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...mit dem nervigen Beigeschmack der Wahrheit

Tim Lebbon - Alien: In den Schatten


einz1975

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Irgendwo in den Tiefen des Alls treibt ein scheinbar verlassenes Rettungsschiff durch die Dunkelheit. An Bord: eine einzige Person im Kälteschlaf. Es ist Ellen Ripley, die letzte Überlebende der Nostromo. Jahrzehnte sind vergangen, seit sie das letzte Mal erwachte. Ihre Geschichte ist längst zur Legende geworden. Doch das Schicksal hat andere Pläne: Ihr Shuttle wird automatisch von einem gigantischen Frachter, der Marion, aufgespürt und angedockt. Ein vermeintlicher Zufall, doch wie wir wissen: In der Welt von Alien geschieht nichts ohne Grund. Die Marion hat vor wenigen Wochen ein Notsignal gesendet. Ein katastrophaler Unfall hat das Schiff aus dem Orbit eines abgelegenen Bergbauplaneten geschleudert, nun droht es, unkontrolliert in dessen Atmosphäre zu stürzen. Der Chefingenieur Chris Hooper kämpft verzweifelt darum, die Systeme am Laufen zu halten. Als Ripley aus dem Hyperschlaf erwacht, schöpfen er und die restliche Crew neue Hoffnung, schließlich ist sie die Einzige, die jemals einem solchen Horror entkommen ist.

Was genau auf dem Planeten geschehen ist, lässt sich schnell erahnen: In einer tiefgelegenen Mine wurde etwas erweckt – uralt, fremdartig, tödlich. Die Prämisse mag altbekannt sein, doch Tim Lebbon gelingt es, der Geschichte neue Facetten abzugewinnen. Durch Rückblenden und Ripleys Erinnerungen werden die Ereignisse der Nostromo noch einmal lebendig. Ihre Angst, ihre Erfahrungen, ihr instinktives Wissen darüber, mit welcher Art von Feind sie es zu tun haben, verleihen der Handlung emotionale Tiefe.
Die übrige Crew bleibt dabei eher blass. Zwar werden einige Charakterzüge skizziert, echte Bindung entsteht jedoch nur zu Chris Hooper, der neben Ripley als zweite Hauptfigur aufgebaut wird. Das ist schade, denn damit ist früh klar, wer vermutlich überleben wird – und wer nicht. Als sich die Lage zuspitzt, wird klar: Das Raumschiff kann nicht gerettet werden, und weder die Mine noch Ripleys Shuttle bieten genug Raum für alle.

Ein riskanter Plan muss her: Der Trupp begibt sich erneut auf die Oberfläche des Planeten, um eine Energiekapsel zu bergen – inmitten eines von Xenomorphs überrannten Gebiets. Bewaffnet mit futuristischen Waffen, Säuregewehren und Granatwerfern, stellen sich die Überlebenden dem Grauen. Die Kämpfe sind blutig, brutal, in bester Alien-Manier. Gedärme, gebrochene Knochen, Schreie – alles, was das Fanherz erwartet, ist dabei, wenn auch nicht in übertriebener Fülle. Lebbon verzichtet auf allzu platte Effekthascherei und hält den Fokus auf Spannung und Atmosphäre. Für frischen Wind sorgt die Entdeckung in der Mine selbst. Ohne zu viel zu verraten: Hier versucht der Autor, die Ursprungsgeschichte der Aliens neu zu denken, mit Ideen, die in Ansätzen sogar von späteren Filmen aufgegriffen wurden.

Zwar bleibt die Tiefe dieser Erkundung hinter den Erwartungen zurück, doch sie regt zum Nachdenken an und verleiht dem Mythos Alien eine neue Dimension. Ein besonderes Highlight ist das Wiedersehen mit einem alten "Bekannten", der zwar keinen Körper mehr besitzt, aber als künstliche Intelligenz weiter existiert und seine eigenen, düsteren Pläne verfolgt. Die Crew ist für ihn Mittel zum Zweck; sein Ziel bleibt die Sicherung und Rückführung des Xenomorphs zur Erde, um jeden Preis. Die kurze romantische Andeutung zwischen Hooper und Ripley wirkt etwas aufgesetzt. Sie scheint weniger aus innerer Logik zu entstehen, als vielmehr einem erzählerischen Zweck zu dienen, der Dramaturgie des Finales zuliebe. Hier hätte Lebbon subtiler vorgehen können.

Fazit:
Kein Alien ist jemals allein! Düstere Gänge, flackerndes Licht, das Klacken der Krallen, das Echo der Schreie – In den Schatten führt uns zurück in eine Welt, in der Angst keine Pause kennt. Tim Lebbon versteht es meisterhaft, das Flair des Originals aus den späten 70ern in die literarische Form zu übertragen. Der Roman ist eine gelungene Hommage an das Erbe von Alien, erweitert um neue Ansätze zur Herkunft des Xenomorphs. Die Handlung folgt bekannten Mustern: Bedrohung, Isolation, verzweifelter Kampf ums Überleben. Dennoch gelingt es dem Autor, durch neue Perspektiven und frische Ideen, besonders in Bezug auf die Mythologie, Spannung zu erzeugen. Horror und Action dominieren, auch wenn einige der Visionen und psychologischen Einlagen etwas gestrafft hätten werden können. Alien: In den Schatten ist der gelungene Auftakt zu einer Trilogie, die für Fans der Reihe viele dunkle Stunden bereithält. Wer Ripley kennt und liebt, wird hier nicht enttäuscht. Wer die Xenomorphs fürchtet, sollte das Buch nicht im Dunkeln lesen. Und wer wissen will, wie die Geschichte neu erzählt wird, der sollte sich anschnallen. Die Reise beginnt gerade erst. Für alle Fans ein perfekter Einstieg in einen spannenden Dreiteiler.

Matthias Göbel

Autor: Tim Lebbon
Übersetzung: Kristof Kurz
Taschenbuch: 385 Seiten
Veröffentlichung: 10.11.2014
Verlag: Heyne Verlag
ISBN: 9783641144418

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Bearbeitet von einz1975
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