daß sie nicht alles wieder ins Reine gebracht hatte. Sie hatte es ihm doch recht machen wollen!
    Sie empfand keinen Zorn auf Captain Lewinski. Er konnte nicht ihren Zorn, ihren Schmerz nachempfinden. Er wußte nicht, was sie all die Jahre durchgemacht hatte. Wenigstens hatte sie teilweise John gerächt. Darüber lachte sie. Es war ein schallendes Lachen, daß jedem, der es hörte, durch Mark und Bein ging. Nun gut, Janeway hatte sie nicht geschafft....
    Sie war nicht dumm. Sie wusste, wo die Wandverkleidung war, die man so gut versteckt hatte. Behutsam öffnete sie sie und kümmerte sich nicht um den Alarm, der ausgelöst wurde. Dann sah sie die beiden Leitungen vor sich, wie sie vor Energie pulsierten. Ein schöner Anblick. Kurz gedachte Ramona diesem faszinierenden Anblick. Dann schlug sie die Leitungen ein und heißes Plasma strömte aus, erfasste ihre Hände und wanderte dann zu ihrem restlichen Körper. Es schmerzte fürchterlich, doch Ramona kümmerte sich nicht darum.
    Bei Janeway versagt. Doch die letzte Person erledigt.
    Dies waren ihre letzten Gedanken, bevor sie die Dunkelheit übermannte.

    - Ende -


    Quelle: treknews.de
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      Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
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