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...macht nichts - wir haben einen Gartenzaun.

Tom Rob Smith - Kälte


einz1975

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Nichts kann einen ruhigen Sommerabend auf dem Meer vermiesen, außer vielleicht eine Alien-Invasion. Lisa hat gerade erst den jungen Mann kennengelernt und schon bricht die Welt entzwei. Keine Frage, dass alle ziemlich geschockt sind, als die Ufos erscheinen und es kommt noch viel schlimmer, denn die Aliens haben auch eine Botschaft. Die Menschheit hat genau 30 Tage Zeit, um die Antarktis zu erreichen, alle, die es nicht schaffen, werden sterben. Schon bei dem Gedanken läuft es einem kalt den Rücken herunter. Warum die Antarktis? Das verrät Smith leider nicht und was genau die Aliens sonst so mit der Erde vorhaben, ist auch eher Nebensache. Anfänglich folgen wir Lisa, wie sie zusammen mit der Familie versucht zu fliehen. Dass dabei einige Schwierigkeiten auf sie warten, kann man sich denken. Der Autor schweift aber auch gern ab und berichtet, was die Nationen alles unternehmen, um ihre Einwohner zu retten oder eben nicht.

Riesige Tanker beladen mit Menschen machen sich auf den Weg in die immerwährende Kälte. Schon hier gibt es ein paar Zwischenfälle, wo nicht mehr die Solidarität oder die Menschlichkeit Einzug hält, vielmehr der Wille und der Kampf, um das eigene Leben rückt in den Vordergrund. Danach gibt es einen weiten Sprung. 20 Jahre sind vergangen und die Aliens, haben ihre Drohung wahr gemacht. Was ist aber aus den Menschen geworden? Viele sind verhungert, erfroren oder durch Krankheiten gestorben. Die Arktis ist und bleibt ein lebensfeindlicher Ort. Die, die sich halbwegs angepasst haben, leben in drei kleinen Städten. Selbst Lisa und ihr Freund haben es geschafft und leben immer noch. Doch die Zahl der Menschen schrumpft stetig. Es gibt einfach nicht genug Nahrung und der menschliche Organismus, ist für diese Kälte nicht geschaffen.

Schon kommt der Autor mit dem nächsten Sprung in der Geschichte. Wir erfahren einiges mehr über einen ehemaligen Soldaten. Er arbeitet in der McMurdo-Station an einem sehr erstaunlichen Projekt. Hier werden Gen-Experimente durchgeführt, welche eine neue Art von Mensch schaffen sollen, der in dieser Eis-Umgebung überleben kann. Bis hier hin so weit zur Story, den Rest könnt ihr euch selbst erarbeiten. Ich war sehr überrascht, wie Tom Rob Smith seinen Roman voranbringt. Anfänglich glaubt man noch in einem Jugendroman zu stecken, dann kommen Aliens hinzu, Eis und experimentelle Wesen. Mehr geht dann wohl wirklich nicht und genau das war mir persönlich zu viel. Was haben die Aliens hier gewollt? Ging es nur um die Dezimierung der Menschheit oder konnten sie in die Zukunft schauen und wussten, was in der Arktis passieren wird?

Es gibt allerhand Fragen, die so offen bleiben, dass man als Leser hofft eine Antwort zu finden. Der Autor liefert stattdessen nur noch mehr Input, der am Ende die Story völlig umkrempelt. Die Suche der Überlebenden nach Strategien all das zu überstehen, sind gut nachvollziehbar und wurden auch genauso beschrieben. Genau das hätte als Story schon völlig ausgereicht. Doch im letzten Drittel geht es ausschließlich um von Menschenhand geschaffene Eiswesen, die ihre neue Heimat so lieben werden, wie wir unsere Erde, bevor die Aliens da waren. Im Endeffekt tauscht der Autor immer wieder seine Hauptcharaktere aus, was zum einen Abwechslung bringt, aber zum anderen die Figuren wanken lässt. Der Dreh- und Angelpunkt ist nicht die Tatsache, dass die Menschen vor den Aliens fliehen, vielmehr, dass sie es wie immer selbst in der Hand haben, was aus ihnen und ihrer Zukunft wird.

Fazit:
Eiskalt erwischt... Tom Rob Smith hatte mit „Kind 44“ einen großartigen Erfolg und umso gespannter waren alle auf seinen neuen Roman. Der Klappentext verrät die Grundstory, welche jedoch meiner Meinung nach gar nicht die eigentliche Story ist. Die Alien-Invasion ist nur Beiwerk, welches auch ein völlig anderes Ereignis hätte sein können. Meiner Meinung nach wäre es sogar passender gewesen. Die Sprünge in der Geschichte sind oft auch sehr hart und ohne Vorwarnung. Man denkt zeitweise zwei Romane gleichzeitig zu lesen. Da die Aliens unwichtig sind, hat Smith dennoch seltsame neue Wesen hinzugefügt, welche in Eis geboren die Menschheit retten sollen. Klingt halbwegs noch nachvollziehbar, das Drumherum hingegen, wirkt dennoch wie eine Rutschpartie durch die Science Fiction. Starke Momente gibt es bei der technischen Umsetzung der Flucht oder bei den Ideen für das Überleben im Eis, das rettet jedoch nicht den restlichen Verlauf. Eine ungewöhnlich, sich verändernde Geschichte, für das Ende unserer Spezies.

Matthias Göbel

Autor: Tom Rob Smith
Übersetzung: Michael Pfingstl
Broschur: 464 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Veröffentlichung: 12.04.2023
ISBN: 9783453274136

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Bearbeitet von einz1975
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  • Hallo Gast - Aufgrund des vielen Spams müssen leider ein paar Fragen beantwortet werden.

    Bitte der Reihe nach durchführen, sonst kann das Captcha nicht erfolgreich abgeschlossen werden...
    Schritt 1: Wenn Picard ein Captain ist, sollte hier ein Haken rein...
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