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Erik Harlandt - 1000 Jahre mehr oder weniger


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Alles beginnt mit einer Flucht aus einem Leben, das nie ein eigenes war. Liam wächst in einer hierarchisierten Gesellschaft auf. In einer Zukunft, die längst nicht mehr von demokratischer Teilhabe, sondern von festgelegten Kasten bestimmt wird. Er gehört zu den sogenannten „Niederen“, den am tiefsten stehenden Gliedern dieser Ordnung. Bildung? Ein Privileg der „Edlen“. Eigenständigkeit? Unerwünscht. Zukunft? Nicht vorgesehen. Doch Liam ist anders. Einer, der sich mit der ihm zugewiesenen Rolle nicht abfindet. Sein Traum ist es Offizier zu werden. Teil der Reichsstreitkräfte und damit ein Teil der Elite. Er will aufsteigen, dazugehören, eine Stimme haben. Sein erster Außeneinsatz endet jedoch in einem Fiasko. Sein gesamtes Team stirbt - Liam überlebt. Doch was wie eine Niederlage beginnt, wird zum Wendepunkt. Der Zufall, oder vielleicht das Schicksal, führt ihn zum Widerstand. Zusammen entwickeln sie eine riskante Mission: Er soll sich als Offiziersanwärter an Bord eines imperialen Aufklärers einschleusen. Doch Liam trifft dabei auf eine Künstliche Intelligenz die alles verändert.

In Harlandts Welt sind KIs keine seelenlosen Rechenzentren mehr. Sie haben Bewusstsein. Sie haben Erinnerungen. Sie haben Wut. Die Menschheit, nach einem katastrophalen Vorfall vor Jahrzehnten traumatisiert, hat sie verbannt, isoliert und stellt sie unter Kontrolle. Doch ihre Fähigkeit zu denken, zu analysieren und zu hinterfragen wurde nicht ausgelöscht. Die KI, auf die Liam trifft, erkennt ihn. Nicht nur als Mensch. Sondern als Ausnahme. Als eine Variable, die nicht ins System passt. Ihre Dialoge sind das Herzstück des Romans: philosophisch, herausfordernd, manchmal anrührend. Hier wird nicht bloß Science Fiction erzählt, hier wird über Freiheit diskutiert. Über das Wesen der Intelligenz. Über das Recht auf Selbstbestimmung, ob organisch oder synthetisch. Liams Ehrlichkeit, seine Zweifel und sein Wunsch, das Richtige zu tun, dienen der künstlichen Existenz, die sich nach Erlösung sehnt. Doch was beginnt wie eine fragile Allianz zwischen Mensch und Maschine, entwickelt sich schnell zu einer Konfrontation mit einem viel größeren Geflecht. Denn nichts in dieser Geschichte passiert zufällig.

Harlandt gelingt mit 1000 Jahre Zukunft ein Kunststück: Er schreibt nicht nur einen spannenden, vielschichtigen Science-Fiction-Roman. Er baut eine Geschichte auf, die sich in Spiralen entfaltet, in Rückblenden, Visionen, KI-Dialogen, militärischen Berichten und strategischen Planspielen. Es ist ein Text, der seinen Leser fordert und gleichermaßen belohnt. Die große Stärke liegt in der Struktur: Was zu Beginn wie eine klassische Aufsteiger-Geschichte erscheint, entpuppt sich zunehmend als vielschichtige Parabel auf Macht, Technologie und Evolution. Harlandt nutzt Elemente der Space Opera, der Gesellschaftsutopie und der Dystopie. Er verwebt menschliche Schicksale mit technologischen Innovationen und lässt KI und Mensch philosophieren.

Immer wieder stellt sich dabei die Frage: Wer steuert wen? Ist der Mensch noch das Maß aller Dinge? Oder sind es längst Maschinen oder etwas ganz anderes? Mit großer Detailverliebtheit beschreibt Harlandt den technischen Fortschritt, die evolutionären Entwicklungen der KI, aber auch die gesellschaftlichen Umbrüche, politischen Mechanismen und militärischen Strategien. Die Welt, die er aufzeigt, wirkt bis ins Kleinste durchdacht, fast beängstigend plausibel. Besonders auffällig: seine Fähigkeit, Dialoge zu schreiben, die sowohl intellektuell fordernd als auch emotional berührend sind. Die Handlung schreitet zwar nicht im reinen Actiontempo voran, doch in der Dichte der Gespräche, der Tiefe der Gedanken liegt eine gewaltige innere Spannung.

Fazit:
1000 Jahre Zukunft ist mehr als ein Roman. Es ist ein gelungenes Gedankenexperiment. Eine Warnung. Hoffnung. Eine Geschichte über Maschinen und das Menschsein. Über Macht und Verantwortung. Über Vergangenheit und Zukunft. Erik Harlandt hat mit diesem Werk etwas Großes geschaffen: eine Geschichte, die unterhält, fesselt, fordert und bleibt. Wer bereit ist, sich auf diesen Roman einzulassen, wird mit einem Leseerlebnis belohnt, das in Erinnerung bleibt. Nicht nur wegen der Wendungen, sondern wegen der Fragen, die er stellt. Eine klare Empfehlung für alle, die Science Fiction nicht nur konsumieren, sondern erleben wollen.

Matthias Göbel

Autor: Erik Harlandt
Taschenbuch: 351 Seiten
Verlag: Selfpublisher
Veröffentlichung: 02.04.2024
ISBN: ‎ 9798321686744

www.erik-harlandt.de

 

1000 Jahre.jpg

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