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...macht nichts - wir haben einen Gartenzaun.

Der ultimative Polit Thread


Reinhold Heeg

Empfohlene Beiträge

1. Ich habe nicht gesagt, dass es mir zum Halse raushängt. War vielleicht missverständlich. Ich bin Lehramtsstudent (Deutsch, Politik und bald evtl. Geschichte) und einige meiner Schüler und Kommilitonen haben gesagt, dass dieses Thema oft genug behandelt wurde bzw. wird. Das meinte ich mit "aus erster Hand".
Wir sind ja alle mal zur Schule gegangen und wir alle kennen diese Meinungen. Auch mir hing es von Zeit zu Zeit aus dem Halse raus, aber erst in den letzten beiden Jahren kamen die wirklich interessanten Sachen (wobei da natürlich auch mit reinspielte, dass ich mit fortschreitendem Alter erst wirklich in der Lage war, mich bewusst mit der Thematik 3. Reich auseinandersetzen konnte). Ich dachte, mit "aus erster Hand" beschreibst du nur das Gleiche, dass es auch dich von Zeit zu Zeit genervt hat. Sry, dass ich das falsch verstanden habe.

2. Geschichtsunterricht beschränkt sich nicht nur auf das Fach Geschichte. Sozialkunde/Politik, Deutsch und Religion befassen sich ebenfalls sehr häufig mit dem Thema. An der Menge liegt es nicht.
Kein dummer Gedanke, aber wie erklärst du dir dann die immer wiederkehrende Einstellung von Schülern und Jugendlichen, genug von dem Thema zu haben, wobei der Durchschnitt kaum eine historische Frage korekt beantworten kann (analog dazu der von knut gepostete link). Nahezu jeder kann sagen, dass Anne Frank sich in den Niederlanden versteckt hatte und in Bergen-Belsen ums Leben gekommen ist. Aber sich mit "Hitler hat die Autobahn gebaut" und "Ausländer nehmen uns die Arbeit weg" - eben gängige Argumente - wird sich scheinbar gar nicht auseinandergesetzt. Oder warum fallen sonst immer wieder so viele drauf rein?

PS: leider funktioniert der Link nicht. Kannst du den bitte noch einmal posten?
Komisch. Hier ist er nochmal: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer...d=1174661661190
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Um noch mal auf das Thema DDR zurückzukommen: Auch im Ausland wurde die erwähnte Umfrage wargenommen:

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Kurze deutsche Zusammenfassung des Textes:

- 17 Prozent aller ex DDR-Bürger wünschten sich die Mauer wäre nie abgerissen worden

- 52 Prozent sehen sich selbst al Bürger zweiter Klasse

- 72 Prozent leben trotz alledem gerne im wiedervereinigten Deutschland

Für mich interessant, das sogar im Ausland derartige Umfragen wargenommen werden.

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- 52 Prozent sehen sich selbst al Bürger zweiter Klasse
Genau das, was ich geschrieben habe.

- 72 Prozent leben trotz alledem gerne im wiedervereinigten Deutschland
Was genau noch einmal zeigt, dass 1. viel von den Medien reininterpretiert wird, 2. jede "die Ossis ziehen unser Geld und sind auch noch undankbar dafür"-Diskussion (ja, sowas höre und lese ich auch des öfteren, hier zum Glück nicht) und 3. jede "die Ossis wollen die Mauer wieder"-Diskussion auch vollkommen daneben ist.

Danke fürs posten v.a. der letzten Zahl. Wieso steht das nur in dem SpiegelOnline-Artikel nicht drin? <_<

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Was genau noch einmal zeigt, dass 1. viel von den Medien reininterpretiert wird, 2. jede "die Ossis ziehen unser Geld und sind auch noch undankbar dafür"-Diskussion (ja, sowas höre und lese ich auch des öfteren, hier zum Glück nicht) und 3. jede "die Ossis wollen die Mauer wieder"-Diskussion auch vollkommen daneben ist.

Ich sehe das nicht so dramatisch. Meistens ist das doch nur Ärgern. Viel schlimmer ist der pathologische Bayernhass einiger "Preußen". Bei uns in NRW hat man manchmal das Gefühl, dass man da am liebsten einfallen würde. Man beneidet die Bayern für ihre bessere Position in Wirtschaft, Finanzen, Bildungsystem und mehr. Doch statt an der eigene Verbesserung zu arbeiten, ärgert man sich schwarz und diffamiert die Bayern lieber als Hinterwäldler und Idioten.

Bearbeitet von Knut85
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Ich sehe das nicht so dramatisch. Meistens ist das doch nur Ärgern.
Sicherlich ist das nur ein wenig Ärgern und effekthascherei der Medien, aber: Gibt es dafür einen Grund? Ist das gerechtfertigt? In meinen Augen nein, also warum wird das dann gemacht? Haben wir denn so wenig zu tun?

Viel schlimmer ist der pathologische Bayernhass einiger "Preußen". Bei uns in NRW hat man manchmal das Gefühl, dass es in richten Hass ausartet. Man beneidet die Bayern für ihre bessere Position in Wirtschaft, Finanzen, Bildungsystem und mehr. Doch statt an der eigene Verbesserung zu arbeiten, ärgert man sich schwarz und diffamiert die Bayern lieber als Hinterwäldler und Idioten.
Das allerdings gibt es woanders auch. Außerdem sehe ich da nur einen nicht ganz ungesunden Lokalpatriotismus. Ist ja nicht so, dass Autos mit bayrischen Kennzeichen regelmäßig von den Straßen gedrängelt werden ;) . Ich habe aber in meinem Leben auch schon einige Süddeutsche kennenlernen dürfen, die wirklich aberwitzige Meinungen vertraten: Bayern und Baden-Württemberg sind viel besser als die anderen Bundesländer und sollten sich von Deutschland trennen. Ohne die anderen Länder ginge es den Süddeutschen viel besser. Die Geschichte habe bewiesen, dass diese zwei Länder einfach in jedem Aspekt besser seien als die anderen.

Da habe ich mir dann auch gedacht: Die hamse wohl nicht alle. Btw war Hitler für die auch ein Genie. Und besagte Personen waren "gebildete" Abiturienten kurz vor dem Studium. Bei denen war also irgendwas wirklich nicht ganz richtig.

Letztens hat hier für ein paar Wochen ein Passauer im Wohnheim gewohnt. Der hat mir gegenüber auch ein paar Sprüche ber die Ostdeutschen gebracht. Man belächelt sich halt gegenseitig ein wenig, es fließt auch schonmal ein bisschen böses Blut (verbal). Aber ich sehe das nur als Lokalpatriotismus, der ein wenig zusammenschweist und deshalb nicht unbedingt nur schlecht ist.

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- 17 Prozent aller ex DDR-Bürger wünschten sich die Mauer wäre nie abgerissen worden

Nicht nur Ex-Zonies wünschen sich, die Mauer wäre nie abgerissen worden ^^

Was die Beurteilung der einzelnen "Stämme" betrifft habe ich als CallCenterAgent so meine ganz eigene Erfahrungen. Die unangenehmsten Gesprächstpartner sind Sachsen und Schwaben, erster weil sie am Telefon überdurchschnittlich jammerig rüberkommen, letztere, weil man bei ihnen oft das Gefühlt hat, man könne ihnen keinen Meter weit trauen.

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Warum war für viele Ostdeutsche die DDR besser?

Wenn man z.B. die Generation sieht, die um 1990 rum gerade aus den Kinderschuhen raus ist, kann ichs gut verstehen das diese die DDR "schöner" empfanden, weil man als Kind eh schnell begeistert und glücklich sein kann bzw. ist. Kindheit empfinden viele als schön, sofern sie diese war.

Und ein "einfacher" Arbeiter oder so empfindet das ganze DDR-Leben in dem Moment wo er jetzt bzw. nach 1990 kaum Arbeit findet/fand oder sonst wo hin muss um arbeiten zu können und nun monatlich zusehen muss wie er

viele Formulare auszufüllen hat bzw. genehmigt zu bekommen (Arbeitsamt etc.) als "Arbeiter-und Bauernparadies".

Letztenendes leidet unter solchen Problemen die Familie und es kann zu sozialen Dramen und Unzufriedenheit kommen. Denn der Mensch braucht Sicherheit. Und vielen fehlt jetzt diese Sicherheit bzw. ein solches Gefühl. Schon anbetracht ständiger Hiobsbotschaften in den Medien könnte man dann depressiv und hoffnungslos werden. Und dann errinnern sich eben vielleicht manche an schöne DDR-Zeiten zurück. Wobei wirklich nicht alles schlecht war. Es kommt auf die Menschen an.

Vor ein paar Jahren habe ich auf einer (kleinen) Demo in Halle ein Plakat gesehen welches ich ziemlich interessant fand. Darauf stand folgender Text:

"40 Jahre haben sie uns belogen - wer konnte dabei wissen das sie uns über den Kapitalismus die Wahrheit gesagt haben."

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Das ist in der Tat eine ziemliche Ironie:

Sicherheit (also rein arbeitsmäßig) gab und gibt es nur (noch) in einer sozialistischen Diktatur - während in der westlichen Demokratie die Freiheit, welche ohnehin mehr eine Freiheit der Wirtschaft als die der einzelnen Bürger zu sein scheint, zumindest ein Stück weit zum Preis der sozialen Sicherheit erkauft werden musste.

Leider sieht es so aus, als könnte soziale Gerechtigkeit - so paradox es klingen mag - heutzutage wirklich nur noch mit diktatorischen Mitteln erzwungen werden.

Interssanterweise bräuchte man für die Gegenrichtung - nämlich einer absolut marktradikalen und neoliberalen Gesellschaft - ebenso diktatorische Strukturen, um die Massen an Arbeitslosen und Niedrig-Lohn-Arbeitern in Schach zu halten.

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Mir wurde ein Artikel aus der Zeit von Heinrich Wefing aus der ZEIT von Ende Mai als neutrale und vernünftige Darstellung der Internetzensurproblematik empfohlen (siehe http://www.zeit.de/2009/23/Internet-Grenze?page=1). Nach der Lektüre dieses Pamphlets musste ich es leider zerpflücken. Ein schönes und ernüchterndes Beispiel, wie die Medien teilweise arbeiten.

Sorry, dass das so lang geraten ist. Aber das liegt an der übertriebenen Länge des Originalartikels.

Erster Absatz:

"Nein, um Kinderpornografie im Internet geht es schon lange nicht mehr. Oder allenfalls noch am Rande. Ursula von der Leyens Versuch, die Bilder erniedrigter, gequälter, vergewaltigter Kinder im Netz sperren zu lassen, hat etwas völlig anderes in Gang gesetzt. Etwas Größeres, Fundamentales, etwas, mit dem niemand gerechnet hat, am wenigsten die CDU-Familienministerin selbst."

Zunächst mal, um Kinderpornografie ging es von Anfang an nicht. Sie war lediglich der schmutzige Vorwand, ein Überwachungs- und Zensurgesetz einführen zu können. Dann bedient sich Wefing schon im ersten Absatz (!!) eines extrem schmutzigen rhetorischen Tricks: Er teilt von der Leyen die Rolle derjenigen zu, die im Netz gegen die Bilder "erniedrigter, gequälter, vergewaltigter Kinder" kämpft. Dass von der Leyen aber sperren statt löschen will ignoriert er völlig! Implizit wird damit auch denjenigen, die gegen das Zensurgesetz sind, die Rolle derjenigen zugewiesen, die kein Herz haben für die "erniedrigten, gequälten, vergewaltigten" Kinder. Unterste journalistische Schublade!

Zweiter Absatz:

"Plötzlich, schier aus dem Nichts, ist in Zeitungsartikeln, in Diskussionsforen und Postings im Web eine Debatte entbrannt, die notwendig ist und überfällig: eine Debatte über die Freiheit im Netz und ihre Grenzen."

Die Debatte ist so alt wie das Internet selbst. Das Internet ist einfach kein "rechtsfreier Raum", dieses Wort müsste sowieso für das Unwort des Jahres nominiert werden!

Dritter Absatz, Teil 1:

"Welche Regeln, so lautet die Frage, gelten im Internet? Ist dort alles erlaubt? Ist die Gesellschaft machtlos gegen das Onlinegeschäft mit Fotos und Videos missbrauchter Säuglinge?"

1) "Ist dort alles erlaubt?" Nein, ist es nicht! Kinderpornografie ist illegal und wird strafrechtlich verfolgt!!

2) "Ist die Gesellschaft machtlos gegen das Onlinegeschäft mit Fotos und Videos missbrauchter Säuglinge?"

In diesem Satz steckt schon soviel Würgematerial, dass ich mich kaum kontrollieren kann! Hier arbeitet jemand, der sehr gut mit Worten umgehen kann und diese gezielt einsetzt.

Nehmen wir das mal auseinander:

"Ist die Gesellschaft machtlos?" Nein, das ist sie nicht! Löschen funktioniert, das hat der AK Zensur nachgewiesen. Bei einer Stichprobe einer online gelangten Liste von in Dänemark geblockten Seiten konnten alle (!) kinderpornografischen Seiten innerhalb von 12 Stunden gelöscht werden. Warum das BKA dazu nicht in der Lage ist, Internetaktivisten jedoch schon, ist eine offene Frage.

"Onlinegeschäft"

Welches Geschäft? Von der Leyen hat ihr Gesetz immer mit der "Kinderpornoindustrie" begründet, musste aber in ihrer Antwort auf die Anfrage der FDP im Bundestag hin zugeben, dass es KEINE (!) Erkenntnisse über die Existenz einer solchen Industrie gibt, wobei Leute mit Kinderpornos das große Geld machen!

„missbrauchte Säuglinge“

Hier greift der Autor wieder ganz tief in die Schmutzkiste! Um zu zeigen, wie verwerflich die Gegner der Zensur sind, schreibt er nicht nur von Kindern, nein, Säuglinge als die Verletzlichsten der Gesellschaft müssen für seine politische Agenda herhalten.

Weiter im Text:

Dritter Absatz, Teil 2:

„Müssen Eltern hilflos zusehen, wie jeder halbwegs technisch versierte Viertklässler mit ein paar Klicks bei wüster Pornografie landen kann? Bleibt Musikern, Autoren, Fotografen nichts anderes übrig, als wehrlos zu beobachten, wie ihre Werke im Cyberspace massenhaft enteignet werden? Ist kein elektronisches Kraut gewachsen gegen illegales Glücksspiel im Netz, gegen islamistische Terroraufrufe und blutrünstigen Antisemitismus?“

Das müssen wir wieder sezieren. Fangen wir also beim ersten Teil an:

„Müssen Eltern hilflos zusehen, wie jeder halbwegs technisch versierte Viertklässler mit ein paar Klicks bei wüster Pornografie landen kann?“

Nein, müssen sie nicht. Eltern haben die Möglichkeit und die Pflicht, das Medienkonsumverhalten ihrer Kinder zu überwachen bzw. sie zu Kompetenz zu erziehen. Im Übrigen gibt es etliche sehr gut funktionierende Filterprogramme, die sich jeder auf seinem Computer installieren kann. So werden Kinder vor dem versehentlichen Konsum von „wüster Pornografie“ bewahrt. Aber anstatt hier die Eltern in die Pflicht zu nehmen, schreit Herr Wefing nach dem großen Bruder!

Weiter geht’s:

„Bleibt Musikern, Autoren, Fotografen nichts anderes übrig, als wehrlos zu beobachten, wie ihre Werke im Cyberspace massenhaft enteignet werden?“

Eine Urheberrechtsdebatte will ich hier jetzt nicht in aller Ausführlichkeit führen. Meine simple Entgegnung wäre: Wieso Enteignung? Was ist überhaupt „geistiges Eigentum“? Man muss sich hier dringend Gedanken machen. Kontrollieren, Sperren, Überwachen, Verbieten funktioniert nicht und wäre auch überhaupt nicht sinnvoll.

„Ist kein elektronisches Kraut gewachsen gegen illegales Glücksspiel im Netz, gegen islamistische Terroraufrufe und blutrünstigen Antisemitismus?“

Was stellt sich Herr Wefing hier eigentlich genau vor? Eine Horde von Tugendwächtern, die alles im Netz blockiert, was die naiven Schäfchen (die Bürger) irritieren könnte? Erinnert mich irgendwie an die Sittenwächter im Iran. War da nicht was? Stimmt, die haben auch eine Internetzensur-Infrastruktur. Die Technik dazu wurde übrigens von Nokia und Siemens geliefert.

Weiter im Text:

6. Absatz:

Es ist ein Kulturkampf, der sich da abzeichnet, unerbittlich und emotional, ein Clash von analoger und digitaler Zivilisation, in dem technische Innovation, kulturelles Unbehagen und politische Ratlosigkeit zusammenschießen. Kinderschützer stehen gegen Datenschützer, Zwanzigjährige gegen Mittfünfziger, neue Medien gegen alte.

Den ersten Satz kann man unterschreiben. Den zweiten? „Kinderschützer stehen gegen Datenschützer“, da geht’s schon wieder los! Auf „Kinderschützer“ wie die Demagogen der „Deutschen Kinderhilfe“ kann dieses Land getrost verzichten (siehe dazu http://www.zeit.de/online/2009/22/internet...-unterschriften - passenderweise auch ein Bericht der Zeit). Es hat auch nichts mit „neuen“ oder „alten“ Medien zu tun, es ist vielmehr eine Frage davon, ob man das Internet als Gefahr sieht.

7. Absatz, Teil 1:

Befeuert wird dieser Konflikt, wie noch jeder Kulturkampf, von diffusen Ängsten. Auf der einen Seite grassiert die Angst vor dem undurchsichtigen Netz, vor den brutalen Ballerspielen, vor dem »Cybermobbing«, bei dem Lehrer im Netz von anonymen Schülern niedergemacht werden. Die Angst vor der Flut an Pornografie, die nach vorsichtigen Schätzungen zwölf Prozent aller Websites ausmacht.

1) „Undurchsichtiges Netz“ – das Netz ist so transparent, wie ein Medium nur sein kann! Was damit gemeint ist, lässt der Autor offen. „Diffuse Ängste“ eben.

2) Die brutalen Ballerspiele. Was die mit dem Internet so direkt zu tun haben? Öh, erstmal gar nichts. Ich selbst spiele Counterstrike und Konsorten übrigens nicht, finde es aber grandios, wie Gamer für gesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht werden, obwohl es keine (!) seriösen wissenschaftlichen Belege für die Schädlichkeit dieser Spiele gibt. Früher war es Rock’n’Roll, in den 80ern Gewaltfilme, in den 90ern Heavy Metal für alles Böse verantwortlich. Heute halt Egoshooter.

3) „Cybermobbing“ gegen Lehrer: Etwa bei Spickmich? Ts… Wirklich üble Noten erhält dort kaum einer. Siehe übrigens den Beitrag eines Lehrers dazu: http://www.kaiherrmann.de/2009/06/arger-mi...er-spickmichde/.

4) Die Pornografie. Verstehe nicht ganz, weshalb man vor einer „Flut an Pornografie“ Angst haben müsste. Oder ist jemand von euch schon mal beim Surfen auf Spiegel Online von einer pornografischen Flutwelle weggespült worden? Jeder konsumiert das, was er will. Im Hotel kann man sich auch den Pornokanal anschauen, hat deswegen jemand Angst vor dem Fernsehen?

7. Absatz, Teil 2:

„Und auf der anderen Seite galoppiert die Furcht vor einem Staat, der die offenen Welten des Netzes zu unterwerfen drohe. Einem Staat, der Schluss machen wolle mit der freien Rede im freien Netz. »Stasi 2.0«, dröhnt es in den Chatrooms, die Bundesfamilienministerin heißt dort nur noch »Zensursula«, Verschwörungstheorien kursieren, Hysterie liegt in der digitalen Luft.“

Natürlich ist es einfach, die Gegner des Gesetzes als radikale, junge Hysteriker hinzustellen. Wenn man sich allerdings daran erinnert, dass in der alten BRD Postzensur betrieben wurde (siehe dazu http://www.badische-zeitung.de/deutschland...--16418733.html - man schaue sich diese Zahlen an!), wandeln die neuen Zensoren einfach nur auf alten Spuren. Ich habe übrigens mit meinem Vater telefoniert, der mir erzählte, er habe 1969 in der DDR ein „Braunbuch BRD“ bestellt, das aber nie ankam. Nach einem halben Jahr erhielt er lediglich Post von der Staatsanwaltschaft Braunschweig, das Verfahren gegen ihn wegen „staatsgefährdender Umtriebe“ sei eingestellt worden.

8. Absatz:

„Erstaunlich ist nicht, dass dieser Kulturkampf jetzt losbricht. Erstaunlich ist in Wahrheit, dass er so lange auf sich warten lassen hat. Wieso hat es fast zwanzig Jahre gedauert, bis öffentlich formuliert wird, was doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist. Dass im Cyberspace dieselben Gesetze gelten wie in der realen Welt.“

Da haben wir ihn wieder, den grandiosen Satz: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Übrigens fiel er schon 2001, hier: http://www.heise.de/newsticker/Das-Interne...-/meldung/15761, und war deskriptiv und nicht präskriptiv gemeint. Niemand sieht das Internet als rechtsfreien Raum! Wer diese Plattitüde aber immer und immer wieder wiederholt, suggeriert aber genau das und impliziert die Notwendigkeit eines harten Durchgreifens des Staates – mitsamt Rechtfertigung der notwendigen Überwachungsinstrumente.

9. Absatz:

„Wer Kinderpornos online erwirbt, macht sich genauso strafbar wie jemand, der sie auf DVD kauft. Geschützte Musik im Netz herunterzuladen, ohne dafür zu bezahlen, ist kein heroischer Akt des Aufbegehrens gegen die Unterhaltungsindustrie, sondern ebenso illegal wie früher der Plattenklau im Plattenladen. Eine rasch online hingerotzte Beleidigung ist genauso ehrverletzend wie eine Beleidigung im Straßenverkehr. Und wer den Holocaust leugnet, begeht eine Straftat, ganz gleich, ob er die Existenz von Auschwitz auf Papier oder im Cyberspace bestreitet. Juristisch ist offline gleich online. Die Geltung des Rechts hängt nicht davon ab, ob jemand seinen Rechner ein- oder ausschaltet. Eine Plattitüde?“

Hier würde ich doch zumindest auf einen Absatz eingehen wollen:

„Geschützte Musik im Netz herunterzuladen, ohne dafür zu bezahlen, ist kein heroischer Akt des Aufbegehrens gegen die Unterhaltungsindustrie, sondern ebenso illegal wie früher der Plattenklau im Plattenladen.“

Musik von Platte auf Kassette überspielen: legal

Musik von Kassette auf Kassette überspielen: legal

Musik von Radio auf Kassette aufnehmen: legal

Musik von CD als MP3 aufnehmen: legal (bis vor kurzem)

Musik von Internetradio als MP3 aufnehmen: legal

Musik als MP3 herunterladen: illegal und böser Klau

Logik?! Das Ergebnis ist doch überall das Gleiche!

Faszinierend finde ich die zwanghafte unitarische Sichtweise des Autoren: Er stellt sich das Internet als ein Objekt der Politik vor, in welchem Recht einfach durchgesetzt werden muss. Dass der Kollege Jurist ist, erklärt auch seinen Mangel an Fantasie: Die Rückwirkung der Technologisierung des Alltags und des Internets auf die Gesellschaft prägt auch die Gesellschaft und erfordert den Wandel von Recht. Soweit hat er aber nicht gedacht und möchte das wohl auch nicht.

11. Absatz:

„Schon wahr: Für die Durchsetzung des Rechts sind die größten Vorzüge des Netzes auch die größten Nachteile. Das Netz ist schnell, das Recht ist langsam. Das Netz ist anonym, das Recht ist personalisiert. Das Netz ist global organisiert, das Recht national, immer noch – und so wird es auch noch geraume Zeit lang bleiben. Nazipropaganda, die in Deutschland unter Strafe steht, ist in den USA als freie Meinungsäußerung geschützt – weshalb kein deutscher Staatsanwalt gegen den amerikanischen Provider vorgehen kann, der die braune Hetze auch auf deutsche Rechner schaufelt. Und wenn der Server gar in Indien steht oder in Afrika, ist es derzeit noch ziemlich aussichtslos, Urheberrechte einzuklagen oder Kinderpornoseiten löschen zu lassen.“

Diese indischen oder afrikanischen Server mit Kinderpornografie existieren aber offensichtlich in der Praxis nicht. Siehe dazu http://www.internet-law.de/2009/03/sperrun...ie-im-netz.html. Zum Thema Nazipropaganda: Glaubt wirklich irgendjemand, es würde unsere Gesellschaft korrumpieren, wenn dieses Problem nicht gelöst werden kann (und das kann es nicht)?

13. Absatz:

„»Es ist ein weitverbreiteter Glaube, dass der Cyberspace nicht reguliert werden kann, weil seine Grundstruktur immun gegen die Kontrolle von Regierungen sei«, hat Lawrence Lessig, Juraprofessor an der kalifornischen Elite-Uni Stanford und einer der führenden Rechtsexperten für Internetfragen, schon vor geraumer Zeit geschrieben. »Dieser Glaube ist falsch. Es liegt nicht in der Natur des Cyberspace, unregulierbar zu sein, weil der Cyberspace keine Natur hat. Er besteht nur aus Code – die Software und Hardware macht den Cyberspace zu dem, was er ist. Und die kann man natürlich verändern.« Das war vor neun Jahren. Warum ist seither so wenig geschehen?“

Im Klartext fordert der Autor hier die Einführung einer vorgeschalteten Überwachungsbehörde, die alle Inhalte filtert und überwacht.

15. Absatz:

„Das ist das Besondere dieser Position, ihre eigentliche Provokation: Hier fordert eine Gruppe für sich nicht bloß eine Sonderbehandlung, sie verlangt nicht nur eine Ausnahme von den Regeln, die für alle gelten, sondern gleich die Abschaffung der Normen überhaupt. Im Namen der Freiheit wird der Austritt aus dem Recht propagiert.“

Unwahr. Das brauche ich noch nicht mal begründen.

16. Absatz:

Niemand hat diese Ideologie radikaler und suggestiver formuliert als der Exviehzüchter, Exsongwriter der Grateful Dead und selbst ernannte »Cyberlibertarian« John Perry Barlow in seiner »Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace«, die er 1996 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgetragen hat.

An dieser Stelle sollte man innehalten und sich fragen, ob der Autor wirklich an das glaubt, was er da gerade schreibt.

18. Absatz:

„Dort lebt und blüht der Mythos vom freien Internet, und die Feindbilder sind klar. Auf der einen Seite stehen die »konservativen Neophobiker, also jene, die irgendwie finden, dass ohne dieses Netz alles besser, überschaubarer, gemütlicher war«, wie gerade erst wieder Constanze Kurz, die Sprecherin des Chaos Computer Club, in der taz geschrieben hat, und auf der anderen Seite stehen jene, »die auf inkompetent-bösartige Einmischung in ihren Lebensraum empfindlich reagieren«.“

Und das ist absolut auf den Punkt gebracht.

19. Absatz:

„Inkompetenz und Bösartigkeit: Wer so auf die Welt außerhalb des eigenen »Lebensraumes« schaut, dem muss notwendig auch die Durchsetzung des Rechts sofort wie »Zensur« erscheinen.“

Die Durchsetzung des Rechts? Da spricht der blanke Hohn aus den Worten des Dr. iur., dessen Konservatismus sicher auch in seinen Jahren bei der FAZ geprägt wurde. Um noch mal das Beispiel zu bemühen: Wenn in einem Hauseingang eine Frau vergewaltigt wird und ein Polizist läuft vorbei, was tut er dann? Richtig, er setzt das Recht durch und hängt ein Stoppschild vor die unschöne Szene. So sieht Opferschutz aus, so findet man Täter! Applaus!

Und wäre das so schlimm, wenn es just die Bereiche träfe, in denen Kinderpornografie getauscht, Rassenhass verbreitet, zu Anschlägen aufgerufen wird? Gibt es ein Grundrecht auf freien Zugang zu Vergewaltigungsbildern, Terrorvideos oder Nazipropaganda?

1) „Vergewaltigungsbilder“: Illegal, Verbreitung und Konsum sind strafrechtlich relevant. Sperre unnötig, siehe Kinderpornos.

2) „Terrorvideos“: Darüber wird doch eh auf CNN und in den Tagesthemen berichtet! Wieso sollte man sich kein eigenes Bild machen können?

3) Nazipropaganda: Gleiche Geschichte wie mit der NPD-Verbotsdebatte: Die Gedanken sind frei, selbst wenn sie dumm und nutzlos sind. Man wird die Nazis nicht wegverbieten können.

20. Absatz:

Aber die Ideologie der Freiheit immunisiert nicht nur gegen Kritik und Kontrolle. Sie wirkt auch nach innen, ins Netz selbst. Sie verstärkt die antibürgerliche Gravitation des Internets. Sie hat dort die zivilisatorischen Schwellen gesenkt, die im alltäglichen Miteinander der realen Welt selbstverständlich sind. Sie befeuert den rauen Umgangston, die Regellosigkeit der Sprache, die Wurschtigkeit des Denkens.

Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. (Sokrates)

Das mit dem „rauen Umgangston“ und der „Regellosigkeit der Sprache“, wo hat er denn das jetzt schon wieder ausgebuddelt? Natürlich gibt es online Foren, in denen sich die Leute beleidigen, „regellos sprechen“ (was auch immer) und „wurschtig“ denken (übrigens eine grandiose Formulierung, ich denke, dem Autor ist an dieser Stelle seine Eloquenz verloren gegangen und er wollte einfach mal gegen alles sein). Aber gibt es die nicht auch im realen Leben? Nach meiner Erfahrung in mindestens identischer Zahl.

21. Absatz:

Selbst Kritiker von Internetsperren wie Thomas Hoeren räumen ein, dass »rechtliche Restriktionen« im Netz »häufig ignoriert« werden.

Wir laufen täglich über rote Ampeln und ignorieren Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die totale Rechtsdurchsetzung ist ein Traum, dem man sich nur in totalitären Systemen annähern kann.

So wie im Netz eine Gratismentalität herrscht, eine Kultur des Jetzt und Gleich und Kostenlos, so hängen dort auch viele dem Traum vom Internet als Instrument zur Delegitimierung und Dekonstruktion des Staates an. Oder, schlichter: »Strafverfolgung im Netz? Will ich nicht«, wie es ein User formuliert.

„Ein User“? Das klingt mir schwer nach einem erfundenen Zitat, da unser Journalist nicht mal eine Quelle angibt.

22. Absatz:

Es sind Äußerungen wie diese, die den Mythos der Freiheit im Netz entlarven. Was hier gefordert wird, ist nämlich nicht die Freiheit unter Gleichen. Es ist die Freiheit des Stärkeren, die Freiheit des Lauteren, des Rücksichtslosen, desjenigen, der sich ohnehin durchsetzen kann. Diese Freiheit verzichtet auf das Recht, ja sie verhöhnt es geradezu. Sie diffamiert das Recht, das doch just dazu dient, die Freiheit des Schwächeren, des Leiseren, der Minderheit zu schützen.

Die schwache, leise Musikindustrie beispielsweise?

23. Absatz:

Nun könnte man die lärmende Ablehnung jeder staatlichen Regulierung und Rechtsdurchsetzung vielleicht sogar als romantische Utopie belächeln, wenn die Ideologen der Freiheit gelegentlich einmal selbst einen Gedanken darauf verwenden würden, wie sich der Missbrauch des Mediums eindämmen ließe. Wie sich das Netz eigene Strukturen und Mechanismen schaffen könnte, die Kinderschänder und Hassprediger zu verdrängen helfen. Sechs deutsche Kinderrechtsorganisationen haben gerade erst »an alle Internetexperten« appelliert, »ihr Wissen zu nutzen, um die besten Wege zu finden. Alle, die sich jetzt gegen das Sperren von kinderpornografischem Material im Internet aussprechen, sind aufgefordert, an konkreten Lösungen mitzuarbeiten.«

Hilfe! Der Erfolg des AK Zensur (http://ak-zensur.de/2009/05/loeschen-funktioniert.html) wird einfach ignoriert. Eine Studie der Uni Cambridge kam zu ähnlichen Ergebnissen. Löschen funktioniert also offensichtlich, das BKA tut zu wenig.

24. Absatz:

„Doch bislang sind solche Vorschläge rar. (…)“

1) siehe oben

2) Kinderpornos sind in aller Regel NICHT einfach im Internet zugänglich, sondern werden über Usenet, P2P-Börsen und interne Foren, in die man erst eingelassen werden muss, verbreitet. Erforderlich ist einfach größerer Einsatz der Ermittlungsbehörden.

25. Absatz:

„Nein, es geht nicht darum, Mauern und Sperren zu errichten gegen den ungefilterten Fluss von Informationen, Ideen, Meinungen. Es drohen weder Zensur noch »chinesische Verhältnisse«. Es geht darum, die Debatte um das Internet zu entideologisieren und das Netz als einen Raum zurückzuerobern, in dem die Geltung des Rechts so selbstverständlich akzeptiert wird wie im richtigen Leben. In dem die Achtung der Menschenwürde nicht hinter der Freiheit des Stärkeren zurücktreten muss.“

Wenn es darum geht, die Debatte zu entideologisieren, warum werden dann Sachargumente einfach ignoriert?! Und die „Achtung der Menschenwürde“, meine Güte, das ist wieder die ganz große Moralkeule.

26. Absatz:

Die letzten Experten, die sich lauthals auf ihre Kompetenz berufen und jede regulierende Einmischung ahnungsloser Politiker in »ihren Lebensraum« empört zurückgewiesen haben, waren die Finanzjongleure der globalisierten Kapitalmärkte. Auch sie operierten mit magischen mathematischen Formeln, auch sie verachteten die kleinkarierten Politiker und fühlten sich über das Recht erhaben. Die Folgen trägt gerade die ganze Welt.

Zu diesem Absatz bediene ich mich der Einschätzung von Sven Scholz (http://www.svenscholz.de/index.php/page/2/), der es auf den Punkt gebracht hat:

(Zitat Anfang)

1. Der Finanzmarkt lief aus dem Ruder weil bestehende Regulierung aufgehoben wurde, nicht etwa, weil zusätzliche verhindert worden wäre. Niemand aber ruft nach Aufhebung bestehenden Rechts im Netz. Es geht darum, dass das Netz eben nicht mehr Regelung braucht als die “Offline-Welt” - und Welfing sagt es ja selbst: da es rechtlich keinen Unterschied gibt zwischen diesen Welten. Warum also sollte man durch spezielle weitergehende Regelungen dann einen herstellen? Die Internet-”Gemeinde” will keine Deregulierung, wie es die Banker wollten und kriegten. Sie will keine stärkere Extra-für-sie-Regulierung die über die, die es schon gibt, hinausgeht und die eh für alle - und damit auch für sie - gilt.

2. Die “Folgen für die ganze Welt” sind nicht entstanden, weil irgendwelche Leute sich über das Recht “erhaben” fühlten, sondern weil diesen Leuten rechtliche Grenzen, die ihr Tun und damit auch die Folgen dieses Tuns verhindert hätten, entfernt wurden. Die Banker haben sich nicht über Recht und Gesetz hinweggesetzt und können deshalb auch nicht für den Schaden, den sie anrichteten belangt werden. Dort aber, wo das Recht Grenzen setzt kann belangt werden. Und zwar mit den rechtlichen Mitteln, die da sind. Weitere, neue, braucht es dafür nicht. Im Gegensatz zur Finanzwelt gelten genug und eindeutige Gesetze für all die Dinge, die da im Internet tatsächlich wie angeblich passieren, um irgendwelche “Folgen”, die die “ganze Welt” tragen müsste, zu verhindern. Oder zumindest zu ahnden. Auch letzteres im Gegensatz zur Finanzwelt.

3. Dass die “Finanzjongleure” die Politiker “verachtet” hätten und diese sozusagen dazu gebracht hätten, ihnen Freiheiten einzuräumen, deren Folgen nun “von der Welt” zu tragen seien ist freilich einerseits ein Widerspruch zur den Verhältnissen der Netzwelt an und für sich, da die Einflussnahme initial von der gegenteiligen Seite aus ausgeht - geschenkt. Aber freilich ist dieses Bild allein schon Geschichtsklitterung, denn die Politik hat der Finanzwelt diese Freiheiten nicht gegeben, weil sie nicht wusste, was sie tat, sondern weil auch sie es so wollte. Da gab es keinen Interessenkonflikt, den eine Seite gewonnen oder gegen eine andere durchgesetzt hätte - da gab es nämlich keine zwei Seiten. Auch wenn die Politik heute versucht, hier ein anderes Bild zu malen.

(Zitat Ende)

Insgesamt wirklich ein ausgesprochen scheußlicher Artikel und ein Beispiel, wie man es auf gar keinen Fall machen sollte. Und technische und ideologische Un- und Halbwahrheiten sowie üble Klischees sind in fast unfassbarer Zahl vertreten, wie Scholz zeigt:

Die angebliche Anonymität ist dort ebenso vertreten wie die armen gedissten Lehrer, die Kids, die von technikfernen Eltern unkontrollierbar alles machen können, was sie wollen, die Pornos, die Bombenbauanleiter und die Terroristen, die armen, von Millionen Raubkopierern gefledderten Musiker, Autoren und sonstigen Künstler, deren Rechte von Netzusern mit Füßen getreten würde, weil die “Industrien”, die sich die exklusive Monetarisierung der Produktkopien dieser Leute sicherte, für manche Kopie, die sie nicht selber erstellte, kein Geld bekommt, die Holocaustleugner und Nazis, das einfache Volk, das niveaulos daherpöbelt und rüde beleidigend durch die Gegend marodiert […]

Bearbeitet von JDragon
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1. Falsches Forum, falscher thread. Bei den aktuellen newsmeldungen wird das Thema bereits dirkutiert

2. Medien übertreiben immer wieder hier und da mal.

3. Mir hat der Artikel gefallen. Oder zumindest empfand ich ihn nicht so prätentiös wie du.

Und nun ein wenig zu deinen Aussagen:

"Zunächst mal, um Kinderpornografie ging es von Anfang an nicht. Sie war lediglich der schmutzige Vorwand, ein Überwachungs- und Zensurgesetz einführen zu können."

Achso. Das höchste der Gefühle, das ich bis jetzt gehört habe war, dass es ein erster Schritt in diese Richtung wäre. Eine Aussage, gegen die ich mich immer gewehrt habe. Dass du meinst, damit wäre die Zensur bereits perfekt ist in meinen Augen schon ein wenig daneben.

"Er teilt von der Leyen die Rolle derjenigen zu, die im Netz gegen die Bilder "erniedrigter, gequälter, vergewaltigter Kinder" kämpft. Dass von der Leyen aber sperren statt löschen will ignoriert er völlig!"

Die gute Frau ist übrigens Familienministerin und damit in der Innen- Sicherheits- und Medienpolitik das fünfte Rad am Wagen. Wie kommst du darauf, von der Leyen hätte irgendein Interesse an einer Internetzensur?

"Die Debatte ist so alt wie das Internet selbst. Das Internet ist einfach kein "rechtsfreier Raum", dieses Wort müsste sowieso für das Unwort des Jahres nominiert werden!"

Ist es das wirklich nicht? Ein rechtsfreier Raum ist ein Raum, in dem auch kein Rechtsbewusstsein der Agierenden herrscht. Desweiteren ist ein rechtsfreier Raum ein Raum, in dem durchaus Regeln herrschen, aber kaum öffentlich-rechtliche Ordnungskräfte (BKA) aktiv sind (hier: einfach nicht in der Lage sind, der Flut gerecht zu werden). Also, wenn du das nächste mal dir fröhlich bei kino.to einen aktuellen Kinofilm reinziehst, dann pausiere doch den Film lieber mal und überlege, ob du dir den rechtsfreien Raum überhaupt wegwünschst. Denn verboten ist es schließlich. Übrigens genauso wie jedes andere Angebot, sei es nun pornografischen oder musikalischen (wie bspw bei YouTube) oder sonstigen Inhalts, der eigentlich durch das Urheberrecht geschützt ist, eigentlich dem Erwirtschaften von Profit dient, man sich ihn aber trotzdem kostenlos im Internet beschaffen/anschauen kann, ohne dafür zu bezahlen.

Wer von uns hat eigentlich nicht schon mal irgendwas illegales im Netz getan? Aber wer von uns hat im RL schonmal einen Ladendiebstahl begangen? Eben das ist ein rechtsfreier Raum. Sei doch lieber froh, dass du den rechtsfreien Raum noch hast und sich die Staatsgewalt aus Kapazitätsgründen bis jetzt nur auf das Ermitteln bei KiPo einglassen hat.

""Ist die Gesellschaft machtlos?" Nein, das ist sie nicht! Löschen funktioniert, das hat der AK Zensur nachgewiesen. Bei einer Stichprobe einer online gelangten Liste von in Dänemark geblockten Seiten konnten alle (!) kinderpornografischen Seiten innerhalb von 12 Stunden gelöscht werden. Warum das BKA dazu nicht in der Lage ist, Internetaktivisten jedoch schon, ist eine offene Frage."

Ich kann dir sagen, warum das BKA da machtlos ist und das in Deutschland nicht so schnell geht: Hier zu Lande ist eben (der von dir so schmerzlich vermisste) Schutz des Grundrechts auf Information sehr hoch geschätzt. Aber alle schimpfen über Zensur. Ich kanns nicht verstehen.

"Hier greift der Autor wieder ganz tief in die Schmutzkiste! Um zu zeigen, wie verwerflich die Gegner der Zensur sind, schreibt er nicht nur von Kindern, nein, Säuglinge als die Verletzlichsten der Gesellschaft müssen für seine politische Agenda herhalten."

Gleiches Argument ließe sich auch für den Jugendschutz verwenden. Als ich 14 war und das erste Mal Alkohol im Supermarkt einkaufen wollte, aber keinen bekam, da habe ich genau so gedacht. Schonmal drüber nachgedacht, dass es hier tatsächlich um Säuglinge geht?

"„Müssen Eltern hilflos zusehen, wie jeder halbwegs technisch versierte Viertklässler mit ein paar Klicks bei wüster Pornografie landen kann?“

Nein, müssen sie nicht. Eltern haben die Möglichkeit und die Pflicht, das Medienkonsumverhalten ihrer Kinder zu überwachen bzw. sie zu Kompetenz zu erziehen. Im Übrigen gibt es etliche sehr gut funktionierende Filterprogramme, die sich jeder auf seinem Computer installieren kann. So werden Kinder vor dem versehentlichen Konsum von „wüster Pornografie“ bewahrt. Aber anstatt hier die Eltern in die Pflicht zu nehmen, schreit Herr Wefing nach dem großen Bruder!"

Er nimmt nicht die Eltern in die Pflicht? Brauchen wir da Vater Staat? Ich habe das bei ihm keinesfalls so verstanden. Vielmehr nimmt er doch nur die Eltern in Schutz, die wirklich machtlos sind gegenüber dem, was die Kinder am Computer so machen. Denn die gibt es leider auch. Und er Staat hat nun einmal die Pflicht, Kinder vor unangebrachten Inhalten zu schützen. Die Altersbeschränkung bei Filmen ist schließlich auch keine Zensur.

"Wieso Enteignung? Was ist überhaupt „geistiges Eigentum“? Man muss sich hier dringend Gedanken machen. "Die Bezeichnung Enteignung ist schon richtig gewählt. Denn Enteignung bezeichnet immer den Entzug deines Eigentums aus deiner persönlichen Gewahrsamssphäre. Geistiges Eigentum sind die Früchte deiner Arbeit, ein fertiges Produkt mit dem du tun und lassen kannst, was du willst. Sobald dein Werk aber irgendwo unvorhergesehen auftaucht kann man dies schon als Enteignung ansehen, da dein Gewahrsam nun gebrochen wurde und du wohl kaum noch bestimmen kannst, wo dein Werk nun auftaucht. Auf gut Deutsch: Man hat dir etwas weggenommen und andere entscheiden nun über etwas, über das nur du eigentlich bestimmen darfst. (die Ausführungen sind nicht zu verwechseln mit dem Diebstahl geistigen Eigentums).

Und weiter schreibst du dazu:

"Kontrollieren, Sperren, Überwachen, Verbieten funktioniert nicht und wäre auch überhaupt nicht sinnvoll."

Kontrolliert wird bereits vom Eigentümer, gesperrt wird beim Diebstahl des Eigentums durch die Behörden, überwachen kann man nicht alles und verbieten kann man da schon gar nichts. Schließlich redest du vom geistigen Eigentum. Aber was hat das denn noch mit KiPo und Internetzensur zu tun? Gar nichts!

Dann hast du etwas geschrieben, was deine Aussage in meinen Augen vollends disqualifiziert:

"die Demagogen der „Deutschen Kinderhilfe“"

Die Aussage ist richtig daneben, eigentlich des Lesens gar nicht würdig.

"3) „Cybermobbing“ gegen Lehrer: Etwa bei Spickmich? Ts… Wirklich üble Noten erhält dort kaum einer."

Falls du davon noch nicht gehört hast: Hier eine Doku. Es gibt noch viele andere Videos, die im Internet verbreitet werden, wobei Lehrer teilweise verprügelt werden, etc. Verbreitungsmedium: Internet.

"Niemand sieht das Internet als rechtsfreien Raum! Wer diese Plattitüde aber immer und immer wieder wiederholt, suggeriert aber genau das und impliziert die Notwendigkeit eines harten Durchgreifens des Staates – mitsamt Rechtfertigung der notwendigen Überwachungsinstrumente."

Ich sehe das Internet durchaus als einen rechtsfreien Raum, der es aber in vielerlei Hinsicht verdient, weiter zu exisiteren. Allerdings sollten die Ordnungskräfte durchaus die Kompetenz haben, bestimmte Gesetzesverstöße verfolgen zu können. Das oberste Primat ist immer der Schutz des Bürgers und des Eigentums. Beachte doch bitte auch, dass du genau so schnell Opfer werden kannst (von der unterschiedlichsten Internetkriminalität), wie es dir jetzt möglich ist, illegal Filme anzuschauen oder gar runterzuladen. Wenn die Verletzung meiner Privatssphäre so einfach ist wie jenes, dann brauch der Staat einfach mehr Rechte, um meine Privatssphäre schützen zu können.

"Musik von Platte auf Kassette überspielen: legal

Musik von Kassette auf Kassette überspielen: legal

Musik von Radio auf Kassette aufnehmen: legal"

Ja und? Schonmal versucht, im großen Stile Kassetten zu kopieren?

"Musik von CD als MP3 aufnehmen: legal (bis vor kurzem)"

Empfindest du das denn etwa als Zensur? Doch sicherlich nicht. Immerhin hat hier die Rechtsstaatlichkeit einen Weg gefunden, eine Verbreitung zu stoppen.

"Musik von Internetradio als MP3 aufnehmen: legal

Musik als MP3 herunterladen: illegal und böser Klau"

Ersteres darfst du, weil der Sender dir ein Informationsangebot anbietet, dass du für dich selber aufnehmen kannst. Letzteres bezieht sich auf die filesharing-angebote, bei denen man schon während des Downloads zum Täter, da Anbieter, wird. Ist schon alles juristisch und urheberrechtlich korrekt. Wenn gegen die Urheberrechte verstoßen wird, ist auch der Besitz von Dateien rechtswidrig. Und gegen die Urheberrechte wird verstoßen, wenn der Urheber zum Beispiel nicht bezahlt wurde (wenn es so sein müsste ...), die Kopie rechtswidrig angefertigt wurde und noch einiges mehr. Aber das geht jetzt hier zu weit.

"Dass der Kollege Jurist ist, erklärt auch seinen Mangel an Fantasie"

Vorsicht... dünnes Eis, mein Lieber. :teufel:

"Die Rückwirkung der Technologisierung des Alltags und des Internets auf die Gesellschaft prägt auch die Gesellschaft und erfordert den Wandel von Recht. Soweit hat er aber nicht gedacht und möchte das wohl auch nicht."

Oh, es spricht ein Experte.

"Im Klartext fordert der Autor hier die Einführung einer vorgeschalteten Überwachungsbehörde, die alle Inhalte filtert und überwacht."

Dann ließ den Ausschnitt noch mal und denke nochmal drüber nach. Denn genau DAS hat der Autor damit nicht gesagt. Er kritisiert die Aussage des Medienrechtlers als antiquiert und kritisiert im selben Atemzug die Leute, die heute noch genau so denken. Mit ner Überwachungsbehörde hat das erstmal gar nichts zu tun.

"Die Durchsetzung des Rechts? Da spricht der blanke Hohn aus den Worten des Dr. iur., dessen Konservatismus sicher auch in seinen Jahren bei der FAZ geprägt wurde."

...und das Eis wird dünner...

"Um noch mal das Beispiel zu bemühen: Wenn in einem Hauseingang eine Frau vergewaltigt wird und ein Polizist läuft vorbei, was tut er dann? Richtig, er setzt das Recht durch und hängt ein Stoppschild vor die unschöne Szene. So sieht Opferschutz aus, so findet man Täter! Applaus!"

Da erzählst du völligen Quatsch. Sie es eher so: Der Polizist kommt an einem Rechner vorbei, an dem jemand gerade eine Vergewaltigung anschaut und zieht den Stecker.

"Wir laufen täglich über rote Ampeln und ignorieren Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die totale Rechtsdurchsetzung ist ein Traum, dem man sich nur in totalitären Systemen annähern kann."

Auch dieser Vergleich hinkt mal wieder: Beim ignorieren einer Geschwindigkeitsbegrenzung bekommt man schneller Probleme und wird eher ertappt als beim illegalen Download einer Musikdatei - ganz einfach weil für letzteres die Möglichkeiten derzeit fehlen. Und totale Rechtsdurchsetzung ist weder Ziel der Rechtsordnung, noch Gegenstand der Aussage des Autors - es ist doch Fakt, dass in der Anonymität des Netzes die Hemmschwelle viel niedriger liegt.

"Wenn es darum geht, die Debatte zu entideologisieren, warum werden dann Sachargumente einfach ignoriert?! Und die „Achtung der Menschenwürde“, meine Güte, das ist wieder die ganz große Moralkeule."

Auch auf die Gefahr hin, nochmal ins selbe Horn zu blasen: Der Autor hat Recht. Es geht ihm ja darum, Argumente zu widerlegen, es ginge um Internetzensur. Er möchte auf das Rechtsbewusstsein der Internetuser pochen, mehr nicht. Mit welchem Argument würdest du Argumentieren, wenn nicht mit den Grundrechten? Also halte ihm das nicht als negativ vor.

"Zu diesem Absatz bediene ich mich der Einschätzung von Sven Scholz (http://www.svenscholz.de/index.php/page/2/), der es auf den Punkt gebracht hat"

Sorry, aber wer ist Sven Scholz? Studierter Medienrechtler oder Grundrechtler? So sieht es auf seiner Seite zumindest nicht aus (irgendwo würde er es ja erwähnen). Ich würde nicht auf diese Meinug meine Großmutter verwetten, denn schon seine Analyse der Weltwirtschaftskrise ist fehlerhaft. Und hast du nicht vorhin gemeint, der Dr. Jur. hätte keine Ahnung von der Thematik? Wonach beurteilen wir das denn nun?

"Und technische und ideologische Un- und Halbwahrheiten sowie üble Klischees sind in fast unfassbarer Zahl vertreten, wie Scholz zeigt:"

Mir zeigt er nichts weiter als einen gänzlich verwirrend verfassten Schachtelsatz.

Ich erkenne in der ganzen Diskussion keine "ideologischen Un- und Halbwahrheiten" und keine "üblen Klischees". Vielmehr möchte ich mich zum Abschluss noch dem Autor des Artikels anschließen: Das Internet bietet mit seiner scheinbaren Anonymität die verlockende Möglichkeit für jeden, eine Straftat zu begehen. Ich empfinde es auch als angenehm, mir kostenlos einen aktuellen Kinofilm im Internet anzuschauen. Normalerweise bin ich ein rechtschaffender Bürger, der sich nie etwas hat zu schulden kommen lassen. Aber im Netz ist das anders. Und wenn du am Horizont den Untergang dieser negativen Freiheit siehst und dagegen protestiert, dann merke ich vor allem eines: wir alle sind uns ähnlicher als wir denken. Aber ein solcher Konsens, nämlich dass diese Kleinkriminalität uns angenehm ist, legitmiert unser Handeln nicht generell. Vielmehr brauch auch der Mensch ab und zu den Vater Staat, der uns mal auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

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Das, was ich für meinen Teil aus den letzten Posts ziehe: es sind Leute wie JDragon, die mir Angst machen, Menschen ohne differenziertes Rechts- und Unrechtsbewusstsein, die ihre Freiheits-Phrasen wie eine Monstranz vor sich her tragen.

Bemerkenswert finde ich folgendes Statement:

Nein, müssen sie nicht. Eltern haben die Möglichkeit und die Pflicht, das Medienkonsumverhalten ihrer Kinder zu überwachen bzw. sie zu Kompetenz zu erziehen. Im Übrigen gibt es etliche sehr gut funktionierende Filterprogramme, die sich jeder auf seinem Computer installieren kann. So werden Kinder vor dem versehentlichen Konsum von „wüster Pornografie“ bewahrt. Aber anstatt hier die Eltern in die Pflicht zu nehmen, schreit Herr Wefing nach dem großen Bruder!

Was unterscheidet aus Sicht des Kindes die Zensur durch die Eltern - denn auf nichts anderes läuft deine Forderung hinaus - qualitativ von der Zensur durch den Staat?

Um es zugespitzt zu formulieren: wenn die Eltern dire Drecksarbeit machen ist Zensur also ok?

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@Kaepten: Da du doch recht ausführlich geantwortet hast, will ich das auch tun. Dazu werde ich wahrscheinlich frühestens morgen kommen, aber mal schauen.

Wenn dieser Thread hier ungeeignet ist, tut mir das leid und ich bitte die Mods um Verschieben in einen passenden Thread.

Nur kurz zur "Kinderhilfe": Das ist wirklich ein ganz übler Verein, der nur so ähnlich klingt wie der Kinderschutzbund.

Siehe dazu http://www.welt.de/politik/article1874875/...uten_Taten.html

sowie http://www.carechild.de/news/politik/inter...legt_582_1.html

In Bezug auf die Juristen will ich (über den Autor hinaus :dumdiedum: ) niemanden beleidigen. Ich habe in meinem Studium aber extrem viele Juristen kennengelernt, die nur noch in Kategorien von "Tatbestand-Rechtsfolge" denken und von der kontrafaktischen Wirkung des Rechts träumen. Wir sind uns ja wohl einig, dass der gegenwärtige Zustand beim Urheberrecht (auch wenn ich weiterhin sage, dass das Gerede vom "rechtsfreien Raum" Unsinn ist, ich sage nur "Abmahnung" und "58.000 Euro") eine gewisse kognitive Dissonanz hervorruft. Recht und Realität stehen sich diametral gegenüber. Um das wieder in Einklang zu bringen, gibt es doch nur zwei Möglichkeiten: Man ändert die Realität - das erfordert eine extreme (und meines Erachtens in keinerlei Relation zum Ertrag stehende!) Überwachungsinfrastruktur. Oder man erkennt die geänderte Realität an und ändert die Rechtslage.

Nur so: Homosexualität war in diesem Lande auch schon mal strafbar :dumdiedum:

Das, was ich für meinen Teil aus den letzten Posts ziehe: es sind Leute wie JDragon, die mir Angst machen, Menschen ohne differenziertes Rechts- und Unrechtsbewusstsein, die ihre Freiheits-Phrasen wie eine Monstranz vor sich her tragen.

Ich habe durchaus ein sehr differenziertes Rechts- und Unrechtsbewusststein. Es deckt sich offensichtlich nur nicht mit deinem. Und für mich sind Freiheit und Sicherheit durchaus nötig füreinander. Aber mit Bundestrojaner, Vorratsdatenspeicherung und Internetzensur (und der - mittlerweile vorerst fallengelassenen - three strikes-Pläne) wurde für mich eine rote Linie überschritten. Das Grundgesetz, das nicht zuletzt von den Parteifreunden des "Kaeptens" auf diese starke Basis gestellt wurde (darf man an dieser Stelle gerne auch mal sagen), wird immer weiter ausgehöhlt.

Ich bitte den Kaepten übrigens mal, sich vorzustellen, ob er sich immer noch so wohl mit den ganzen Überwachungsmöglichkeiten fühlt, wenn die Linke mal an der Regierung beteiligt ist.

Bemerkenswert finde ich folgendes Statement:

Was unterscheidet aus Sicht des Kindes die Zensur durch die Eltern - denn auf nichts anderes läuft deine Forderung hinaus - qualitativ von der Zensur durch den Staat?

Um es zugespitzt zu formulieren: wenn die Eltern dire Drecksarbeit machen ist Zensur also ok?

Hä? Das meinst du jetzt aber hoffentlich nicht ernst! Es ist legitim, wenn Eltern ihre Kinder vor der Darstellung von Gewalt und Pornografie schützen wollen. Das sollen sie meines Erachtens auch in einem gewissen Rahmen, denn schließlich müssen Kinder erst mündig werden und lernen, selbst Entscheidungen zu treffen. Natürlich ist das ein Unterschied!

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Ich habe durchaus ein sehr differenziertes Rechts- und Unrechtsbewusststein. Es deckt sich offensichtlich nur nicht mit deinem.

Dafür, dass du ein differenziertes Rechts-/Unrechtsbewusstsein hast, argumentierst du überraschend wenig am Gesetzes-Text, berücksichtigst erstaunlich wenig die Verfassungswirklichkeit, sondern bemühst Plattitüden, Halbwahrheiten, Verallgemeinerungen, Mutmaßungen und Unterstellungen insbesondere wenn es um die Motive der Gegenseite geht.

Sorry, aber für mich zeugt eine solches Vorgehen weniger von Rechtsbewusstsein als vielmehr von Bauchgefühl.

Hä? Das meinst du jetzt aber hoffentlich nicht ernst! Es ist legitim, wenn Eltern ihre Kinder vor der Darstellung von Gewalt und Pornografie schützen wollen. Das sollen sie meines Erachtens auch in einem gewissen Rahmen, denn schließlich müssen Kinder erst mündig werden und lernen, selbst Entscheidungen zu treffen. Natürlich ist das ein Unterschied!

Abgesehen von der politischen Dimension: worin besteht dieser Unterschied? Die Ziele sind die gleichen, die Mittel im Zweifelsfalle auch. Wie also erkläre ich meinem Sohn, dass mein Verbot gut für ihn ist, das gleiche Verbot vom Staat "ausgesprochen"/durchgesetzt jedoch schlecht?

Bearbeitet von Deus Irae
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Es ist kein Unterschied, wenn Eltern ihren Kindern etwas verbieten oder wenn der Staat seinen Bürgern etwas verbietet?

Setzt du also den Bürger allgemein mit einem Kind gleich?

Sorry, aber das ist von jedwedem Gesetzestext weit entfernt, das sollte dir bewusst sein. Denn im Gesetz gibt es so etwas wie Volljährigkeit.

Unter dem 18. Lebensjahr tragen Eltern nunmal auch rechtlich Verantwortung für ihre Kinder (gut zwischen 14 und 18 nur beschränkt aber trotzdem)

Gibt ja auch Jugendschutz usw.

Wenn Eltern da also quasi ihrer Verantwortung durchsetzen, dass Kinder nichts sehen, was sie nicht sehen sollen, ist das doch ein erheblicher Unterschied, als wenn der Staat von oben kommt und sagt "ihr seid alle nur unmündige Kinder und dürft keine eigenen Entscheidungen treffen, also machen wir das für euch: nö, dürft ihr nicht"

Zudem gelten die Grundrechte in vorderster Linie in der Beziehung Staat - Bürger. Artikel 1 Abschnitt 3 GG sagt das recht deutlich.

Sorry, also da argumentierst eher du jetzt mit (bestenfalls) Halbwahrheiten, verallgemeindernd und aus dem Bauchgefühl heraus.

Und selbst da finde ich es fragwürdig ... denn du stellst eben die Beziehung Eltern - Kind mit Staat - Bürger gleich, übersiehst dabei allerdings vollkommen, dass der Bürger allgemein (über 18) volljährig ist. Deine regelrechte Unterstellung, der Bürger sei ein hilfloses Etwas, was den Staat über sich braucht, der ihm sagt, was er machen darf und was nicht, widerspricht in jeglicher Hinsicht dem Grundgedanken der Demokratie und der Freiheit.

Sowas sehe ich als viel größere Gefahr für unser Gesellschaftssystem an, als es irgendwelche Terroristen jemals sein können ...

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Dafür, dass du ein differenziertes Rechts-/Unrechtsbewusstsein hast, argumentierst du überraschend wenig am Gesetzes-Text, berücksichtigst erstaunlich wenig die Verfassungswirklichkeit, sondern bemühst Plattitüden, Halbwahrheiten, Verallgemeinerungen, Mutmaßungen und Unterstellungen insbesondere wenn es um die Motive der Gegenseite geht.

"Halbwahrheiten" und "Verallgemeinerungen" würde ich zurückweisen, Mutmaßungen und Unterstellungen gestehe ich dir zu. Ich will aber einfach nicht glauben, dass die Bundesregierung ein Gesetz, das in jeder Hinsicht einfach nur dumm ist und für das es kein sachliches Argument gibt - wogegen aber sehr viel spricht! - aus purer Unkenntnis beschließt. Wenn Inkompetenz wegfällt, bleibt eben nur noch "bad faith".

In die Argumentation am Gesetzestext können wir gerne gegen Mitte der Woche einsteigen, denn das wird länger dauern.

Ich habe aber immer noch nicht verstanden, was das mit Rechts- und Unrechtsbewusstsein zu tun hat. Offensichtlich denkst du da an Legalität, ich denke an Legitimität.

Abgesehen von der politischen Dimension: worin besteht dieser Unterschied? Die Ziele sind die gleichen, die Mittel im Zweifelsfalle auch. Wie also erkläre ich meinem Sohn, dass mein Verbot gut für ihn ist, das gleiche Verbot vom Staat "ausgesprochen"/durchgesetzt jedoch schlecht?

Nicht alles, was Eltern dürfen, muss auch der Staat dürfen. Mal ein anderes Beispiel, angenommen, du verbietest deinem Sohn, mit türkischen Jugendlichen aus der Nachbarschaft rumzuhängen, weil du sie für schlechten Umgang hältst. (Würde er vielleicht trotzdem machen, aber darum geht's jetzt nicht.) Dagegen wäre ein staatliches Kontaktverbot deutscher mit türkischen Jugendlichen definitiv fehl am Platz.

Ich finde es auch legitim, Kindern zu verbieten, etwa nach 22 Uhr noch zu spielen und wach zu sein. Ein staatliches überwachtes Computerspieleverbot für Kinder nach 22 Uhr würde ich trotzdem ablehnen. Und ich würde mein Kind bis zu einem bestimmten Alter vielleicht auch nicht unbedingt den Bildern der Tagesschau aussetzen, sollte die Tagesschau deshalb keine Darstellungen von Gewalt zeigen?

Nee, also diese Diskussion müssen wir, denke ich, nicht führen. "Eure" Seite hat mit Sicherheit Argumente, die nicht übel sind, aber dieses gehört nicht dazu.

Sollte mein Kind in einem Alter sein, wo es diese Diskussion um elterliche und staatliche Zensur wirklich führt, würde ich sicher an seine Vernunft appellieren, sich keinen Scheiß reinzuziehen. Wie gesagt, wer weiß, worauf er besser nicht einfach so klickt, landet auch nicht "versehentlich" auf Pornoseiten. Und zur Frage der staatlichen Zensur würde ich ihm ein Buch von 1948 und eines von 1949 schenken. Darfst dreimal raten, welche ich meine.

EDIT: Der zwischenzeitliche Post von Sloan formuliert das eigentlich sogar besser als ich.

Bearbeitet von JDragon
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Ich will aber einfach nicht glauben, dass die Bundesregierung ein Gesetz, das in jeder Hinsicht einfach nur dumm ist und für das es kein sachliches Argument gibt - wogegen aber sehr viel spricht! - aus purer Unkenntnis beschließt. Wenn Inkompetenz wegfällt, bleibt eben nur noch "bad faith".
ROFL Sag nicht, du redest von der selben Bundesregierung, die über kurz oder lang unsere Grundrechts abschaffen will? *kopfschüttel* Vielleicht kann man den MdBs Inkompetenz bei Technik- und Internetfragen vorwerfen, aber jeder Vorwurf, die Demokratie - und genauer: Rechtsstaatlichkeit - abzuschaffen prallt (in meinen Augen zu Recht) an den Anzügen der Parlamentarier wie an einer Mauer ab.

Derartige Vorwürfe sind nur ganz großer Schwachsinn.

In die Argumentation am Gesetzestext können wir gerne gegen Mitte der Woche einsteigen, denn das wird länger dauern.
Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, sondern wir brauchen nur viel Geld und viel Zeit für Folgendes: Der Münchner GG-Kommentar, einen UrhG-Kommentar und vielleicht noch ein Lehrbuch (wie wärs von Bernhardt Schlink) über Grundrechte

Mehr brauchen wir nicht. Und ich habe keines davon da und in meiner Grundrechte-VL wurde das Thema nur kurz angeschnitten. Eine solche Diskussion ist also hier nicht angebracht, solange wir keinen Volljuristen dabei haben.

Ich habe aber immer noch nicht verstanden, was das mit Rechts- und Unrechtsbewusstsein zu tun hat. Offensichtlich denkst du da an Legalität, ich denke an Legitimität.
Ganz grober Fehler deinerseits! Rechtsbewusstsein ist das Bewusstsein über die soziale und befriedende Wirkung auf die Gesellschaft und den Einzelnen, die eine Einhaltung des geschriebenen Gesetzes durch den Einzelnen mit sich bringt. Mangelndes Rechtsbewusstsein findet in rechtswidrigen Handlungen Ausdruck, wenn der Täter sich zwar dem Unrechtsgehalt bewusst (nicht zwingend notwendig) ist, dies aber mit seinen moralischen Vorstellungen verbinden kann und diesen nicht widerspricht (kein Gewissen). -- Die Definition ist mir gerade aus den Fingern geflutscht; ist also nur ein Versuch, wissenschaftlich habe ich mich mit einer Rechtspsychologie noch nie auseinandergesetzt --

Das Ganze hat also nichts mit Legitimität oder Legalität zu tun.

Nicht alles, was Eltern dürfen, muss auch der Staat dürfen. Mal ein anderes Beispiel, angenommen, du verbietest deinem Sohn, mit türkischen Jugendlichen aus der Nachbarschaft rumzuhängen, weil du sie für schlechten Umgang hältst. (Würde er vielleicht trotzdem machen, aber darum geht's jetzt nicht.) Dagegen wäre ein staatliches Kontaktverbot deutscher mit türkischen Jugendlichen definitiv fehl am Platz.
Meiner Ansicht nach dürften auch Eltern so etwas nicht ihrem Kind verbieten.

Ich finde es auch legitim, Kindern zu verbieten, etwa nach 22 Uhr noch zu spielen und wach zu sein. Ein staatliches überwachtes Computerspieleverbot für Kinder nach 22 Uhr würde ich trotzdem ablehnen.
murharhar - wieder ein grober Schnitzer. Verwechsle bitte nicht den relativ ordnungschutzschwachen Bereich innerhalb der Familie und die Grundaufgabe des Staates, sozialschädliches Verhalten gegenüber anderen zu sanktionieren. Nach 22 Uhr zu spielen hat mit Sozialschädlichkeit nichts zu tun. Es ist deshalvb kein Verbrechen und der Staat darf sich da nicht einmischen. Ganz simpel und logisch.

@Sloan

Es ist kein Unterschied, wenn Eltern ihren Kindern etwas verbieten oder wenn der Staat seinen Bürgern etwas verbietet?

Setzt du also den Bürger allgemein mit einem Kind gleich?

Sorry, aber das ist von jedwedem Gesetzestext weit entfernt, das sollte dir bewusst sein. Denn im Gesetz gibt es so etwas wie Volljährigkeit.

Unter dem 18. Lebensjahr tragen Eltern nunmal auch rechtlich Verantwortung für ihre Kinder (gut zwischen 14 und 18 nur beschränkt aber trotzdem)

Gibt ja auch Jugendschutz usw.

Wenn Eltern da also quasi ihrer Verantwortung durchsetzen, dass Kinder nichts sehen, was sie nicht sehen sollen, ist das doch ein erheblicher Unterschied, als wenn der Staat von oben kommt und sagt "ihr seid alle nur unmündige Kinder und dürft keine eigenen Entscheidungen treffen, also machen wir das für euch: nö, dürft ihr nicht"

*kopfklatsch* *eineträneverdrück* Konstruiere bitte nichts daher. Das eine hat mit dem anderen doch gar nichts zu tun!

Zudem gelten die Grundrechte in vorderster Linie in der Beziehung Staat - Bürger. Artikel 1 Abschnitt 3 GG sagt das recht deutlich.
Eine derartige Interpretation ist bei Art. 1 III nicht möglich. Hast du wohl völlig falsch verstanden.

Das Grundgesetz schützt nicht den Bürger vor dem Staat, sondern die bürgerlichen Grundrechte. Schutz vor der Ordnungsgewalt staatlicher Behörden wird dagegen im Polizei- und Ordnungsrecht konkretisiert, der Schutz des Schwächeren vor Ausbeutung wird im BGB weitestgehend ausgeführt, etc. Dagegen behält sich der Staat auch das Recht vor, Fehlverhalten des Einzelnen trotz seiner wesentlich größeren Macht zu sanktionieren: und zwar im Strafrecht. Und zwar nur und ausschließlich dort!! (Ausnahme hiervon bildet nur das Ordnungswidrigkeitenrecht, aber das ist ja auch keine wirklich Sanktionierung im eigentlichen Sinne)

Die Beziehung Staat-Bürger wird nur und ausschließlich i.w.S. im Verwaltungsrecht geregelt.

Deine regelrechte Unterstellung, der Bürger sei ein hilfloses Etwas, was den Staat über sich braucht, der ihm sagt, was er machen darf und was nicht, widerspricht in jeglicher Hinsicht dem Grundgedanken der Demokratie und der Freiheit.
Und schon wieder falsch. Vielmehr braucht der Bürge den Staat um ihm zu sagen, was er darf und was nicht, sodass der Bürger nicht unverfroren in die Rechte eines anderen Bürgers eingreift und diese verletzt.

Und nochmal JDragon:

Ich habe in meinem Studium aber extrem viele Juristen kennengelernt, die nur noch in Kategorien von "Tatbestand-Rechtsfolge" denken und von der kontrafaktischen Wirkung des Rechts träumen. Wir sind uns ja wohl einig, dass der gegenwärtige Zustand beim Urheberrecht (auch wenn ich weiterhin sage, dass das Gerede vom "rechtsfreien Raum" Unsinn ist, ich sage nur "Abmahnung" und "58.000 Euro") eine gewisse kognitive Dissonanz hervorruft. Recht und Realität stehen sich diametral gegenüber. Um das wieder in Einklang zu bringen, gibt es doch nur zwei Möglichkeiten: Man ändert die Realität - das erfordert eine extreme (und meines Erachtens in keinerlei Relation zum Ertrag stehende!) Überwachungsinfrastruktur. Oder man erkennt die geänderte Realität an und ändert die Rechtslage.
Da hast du etwas ganz grundlegend falsch verstanden: Juristen sind die Wissenschaftler des Rechts, nicht aber immer der Gerechtigkeit. Das sind die Philosophen, die Theoretiker. Wir sind nur die Praktiker, die versuchen das von Philosophen ersonnene Recht im Interesse des Einzelnen oder auch mal Aller durchzusetzen. Und zu dem Vorwurf gegen das Urheberrecht: ich sehe darin so weit keinen Mangel - v.a. in Bezug auf dein Beispiel, denn schließlich musste TN ja nichts bezahlen.
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Eine derartige Interpretation ist bei Art. 1 III nicht möglich. Hast du wohl völlig falsch verstanden.

Das Grundgesetz schützt nicht den Bürger vor dem Staat, sondern die bürgerlichen Grundrechte. Schutz vor der Ordnungsgewalt staatlicher Behörden wird dagegen im Polizei- und Ordnungsrecht konkretisiert, der Schutz des Schwächeren vor Ausbeutung wird im BGB weitestgehend ausgeführt, etc. Dagegen behält sich der Staat auch das Recht vor, Fehlverhalten des Einzelnen trotz seiner wesentlich größeren Macht zu sanktionieren: und zwar im Strafrecht. Und zwar nur und ausschließlich dort!! (Ausnahme hiervon bildet nur das Ordnungswidrigkeitenrecht, aber das ist ja auch keine wirklich Sanktionierung im eigentlichen Sinne)

Die Beziehung Staat-Bürger wird nur und ausschließlich i.w.S. im Verwaltungsrecht geregelt.

Hier nochmal der direkte Wortlaut:

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Sprich, es darf beispielsweise eben kein Gesetz geben, welches gegen die Grundrechte massiv verstößt. Leider ist das in der Realität eben weniger eindeutig, da viele der Grundrechte einer Auslegung und Interpretation bedürfen. Teile der Politik (besonders konservative) neigen dazu, diese immer denkbar eng auszulegen, mitunter wird sowas dann eben auch mal vom Bundesverfassungsgericht oder gar vom Bundespräsidenten verhindert. (was dann ein Zeichen ist, wie gut das System funktioniert, selbst wenn einige Politiker eben gerne mal gewisse Themen etwas übermotiviert angehen. Nicht aus Bösartigkeit, nein ... ich unterstelle allen gute und hehre Absichten ... aber wie heisst es so schön: Gut gedacht ist das Gegenteil von gut gemacht, und nicht zuletzt die Philosophie von (nicht nur) Star Trek besagt ja auch deutlich, dass der Zweck eben nicht immer die Mittel heiligen darf)

Natürlich wird das Ganze in den verschiedenen weiterreichenden/spezifischeren Gesetzestexten noch zusätzlich ausdifferenziert und konkretisiert.

Aber zu einem beträchtlichen Teil geht es eben darum, die bürgerlichen Grundrechte vor ungerechtfertigten staatllichen Zugriff zu schützen. Trägt ja auch wesentlich zu unserem Rechtsstaat bei.

Und schon wieder falsch. Vielmehr braucht der Bürge den Staat um ihm zu sagen, was er darf und was nicht, sodass der Bürger nicht unverfroren in die Rechte eines anderen Bürgers eingreift und diese verletzt.

Auch hier stellst du den Bürger als unmündiges Etwas hin. Sorry, aber dieses Menschenbild kann und will ich nicht teilen.

Natürlich braucht man Rechte und Gesetze, um das soziale Leben zu regeln.

Aber die Frage ist halt, wie weitreichend diese Gesetze sein sollten.

Nehmen wir zum Beispiel das geplante Paintball Verbot. In wessen Rechte greift denn bitte ein Paintballspieler, der in irgendner abgeschirmten Halle oder abgesperrtem Freigelände seinem Sport nachgeht, ein? Oder in wessen Rechte tut dies ein Computerspieler, der übers Internet mit seinen Freunden ne Runde Counterstrike spielt? (und da gibts ja auch immer wieder die großen Reden, dass man dies doch verbieten müsse)

Oder nehmen wir einen existierenden Fall: den Nichtraucherschutz. Ist, nicht zuletzt aufgrund europäischer Vorgaben, zweifellos besser geworden ... aber lange nicht optimal, und dort kommen Menschen sogar gesundheitlich zu (Langzeit)Schaden. Nehmen wir doch Bayern, wo das eigentlich sehr gute Gesetz wieder rückgängig gemacht wurde, weils Gegenwind gab.

Und da soll insbesondere die Politik so toll geeignet sein, dem Bürger in jedem Einzelfall zu sagen, was er darf und was nicht? Wo Politiker doch am deutlichsten ihre Fähnchen nur nach dem Wind wehen lassen?

Wie gesagt, gewisse Minimalvoraussetzungen in Form von Recht und Gesetz brauchen wir. Unbestritten. Aber die HABEN wir auch ausreichend. In vielen Fällen mangelts wenn überhaupt eher an einer vernünftigen Umsetzung. Zu wenig Polizisten, die Verkehrsdelikte oder Ähnliches kontrollieren können, zu wenige Steuerfahnder, um die ganzen Steuersünden auch nur halbwegs aufklären zu können usw usw.

Dort sollte die Politik mal lieber was unternehmen anstatt irgendwelche sinnlosen Gesetze zu machen, welche inhaltlich und auch grundrechtlich fragwürdig sind.

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Hier nochmal der direkte Wortlaut:

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Sprich, es darf beispielsweise eben kein Gesetz geben, welches gegen die Grundrechte massiv verstößt.

Du hast es immer noch nicht verstanden: das GG - und damit auch Art. 1 III - bezieht sich nicht nur auf das Verhältnis Bürger - Staat und die Gesetzgebungskompetenz des Staates. Art. 1 III bezieht sich genauso auf die Gesetzgebungskompetenzen im Zivilrecht, also der Beziehung Bürger - Bürger. Siehe hierzu auch Art. 2 S. 1. Von daher war deine vorhergehende Aussage
Zudem gelten die Grundrechte in vorderster Linie in der Beziehung Staat - Bürger
einfach falsch. Deine Grundrechte kannst du nicht nur gegenüber dem Staate, sondern auch gegenüber anderen Bürgern einfordern - was übrigens viel wichtiger für ein gutes Zusammenleben aller Bürger ist.

Teile der Politik (besonders konservative) neigen dazu, diese immer denkbar eng auszulegen,
Schade, dass du und einige andere dieses Gefühl haben. Denn Konservatismus hat in seinen Grundfesten einen demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen Hintergrund.

Auch hier stellst du den Bürger als unmündiges Etwas hin. Sorry, aber dieses Menschenbild kann und will ich nicht teilen.
Sorry, aber gewöhn dich dran. Seit Kant ist dies das grundlegende Freiheitsmodel unserer Vorstellung von Demokratie. "Ich kann schon auf mich selber aufpassen" scheitert ja schon bei "Der hat mein Portemonaie geklaut!".

Aber die Frage ist halt, wie weitreichend diese Gesetze sein sollten. Nehmen wir zum Beispiel das geplante Paintball Verbot. In wessen Rechte greift denn bitte ein Paintballspieler, der in irgendner abgeschirmten Halle oder abgesperrtem Freigelände seinem Sport nachgeht, ein? Oder in wessen Rechte tut dies ein Computerspieler, der übers Internet mit seinen Freunden ne Runde Counterstrike spielt? (und da gibts ja auch immer wieder die großen Reden, dass man dies doch verbieten müsse)
Es gibt auch Reden, dass wir alle dem Tod geweiht seien, wenn wir uns nicht zum Gottesglauben konvertieren ließen. Der Vergleich hinkt sicherlich, aber meine Kernaussage ist: nur weil eine solche Meinung vertreten wird heißt das nicht, dass sie zur staatlichen Maxime wird. Wie weit ein Gesetz gehen soll? Ein Gesetz soll soweit gehen, dass es unter dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit dem Staate und seinen Ordnungskräften die Möglichkeiten gibt, auf einer grundgesetzkonformen und freiheitlichen Gesetzesgrundlage Straftaten zu verfolgen oder neue Straftatbestände zu schaffen, die im Falle offensichtlichen Unrechts eine bestimmte Handlung rechtswidrig machen, sodass dann aufgrund eines Gesetzes eine Strafverfolgung/-vereitelung angesetzt werden kann. Letzteres ist übrigens auch beim ZugErschwG der Fall (um mal wieder den Bogen zurückzuspannen).

Und da soll insbesondere die Politik so toll geeignet sein, dem Bürger in jedem Einzelfall zu sagen, was er darf und was nicht?
Politik oder der Staat? Für eines musst du dich aber nun schon entscheiden.

Wie gesagt, gewisse Minimalvoraussetzungen in Form von Recht und Gesetz brauchen wir. Unbestritten. Aber die HABEN wir auch ausreichend.
Es gibt unzählige Gesetzeslücken! Auch im Strafrecht, einem der ältesten Rechtsgebiete überhaupt, das in meinen Augen in Deutschland auch unglaublich gut funktioniert und von allen Strafrechtsinterpretationen der Welt die Grundrechte am besten schützt.

In vielen Fällen mangelts wenn überhaupt eher an einer vernünftigen Umsetzung. Zu wenig Polizisten, die Verkehrsdelikte oder Ähnliches kontrollieren können, zu wenige Steuerfahnder, um die ganzen Steuersünden auch nur halbwegs aufklären zu können usw usw.
Muss ich dir recht geben. Der Personalmangel ist kritisch geworden.
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Deine Grundrechte kannst du nicht nur gegenüber dem Staate, sondern auch gegenüber anderen Bürgern einfordern
Wobei letzteres mitunter schwieriger ist. Nimm nur mal das Thema Meinungsfreiheit, wenn du irgendwo abhängig beschäftigt bist.

Aber ich habe mich evtl etwas unglücklich ausgedrückt. Selbstverständlich gelten die Grundrechte nicht nur in der Beziehung Bürger - Staat. Allerdings gibt das Grundgerecht eben vor, dass der Staat bzw. seine Diener das Grundgericht auf jeden Fall zu achten haben und dies oberste Prämisse ist.

Politik oder der Staat? Für eines musst du dich aber nun schon entscheiden.

Politiker sind Staatsdiener und bilden die gesetzgebenden Organe. Insofern sind sie ein wichtiger Teil des Staates. Eben die Legislative. Sehe ich also jetzt nicht so den Unterschied ... nur das "Staat" halt verallgemeinernder ist.

Zu allem anderen: tjoa, da sind wir eben unterschiedlicher Meinung. Du hast selbst schön geschrieben, dass bei neuen Gesetzen unter anderem die Verhältnismäßigkeit ein wichtiger Punkt ist.

Letztenendes haben wir da verschiedene Ansichten/ Interpretationen bzgl. diesen Punktes, grade eben im vorliegenden ZugErschwG. Daran wird sich im Endeffekt nichts ändern, egal was für Argumente beide Seite bringen - niemand wird den anderen überzeugen können *g*

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